Extrem.
Wortart: Adjektiv
Von Duden empfohlene Trennung: ex|trem
Alle Trennmöglichkeiten: ex|t|rem
Das Wort „extrem“ gehört zum Wortschatz des Goethe-Zertifikats B1.
Bedeutung: äußerst…, bis an die äußerste Grenze gehend …
Äußerst, bis an die Grenze gehend, damit droht der Haglöfs DXT (Dolomiti Extreme Trail) – oder verspricht er das? Jeder mag das für sich entscheiden, richtig ist jedoch, dass es tatsächlich stimmt. Nicht jeder Lauf, der sich selbst den Titel „hart härter, am härtesten“ gibt, verdient diesen. Der DXT aber trägt ihn zu Recht im Namen.
Wenn Du also Deine Planung für 2019 machst, dann vergiss nicht, dieses Event in Deine Überlegungen einzubeziehen, wenn Du bis zu Deiner Grenze gefordert sein willst.
Schon die Anreise ist ein Erlebnis und eine kleine Weltreise. Die Fahrt über den Brenner bis nach Bressanone (Brixen) ist weit, die wenigen Restkilometer aber bis zum Städtchen Forno di Zoldo sind ein Erlebnis. Natur pur, gewundene, enge Straßen, steile Anstiege und die Bremsen Deines Autos belastende Abwärtsserpentinen. Richtige Berge also, eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Und das ist die Kulisse, in der die 103 Kilometer des DXT stattfinden.
Wenn man sich Forno di Zoldo im berühmten Val di Zoldo, immerhin ist hier angeblich das Speiseeis erfunden worden, anschaut, dann würde man bestimmt nicht annehmen, dass dieses Städtchen Heimat von einem der aufregendsten Berglaufevents in den Alpen ist. Zu beschaulich sind die schmalen Straßen, neben denen regelmäßig Radaranlagen stehen, um die Autofahrer zu bremsen.Forno di Zoldo ist eigentlich nur ein kleines italienisches Städtchen inmitten hoher Berge, ein Städtchen, das sich jedoch an einem Wochenende im Jahr im Ausnahmezustand befindet, ein Städtchen, das scheinbar nur für dieses eine Eventwochenende erbaut ist.
Aber Du findest im Val di Zoldo auch eine perfekte Organisation vor, bei der Du Deine Startnummer abholst, bei der akribisch die Pflichtausrüstung kontrolliert wird und bei der Du vom Hauptsponsor Haglöfs sogar noch ein Paar Trailschuhe erhältst. Eigentlich sollten das die Finisherpräsente sein, aber weil es sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass das Anprobieren von Schuhen nach dem Zieleinlauf nicht unbedingt vollkommen perfekt ist, hat man das Schuhe anprobieren auf die Zeit vor dem Startschuss verlegt. Angesichts recht moderater Startgebühren ist also schon das Wissen um das Paar Trailschuhe ein Grund, diesen Lauf auf die „to run Liste“ für 2019 ff. zu setzen.
Als ich mich für die Teilnahme beim DXT 103 entschieden habe, faszinierten mich neben den „hard facts“ (103 km mit 7.150 HM) vor allem auch die vielversprechenden Berichte meiner Lauffreunde. Fast jeder, der schon mal dort angetreten ist, kam auch ein zweites oder drittes Mal. Kann es mehr Werbung für einen Lauf geben?
Schon beim Blick auf die Starterliste der Längen 23 K, 53 K und 103 K entdeckte ich viele alte Bekannte und von diesem Blick an war ich gespannt wie selten auf diesen Lauf.
Aber als ich ankam, rund 16 Stunden vor dem Start am frühen Morgen, regnete es in Strömen. Nur die Wettervorhersage für den nächsten Tag machte mir Mut und nach einigen Stunden hörte der Regen dann auch tatsächlich wieder auf, beste Wetterbedingungen für den Abend vor dem Lauf und für den Start waren also gegeben.
Den Tag vor dem Rennen verbrachte ich mit all dem, was Läufer so tun vor einem großen Event. Die Startnummer holen, zum bestimmt zwanzigsten Mal das Höhenprofil studieren, die Materialkontrolle überstehen, anschließend traf ich noch eine Handvoll der Läuferfreunde, trank mit dem einen oder anderen noch ein Wasser oder ein alkoholfreies Bier und gerade, als ich den Tag Richtung Bettchen ausklingen lassen wollte, luden mich Gerald Blumrich, Thomas Miksch und Matthias Dippacher noch zum gemeinsamen Abendessen zu sich.
