Der „Kleine KOBOLT“ – ganz groß!

Wenn man einen Lauf wie den „Kleinen KOBOLT“ mit dem Abstand von einigen Tagen ansieht, dann wird der „Kleine KOBOLT“ tatsächlich fast klein. Wenn man mit diesem Abstand auf so einen Lauf zurück blickt, dann denkt man leicht, dass er eigentlich gar nicht so schwer war.
Jetzt, wo die Wunden an den Fersen verheilt sind, die Muskeln sich wieder gut anfühlen und ich auch im Magen wieder das Gefühl einer leichten Übersättigung habe, kommt mir der „Kleine KOBOLT“ wie ein netter, kleiner Freund daher …


Allerdings weiß ich auch noch gut, welch gehörigen Respekt ich vor diesem Lauf hatte. Schon die nackten Zahlen sprechen für sich:
140,5 Kilometer lang – mein bislang fünftlängster Lauf überhaupt …
4.446 Höhenmeter – nur der „PTL“, der „UTMB“, der „Trail Verbier St. Bernard“ und der „Canyon du Verdon“ hatten bisher mehr Höhenmeter …
3 UTMB Punkte – so viel wie eine Woche „TransAlpineRun“, so viel wie eine Woche „Marathon des Sables“ …

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„Wenn die Jungs und Mädels in Chamonix sich also nicht irren, dann wird der „Kleine KOBOLT“ doch ein ganz großer Lauf für mich,“ dachte ich und ich erinnerte mich daran, dass ich zwei Drittel der Strecke schon gelaufen war. Ganz gemütlich bei meist bestem Wetter in der Woche vor Ostern als Gruppenlauf mit Rolf Mahlburg beim „Rheinsteig Erlebnislauf“.
Rolf startet immer in Bonn und geht etappenweise den Rheinsteig entlang bis nach Wiesbaden. Die ersten drei Tagesetappen dabei sind die Strecke des „Kleinen KOBOLT“. Die ersten beiden Tagesetappen bin ich schon mit Rolf Mahlburg gelaufen.
Und ich erinnerte mich gut daran, dass ich früher schon nach einer einzigen dieser Tagesetappen am Folgetag kaum mehr laufen konnte. Nach dem Ende der ersten Etappe damals in Unkel ging es am nächsten Tag weiter über der Erpeler Ley Richtung Koblenz und so war die Erpeler Ley weit, weit weg von Bonn, dachte ich damals.
Beim „Kleinen KOBOLT“ allerdings sagte ich mir, dass wir fast am Ziel wären, wenn Achim und ich erst einmal die Erpeler Ley erreicht haben würden.

Ach, Achim, mein Laufpartner beim „Kleinen KOBOLT“ … es war so schön, endlich mal wieder einen ganzen Lauf mit ihm, neben ihm zu bestreiten, auch wenn 28 Stunden lang quatschen dann auch nicht möglich war. Am Ende gab es Phasen, wo wir stumm hintereinander hergelaufen waren, teilweise stumm aus Erschöpfung, teilweise auch aus Frust, weil wir uns mal wieder verlaufen hatten.

Sich zu verlaufen ist vielleicht eines der entscheidenden Punkte bei diesem Lauf. Jeder hatte es am Ende hinter sich, Achim und ich genossen die Extra-Runden ausgiebig. Gleich nach zwei der üppig bestückten Verpflegungspunkten drehten wir eine lange Schleife, die uns wieder zum Verpflegungspunkt zurück brachte. Am Ende waren statt der 140,5 Kilometer immerhin 153,5 Kilometer auf der GARMIN Uhr. Sich zu verlaufen haben Achim und ich also zur Stilform erhoben.

Neben den beiden Schleifen nach den Verpflegungspunkten 2 und 3 war auch die Gegend um das hübsche Ausflugslokal „Milchhäuschen“ ein ideales Gelände, um dieser Stilform zu frönen und wir taten es hier gleich mehrmals.
Ich liebe das „Milchhäuschen“ und hatte Achim schon kilometerweit vor diesem Restaurant von seiner Schönheit erzählt, die Gegend um das „Milchhäuschen“ herum liebe ich jedoch jetzt nicht mehr so sehr …

Ein Lauf wie der „Kleine KOBOLT“ ist also schon auf Grund der nackten Zahlen und der teilweise suboptimalen Beschilderung ein hartes Ding, am ersten Dezember-Wochenende kamen dann noch die Wetterbedingungen hinzu. Zwar war es beileibe nicht so kalt wie in den Nächten zuvor, es hat auch erst ganz am Ende geschneit, dennoch war es während der ganzen Zeit kalt und feucht, der Boden war von zusammengetretenen Schnee bedeckt und damit sehr, sehr glatt. Zum Glück hatte ich meine Alpin Sticks dabei, sie verhinderten einigem Male einen Sturz, vor allem deshalb, weil ich schuhtechnisch nicht optimal ausgestattet war.


