Family Affairs …

Was ist in den letzten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren nicht schon alles über die Brocken-Challenge geschrieben worden. Die Geschichte des Laufs ist interessant, aber auch bekannt und die Geschichte des Brocken mit der Walpurgisnacht, den Hexen und mit den Erzählungen von Heinrich Heine? Auch interessant, aber auch schon oft beschrieben, auch schon hier in diesem kleinen Blog.

Also schreibe ich darüber, was die Brocken-Challenge 2014 für mich war.
Die Brocken-Challenge war wie so oft ein großes Familientreffen, das wussten wir alle, nachdem wir einmal kurz auf die Starterliste geschaut haben. Und da gab es Namen nachzulesen, dass einem schwindelig wurde, so schön war das. So viele aus unserer kleinen Familie hatten Glück, ich jedenfalls habe nur sehr wenige Posts lesen müssen von Freunden, die bei der Lotterie leer ausgegangen waren.Bei Veranstaltungen wie der Brocken-Challenge, die natürlicherweise durch eine behördlicherseits definierte personelle Obergrenze limitiert sind und die dazu noch so etabliert, so schön und so sozial sind wie die Brocken-Challenge, müssen Startplätze nach dem Lotterieprinzip vergeben werden, leider.
Dabei war neben der reinen Lotterie auch das Beantworten der Frage, warum man glaubt, an dieser Brocken-Challenge teilnehmen zu müssen, von großer Wichtigkeit. Mir hat es auch Spaß gemacht, kurz aufzulisten, dass mir die veganen und die sozialen Aspekte des Events von besonderer Bedeutung sind. Und damit diese Antworten nicht einfach nur für den jeweiligen Tag bestehen, sondern damit deren „Halbwertszeit“ länger ist, sind ausgewählte Antworten sogar in die Form eines Büchleins gepresst worden. Wer also zu Ostern noch etwas Lustiges verschenken mag, der sollte sich über dieses Büchlein Gedanken machen.

Und die meisten der Starter siehst Du schon, wenn Du Deine Startunterlagen abholst. Oder später dann, beim gemeinsamen Abendessen. Stefan Beckmann war der Erste, den ich drücken und herzen durfte. Er „machte den Hasen“ für Michael Frenz, den ich aber erst hinter der Ziellinie sah. Jens Vieler war da zum Beispiel, den ich seit dem Mt. Everest Marathon nicht mehr gesehen hatte. Und auch Ricarda Bethke hatte ich seither nicht mehr gesehen. Ihr Mystery Trail Event konnte ich zum zweiten Mal hintereinander nicht besuchen, es ist halt die Hauptsaison in meinem Beruf, leider.
Ich war aber rundum glücklich, die beiden mal wieder zu sehen und ich habe wohl gegrinst wie ein Honigkuchenpferd, was Ricarda gleich dazu veranlasst hatte, zu sagen, dass ich „frisch verliebt“ und „glücklich“ aussehen würde.
Frisch verliebt?
Ich schluckte etwas und schüttelte spontan den Kopf. Dann aber dachte ich, dass das doch gar nicht so falsch sei.
Frisch verliebt – und das seit nunmehr fast 30 Jahren. Liebe ist halt doch etwas wie das Ultralaufen. Sie bedeutet ständige Arbeit, eifriges Training und gelegentlich auch mal den einen oder anderen Schmerz. Unter dem Strich aber ist sie grandios und jedes Stück Arbeit wert.JensVor der Halle traf ich Christoph Matterne, wie immer unverkennbar mit seinem Propeller wie Astrid Lindgren’s „Karlsson auf dem Dach“. Mit Christoph hatte ich schon ein paar Stunden zuvor per Facebook gechattet, weil ich, ungewöhnlich für mich, viel zu früh schon in Göttingen war. Ihn habe ich zuletzt bei der Brocken Challenge 2011 gesehen, aber es war so, als wäre die Zeit dazwischen still gestanden. Facebook ist doch ein unglaubliches Mittel, auch mit den Menschen verbunden zu bleiben, die man nicht oft sieht.
Bei diesem Chat empfahl er mir, doch erst einmal in die Göttinger Innenstadt zu fahren und alles ganz ruhig angehen zu lassen.
Was ich dann auch tat.Christoph2Foto: Frank Mölders – (https://plus.google.com/…)

