Wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig …

Das Journalistenprogramm beim Ultra-Trail du Mont Blanc (UTMB) in Chamonix 2017.

Bedächtig wanderte ich mit einem Dutzend anderer akkreditierter Journalisten den Berg hinunter Richtung Kirche Notre Dame de la Gorge. Diese Kirche ist ein Ziel von Pilgern und sie verfügt über einen prunkvollen, im Barockstil gehaltenen Altar und über schöne Fresken aus der Renaissance.
Es ist ein besonders schönes Stück UTMB zwischen La Balme und jener Kirche, wir befinden uns immerhin auf den sichtbaren Spuren der Römer. Die Brücke, die wir überqueren, wurde noch von ihnen erbaut und viele der in den Weg eingelassenen Steine stammen aus römischer Hand.
Uns kommen unzählige Läufer*innen entgegen, die sich diese Passage hinauf quälen. Es ist die erweitere Spitze des elitären Läuferfeldes, die echten Eliteläufer hatten wir schon vor unserem Abendessen in einem Zelt vor der Hütte La Balme verpasst.
Vorausgegangen war ein Staufestival, das durch viel zu viele Autos, aber vor allem durch zwei Ampeln hervorgerufen wurde, die kurz hintereinander unerbittlich nur wenige Autos pro Grünphase durchließen, um den Verkehrsteilnehmern danach lange durch die Rotphase gewissermaßen den gestreckten Mittelfinger zu zeigen.
Danach durften wir nicht in die immer anlässlich des UTMB gesperrte Zufahrtsstraße zur Kirche Notre Dame de la Gorge einfahren, ein dort stationierter Polizist machte gewissenhaft seine Hausaufgaben und trotzte dem starken Regen und den noch stärkeren Beteuerungen, Beschwichtigungen und Beschimpfungen.
Wir wussten schon beim Loslaufen bei der Kirche, dass die D’Haenes, die Journets, die Thévenards, die Walmsleys, die Picas‘ und die Husers dieser Welt längst schon diesen Punkt passiert hatten.
Es regnete erbärmlich und so packten wir uns für den rund 30 Minuten langen Marsch zum Abendessen am Checkpoint La Balme warm ein, sehr warm, viel zu warm.
Eigentlich wissen wir ja alle, dass man beim losgehen oder loslaufen leicht frieren sollte, dennoch entschied ich mich für gleich vier Lagen am Oberkörper. Ich schimpfte schon sehr bald mit mir und öffnete, was zu öffnen war. Weiterlesen

SIT – „Ich mag es, lange unterwegs zu sein.“

Eine starke Woche noch, genauer noch acht kurze Tage, dann heißt es mal wieder „Gruezi Schwiitz!“
Oder etwas moderner: „Davos calling … !“

Auf jeden Fall rufen 201.800 Meter Trail, 11.480 Höhenmeter uphill und 11.480 Höhenmeter downhill, eine wunderbare Landschaft in der Zentralschweiz durch die Bünder Bergwelt, es rufen 18 Verpflegungspunkte, zuzüglich dem Verpflegungs-. Start- und Zielpunkt in Davos,  und es rufen wunderschöne Peaks wie der Sertigpass, der Furcola, der Lunghinpass, dass Weisshorn und der Strelapass, um nur einige der zu belaufenden oder zu „speedhikenden“ Spitzen zu nennen.

162 männliche Starter finde ich auf der Startliste für den SIT 201, davon 26 Deutsche, aber den Namen nach kenne ich nur den Chef und Herausgeber des TRAIL-MAGAZINs, Denis Wischniewski.
17 weibliche Starter garnieren diese „Königsetappe“, davon 2 Deutsche, dem Namen nach kenne ich nur die Lady, die eigentlich schon alles gelaufen hat, was sich laufen lässt, Anke Drescher. Mit ihr habe ich damals beim TdG ein paar gemeinsame Kilometer absolviert.

(Klicken zum Vergrößern ...)

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Auf den kürzeren Strecken sind es 63m und 17w Teilnehmer beim SIT 141, 131m und 20w Teilnehmer beim SIT 81, 125m und 28w Teilnehmer beim SIT 41 und die Strecke, nach der es sich kaum lohnt, das Laufshirt wieder zu waschen, der SIT 21, wird von 119m und 62w Teilnehmern besucht.
Zusammen sind das 734 LäuferInnen, immerhin. Und es werden auch nicht mehr mehr werden, da die Online-Registration geschlossen ist und Nachmeldungen nicht angemommen werden können.