Auf der Rückfahrt nach dem Ziel nickte ich ein Mal kurz ein. Gabi fuhr und das monotone Fahrgeräusch läd Läufer, die eben mal eine Nacht durchgelaufen sind, geradezu zum Einschlafen ein. Und ich träumte von einem Polizisten mit stark bayrischem Akzent, der mich anhielt, auf die neue Winterreifenpflicht hinwies und mein Profil sehen wollte.
Also hielt ich meine Schuhsohlen nach oben und der Polizist bemerkte natürlich sofort, dass der Schuh ein Sommermodell war, zudem war das Sohlen-Profil an vielen Stellen komplett abgelaufen.
Ich liebe diese Nike Laufschuhe, obwohl sie an zwei Stellen schon zerschlissen und definitiv viel mehr als die empfohlenen 1.000 Kilometer gelaufen haben, was die Dämpfungseigenschaften einschränkt. Für den „Kleinen KOBOLT“ aber war diese Schuhwahl nicht akzeptabel.
Und der Polizist schimpfte über das Profil und bestrafte mich mit zehn Liegestützen und einer 5-km-Strafrunde.
Ich war schon vollkommen fertig und flehte ihn an: „Tun Sie das nicht, bitte. Tun Sie das nicht, bitte, bitte, ich habe schon über 13 Strafkilometer hinter mir …“
Aber der Polizist wollte nicht auf mich hören, also wurde ich wütend und dann schrie ich ihn an: „TUN SIE DAS NICHT!“ Dann wachte ich wieder auf, wir waren zu Hause.

Aber so labil, wie ich im Traum bei dem Polizisten war, so war ich auch auf den letzten acht Kilometern vor dem Ziel. Irgendwann zwischen dem letzten Verpflegungspunkt und dem Ziel wollte mein Geist nicht mehr und alles tat weh.
Ich hatte mir im Schritt einen „Wolf“ gelaufen und hatte die beiden Hosen, die ich übereinander trug, schon so weit nach unten gezogen, dass die obere Hälfte meines Hinterns nur durch die Laufjacke bedeckt wurde, ich hatte eine dicke Blase hinten an der linken Ferse, eine kleine Blase unter dem rechten Fuß und mein linkes Knie machte sich ganz leicht schmerzend bemerkbar. Ich wollte nur noch im Ziel sein, endlich am Ziel sein …

Wenn Du so lange mit dem gleichen Partner läufst, dann gibt es Momente, in denen Du den Partner ziehen und motivieren musst und es gibt Momente, in denen Du Zuspruch brauchst und Unterstützung. Am Ende habe ich nur noch von Achims Kraft gelebt, er hat mich gezogen und meine Laune einigermaßen hoch gehalten, aber ich habe den Bonnern, die wir nach dem Weg zum Ziel gefragt hatten, wohl ein jämmerliches Bild geboten. Aber irgendwann dann waren wir tatsächlich im Ziel, irgendwann und mit 27:54 Stunden doch noch wenigstens unter der 28 Stunden Marke.

Unsere Hochrechnungen sahen uns schon mal mit 25:30 Stunden im Ziel, mal aber auch erst nach dem Cut-Off von 29:00 Stunden. Ganz schlimm war es ein paar Kilometer vor dem letzten Verpflegungspunkt. Nach dem vielen Verlaufen wussten wir, dass wir viel Zeit, Kraft und Motivation verloren hatten und wir begannen, neu zu rechnen.
Die Strecke nach dem VP, die Strecke von Bad Honnef bis zu diesem VP und die Strecke bis nach Bad Honnef … und in diesem Moment kam eine Spitzkehre mit einer Wegbeschilderung nach Bad Honnef, auf der stand: BAD HONNEF 11,5 km.