Rolli, den Dealer von „Wat Läuft“, traf ich dann wieder in der Halle. Er sah wie immer großartig aus, bunt, auffällig, eben typisch Rolli. Er war gleich „mit Verstärkung“ angereist und insgesamt sechs LäuferInnen teilten sich die Anreise aus Wattenscheid. Mit Andreas Bulling habe ich seinen siebten Platz vom Vorjahr diskutiert und mit Günter Kromer habe ich intensiv über das World Wide Web geredet, über Blogs und über Web-Portale.RolliFoto: Frank Mölders – (https://plus.google.com/…)

Gabi Kenkenberg, die am darauf folgenden Tag einen neuen Streckenrekord für Frauen laufen sollte, hatte ich schon vom Göttinger Bahnhof abgeholt und wir haben natürlich vor allem den PTL besprochen. Und die wichtigsten Dinge im Leben, unsere Kinder. Die sind uns doch immer näher und präsenter als wir glauben.

Da war natürlich auch noch Martin Ottersbach, der mir seine Erlebnisse beim Spine Race geschildert hat. Er analysierte seine Fehler wie immer brilliant. Zu viel Gepäck hat er dabei gehabt und ihn behinderte diese und jene falsche Vorabeinschätzung.
Wir alle kennen das ja, Du stellst Dir einen Lauf, den Du nicht kennst, so oder so vor. Oft liege ich dann deutlich falsch. Und so hast Du die falsche Ausrüstung dabei, zu viel von dem und zu wenig von jenem.
Martin wird wiederkommen zum Spine Race. Und er wird diese Fehler nicht erneut machen.
Und dann wird er siegen gegen die unerbittliche Uhr, gegen die Cut-Off Zeiten, dann, vielleicht 2015.
Aber eine richtige Alpenwanderung werde ich mit ihm hoffentlich schon vorher mal machen. Da weiß er so viel mehr darüber als ich und gerne lerne ich hier dazu.MartinFoto: Karsten Hogh-Holub – (karsten@hogh-holub.de)

Florian Schöpf, der Importeur der wunderbaren INOV-8 Schuhe für Deutschland und Österreich, war auch da. Ich muss schon einräumen, dass ich nicht damit gerechnet habe, dass er mich noch kennt. Wir hatten vor einigen Jahren mal ein „Survival-Wochenende“ unter anderem mit Michael Neumann bei Münnerstadt verbracht. Er war schnell wieder da, der Spirit von damals, die Erinnerung an eine kalte Nacht unter einer in Bäume gespannten Plane. Welch ein Glück habe ich doch, so etwas mit ihm erlebt zu haben.FlorianFoto: Karsten Hogh-Holub – (karsten@hogh-holub.de)

Und da war auch noch der stets freundliche und lustige Klaus Dahlbeck. Seit ich ihn am Morgen des Nachtlaufs von Hagen nach Hattingen kennen gelernt habe, haben wir uns schon einige Male gesehen, zuletzt, wenn ich mich recht erinnere, beim UTMB und seinem Besuch im „Deutschen Haus“. Das Laufen verbindet doch sehr und er macht es ja allen Menschen leicht, mit ihm zu kommunizieren.BC9Foto: Frank Mölders – (https://plus.google.com/…)

Frank

Foto: Tobien-Images.de –     (www.tobien-images.de)

Frank Kleinsorg sah ich dann erst, als ich wieder zum Auto ging. Auch er, immerhin Halter des Streckenrekords bei den Herren, begrüßte mich mit einer Herzlichkeit, die mich begeistert hat. Beim anschließenden Lauf habe ich ihn, der ja durch seinen Unfall dieses Jahr nicht mitlaufen konnte, an etlichen Verpflegungsposten gesehen. Stets hat er ein, zwei warme Worte für mich gehabt und ich hatte den Eindruck, dass es in unserer Familie nicht unbedingt notwendig ist, durch gute Leistungen aufzufallen.
„Familie ist …“ sang ja Nena mal. Läuferfamilie ist … eben auch.

Tanja Niedick zu sehen, die bedauerlicherweise nicht mitlaufen konnte, die es sich aber nicht nehmen lassen wollte, als Supporterin am Rennen teilzunehmen, war auch ein Herzenswärmer. Wir haben uns ja erst vor einem knappen Jahr beim NordEifelUltra (NEU) kennen gelernt, beim Ebberg brutal hat sie mir läuferisch gezeigt, dass ich manchmal doch ein alter Mann bin, aber trotz der kurzen Zeit hat jede Begegnung etwas Besonderes, dank ihrer unglaublich positiven Ausstrahlung.