Und für diese 734 LäuferInnen hat sich Tuffli Events schon jetzt sehr viel Mühe gegeben. So gibt es eine Swiss Irontrail Sonderbeilage, die Du Dir bei ISSUU.com ansehen kannst, vielleicht sogar ansehen solltest. Darin ist das moderne und ausgefeilte GPS-Tracker-System beschrieben (Seite 7), das uns aus Sicherheitsgründen mitgegeben wird und über das die Betreuer, die Freunde und auch Dritte nachvollziehen können, wo beispielsweise ich mal wieder Pause mache.
Einige Läuferinnen und Läufer kommen zu Wort, so auch Anke Drescher (Seite 9) und auf den Seiten 4 und folgende findest Du ausgewählte Streckenabschnitte, die uns Bergläufern gleichsam das „läuferische Wasser im Munde zusammenlaufen“ lassen, die uns eher langsamen Läufern aber auch klar machen, dass es schon einem Stück Grenzdebilität bedurfte, dass unsereins sich da eingeschrieben hat.

Mal ganz ehrlich: Manchmal frage ich mich auch, was mich antreibt und ob ich wirklich immer richtig beraten bin, stets die langen Strecken auszuwählen?
Anstatt hier sicher den T 81 zu finishen, drängt mich irgendwas in mir, den T 201 auszuwählen, nicht immer die richtige Entscheidung, befürchte ich. Aber was soll’s, wir leben nur ein Mal und wenn ich es nicht versuchen würde, dann könnte ich auch das „Gefühl vom Scheitern“ nicht erleiden.
Und wenn es denn dann gut ausgehen sollte, dann labe ich mich am süßen Gift des Erfolgs, zumindest auf meinem bescheidenen Niveau.

Oder anders gefragt: habe ich überhaupt ein Recht, an ein Finish beim PTL mit meinen beiden „Franken-Express“-KollegInnen Gabi Kenkenberg und Jörg Konfeld zu glauben, wenn ich dieses Ding hier nicht packe?

Auf jeden Fall zähle ich schon die Tage bis Davos, die Spannung und die Vorfreude steigt, gepaart jedoch mit einer gehörigen Portion Skepsis und Selbstzweifeln. Gelaufen bin ich nur wenig in den letzten Wochen, gewandert aber bin ich dafür sehr viel.
„Ich mag es, lange unterwegs zu sein,“ sagte Anke Drescher. Ich mag das auch, sehr sogar …DavosFür die 4 UTMB-Punkte laufe ich nicht in der schönen Schweiz, ich laufe, um mal wieder eine „Story to be told“ zu erleben, eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.
Aber nach den kleinen und großen Pannen dieses Jahres und in Anbetracht dessen, was da an Problemchen dieses Jahr noch kommen kann … vielleicht würde ich genau diese 4 UTMB-Punkte irgendwann mal dringend brauchen.
Für die nächste Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden, dann aber in und um Chamonix …
2015

Allmächt, der Frankenweg!

Interaktiver SKatalog über den Frankenweg - hier klicken!

Interaktiver SKatalog über den Frankenweg – ins Bild klicken!

533,10 Kilometer ist er lang, erst 2004/2005 wurde er komplett markiert, er bietet offiziell 21 Etappen und er liegt in Bayern. Einmal musste er einfach ins Leben gerufen werden, der Frankenweg, der sich zwischen der Grenze zu Thüringen und dem Tal der Wörnitz in Schwaben durch die großartige Natur- und Kulturlandschaft Ober- und Mittelfrankens erstreckt.
„Allmächt“ würde jetzt ein Franke sagen, „doch nicht in Bayern. In Franken!“ Na ja, zumindest im Wesentlichen liegt der Frankenweg tatsächlich in Franken, die Oberpfalz lassen wir da mal unberücksichtigt. Um also nicht den Zorn der Franken zu erregen, verschwindet das Wort Bayern ab jetzt aus diesem Bericht.

In Franken also, das selbst wiederum in das vom Weinbau beherrschte Unterfranken und das vom Gerstensaft beherrschte Oberfranken unterteilt ist, in zwei Teile, die sich nicht wirklich lieben. Ohne diese Trink- und Mentalitätsrivalität wäre das kleine, von großen grobschlächtigen Oberfranken zart gehauchte Gebet nach oben zum „Allmächt(igen)“ sonst wohl auch nicht zu verstehen:

„Man muss Gott für alles danken. Selbst für einen Unterfranken!“

Gerüchteweise beten aber die Unterfranken dann doch auch das gleiche Gebet, wenngleich sie Unterfranken durch Oberfranken ersetzen.
Ich selbst, gebürtiger Nürnberger, Franke also, Mittelfranke zwischen allen Stühlen, verstehe dabei gut, warum Franken nur ungern mit dem Freistaat in einem Atemzug genannt werden wollen und heuer, wo der fränkische Fußball die Regnitz, Pegnitz oder den Main runtergeht, der Fußball im Restfreistaat aber immer mehr „Sterne des Südens“ produziert, ist eine Annäherung der ungleichen Landesteile noch schwerer vorstellbar, Zeit, dass das „Radio freies Franken“, von dem immer wieder die Rede ist, kommt …

