In Rheine starten und dann über Hörstel-Bevergen, einem wirklich zauberhaften Dorf, das schon mal „Bundesdorf“ der Ausschreibung „Unser Dorf soll schöner werden“ wurde, weiter durch die Fachwerkstatt Tecklenburg mit ihrem faszinierenden Stadtzentrum, dann nach Bad Iburg, nach Borgholzhausen und Bielefeld laufen. So war der Plan und so wurde es gemacht.
Für die Realisierung des weiteren Plans, dann über Oerlinghausen und Lage bis nach Horn-Bad Meinberg zu laufen, fehlte mir aber das notwendige Zeitfenster und die entsprechende Motivation. Aber ich tröste mich mit dem Gedanken, dass ich Andreas Haverkamp wenigstens auf einer Strecke begleiten durfte, die bei einem Anbieter von Wanderveranstaltungen immerhin 6 Tage beansprucht. Wir hatten das in rund 22 Stunden ablaufen können.
Für den Rest der Strecke, also von Bielefeld bis nach Horn-Bad Meinberg, veranschlagen die Oberwanderer dann weitere zwei Tage. Es geht also auch gemütlich zu auf diesem Wanderweg. Gemütlich, aber auch teuer.
So nimmt dieser Veranstalter mindestens 529 EUR und wenn man nur zu zweit reist und in Doppelzimmern schläft, dann sind es immerhin 617 EUR für diese 8 Tage – pro Person, versteht sich. Es rechnet sich also, Läufer zu sein.
Überhaupt war alles ein wenig kürzer auf diesem Lauf „Hermannsweg komplett nonstop“. Es begann mit der TomTom Laufuhr. Ich hatte ja geschrieben, dass ich die TomTom dort zum ersten Mal auf einer längeren Strecke ausprobieren will. Dank des Hinweises von Laufhannes habe ich schon vorher in der Uhr nachgesehen, wie es sich denn mit so etwas Nützlichem wie einer Höhenmetermessung verhält. Er hatte da nichts gefunden, ich leider auch nicht. Für die Berge, dachte ich dann, ist diese Uhr dann wohl eher „suboptimal“.
Aber sie hat einen enormen Vorteil. Sie zwingt Dich, zügig zu laufen. Den City-Marathon solltest Du nicht allzu lasch angehen und manche von uns in der lieben großen Ultraläufer-Familie würden auch noch die 50K von Rodgau damit bewältigen können, aber auch die müssten dann schon ein wenig Druck auf das Tempo machen.
Ich hatte die TomTom Uhr vor dem Start voll geladen und ich wusste, dass sie ohne GPS und nur mit der Nutzung als Handgelenksuhr durchaus mehr als eine Woche lang funktioniert. Wenn sie aber das tut, wofür sie erschaffen wurde, dann verlässt sie Dich schon nach gut 4 1/2 Stunden. Ich muss gestehen, dass ich ein wenig enttäuscht war.
Gleichzeitig aber war ich aber auch froh, weil ich nach der Frage von Laufhannes doch etwas skeptisch wurde und deshalb sicherheitshalber doch meine Garmin 310 XT an den anderen Arm geschnallt hatte. Die hält knapp 20 Stunden lang und das ließe sich noch etwas ausdehnen, wenn ich ein paar Erinnerungsfunktionen ausschalten würde.
Das ist auch nicht allzu viel, aber für einen City-Marathon reicht es allemal.
Wenn ich mir vorstelle, wie das war, als ich mit dem Laufen angefangen habe! Die erste Laufuhr war eine einfache Polar-Uhr. Die konnte kaum mehr als den Puls und die Geschwindigkeit messen, kostete aber 129 EUR. Eine unvorstellbar hohe Summe für etwas Plastik, dachte ich damals. Erst danach lernte ich mühsam, wie teuer Laufuhren sein können und wie viele davon ich in den wenigen Laufjahren noch kaufen würde.
Diese Anfängeruhr fristet seit Jahren ihr Dasein am Handgelenk meiner Mutter, die damit ihr „Nordic Walking“ Programm absolviert. Gute Lösung.
Dann kam die Polar 610 mit Fliehkraftmessung. Ein wirklich edles Teil, das mein Sohn seit etwa sechs Jahren verwendet. Diese Uhr war wirklich schon richtig gut, alleine der Makel mit der nicht so genauen Fliehkraftmessung ärgerte mich oft.