Hände schütteln und Menschen umarmen war also neben dem Abholen der Startnummer eine Hauptbeschäftigung in der Halle des Sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Göttingen.
Und sich zu freuen auch.

So viel Wärme und Geborgenheit kann einem eben nur die Familie geben …
Welt, lass‘ Dich umarmen, welch‘ ein Tag …

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Foto: Casimir Matterne

Über den Lauf selbst schreibe ich an dieser Stelle dann das nächste Mal …

Ein halber RBW, ein ganzer RBW und nun noch eineinhalb davon …

Ostersamstag, 21 Uhr in Düren auf dem Annakirmesplatz.

Es war der Beginn des NEU, des regelmäßig von Stefan Vilvo initiierten und organisierten „Nord Eifel Ultra“, am Osterwochenende erstmals als Nachtausgabe durchgeführt. Eine kleine Truppe Laufwilliger hatte sich zusammen gefunden, um gemeinsam durch die kalte und verschneite Nacht zu laufen.
Schlafen, sagt man ja, wird im Allgemeinen häufig überbewertet.
Und ein Lauf über 56 K mit ein paar Höhenmetern ist ja für uns in der „Familie“ auch kein Grund, uns darauf langfristig vorzubereiten. Training, sagt man ja auch, wird ja ebenfalls im Allgemeinen überbewertet.
Ich meldete mich also erst am Donnerstagabend per eMail dort an. Aber Stefan, der mich ja noch vom NEU Anfang 2011 kannte, ist flexibel und freut sich über jeden, den seine Eltern als Versorger und Fahrer / Fahrerin des Begleitfahrzeugs verwöhnen dürfen.
Und der Lauf passte optimal zu meinen Vorstellungen der Vorbereitungen für diesen „April der Wahrheit“. Ich konnte mal wieder durch die Nacht laufen, was mir in näherer Zukunft des öfteren droht, die Strecke ist nicht allzu kurz und nicht allzu flach, Düren ist noch fast in der Nachbarschaft, alles perfekt.Wenn Du 56 Kilometer gemeinsam durch die Nacht läufst und einigermaßen in der „Familie“ vernetzt bist, dann kennst Du am Anfang zwar noch kaum einen, am Ende aber, wenn am nächsten Morgen die Nacht geht, dann sieht das ganz anders aus.
Dabei ist es ja auch recht hilfreich, wenn manche Mitläufer Dir durch Wimpel oder Buttons dezente Hinweise geben, wo sie denn her kommen. Der „Wat läuft?“ – Button von Tatjana war so ein Hinweis, ein idealer Einstieg in eine immer interessantere Kommunikation. Wer mit einem „Wat läuft?“ – Button rumläuft, dachte ich, und zudem Ultraläufer ist, der kann nicht verkehrt sein. Wie wahr.

Manche der Läufer sah ich schon bei der Schlammschlacht des „Ebberg brutal“ der Endorphinjunkies aus Dortmund, eine gesprächsreiche und nette Nacht unter Gleichgesinnten war also garantiert, schade war nur, dass auch die einmal endete. Ich wäre gerne noch ein paar Stunden länger gelaufen, bei idealen äußeren Bedingungen, leichtem Schneefall, durch Nebel getrübter Fernsicht und teils glitschigem Boden. Aber wer achtet denn auf solche Details, schon gar nicht nach der Strecke des „Ebberg brutal“, nach der selbst ein „StrongManRun“ oder ein „Braveheart Battle“ zum Muskelentlastungsprogramm zählen würden.
Einer der „NEU-linge“, wie Stefan Vilvo seine Gäste liebevoll nennt, Daniel, wurde auch spontan noch ein Nachrücker für den „3. RheinBurgenWeg-Lauf 2013“ (RBW).
Am Ende des NEU sagte ich dann zu den absolvierten 56 K mit knapp 2.000 HM, dass ich das jetzt jede Woche verdoppeln wolle.