42,2 Kilometer dieses Frankenwegs bilden dabei die Strecke des Frankenweg-Marathons und es sind wunderschöne, nicht einfach zu laufende, aber aufregende Kilometer zwischen Streitberg und Obertrubach. Kilometer mit Höhlendurchquerungen, bei denen jeder, der größer ist als 150 cm, den Kopf einziehen muss, vorbei an Felsformationen, die Lust aufs Klettern machen und mit Treppenpartien, die gleichsam großartige Ausblicke und pulsbeschleinigende Schwierigkeiten bieten.
Vor allem der längere Aufstieg über die Treppen zur Gößweinsteiner Burg hat mir sehr gut gefallen, die Burg selbst und der Ort Gößweinstein, selbst ein echtes Juwel in der „Fränkischen Schweiz“, taten dann ihr übriges.
FW7 FW2 FW3 FW5 FW6Häufig folgt der Frankenweg auch dem Verlauf der Wiesent, einem kleinen Fluß, der gesäumt ist von Burgen und Schlössern. Einen „Burgenweg“ gibt es dort auch, es wäre ein netter Abstecher vom Frankenweg, wenn man dafür Zeit hat.
Und während der Weg des Frankenwegs und der Weg des Frankenweg-Marathons durch die Durchgangshöhle Oswaldshöhle geht, eine Höhle, bei der es einen kleinen optimalen Punkt gibt, an dem man das Licht des Höhleneingangs und das des Höhlenausgangs sehen kann, führt der Frankenweg irgendwann geradewegs auf die berühmte Teufelshöhle zu, die aber leider nicht belaufen wird, sondern der Weg biegt unmittelbar vor der Höhle nach links ab.
Schade, dachte ich. Aber die Teufelshöhle wäre dann eben auch ein netter Abstecher, wenn man, wie oben schon erwähnt, die Zeit dafür hat.

Dieses Stück des Frankenwegs, das wir da laufen durften, ist zweifellos ein Stück perfekter Natur. Enge Waldstücke, trailige Steigungen, kaum Asphaltpassagen, die Höhlen, die Felsen, die Brauereien an der Strecke, die Brücken am Fluß, die Dörfer, die Burgen und Ruinen, es ist ein Stück Deutschland, das es wert ist, noch bekannter zu werden.
FW1Es ist dabei gleichgültig, ob Du diesen Teil des Frankenwegs, gerne auch noch mehrere Teilstücke, mit dem Mountainbike durchquerst, ob Du wanderst, walkst, ob Du spazieren gehst oder eben, ob Du da läufst, Du wirst in jedem Fall „gut Freund“ mit der Strecke werden.
Wenn Du aber läufst, dann ist der Frankenweg-Marathon (http://www.frankenweg-lauf.de) ein guter Anlass dafür. Und weil nicht jeder einen Marathon laufen will, gibt es dazu noch eine Mitteldistanz von 24 Kilometern und die Kurzstrecke von gerade mal 15 Kilometern. Da soll keiner sagen, dass da nichts für ihn dabei sei …

Nur wenn ich das nächste Mal zum „Allmächt(igen)“ bete, dann bete ich noch für eine zusätzliche Ultrastrecke, Franken würden „an Ulldra“ dazu sagen, so etwas mit 80 Kilometern oder auch mit etwas mehr. Denn wenn eine Strecke so schön ist wie die des Frankenwegs, dann ist der Genuß länger, wenn die Strecke länger ist. Was Herbert Peter, die gute Seele und das Herz des Laufs, hier geschaffen hat, dass ist schon aller Ehren und definitiv ein Mitlaufen wert.
FW4Ich bin ja mit meinem PTL-Partner des „Franken-Express“, mit Jörg Kornfeld zum Start gekommen und ich habe auch mit ihm die erste Hälfte des Laufs gemeinsam bestritten, eher gemütlich, aber dennoch nicht ohne Anspruch. Gabi Kenkenberg, die Zugmaschine unseres „Franken-Express“ PTL-Teams, die an diesem Tag sehr, sehr schnell 3. Frau bzw. 1. Deutsche beim Fürth-Marathon wurde, fehlte jedoch. Mit ihr besprachen wir am Abend zuvor in meinem Nürnberger Lieblingsrestaurant „CHESMU“ bei schwarzem Reis mit Früchten, bei vegetarischem „Züricher Geschnetzeltes“ und bei braunen Spaghetti in Kokossauce mit knackigem Gemüse unsere gemeinsame Strategie für diesen Ende August stattfindenen 141-Stunden Lauf, der mal so weit weg war und der nun schon der fünftnächste Lauf für mich ist.
Allmächt‘, wie die Zeit vergeht!