Und dann, als ich meinem Sohn etwas Gutes tun wollte – und mir auch – holte ich mir die Garmin 305 mit GPS, sehr exakt und so wunderschön. Mit ihr wurde mein Tempo bei den Mehrstundenläufen ruhiger und konstanter, die Ergebnisse wurden besser. Ihr erster Makel war die Akku-Laufzeit, obwohl ich die beiden Läufe in Biel damit noch problemlos bewältigen konnte. 10 – 12 Stunden hält der Akku, hieß es damals. Und ich dachte:
Wer braucht schon mehr als das?
Insgesamt hatte ich drei dieser Garmin 305 Uhren und keine funktioniert mehr, die Feuchtigkeit hat alle dahingerafft, das war ihr zweiter Makel.
Und dann, wenn Du merkst, dass 12 Stunden noch eher als Kurzstrecke durchgehen, wenn die Laufzeiten länger werden, dann suchst Du weiter. Die Garmin 310 XT zum Beispiel. 18 – 22 Stunden, offiziell, immerhin. Und das kombiniert mit einem aufladbaren Akku bedeutet, dass ich sogar die etwas längere Strecke des Thames Ring Race komplett mit der Garmin abbilden konnte, immerhin 94 Stunden und 44 Minuten lang. Auch hier habe ich mittlerweile meine zweite Uhr davon und auch hier hat die Feuchtigkeit des Himalaya der ersten Uhr den Todesstoß versetzt. Triathlon damit? Ja! Aber Regen? Wohl eher nicht.
Und die TomTom Uhr? Sie ist etwas ganz Besonderes. Sie ist schön am Handgelenk anzusehen, zweifellos. Und sie ist gemacht für die Millionen von Läufern, die zwei Mal die Woche 30 bis 60 Minuten lang ihre Hausstrecke abtraben, um dann einmal, vielleicht zwei Mal im Jahr sich an einen Marathon zu wagen, immer mit Blick auf die ominöse 4-Stunden-Marke. Für die ist das wirklich eine nette Alternative, für uns „harte Mädels“ und „harte Jungs“ ist die TomTom aber sicher nicht mehr als ein netter Anblick.
Die rund 1.500 Kilometer des „Millenium Quest“ Wettbewerbs jedenfalls würden sich mit dieser Uhr auch in der Kombination mit etlichen Notfall-Akkus wohl nicht abbilden lassen.
Fazit: Tom wird wohl in der Zukunft wieder ohne TomTom auskommen müssen.
Aber ich wollte ja vom Hermannsweg erzählen und bin etwas abgeschweift. Also den Faden wieder aufnehmen …
Andreas Haverkamp hat sich im Vorjahr schon daran versucht, gemeinsam unter anderem mit Sascha Horn. Der hat die gesamte Strecke gepackt, für Andreas aber blieb eine offene Wunde und der „Hermannsweg komplett nonstop“ als nonstop Lauf ein Ziel, die Motivation schlechthin. Ich bin froh, dass er das nun hinter sich hat. Für mich aber war dieser Weg nicht mehr als ein weiterer deutscher Fernwanderweg, ganz nett, vor allem die Städtchen, die man durchläuft, aber eben kein großes Ziel.
Nach dem Einstieg in die Strecke über die Straße „Hermannsweg“ in Rheine ging es noch im Dunklen flach voran. Wir hatten geplant, um 6 Uhr zu starten, ich hatte auf 5 Uhr gehofft, aber auch einen vorgezogenen Start um 22 Uhr am Vortag vorgeschlagen, aber es war dann 7.20 Uhr, bis wir wirklich auf der Strecke waren.
Und gleich verliefen wir uns einige Male.
Es dauerte einige Stunden, bis wir in einen vernünftigen Laufrhythmus kamen, aber dann klappte auch das Wege finden recht gut. Aber ich ärgerte mich doch die ganze Zeit über mich selbst, weil ich mich entschieden hatte, den Garmin Oregon mit dem Track des Hermannsweges zu Hause zu lassen, ein törichter Fehler, wie wir mindestens an zwei Stellen am Abend feststellen mussten. Wozu habe ich denn so ein tolles Teil, wenn ich es dann doch nicht bei mir trage?
Die ersten Kilometer sind ja im Wesentlichen flach, wenig aufregend und unspektakulär. Es ging über Feldwege, teilweise auch über nennenswerte, aber eher unschöne Straßenpassagen, oft jedoch über wunderschöne Waldwege, die angesichts des hervorragenden Wetters und des verfärbten Herbstlaubs, das sich schon heftige Gefechte mit der Gravitation lieferte, eine ganz neue Dimension des Laufens zeigten.
