Irgendwie schräg, der Lauf …

Senftenberg ist weit weg. Senftenberg ist vielleicht die am weitesten entfernte Stadt Deutschlands für mich, weiter als Berlin, weiter als Dresden, eben irgendwo dazwischen zwischen diesen beiden aufregenden Landeshauptstädten.
Wer baut denn so eine Stadt irgendwo ins Niemandsland, so weit weg von jeglichen attraktiven Reisezielen, fast direkt an die Grenze zu Polen? Das ist doch eine echte Fehlplanung, oder?

Senftenberg, sorbisch Zły Komorow, ist eine Mittelstadt im Süden Brandenburgs in der Niederlausitz. Sie ist Kreisstadt des Landkreises Oberspreewald-Lausitz und befindet sich an der Schwarzen Elster sowie am Senftenberger See, der einer der größten künstlich angelegten Seen Europas ist.
Senftenberg
hat viel Braunkohle, aber die hat nach der Wende 1990 ihre Bedeutung verloren und Senftenberg hat eine alte, große Sporthalle, die Niederlausitz-Halle. Und in der verstecken sich so manche Geheimnisse.


Schöne Dinge, die man von draußen nicht sehen darf:
Richtige Gästezimmer in alter DDR-Manier beispielsweise, riesengroß, sehr preiswert (14 EUR inklusive Frühstück) und zum Zwecke der Volksüberwachung extrem hellhörig, aber auch recht nett.
Und eine weiche und federnde Tartanbahn, die in den Kurven nach oben stark angeschrägt ist und die exakt 250 Meter misst.

Die Geheimnisse, die sich auf dieser Tartanbahn abspielen, sind eine Reihe von Laufveranstaltungen an einem Wochenende, Läufe von 3.000 Metern bis hin zum Ultra-Marathon, wobei der normale Marathon, der Nachtmarathon und vor allem eben der 50 Kilometer Ultra-Marathon die Höhepunkte sind.
Und weil die ganz Eifrigen unter uns Läufern, die, die in ihrem Köpfchen noch eine Schraube mehr locker haben als wir anderen, sich nicht entscheiden können, welchen Lauf sie machen sollen, machen sie halt einen Marathon am Samstag und dann den Ultra-Marathon am Sonntag.
Sigrid Eichner, die aktuelle Weltrekordhalterin in absolvierten Marathons bei den Frauen, ist eine davon. Dabei hat sie noch richtig Glück gehabt, weil sie fast nicht starten durfte. Streng bürokratisch wollte man ihr am Empfang den Start beim Ultra-Marathon verweigern, weil sie nicht vorangemeldet war. Ein paar klärende Worte mit dem Veranstalter haben sie aber dann doch wieder auf die Tartanbahn gebracht.
Wenn ich mir vorstelle, nach dem Ultra-Marathon noch einen Marathon laufen zu müssen …
Nee, Kinder, was man sich doch alles antut, um glücklich zu sein … !

Ganz bestimmt tut man das aber nur, weil die Musik, die während des Laufs gespielt wird, uns alle daran erinnert, dass wir vor 30 Jahren, als diese Musik noch jung war, auch noch jung, schnell und spritzig waren. Da liefen Titel wie „Kung Fu Fighting“ und alte Hits der ABBA, Lieder also, die wir alle zwar gerne hören, das aber nur heimlich tun, damit niemand uns in die entsprechende Altersklasse steckt. Und zugeben, dass wir diese Musik gelegentlich gut finden, würden wir niemals. Das wäre ja fast so, als wenn wir auf eine „Ü30“ Party gehen würden!

Aber was heißt es, hier einen Ultra-Marathon zu laufen? 50 Kilometer, genau wie in Rodgau. Flach, noch flacher als in Rodgau, außer natürlich in den Kurven. Nicht allzu weit, gemessen an anderen Ultra-Veranstaltungen, aber irgendwie doch anders als in Rodgau.
Hier sind es nicht 10 Runden wie in Rodgau, sondern es sind eben mal 200 Runden. 200 Runden! Wenn ich Eier in der Schüssel schaumig schlage, dann erleben die keine 200 Runden …
Irgendwie schräg, der Lauf – und das nicht nur wegen der überbauten Kurven.