Nach der halben Strecke des Frankenweg-Marathons lief ich dann mit Andreas Weiser etwas schneller, mit dem ich mich hervorragend verstand und mit dem ich über einige gemeinsame Lauffreunde reden konnte, vor allem natürlich über die der „Coolrunners Germany“. Knapp 11 Kilometer vor dem Ziel rechneten wir aus, wenigstens noch unter die Marke von 5:30 Stunden kommen zu können und so versuchte ich, all das, was ich vorher versaubeutelt hatte, in einem längeren Schlußspurt noch aufzuholen. Mehr als ein 55. Platz aber war dann nicht mehr drin.
Aber diese höchst mäßige Zeit, 5:24:24 Stunden, zeigt schon, dass es sich nicht um eine Strecke handelte, bei der persönliche Bestwerte möglich sind. Und wie angesichts der läuferischen Schwierigkeiten eine Zeit von 3:36:12 Stunden möglich war, die Jürgen Winkler vom DJK LC Vorra hingelegt hat, das entzieht sich wie immer meiner Vorstellung.
Vorstellen aber kann ich mir in jedem Fall, noch einmal dort in Streitberg zu sein und noch einmal dort zu starten. Die Frankische Schweiz, der Frankenweg, die überaus nette Organisation dieses wunderbaren Landschafts-Laufs, all das lässt meine fränkischen Wurzeln erblühen und ich sage: „Allmächt‘, was für ein Lauf!“Fraenkische_Schweiz
Und war sagen Andere dazu?
Fürst Pückler-Muskau
schrieb 1834 in Muggendorf, dem damaligen Tourismuszentrum:

„Franken ist wie ein Zauberschrank, immer neue Schubfächer thun sich auf und zeigen bunte, glänzende Kleinodien, und das hat kein Ende. Wer Deutschlands geheimste jungfräuliche Reize genießen will, muß nach Franken reisen.“

Also nichts wie hin, wenn am Sonntag, den 14. Juni 2015 die nächste Austragung dieses schönen Naturpark-Marathons stattfindet!

Family Affairs …

Was ist in den letzten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren nicht schon alles über die Brocken-Challenge geschrieben worden. Die Geschichte des Laufs ist interessant, aber auch bekannt und die Geschichte des Brocken mit der Walpurgisnacht, den Hexen und mit den Erzählungen von Heinrich Heine? Auch interessant, aber auch schon oft beschrieben, auch schon hier in diesem kleinen Blog.

Also schreibe ich darüber, was die Brocken-Challenge 2014 für mich war.
Die Brocken-Challenge war wie so oft ein großes Familientreffen, das wussten wir alle, nachdem wir einmal kurz auf die Starterliste geschaut haben. Und da gab es Namen nachzulesen, dass einem schwindelig wurde, so schön war das. So viele aus unserer kleinen Familie hatten Glück, ich jedenfalls habe nur sehr wenige Posts lesen müssen von Freunden, die bei der Lotterie leer ausgegangen waren.Bei Veranstaltungen wie der Brocken-Challenge, die natürlicherweise durch eine behördlicherseits definierte personelle Obergrenze limitiert sind und die dazu noch so etabliert, so schön und so sozial sind wie die Brocken-Challenge, müssen Startplätze nach dem Lotterieprinzip vergeben werden, leider.
Dabei war neben der reinen Lotterie auch das Beantworten der Frage, warum man glaubt, an dieser Brocken-Challenge teilnehmen zu müssen, von großer Wichtigkeit. Mir hat es auch Spaß gemacht, kurz aufzulisten, dass mir die veganen und die sozialen Aspekte des Events von besonderer Bedeutung sind. Und damit diese Antworten nicht einfach nur für den jeweiligen Tag bestehen, sondern damit deren „Halbwertszeit“ länger ist, sind ausgewählte Antworten sogar in die Form eines Büchleins gepresst worden. Wer also zu Ostern noch etwas Lustiges verschenken mag, der sollte sich über dieses Büchlein Gedanken machen.