Wir versorgten uns im Wesentlichen über Verpflegungspunkte, die Andreas im Vorfeld angelegt hatte. Getränke und etwas Nahrung, die immer in schwarzen Müllbeuteln neben der Strecke deponiert waren, selbstverständlich alles vegan und gesund. Aber dennoch fehlte mir da etwas.
Schon in Tecklenburg hätte ich gerne eine Bar besucht, in Bad Iburg dann kam ich aber nicht an einem EDEKA-Laden vorbei. Ich musste etwas eiskalte Cola haben, eine große Dose Energy-Drink, ein paar Cashew-Nüsse und ein Mandelhörnchen. So viel Sünde darf einfach sein, finde ich.
Und dann saßen wir auf dem Parkplatz in der Sonne, genossen diese kleinen Sünden und ich erinnerte mich an den Lauf im Herbst 2009 mit Susanne Alexi und dem Ultrayogi Jörg Schranz auf dem „schrägen O.“ rund um Oberhausen und dabei an die Pausen vor den Einkaufsgeschäften, wo wir uns auch etwas kauften und das im Sonnenschein tranken und aßen. Wie schön ist so ein Trainingslauf, wenn es nicht ausschließlich um Zeiten und Tempo geht, wenn man solche Situationen nutzen kann und einfach das Leben genießt!
In solchen Momenten schicke ich gerne ein Stoßgebet nach oben und bedanke mich dafür, ein Läufer zu sein, ein Läufer über längere Distanzen, bei denen genug Zeit bleibt für solche Erfrischungen.
Der Hermannsweg ist meistens ein Kammweg über die Höhen des Teutoburger Waldes. Du siehst also rechts und links ins Tal hinab. Die Höhen sind nicht allzu hoch, aber in der Summe des Weges kommen dann doch fast 4.000 positive Höhenmeter zusammen. Die Ausschilderung war wahrscheinlich mal fantastisch, als Hermann der Cherusker dort gelaufen ist. Im Laufe der folgenden 2.000 Jahre aber ist die eine oder andere Markierung aber abgefallen. Anders formuliert: selten habe ich mich so oft verlaufen wie auf dem Hermannsweg. Das hat schon unsere Mütchen gekühlt und hat mir immer wieder mein Hauptproblem des Laufs in Erinnerung gebracht.
Mein Hauptproblem während des gesamten Laufs aber war die etwas kürzer bemessene Zeit, die mir zur Verfügung stand. Ich musste am Samstag spätestens um 6 Uhr in der Grafschaft wieder losfahren, um dann noch vor 9 Uhr, vor der Ladenöffnung des Würzburger Neubert-Möbelhauses, im Laden zu sein. Wenn wir also am Freitag zu lange brauchen würden, dann hätte ich kaum mehr Möglichkeiten, ordentlich zu schlafen. Die Fahrt von Horn-Bad Meinberg nach Bielefeld, dann müsste ich noch drei Stunden nach Hause fahren, schlafen, duschen, all das schien mir nach zwei nächtlichen Verlaufern, die uns jeweils mindestens eine Stunde gekostet hatten, schwer machbar zu sein. Der verspätete Start und die vielen zeitraubenden Verlaufer verschärften dann noch mein Problem.
Aus diesem Grund stoppte ich die Begleitung von Andreas in Bielefeld auf der Habichtshöhe, ich duschte, aß und schlief dann bei ihm in der Wohnung, um ihn anschließend im Ziel abzuholen und nach Bielefeld zurück zu bringen. Es war eine gute Entscheidung, eine gute Lösung für uns beide.
Andreas konnte sein großes Ziel, das ihn ein Jahr lang beschäftigt hatte, erreichen, ich kam zu einem langen Lauf durch die Nacht, ohne meine Arbeit zu gefährden, alles war perfekt.
Dass ich in Bielefeld noch einige Zeit mit Andreas Freundin Cordula über Ehe und Familie, über Verwandtschaft und Ernährung und über Gott und die Welt reden konnte, rundete den Freitag sogar noch ab. Ich hatte während des Laufs mit Andreas über die gleichen Themen geredet, aber oft andere Antworten erhalten. Vielleicht konnte ich hier und da meinen Anteil dazu beitragen, dass sich in der Zukunft manche dieser Antworten gleichen werden?
Es bleibt die Frage, ob ich das Ganze noch einmal wiederholen würde. Ich glaube nicht, dass ich diesen Weg erneut angehen würde, aber mit Andreas Haverkamp würde ich so einen ausgedehnten Trainingslauf sicher erneut wagen, dann aber vielleicht über den Westfalenweg?