Wenn Du so einen Lauf machst und ihn einigermaßen ambitioniert angehst, dann wirst Du immer wieder einige Läufer überholen. Und das Überholen in der Kurve ist am Anfang noch lustig, dann aber wird es lästig, dann ärgerlich und am Ende überholst Du nur noch  auf den beiden Geraden, weil das ständige „auf die höher gelegenen Bahnen laufen“ anstrengend ist. Du liebst es anfangs, Du hasst es am Ende.

Ich hatte mich während des Laufs einer Lady angeschlossen, Kerstin Wohlgemuth aus der Oberlausitz – Niederschlesien, die von Ihrem Trainer sehr genau auf das für sie optimale Tempo eingestellt wurde, bei jeder der 200 Runden gab er seinen Kommentar zur aktuellen Geschwindigkeit. Beste Voraussetzungen für einen guten Lauf, dachte ich.

Aber die Lady, die am Ende Platz 2 in der Damenwertung und Platz 1 in der Alterswertung „W55“ belegte, war mir zu schnell. Ich dachte anfangs, sie läuft auf „sub 4:30 Stunden“, das hätte ich mir vielleicht noch zugetraut, Sie lief aber „sub 4:20 Stunden“, eindeutig nicht mein Laufniveau.
Von Runde 25 bis 100 lief ich mit ihr, dann aber habe ich mich etwas zurück fallen lassen, um mir dann auf den folgenden 100 Runden ständig zu sagen, dass 2:10 Stunden für die erste Hälfte einfach zu schnell für mich waren, eine deutlich schwächere zweite Hälfte folgte, als Strafe gewissermaßen. Aber es hat Spaß gemacht, anfangs mit Kerstin so konstant zu laufen.

Der Veranstalter hat mir vor dem Lauf schon gesagt, dass die weiche Tartanbahn die Bänder und Sehnen besonders stark fordern würde und ich muss feststellen, dass diese Vorhersage nicht ganz falsch war. Vor allem zwischen den Runden 150 und 170 hatte ich ein riesiges Motivationsloch und ich bin froh, dass sich das dann irgendwann wieder gegeben hat.
Aber die Oberschenkel brannten und ich konnte einfach keine großen Schritte mehr machen, das Tempo fiel kontinuierlich ab und so brauchte ich für die zweiten 100 Runden 2 Stunden und 36 Minuten, fast eine halbe Stunde länger als für die erste Hälfte!
Ungeheuerlich eigentlich, aber ich hatte keine Lust, mich da zu quälen. Schade eigentlich, so im Nachhinein betrachtet …

Versteckt unter der hohen Hallendecke blieb dann auch, dass ich dort in Senftenberg zum ersten Mal meine Altersklasse gewonnen habe – ich wollte es erst gar nicht glauben. Vor allem wollte ich nicht glauben, dass man mich in der Klasse „M50“ führt. Wie kommen die denn auf so etwas? Ich bin doch kaum älter als Ende 30, höchstens Anfang 40 !!!
Aber wenn man die Altersklasse gewinnt, dann ist man auch bereit, in der Klasse „M50“, „M60“ oder noch älter zu starten.


Als ich also nach rund 4:46:32 Stunden endlich über die Ziellinie lief (zum zweihundertsten Mal an diesem Tag!), rief der Moderator, dass eben der Sieger der „M50“ eingelaufen sei. OK, es war nur eine kleine Gruppe von Läufern in der Klasse „M50“ vertreten, aber immerhin, ich fand es toll und war stolz auf mich.
Und so ganz nebenbei habe ich meine persönliche Bestzeit auf 50 Kilometer auch noch dramatisch verbessert, um ganze 22 Sekunden! Das ist dann auch ganz anders und viel besser als in Rodgau.

Schade, dass die Hallendecke der Niederlausitz-Halle auch dieses Geheimnis für immer bewahren wird.