Und die meisten der Starter siehst Du schon, wenn Du Deine Startunterlagen abholst. Oder später dann, beim gemeinsamen Abendessen. Stefan Beckmann war der Erste, den ich drücken und herzen durfte. Er „machte den Hasen“ für Michael Frenz, den ich aber erst hinter der Ziellinie sah. Jens Vieler war da zum Beispiel, den ich seit dem Mt. Everest Marathon nicht mehr gesehen hatte. Und auch Ricarda Bethke hatte ich seither nicht mehr gesehen. Ihr Mystery Trail Event konnte ich zum zweiten Mal hintereinander nicht besuchen, es ist halt die Hauptsaison in meinem Beruf, leider.
Ich war aber rundum glücklich, die beiden mal wieder zu sehen und ich habe wohl gegrinst wie ein Honigkuchenpferd, was Ricarda gleich dazu veranlasst hatte, zu sagen, dass ich „frisch verliebt“ und „glücklich“ aussehen würde.
Frisch verliebt?
Ich schluckte etwas und schüttelte spontan den Kopf. Dann aber dachte ich, dass das doch gar nicht so falsch sei.
Frisch verliebt – und das seit nunmehr fast 30 Jahren. Liebe ist halt doch etwas wie das Ultralaufen. Sie bedeutet ständige Arbeit, eifriges Training und gelegentlich auch mal den einen oder anderen Schmerz. Unter dem Strich aber ist sie grandios und jedes Stück Arbeit wert.JensVor der Halle traf ich Christoph Matterne, wie immer unverkennbar mit seinem Propeller wie Astrid Lindgren’s „Karlsson auf dem Dach“. Mit Christoph hatte ich schon ein paar Stunden zuvor per Facebook gechattet, weil ich, ungewöhnlich für mich, viel zu früh schon in Göttingen war. Ihn habe ich zuletzt bei der Brocken Challenge 2011 gesehen, aber es war so, als wäre die Zeit dazwischen still gestanden. Facebook ist doch ein unglaubliches Mittel, auch mit den Menschen verbunden zu bleiben, die man nicht oft sieht.
Bei diesem Chat empfahl er mir, doch erst einmal in die Göttinger Innenstadt zu fahren und alles ganz ruhig angehen zu lassen.
Was ich dann auch tat.Christoph2Foto: Frank Mölders – (https://plus.google.com/…)

Rolli, den Dealer von „Wat Läuft“, traf ich dann wieder in der Halle. Er sah wie immer großartig aus, bunt, auffällig, eben typisch Rolli. Er war gleich „mit Verstärkung“ angereist und insgesamt sechs LäuferInnen teilten sich die Anreise aus Wattenscheid. Mit Andreas Bulling habe ich seinen siebten Platz vom Vorjahr diskutiert und mit Günter Kromer habe ich intensiv über das World Wide Web geredet, über Blogs und über Web-Portale.RolliFoto: Frank Mölders – (https://plus.google.com/…)

Gabi Kenkenberg, die am darauf folgenden Tag einen neuen Streckenrekord für Frauen laufen sollte, hatte ich schon vom Göttinger Bahnhof abgeholt und wir haben natürlich vor allem den PTL besprochen. Und die wichtigsten Dinge im Leben, unsere Kinder. Die sind uns doch immer näher und präsenter als wir glauben.

Da war natürlich auch noch Martin Ottersbach, der mir seine Erlebnisse beim Spine Race geschildert hat. Er analysierte seine Fehler wie immer brilliant. Zu viel Gepäck hat er dabei gehabt und ihn behinderte diese und jene falsche Vorabeinschätzung.
Wir alle kennen das ja, Du stellst Dir einen Lauf, den Du nicht kennst, so oder so vor. Oft liege ich dann deutlich falsch. Und so hast Du die falsche Ausrüstung dabei, zu viel von dem und zu wenig von jenem.
Martin wird wiederkommen zum Spine Race. Und er wird diese Fehler nicht erneut machen.
Und dann wird er siegen gegen die unerbittliche Uhr, gegen die Cut-Off Zeiten, dann, vielleicht 2015.
Aber eine richtige Alpenwanderung werde ich mit ihm hoffentlich schon vorher mal machen. Da weiß er so viel mehr darüber als ich und gerne lerne ich hier dazu.MartinFoto: Karsten Hogh-Holub – (karsten@hogh-holub.de)

Florian Schöpf, der Importeur der wunderbaren INOV-8 Schuhe für Deutschland und Österreich, war auch da. Ich muss schon einräumen, dass ich nicht damit gerechnet habe, dass er mich noch kennt. Wir hatten vor einigen Jahren mal ein „Survival-Wochenende“ unter anderem mit Michael Neumann bei Münnerstadt verbracht. Er war schnell wieder da, der Spirit von damals, die Erinnerung an eine kalte Nacht unter einer in Bäume gespannten Plane. Welch ein Glück habe ich doch, so etwas mit ihm erlebt zu haben.FlorianFoto: Karsten Hogh-Holub – (karsten@hogh-holub.de)

Und da war auch noch der stets freundliche und lustige Klaus Dahlbeck. Seit ich ihn am Morgen des Nachtlaufs von Hagen nach Hattingen kennen gelernt habe, haben wir uns schon einige Male gesehen, zuletzt, wenn ich mich recht erinnere, beim UTMB und seinem Besuch im „Deutschen Haus“. Das Laufen verbindet doch sehr und er macht es ja allen Menschen leicht, mit ihm zu kommunizieren.BC9Foto: Frank Mölders – (https://plus.google.com/…)