Der NEU war also ein halber RBW. Aus 56 K dort sollten also 110 K beim RBW werden und aus knapp 2.000 HM sollten ca. 4.000 HM werden. Und dann war er auch schon da, er erste schwierige Lauf im „April der Wahrheit“.
Schon die Tage zuvor waren recht hektisch, obwohl ich außer etwas Facebook-Arbeit mich im Wesentlichen nur um den 1. Verpflegungspunkt zu kümmern hatte. Aber auch das war schon viel für mich, aber wozu hat man denn Freunde? HHZwei Engel flogen also vom Himmel herunter, Engel in Form von Helmut Hanner und Annett Gottschling, beides Sportler, er sogar RBW-erfahren. Die beiden boten sich an, den VP1 mit Leben zu erfüllen, den Läufern dort die Brote zu schmieren, die Schnürsenkel zu binden und eben alles dafür zu tun, dass die 34 Läufer, die wir in drei Gruppen (schnell, schneller, noch schneller) eingeteilt hatten, müde in den VP 1 kamen, ihn aber allesamt vergnügt, gestärkt und neu motiviert verließen.
Die beiden haben einen Sonderapplaus verdient und die Gespräche mit Helmut vor dem Event haben mich oft sehr bewegt, weil ich einen Menschen entdeckt habe, der alles andere als grobgliedrig strukturiert ist, klare und gute Werte vertritt und mit dem es einfach Spaß macht, zu reden.
Aber als „Kölscher“ aus der schönsten Stadt der Welt war das ja eigentlich klar. RBWZwei Übernachtungsgäste hatte ich am Freitagabend vor dem Event, Rolli und Stefan. Und ich war Strohwitwer. Ich kann zwar einigermaßen kochen, aber „für Publikum“ hatte ich es noch nicht gemacht. Ich entschied mich getreu dem, dass man ja eine „Pasta-Party“ vor dem Lauf machen sollte – auf Reis mit einer scharfen vegetarischen Tomatensauce, auf Spiegelei und auf angebratenen Tofu.
Später dachte ich mir, ich hätte besser noch gestückelte Paprika zum Tofu dazu geben sollen … beim nächsten Mal wird auch da alles anders.

Am nächsten Morgen stand ich früh auf, duschte, kümmerte mich um mich und die Laufvorbereitung, machte Tee für drei vorbereitete Teekannen, natürlich ungesüßt, „Spanischer Caluna“ Tee, Orange – Traube, fruchtig und leicht süßlich. Dann weckte ich die Rolli und Stefan, wir fuhren nach Koblenz zum Hauptbahnhof und warteten auf die Ankunft des ersten Zuges, die beiden gönnten sich dort ein Frühstück, ich vergaß zu essen. Später dann, in etwa bei km 30, erinnerte mich mein Magen daran, dass ich doch besser etwas gegessen hätte.

Ich liebe beim RBW die drei Verpflegungspunkte, allen voran natürlich den mittleren, den zweiten VP, der sich auf Schloss Rheinfels befindet. Was die Gourmet-Köche des Restaurants Schloss Rheinfels da immer wieder zaubern ist fantastisch. Purer Luxus, da will man am liebsten gar nicht wieder weg!
„Wohlfühlhotel Nr. 1“ heißt es verdientermaßen dort, aber wir können unsere müden Körper dort nicht zu Bette legen, von dort aus geht es wieder weiter in die Nacht hinein. RheinfelsWir laufen den RheinBurgenWeg ja seit drei Jahren in jeweils drei unterschiedlich schnellen Gruppen und es ist meiner Langsamkeit zu verdanken, dass ich stets die größte Gruppe leiten darf, die sich 22 Stunden Zeit für diese 110 K nehmen will. 2003 haben wir es im Wesentlichen in 20 Stunden geschafft, aber auch die beiden schnelleren Gruppen hielten sich nicht ganz an den Zeitplan.

Nach ein paar Minuten Dösen in der Sporthalle in Bingen und nach einer heißen und erfrischenden Dusche fuhren wir alle wieder an den Rhein zum Frühstück. Das war ja auch so weit, ein Kilometer, mindestens. Ultraläufern, die gerade 110 K hinter sich gebracht haben, ist das definitiv nicht zuzumuten.
Fast alle der 34 Läuferinnen und Läufer kamen mit zum Frühstück und es gab neben den Urkunden auch als Medaillen die originalen gelben Zubringerschilder zum RBW, aufgehängt an einem bordeauxroten Band, ganz edel.
Für die Urkunden und die Medaillen ist bei uns stets Axel verantwortlich, der da auch sein ganzes Herzblut hinein gibt. Die Urkunden tragen sogar die Startfotos der drei Gruppen! Gut, dass Axel wie die Läufer auch nicht an Schlaf in der Nacht denkt.
Schlafen wird im Allgemeinen ja auch überbewertet.
Dieser Lauf wäre ohne ihn gar nicht denkbar.

Und dann wollte und sollte ich das noch einmal verdoppeln, denn dann kam er auch schon, der JUNUT, der Jurasteig. Warum es dort nicht zwei RBWs wurden, sondern nur eineinhalb davon, davon erzähle ich das nächste Mal …