Rain Man in der Pfalz

Das Phänomen des Autismus kennen wir alle spätestens, seit Dustin Hofmann in „Rain Man“ einen ganz besonderen autistischen Menschen gespielt hat. Autismus hat nichts zu tun mit mangelnder Intelligenz, Autismus ist …

… fragen wir mal „Tante Wikipedia“, die weiß ja alles:

Autismus (v. gr. αὐτός „selbst“) wird von der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, als eine tiefgreifende Entwicklungs-Störung klassifiziert. Sie wird von Ärzten, Forschern, Angehörigen und Autisten selbst als eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns beschrieben, die sich schon im frühen Kindesalter bemerkbar macht.
Andere Forscher und Autisten beschreiben Autismus als angeborenen abweichenden Informationsverarbeitungs-Modus, der sich durch Schwächen in sozialer Interaktion und Kommunikation sowie durch stereotype Verhaltensweisen und Stärken bei Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Intelligenz zeigt.

In den aktuellen Diagnosekriterien wird zwischen frühkindlichem Autismus (Kanner-Syndrom) und dem Asperger-Syndrom unterschieden, das sich oftmals erst nach dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht. Viele Ärzte vermuten jedoch mittlerweile ein Autismusspektrum (Autismusspektrums-Störung), das verschiedene Schweregrade kennt.

Soweit als zu „Tante Wikipedia“.

Was aber ist, wenn Deine Kinder von dieser Krankheit betroffen sind? Eine liebe und langjährige Freundin aus der Pfalz hat seit einigen Jahren so ein Kind. Und sie hat einmal geschrieben, wie es ist, Mutter eines solchen Kindes zu sein. Sie hat diese Situation in so klaren Bildern beschrieben, die mir so ans Herz gingen, dass ich sie hier einmal vorstellen will. Und ich hoffe, sie bewegen Dich ähnlich wie mich …

Was sie geschrieben hat, heißt: „Willkommen in Holland!“ und ist eine Abwandlung von Emily Pearl Kingsley’s Geschichte „Welcome to Holland“.

Willkommen in Holland
(nach Emily Pearl Kingsley)

Ich werde oft gefragt, zu erklären, wie man sich fühlt, ein Kind aufzuziehen, das anders ist als die anderen. Um Leuten das Gefühl dieser einzigartigen Beziehung zu erklären, benutze ich gerne eine Parabel.

Es ist so:

Wenn man ein Baby bekommt, ist es so, als ob man sich auf eine fantastische Reise begibt — nach Italien. Man kauft eine Menge an Touristenführern und macht wundervolle Pläne.
Das Kolosseum, den Michaelangelo, David, die Gondeln in Venedig…
Man lernt bestimmt auch ein paar Wörter auf italienisch, freut sich im Voraus auf italienische Küche, auf mediterranes Flair und auf Ciabatta mit Olivenöl. Kurz, es ist eine sehr schöne Zeit.

Nach einigen Monaten der schönen Vorbereitung und der schönen Tagträume ist endlich der große Tag da, du packst deine Koffer!!! Einige Stunden später, das Flugzeug landet und die Stewardess kommt zu Dir und sagt „Willkommen in Holland“!

Holland?“ sagst du. „Was sagen Sie da? Ich habe doch einen Urlaub nach Italien gebucht!!! Ich soll doch in Italien sein. Mein ganzes Leben habe ich davon geträumt, nach Italien zu fliegen.“

Aber da war eine Flugplanänderung. Der Flieger ist in Holland gelandet und du musst da bleiben.

Das wichtigste ist, dass du nicht in einem dreckigen, seuchenverpesteten Land gelandet bist. Holland ist nur anders.

Also fängst du wieder an und kaufst neue Touristenführer. Du musst jetzt eine völlig neue Sprache lernen. Und du wirst eine total neue Gruppe von Menschen treffen, die du vielleicht niemals kennengelernt hättest, wenn die Dinge anders wären.

Es ist nur ein anderer Ort. Es ist langsamer als Italien, vielleicht nicht so viel Glamour. Aber wenn du eine Zeit lang dort bist, merkst du schnell, dass es auch seine Vorteile hat. Du fängst an, um dich zu schauen:
Holland hat wunderschöne Windmühlen, Holland hat Tulpen. Holland hat sogar Rembrandt.

Aber jeder, den du kennst, ist viel zu beschäftigt, um die Schönheit Hollands zu erkennen, denn alle sind auf dem Weg nach Italien. Alle erzählen, wie toll es doch in Italien ist und was für eine fantastische Zeit der Urlaub dort doch war.