Frank

Foto: Tobien-Images.de –     (www.tobien-images.de)

Frank Kleinsorg sah ich dann erst, als ich wieder zum Auto ging. Auch er, immerhin Halter des Streckenrekords bei den Herren, begrüßte mich mit einer Herzlichkeit, die mich begeistert hat. Beim anschließenden Lauf habe ich ihn, der ja durch seinen Unfall dieses Jahr nicht mitlaufen konnte, an etlichen Verpflegungsposten gesehen. Stets hat er ein, zwei warme Worte für mich gehabt und ich hatte den Eindruck, dass es in unserer Familie nicht unbedingt notwendig ist, durch gute Leistungen aufzufallen.
„Familie ist …“ sang ja Nena mal. Läuferfamilie ist … eben auch.

Tanja Niedick zu sehen, die bedauerlicherweise nicht mitlaufen konnte, die es sich aber nicht nehmen lassen wollte, als Supporterin am Rennen teilzunehmen, war auch ein Herzenswärmer. Wir haben uns ja erst vor einem knappen Jahr beim NordEifelUltra (NEU) kennen gelernt, beim Ebberg brutal hat sie mir läuferisch gezeigt, dass ich manchmal doch ein alter Mann bin, aber trotz der kurzen Zeit hat jede Begegnung etwas Besonderes, dank ihrer unglaublich positiven Ausstrahlung.

Hände schütteln und Menschen umarmen war also neben dem Abholen der Startnummer eine Hauptbeschäftigung in der Halle des Sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Göttingen.
Und sich zu freuen auch.

So viel Wärme und Geborgenheit kann einem eben nur die Familie geben …
Welt, lass‘ Dich umarmen, welch‘ ein Tag …

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Foto: Casimir Matterne

Über den Lauf selbst schreibe ich an dieser Stelle dann das nächste Mal …

Mein Mann kann …

MMM_1Der Mainzer Maaraue Marathon, der MMM von Brigitte Mollnar und Sascha Kaufmann, der Marathon, der ein kleines Stück zu lang ist für einen Marathon, aber doch vielleicht auch ein Stück zu kurz, um sich vollwertig Ultramarathon zu nennen, sollte ja mein Abschluss des Laufjahres 2013 werden.
Ich hatte wegen der vielen Arbeit im Weihnachtsgeschäft seit dem UTMB Ende August nur sehr wenig trainiert, selbst in einem Sabbat-Jahr kann ich mich der Arbeit in der Hochsaison wirklich nicht entziehen. Und Wettkämpfe gelaufen bin ich eigentlich auch kaum.

Da war der Lauf auf dem Hermannsweg mit Andreas Haverkamp, den ich vom Start in Rheine bis nach Bielefeld begleitet hatte, da war der Trail Uewersauer in Luxemburg, den ich verhältnismäßig gut abschließen konnte und da war der halbe KoBoLT, den ich am VP2 am späten Abend für mich abgebrochen hatte, um meinen nachfolgenden Geschäftstermin in Berlin nicht zu gefährden.
Und da waren noch der Glühwein-Marathon, der aber kaum zählt, weil die gut sechs Stunden, die wir dafür, als Gruppe laufend, benötigt haben, doch deutlich über meiner normalen Marathonzeit lagen und der Eisweinlauf, auch ein eher ruhiger Gruppenlauf, der mir auch nicht alles abgefordert hat, so schön und harmonisch er auch war.

Viele Gründe also, meine Ziele und Erwartungen niedrig zu hängen.

Drei Mal war ich schon dabei beim MMM, zuerst 2011, wo ich 4:33 Stunden für diese 45 nicht immer flachen Kilometer brauchte. Beim zweiten Start sah es deutlich düsterer und dunkler aus. Aber nur auf dem Parcours, weil es eine Nachtausgabe dieses Laufs war. Ich brauchte 4:29 Stunden und ich war einigermaßen stolz auf mich. Es war Ende 2011 und auch da hatte ich monatelang eher lausig trainieren können.
2012 dann, wieder kurz vor Weihnachten, wieder der Laufjahres-Abschluss, wieder mit einer Trainingsvorbereitung nahe Null, weil ich wochenlang fast permanent arbeitend in der Schweiz unterwegs war, brauchte ich nur noch 4:25 Stunden.