Vor dem Start am sehr frühen nächsten Morgen gab es in dem perfekt gelegenen und wunderschönen Hotel Post, das gleichzeitig auch das Headquarter der DXT Organisation war, schon ein komplettes Frühstück. Das ist echte Kundenorientierung, das wünscht man sich vor jedem Lauf.
Der Start selbst war schon ein großartiges Erlebnis. Eine hervorragende Moderation, aufregende Musik und dann nach dem Startschuss ein Gerenne, als wären wir bei einem Unterdistanzrennen.
Ich lief mit Sebastian Schneider los und wir blieben zusammen, bis er später wegen körperlicher Probleme aussteigen musste. Erst ging es lange die Straße entlang, durch einen Tunnel hindurch, dann folgen wir einem nahezu flachen Weg entlang des kleinen Flüsschens, bis es nach rund acht Kilometern abrupt und steil nach oben ging, rauf auf rund 2.200 Meter.
Steil nach oben ist dabei in den Dolomiten schon etwas ganz anderes als steil nach oben in anderen Regionen Europas. Deine Oberschenkel meckern, Deine Gedanken rotieren und Du bist immer froh, wenn Du einen weiteren Berg hinter Dir hast.
Fotos: Dolomiti Extreme Trail (offiziell)
Und weil es eine alte Bergregel ist, dass es meist genauso sakrisch runter geht wie es rauf gegangen ist, waren auch die Downhills von einer Qualität, die Bergläuferherzen höher schlagen lässt und die Asphaltläufern das Fürchten lehrt. Zum Glück gab es hin und wieder Seilsicherungen, um sich ein wenig besser zu fühlen.
Die Trails sind meist eng, stellenweise nur einen Fuß breit. Der Weg geht an tiefen Schluchten vorbei, über Schneefelder und dann wieder durch Wiesen und häufig durch Waldgebiete. Die Strecke ist immer sehr abwechslungsreich, das macht sie spannend. Und ständig sind Volunteers zu sehen, die die Läufer unterstützen. Ich hatte das Gefühl, dass es mehr Volunteers gab als Läufer.
Die schönste Passage der Strecke über das Rifugio Coldai wurde wegen des vielen Schnees ersetzt und wir liefen auf einer tiefer gelegenen Strecke zum Passo Staulanza, wo auch die Dropbags warteten.
Bis dahin aber hatten wir eine Regenphase zu überstehen, die bei mir alles, was ich an hatte, klatschnass machte.
Ich wäre gut beraten gewesen, eine zweite Regenjacke in den Dropbag zu packen und deutlich mehr Ersatzlaufklamotten, um für die kalte Nacht mit trockenen Sachen gewappnet zu sein.
So aber gingen Bilder durch meinen Kopf, die Farbe bekamen, als ein Freund, am Tresen der Gastwirtschaft neben der Dropbag-Station stehend, erzählte, dass er seinen Chauffeur gebeten hat, ihn dort abzuholen.
Zu dieser Zeit war ich schon unendlich langsam geworden und ich erschrak jeden Kilometer aufs Neue ob der langen Zeit, die ich auch für relativ harmlose Streckenabschnitte brauchte. Ich war leer, im Kopf und in den Beinen.
Und dann dieses Angebot!?
So kam ich um den Genuss des Rests der Strecke herum, meine 103 K waren nur rund 54 K lang und meine Nacht verbrachte ich im warmen Bettchen statt auf der Strecke, aber ich schlief mit der Gewissheit ein, mal wieder einen Riesenfehler begangen zu haben.
Immer wenn mein Geist willig, mein Körper aber schwach ist, dann verstecke ich mich für einige Zeit.
Ich war dann zwar am nächsten Tag bei der Siegerehrung dabei, aber vor allem deshalb, weil „Dippi“ Gesamtzweiter wurde und Thomas Miksch als Gesamtzehnter geehrt wurde. Und diese Ehrung wollte ich definitiv nicht verpassen.
Einen Riesenfehler begehen bedeutet aber auch gleichzeitig, eine Herausforderung für eines der Folgejahre zu haben. Extrem, bis an meine Grenze gefordert, ja, das war ich. Und so steht an meiner Pinwand:
„Für den DXT 2019 anmelden!“
Dann wird mein Dropbag aber besser bestückt sein.