Und für den Rest deines Lebens wirst du dir sagen:
„Italien, ja, das ist der Urlaub den ich geplant hatte! Da wollte ich auch hin!“

Und das Gefühl, verletzt zu sein, einen Traum verloren zu haben, wird nie verschwinden. Denn ein großer Traum ist nicht wahr geworden, das ist ein großer Verlust.

Aber wenn du immer und immer wieder den Verlust deines Italienurlaubs beweinst, wirst du niemals die Schönheit Hollands und dessen spezielle Sehenswürdigkeiten sehen, kennen und lieben lernen. Denn Holland ist genauso wie Italien eine grandiose Erfahrung für sich und den Betrachter. Man muss sich nur die Mühe machen, die Schönheiten zu suchen und die Augen nicht davor zu versperren. Holland ist wirklich auch ein schönes Land.

Ein wunderbarer Text, oder? Ich weiß nicht, ob meine Gabi und ich uns hätten auf „Holland“ einstellen können, ich hoffe aber doch, dass auch uns das gelungen wäre. Ich finde diesen Text wunderbar und voller Liebe und denke, dass dieser Text auch stellvertretend für andere Krankheiten, andere Situationen und andere Befindlichkeiten steht.

Bleiben wir tolerant, bleiben wir offen für das Leben, denn Leben ist das, was ist …

Heilige Mutter Pharma …

… oder die Tamiflu-Lüge

René Gräber ist mein Freund. René Gräber ist Naturheilkundler und
einer, der der heiligen Mutter Pharma gegenüber äußerst
skeptisch gegenüber steht. Aber ist das auch richtig?
Retten die heilige Mutter Pharma nicht täglich Menschenleben?

Menschen, die Bluthochdruck haben und von nun an täglich ihre
Pillen schlucken müssen?
Wäre hier mehr Bewegung, vor allem Laufen, nicht hilfreicher?
Aber daran verdient sie halt nichts, die heilige Mutter Pharma.

Menschen mit der nicht erblichen Variante von Diabetes, die
nahezu vollständig durch die industrielle Ernährung und unser
bewegungsarmes Leben verursacht wird, denen nicht rechtzeitig
gesagt wurde, welchen Müll sie essen und wie negativ sich das
stundenlange Extremsesselsitzen vor dem Fernseher auswirkt.

Denn auch davon hat die heilige Mutter Pharma und die dazu
gehörige Industrie: nichts!

Man hat nur etwas davon, wenn die Menschen krank sind,
idealerweise chronisch krank.
Dafür lasst uns beten.

René Gräber ist auch Autor von einigen guten Blogs und Webseiten. Ich
habe ihn schon in der Vergangenheit öfters zitiert, so auch heute.
Gerade jetzt, wo das Thema grippaler Infekt, Grippe oder sogar
Schweinegrippe
wieder akut ist, ist es wichtig, sich über das im Klaren
zu sein, was hier so gerne als Heilmittel gepriesen wird: Tamiflu.

Schon wieder sterben die ersten Kinder in den Nachrichten, die
Angstschwelle der Deutschen steigt mit den Nachrichten. Die Toten der
letzten Schweinegrippe-Welle haben sich in Deutschland zwar später
alle als Opfer anderer Krankheiten herausgestellt, aber wer fragt da noch
danach?
Wichtig war damals, möglichst viele Menschen zu impfen, Kranken-
schwestern, Soldaten und Meinungsmultiplikatoren wurden
zwangsgeimpft, die Medien wurden aufgescheut, aber der Deutsche hat
sich dennoch oft der Propaganda verweigert.
Mal sehen, ob erneut versucht wird, die alten Socken als neu zu
verkaufen.

Einzig wichtig war, etliche Millionen von EUR in die Schweiz zu
transferieren, zum Hersteller von Tamiflu, aber kaum einer weiß,
dass Unsummen dieser Gelder als Lizenzzahlungen nach Amerika
gingen und dass die amerikanische Firma, die die Lizenz für dieses
„Wundermittel“ hält, engste personelle Beziehungen in Form von
Donald Rumsfeld
zur Bush-Administration und zur
amerikanischen Elite hat.