Aber so schlecht vorbereitet wie ich es 2013 war, konnte es nur in einem Wandertag enden, dachte ich. Die 6er Zeit schaffe ich sowieso nicht, dann ist es ja auch egal, wie lange ich brauche, solange ich mich im vorgegebenen Zeitfenster bewege, dachte ich.
Meiner Familie hatte ich vorausgesagt, dass ich „zwischen 5:00 und 5:30 Stunden“ unterwegs sein werde. Danach sollte es gleich weiter gehen zum Wohnsitz meiner Eltern, wo wir, wie fast in jedem Jahr seit Anbeginn der Zeitrechnung, Weihnachten feiern wollten. Meine Familie ist dabei mit einem zweiten Auto angereist, weil … na ja, das wäre jetzt zu aufwändig zu erklären, auf jeden Fall hatten wir eine Rundreise mit Arbeit, Freizeit und Neujahrsfeier geplant, die nur so hätte klappen können.

Auf diesen MMM freute ich mich ganz besonders. Frau und Herr VeranstalterIn, Biggi und Sascha, sind mir in den letzten Jahren richtig ans Herz gewachsen, nicht nur wegen der Läufe auf den MMM’s und ihrer Teilnahme beim RheinBurgenWeg-Lauf, sondern auch, weil beide auch auf Facebook eine richtig gute Figur machen. Manchmal, denke ich, macht es doch Sinn, über ein wenig Bildung und Herzlichkeit zu verfügen.MMM

Ich hatte auch sehr lange vor dem MMM schon meinen Facebook-Titelbild auf diesen MMM hin geändert und entgegen meiner sonstigen Angewohnheit hatte ich sogar die vorläufige Teilnehmerliste studiert. Spät zwar, aber immerhin.
Und ich war sehr erstaunt. War der MMM doch bislang eine Veranstaltung ausgewählter verstrahlter Laufdeppen wie mich gewesen, alles Leute, denen am Sonntag vor Weihnachten nichts besseres einfällt, als sich vor dem Christbaumschmücken zu drücken. In 2013 war aber alles anders. Die Teilnehmerliste war ellenlang, so lang, dass die ursprünglich avisierte Teilnehmerzahl deutlich nach oben korrigiert werden musste.
Es wurde eine Warteliste eingerichtet, aber die Unglücklichen, die darauf landeten, wurden noch vorweihnachtlich beglückt und sind doch alle noch auf die richtige Liste nach oben gerutscht. Mehr als 70 Teilnehmer waren es wohl, rund drei Mal so viele wie bei den letzten Läufen.
An der Strecke, die optisch nun wirklich wenig zu bieten hat, kann das nicht liegen. Fünf Runden mit jeweils 9 Kilometern ohne echte Highlights, mit zwei Rampen bergauf, einer Rampe bergab, unter anderem der großen Mainzer Theodor-Heuss-Brücke zur Innenstadt, nichts Besonders jedenfalls.
Vielleicht aber liegt der Erfolg aber daran, dass Frau und Herr VeranstalterIn auch anderen ans Herz gewachsen sind?
Vielleicht liegt der Erfolg auch daran, dass zwar kein Startgeld erhoben wird, dennoch kann jeder Läufer durch das Füttern der großen Spendensau etwas Gutes für Anita Kinle’s Laufclub 21 tun kann.

Was kann es auch Schöneres geben als beispielsweise das, was Biggi beim Nacht-MMM gezeigt hat: Biggi stand alle fünf langen und dunklen Runden lang am Verpflegungspunkt und sie sah aus wie ein Engel. Ein weißes Engelskleid, Goldfäden in den Haaren, einen goldenen Heiligenschein auf dem Kopf – einfach wunderbar.
Und Sascha zeigt sich oft als Rüstung tragender Römer, mit langem rotem Samtumhang, auch ein echter Hingucker.
Empfangen wirst Du immer wie ein alter Freund. Aber sind wir das nicht alle in der großen Ultraläufer-Familie?MMM_2

Mein RheinBurgenWeg-Partner Achim Knacksterdt, mit dem ich ein außerordentlich langes läuferisches Kerbholz teile, war auch unter den Teilnehmern. Das erste Mal, obwohl er als Mainzer wohl die kürzeste Anreise hatte. Aber in diesen Teil von Mainz verirrt sich wohl der gemeine Mainzer nur selten. Thomas Hagel, Melanie und Steffen Kohler, Esther Miess, die an diesem Tage sogar mal wieder ihren 29. Geburtstag feiern durfte, Mel Zett, der Dauerläufer Klaus Neumann, der Steckenrekordinhaber von 2011 Andy Dyrtz, Markus Liesch, den zu sehen mich besonders gefreut hat, Jens Hilpert, auch so ein RheinBurgenWeg-Lauf – Veteran, mit dem ich auch schon ein mittelgroßes gemeinsames läuferisches Kerbholz teile und, um die Liste nicht endlos werden zu lassen, auch die schnelle Gabi Kenkenberg, meine erklärte Wunschpartnerin für den kommenden PTL im Augsburg.
Die Liste wäre es wert, nahezu endlos weitergeführt zu werden, alle, die ich jetzt nicht erwähnt habe, mögen mir das nachsehen. Die Teilnehmerliste findest Du aber am Ende des Beitrags.