Ein Schelm, wer glaubt, dass die medialen Kontakte hier zu den
Nachrichten wurden, die den weltweiten Absatz dieses Medikaments
angeheizt haben.
Ein Verschwörungstheoretiker, wer annimmt, dass hier
generalstabsmäßig
ein Hype erzeugt wurde, der seinesgleichen
sucht, einzig zu dem Zweck, die Reichen in Amerika noch ein wenig
reicher zu machen.

Aber lies einfach mal, was René Gräber über Tamiflu schreibt:

Tamiflu ist vielen von Ihnen sicher noch im Zusammenhang mit der Schweinegrippe 2009 bekannt. Und in den letzten Wochen tauchten auch schon wieder Schlagzeilen dazu auf. Natürlich auch in der BILD-Zeitung.

Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Hinweis, dass Vogelgrippe, Schweinegrippe und überhaupt die Grippe, uns nichts anhaben kann, wenn wir nur an die heilige Mutter Pharma glauben und alles schlucken, was uns von dort aufgetischt wird?

Mit der Schweinegrippe 2009 wurde uns damals auch gleich der Heilsbringer mit serviert: Die Schweinegrippe-Impfung und das Tamiflu.

Das Zaubermittel Tamiflu, sollte uns im Fall der Fälle vor dem sicheren Verderben bewahren. Auch die Namensgebung für das Medikament kommt aus dem Reich der Phantasie: Tami für das englische Verb „to tame“, was „zähmen“ heißt und „flu“ steht für „flunkern“. . . `Tschuldigung. . . für „Grippe“ natürlich.
Jedenfalls:  Bereits 2009 schrieb ich in diesem Blog hier: Tamiflu – begehrt, aber wirkungslos.

Die “Fachwelt”: Schulmedizin, Presse, Politiker (selbst die Kanzlerin erwähnte den Markennamen Tamiflu) und der kleine Mann auf der Straße waren sich einig: Die Pharmakologie im Speziellen und die Medizin im Allgemeinen haben wieder einmal einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Kritische Stimmen wurden totgeschwiegen oder die Kritiker als nicht ernst zu nehmend bezeichnet.

Die ganze Diskussion um die Vorzüge des „Virustatikums“ (allen voran Tamiflu) wurde angeheizt durch Panikmache und politische Intervention: Die Bundesländer hatten vom Hersteller vorsorglich für etliche Millionen Euro Vorratspackungen eingekauft, um die Bundesbürger vor dem sicheren Ende zu bewahren. Denn 2006 stellte man sich in den schillernsten Farben vor, dass das damalige Vogelvirus über Nacht zu einem Virus mutieren kann, das auch für den Menschen üble Folgen bereithält. Bayern allein soll dafür um die 22 Millionen Euro ausgegeben haben.

Und das sichere Ende kam dann auch, aber nicht für die Bürger, sondern für das Medikament.

Wo Wissenschaftler ein neues Medikament „erfinden“ und in Fachzeitschriften „lobpreisen“, waren es ebenfalls Wissenschaftler, die dieses Produkt kritisch unter die Lupe nahmen – zum Glück.

Ein internationales Gutachterteam von der Cochrane Collaboration setzte sich mit dem Präparat und seinen Wirkungen bzw. Nebenwirkungen unter anderen Gesichtspunkten auseinander. Die Cochrane Gruppe besteht aus einer Reihe von Wissenschaftlern, die Studien nachverfolgen bzw. auswerten in Hinsicht auf deren Aussagekraft unter besonderen Gesichtspunkten. Für Tamiflu wurde eigentlich nur eine Analyse der vorhandenen Daten auf die Wirkungs- und Nebenwirkungsrate erhoben.

Das Datenmaterial, was seinerzeit von Roche, dem Hersteller von Tamiflu, veröffentlicht worden ist, zeigte dann auch beeindruckende Ergebnisse: Alles signifikant, wo man auch hinschaut. Besonders überzeugende Ergebnisse konnte ein Virologe aus dem Genfer Universitätsklinikum, Laurent Kaiser, vorweisen. Er hatte 10 aktuelle Wirksamkeitsstudien untersucht und mehr als eindeutig feststellen können, dass unter einer Tamiflu-Gabe „signifikant“ weniger Patienten an Lungenentzündung erkrankten als ohne bzw. unter Plazebo.
Das Jefferson Team von der Cochrane Collaboration konnte hier feststellen, dass diese Ergebnisse „signifikant“ manipuliert worden waren. Denn alle Studien waren vom Hersteller selbst durchgeführt worden.
Aber da diese Ergebnisse so überzeugend waren, wurden sie von der gesamten Welt gläubig ins Abendgebet aufgenommen.

Sogar die Cochrane Wissenschaftler gingen der Schlamperei zu Beginn auf den Leim. Erst 2009 bekamen sie vom britischen National Institute for Health Research den Auftrag, diesen ganzen Komplex noch einmal wissenschaftlich aufzurollen. Denn es kam Kunde aus Japan, wo Ärzte, wie Keji Hayashi, die Wissenschaftler darauf aufmerksam machten, dass die veröffentlichten Daten mit der klinische Praxis nicht in Einklang zu bringen seien.
Dazu kommt noch, dass die Autoren der berühmten Tamiflu-Übersichtsstudie Angestellte und bezahlte Berater vom Tamiflu-Hersteller sind. Die 10 Studien, die untersucht worden sind, sind in 8 Fällen überhaupt nicht veröffentlicht worden.

Nur 2 wurden als koscher genug befunden, den Weg in eine Veröffentlichung zu gehen.

Warum also wird 80 Prozent des Studienmaterials unter den Teppich gekehrt und 20 Prozent stellvertretend für 100 Prozent verkauft?

Um dieser Frage nachzugehen fragte das Jefferson Team Kaiser um die vollständigen Daten. Der aber verwies diese an die Firma Roche, und die wollten eine Verschwiegenheitserklärung, falls man die richtigen Daten aushändigte. Anders ausgedrückt: Die Jefferson Gruppe durfte die Daten ansehen, durfte aber zu niemanden darüber Aussagen machen, geschweige Veröffentlichungen darüber erstellen. Aha? Gibt es hier etwas zu verheimlichen?
Wenn die Datenlage so eindeutig „signifikant“ ist, warum wird dann nicht damit in der wissenschaftlichen Weltgeschichte umhergeschmissen wie in Köln zum Karneval mit Kamellen?

Die Jefferson Gruppe zog aus diesem Verhalten die Konsequenzen und veröffentlichten die Lücken und Ungereimtheiten der Kaiser-Veröffentlichung. Sie erstellten eine neue Bewertung des Präparat auf der Grundlage von Studien, die vollständig veröffentlicht worden waren.
Das Ergebnis war „signifikant“: Tamiflu schneidet nicht besser als Plazebo ab, ein Ergebnis, das der Einschätzung der japanischen Wissenschaftler um Keji Hayashi entspricht.

Nachdem das Kind für Roche in Bausch und Bogen in den Brunnen gefallen war, wurde die Firma rege. Sie versprach, die fehlenden Daten nachzureichen, allerdings unter recht komplizierten Bedingungen – passwortgeschützte Webseite, unvollständige Daten wiederum etc.

Das zögerliche Herausrücken der Originaldaten muss leider die Frage zulassen:
Werden die Daten erst einmal wieder zurechtgeschrieben, um die gewünschten Ergebnisse zu liefern?

Die ersten veröffentlichten Daten wurden von Jefferson und seiner Gruppe als manipuliert erkannt, und “Schwupps” waren die Daten von mehr als der Hälfte der Studienteilnehmer verschwunden (2691 von 4813).

Auch im Reich der Nebenwirkungen konnten die Jefferson Leute eine Reihe von bunten Kühen begegnen. Die offizielle Darstellung für Tamiflu sieht so aus, dass es keine und wenn, dann unbedeutende Nebenwirkungen gegeben hat. Zurück aus dem Märchenwald zeigten sogar die unvollständigen Daten, dass es 10 schwere Zwischenfälle bei 9 Patienten gegeben hatte. Auch hier hatten die japanischen Wissenschaftler das gleiche Bild geliefert:
Kinder unter Tamiflu zeigten gehäuft psychotische Veränderungen.