Achim und mein gemeinsames läuferisches Kerbholz zeigt sehr viele gemeinsame Läufe, aber neben einem gemeinsamen Zieleinlauf bei der ersten Austragung des KoBoLT nur zwei Läufe oder Etappen, wo ich vor ihm im Ziel war. Da war die Mittwochs-Etappe vom Swiss Jura Trail von Genf nach Basel 2009. Achims Pech, zu stürzen und sich eine Rippe zu brechen, machte ihm beim Weiterlaufen doch etwas Probleme. Schlecht für ihn, gut für mich …
Apropos Sturz: als Achim dann am darauf folgenden Montag bei seinem Arzt vorbei schaute, damit der sich die Rippe ansehen konnte, da fragte ihn dieser Arzt vorwurfsvoll, warum er denn nicht schon früher bei ihm aufgeschlagen hätte, der Sturz sei doch schon 5 Tage her.
„Weil ich noch 200 Kilometer laufen musste,“ so Achims Antwort. Noch heute biege ich mich vor Lachen, wenn ich daran denke.
Und da war noch der TransGranCanaria 2012, da überholte ich Achim ziemlich am Ende, als er sich ein Mal ein wenig verlaufen hatte. Ansonsten hatte Achim immer die Aufgabe, im Ziel schon das Lager zu richten, die Getränke kühl zu stellen und auf mich zu warten, oft sehr, sehr lange …

Warum Achim den MMM so schnell anging und warum ich ihm eine Runde lang folgte weiß ich nicht genau. Es war einfach schön, auch wenn es gefährlich war. Ich habe leider die fatale Eigenschaft, ein einmal eingestelltes Tempo nicht mehr ändern zu können, nicht nach unten, nicht nach oben. Aber wenn es dann nicht mehr geht, dann müssen kleinere Gehpausen, die dann immer öfter notwendig werden, diesen Makel kompensieren.
Am Ende der ersten Runde zog sich Achim um und ich lief einen kleinen Vorsprung heraus, der auch eine ganze Runde und noch etwas länger hielt. In der dritten Runde, am höchsten Punkt auf der Theodor-Heuss-Brücke, also fast exakt nach der Hälfte der Gesamtdistanz, war Achim wieder bei mir und er begleitete mich ein paar Meter und zog dann vorbei.
Ich sagte ihm, dass er, wenn er das Tempo halten würde, noch die Chance hätte, knapp unter 4:00 Stunden abzuschließen. Am Ende der Brücke musste er sich die Schuhe neu binden, ein Boxenstop zuviel, dachte ich. Ich zog wieder an ihm vorbei und ab dann hatte er ein wenig Probleme, das Tempo zu halten. Ich aber war wie aufgedreht. Und das ging dann bis zum Ende der Südbrücke in der vierten Runde.

Ich bekam zwar keinen Besuch vom „Mann mit dem Hammer“, aber es wurde nun wirklich schwer. Und ich verlor einen Platz bis zum Rundenende und weitere drei Plätze in der fünften Runde. Aber ich konnte, trotz regelmäßiger kurzer Gehpausen, zumindest noch Kilometerzeiten von 6:20 bis 6:30 Minuten realisieren. Und dann, am Ende der fünften Runde, holte ich einen der drei Jungs wieder ein, die mich am Anfang der Runde überholt hatten. Und wir liefen vielleicht zwei Kilometer lang nebeneinander her, um dann Hand in Hand gemeinsam zu finishen. Ein „Rat Race“ wäre auch wirklich unangemessen gewesen.

Die 4h-Marke schaffte ich nicht, das zu erwarten wäre auch vermessen gewesen, aber mit 4:08 Stunden war ich viel, viel besser als erwartet, deutlich besser als bei den ersten drei Starts und ein paar Minuten vor Achim.
Und das wird auf dem gemeinsamen läuferischen Kerbholz mit einem roten Ausrufezeichen besonders hervor gehoben …

Beim KoBoLT noch hatte ich Achim am VP2 alleine weiterlaufen lassen, beim MMM aber passte bei mir alles.
Und die Moral von der Geschicht: je weniger ich trainiere, desto schneller laufe ich.
Das macht doch Mut und Zuversicht, danach will ich mein zukünftiges Training ausrichten. Couch statt Laufschuhe, dann klappt es auch mit dem PTL!

Anschließend fuhr ich nach Gengenbach bei Offenburg, zu meinen Eltern. Meine Familie informierte ich schon vorweg von dem unerwartet guten Ergebnis.
Und meine Gabi? Siedachte wohl an die unsägliche Serie im  Privatfernsehen sagte nur: „Mein Mann kann …“
Wenn das keine Motivation ist!
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