Naja, und wenn man sich nicht anders zu helfen weiß, setzt man noch einen oben drauf. So behauptet Roche stock und steif der Süddeutschen Zeitung gegenüber, dass es keine Datenlücken gibt. Wörtlich:
„Roche glaubt, dass es alle Daten zur Verfügung gestellt hat. . .“

Aber glauben heißt ja nicht wissen. Warum also weiß Roche nicht, ob sie alle Daten abgegeben hat. Da bleibt doch nur die Vermutung: Roche glaubt nicht, Roche weiß, dass sie NICHT alle Daten zur Verfügung gestellt hat – oder? Danach geht man in die Offensive und teilt den Gutachtern mit, dass die Firma darüber entscheidet mit welchem Material die Gutachter zu arbeiten haben. Der Kommentar von Tom Jefferson: „Eine verkehrte Welt! Seit wann entscheiden die Begutachteten, was der Gutachter sehen darf – und was nicht?“

Aber dann gibt es ja noch das Konkurrenzpräparat von Glaxo. Aber auch Glaxo hat eine glorreiche Vergangenheit in Sachen Datenmanipulation und – unterdrückung (Avandia unlängst). Somit ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Datenlage für Relenza, das Glaxo Pendant zu Tamiflu, vermutlich auch nicht alles ganz in Ordnung ist.
Tut mir leid, aber der gute Wille ist mir bei solchen Machenschaften abhanden gekommen.

Die größte Studie mit Relenza in den USA zeigte im Vergleich zu Plazebo übrigens keinen besseren Effekt. Auch sie verschwand in den Katakomben der medizinischen Geheimwissenschaften und wurde nie veröffentlicht.

Fazit der Jefferson Gruppe: Wo man auch hinschaut, man sieht manipulierte Daten. Medizinisch-wissenschaftliche Studien . . . Hollywood für Weißkittel.

Mein Fazit: Nichts Neues für mich. Ich empfehle weiterhin die Reportage von Frontal21 DAS PHARMAKARTELL.

Natur Heilt Blog

Scarlett O’Hara küsst Zauberlehrling

(Klicken zum Vergrößern!)

„Vom Winde verweht“ erlebten wir am vergangenen Samstag beim NEU (Nord Eifel Ultra) live. Und ich dachte ständig an die schöne Scarlett O’Hara, jedes Mal, wenn wir wieder ganz besonders stark „vom Winde verweht“ wurden.
Da war jeder froh, der dank ein paar Pfunden zuviel dem Wind etwas entgegen zu setzen hatte. Ich war einer davon, untertrainiert, übergewichtig und auch im optimalen Fall für Ultraläufer deutlich zu schwer.

Der stamme Wind von vorne treibt Deinen Puls nach oben, Du drückst mit dem ganzen Körper gegen den von vorne blasenden Wind und dennoch kommst Du kaum voran.
Zwei richtig stramme Laufpassagen ziemlich am Anfang der 56,3 Kilometer waren so zu bewältigen und ich überlegte, wie ich mich von diesem Lauf verabschieden könnte, ohne dass es allzu peinlich wirken würde.
Als dann der Wind jedoch nachließ, wir wieder in den Wald kamen und das Laufen wieder erträglicher wurde, war ich dann doch sehr froh, nicht „gekniffen“ zu haben.

Am Vortag noch, als ich mich auf den Lauf einzustimmen versuchte, telefonierte ich mit Susanne Alexi. Ich wusste, dass ich im Grunde seit dem Eisweinlauf Mitte Dezember keine lange Einheit mehr gelaufen bin, außerdem bin ich auch nur sehr wenige kurze Einheiten gelaufen. Ich war also faul, der Arbeit und der chronischen Unlust geschuldet.
Aber Susanne beruhigte mich, als sie sagte, dass Florian Bechtel auch schon lange keine lange Strecke mehr hinter sich gebracht hat und dass es Ultramarathon – Einsteiger geben würde, perfekt.
Auf der Webseite las ich, dass wir in einer Zeit von 7 bis 10 Minuten pro Kilometer laufen würden – und ich lachte innerlich. Doch so langsam?
So würden wir für die Gesamtstrecke bei der 7er Zeit mindestens 6 1/2 Stunden brauchen, bei der 10er Zeit sogar knapp über 9 Stunden! Wie langsam ist das denn, dachte ich. Aber ich war zufrieden, weil ich nach der langen Pause sowieso Sorgen hatte, zu langsam zu sein.
Erst am Ende der Strecke, als wir kurz vor 18.30 Uhr wieder auf dem Annakirmesplatz in Düren angekommen waren, weit über 9 Stunden nach dem Start, wusste ich, dass das alles andere als langsam für mich war. Nicht nur das: zwischen km 50 und 53 war ich weit abgeschlagen hinten, konnte kaum mehr laufen, fühlte mich elend, wechselte Laufpassagen mit Gehpassagen, weil ich vollkommen fertig war und hoffte, zumindest nicht den Anschluss an den vorletzten, an Jörg Segger, zu verlieren.

Und ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich auf die Stirnlampe verzichtet hatte, im irrtümlichen Glauben, 56,3 Kilometer noch am Nachmittag abgelaufen zu haben. Wenn ich also den Anschluss verpasst hätte, dann hätte ich ohne Licht, ohne Karte und ohne Ortskenntnis dagestanden und mich irgendwie durchschlagen müssen. Erst ab km 53 ging es wieder und ich fand Anschluss nach vorne, aber ich sagte mir, dass ich nie wieder einen Lauf vorher einschätzen will.

Der stramme Wind von vorne, der mich stets an Scarlett O’Hara senken ließ, war aber nicht das einzige Problem, das wir hatten. Da war auch noch der Goethe’sche Zauberlehrling – und der sorgte für „Wasser satt“.

Manchmal schien es mir, als wären wir beim „StrongManRun“ oder einem der anderen Matsch-Rennen. Ob es der Schnee war, der so weich war, dass Du permanent eingebrochen bist, ob es das Gras war, das sich in weichen moderigen Schlamm verwandelt hatte oder ob es die meist überfluteten Wege waren: Wasser war immer da, Wasser war omipräsent!

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Und so versuchten wir am Anfang, mit der Auswahl der optimalen Route die Füße noch einigermaßen trocken zu halten, aber schon bald war klar, dass das alles sowieso keinen tieferen Sinn ergeben würde. Von da an ging es eben geradeaus mitten durch das Wasser, mitten durch die Bäche.

Du frierst an den Füßen, an den Zehen – obenrum aber war es warm. Die Sonne erschien immer wieder am Himmel, die Luft war fast frühlingshaft warm, es war ein ganz besonderes Wochenende.
Dazu passte die Strecke, die auch sehr interessant war. Trailig, nicht allzu viele Höhenmeter, aber eben durch die Bedingungen doch sehr anstrengend.
Ob auf dem Smugglerweg, bergauf oder bergab, durch den Wald, die Wiesen oder die Dörfer – ich genoss jeden Meter, auch wenn er anstrengend war.

Und ich redete viel. Mit Susanne Alexi und Jörg Benz zuerst und dann mit Bernd Rohrmann aus Hagen. Er wurde mir beim „Trail Uewersauer“ in Luxemburg schon von Günter Meinhold kurz vorgestellt und wir liefen auch die „TorTOUR de Ruhr“ gemeinsam, er in seiner 100 Meilen-Premiere auf der 160 Kilometer Strecke, ich auf der 230 Kilometer Strecke.
Auch das weitere Programm des Jahres deckt sich auffällig oft. Rennsteiglauf, K-UT, der SH Supertrail … wir redeten ununterbrochen, bis es mir so schlecht ging, dass ich alleine sein und schweigen wollte. Aber da waren schon 50 Kilometer vorbei, es war schon dunkel und ich wollte nur noch nach Hause.

Am Ende konnte ich nicht einmal mehr auf Bernd warten. Es war schon so spät, dass ich schnell Richtung Leichlingen musste. Ein Freund hatte zu einer Après Ski Party eingeladen.
Scarlett O’Hara und der Zauberlehrling blieben auf der Strecke – aber an den unglaublichen Wind, an das viele Wasser und an einen zauberhaft anstrengenden Lauf werde ich noch lange denken.