Wir hatten keine Chance mehr, vor dem Cut-Off anzukommen, dachten wir. Achim wurde aus Trotz und Ärger schneller, ich wurde aus den gleichen Gründen langsamer. Achim wurde richtig ärgerlich, ich verzweifelte und wanderte ins „innere Jammertal“.
Es folgte eine merkwürdige Viertelstunde, in der wir liefen und schwiegen, träumten und dachten, bis wir von einem dicken Stein erlöst wurden, auf dem stand: BAD HONNEF 1,5 km.

Alles war wieder gut für Achim, für mich aber noch nicht. Nach einem Kilometer kam ein Abzweigschild nach Bad Honnef Innenstadt, das ich aber übersehen habe und wir liefen und liefen und kamen scheinbar einfach nicht nach Bad Honnef. Ich stellte mir vor, dass auf dem Stein 7,5 km gestanden haben musste und ärgerte mich. Erst als Achim von der Abzweigung erzählte, die ich übersehen hatte, ging es mir wieder besser.

Knapp 28 Stunden lang stramm bergauf oder vorsichtig bergab, weil es so glatt war, ständig mit dem gleichen Laufpartner zusammen, den Du schon so lange kennst, immer unleidlich vor den Verpflegungspunkten, aber motiviert und vorne weg danach, da denkst Du oft an Deinen Laufpartner und daran, woher Du ihn kennst.

Achim kenne ich schon viele Jahre. Wir hatten uns auf dem Eisweinlauf vor einigen Jahren kennen gelernt und kamen damals über das Thema Fußball ins Gespräch. Achim ist in erster Linie ein Fan von Mainz 05, damals noch von „Kloppo“ trainiert. In zweiter Linie ist er ein Fan von Eintracht Frankfurt, schön, dass während des „Kleinen KOBOLT“ gerade diese beiden Vereine gegeneinander gespielt hatten. Achim hatte sich mit einem mobilen Radio und Ohrclips bewaffnet, um noch das Siegtor der Frankfurter mitzubekommen, bevor der Akku seinen Geist aufgegeben hatte.

Danach haben Achim und ich uns bei ein paar kleineren Läufen gesehen. Ich erinnere mich an den 50K Ultra in Rodgau, aber da sahen wir uns nur kurz nach dem Zieleinlauf auf dem Weg zum Auto. Achim hatte damals eine 4:35 Stunden gelaufen, ich hatte 4:45 Stunden gebraucht. Achim ist meist etwas schneller als ich, nur beim K-UT konnte ich ihn kurz vor dem Ziel noch einholen.

Das erste lange Ding, das wir dann zusammen gemacht hatten, waren die 350 Kilometer des Swiss Jura Marathon von Genf nach Basel. Antje, seine Frau, war als Helferin mit im Orga-Team, Achim und ich liefen. Achim lief wie immer ein wenig schneller als ich, zur Strafe durfte er in den Turnhallen immer schon unsere Schlafecke einrichten.
Nur an einem Tag war ich schneller als er, am 5. Tag, dem Donnerstag, einen Tag nach Achims Sturz und einen Tag bevor meine Muskelverhärtung begann.
Achim war also gestürzt beim SJM und er ging dann nach dem Lauf zum Doc, um die Rippen untersuchen zu lassen.
Eine angebrochene Rippe hatte er, wenn ich mich richtig entsinne, und der Doc fragte ihn etwas vorwurfsvoll, warum er denn nicht gleich nach dem Unfall zu ihm gekommen wäre.
„Weil ich noch 200 Kilometer laufen musste,“ war Achims Antwort. Der Doc war schockiert, ich war amüsiert. So eine Antwort kann nur von einem „Ultra“ kommen, oder?

Mit Yogi Schranz und Susanne Alexi sind Achim und ich dann das „Schräge O.“ gelaufen, mit meinem Laufpartner vom TransAlpineRun 2008, mit Heiko Bahnmüller, sind Achim und ich dann gemeinsam in der Wüste gewesen. Beim „Marathon des Sables“ war die Ankunftsreihenfolge in unserem Zelt auch jeden Tag gleich. Zuerst kam Heiko eingelaufen, dann folgte Achim, dann erreichte ich das Ziel, danach Tilmann, dann Christian. Jeden Tag gleich.
Das Zusammengehörigkeitsgefühl haben aber vor allem diese beiden Etappenläufe enorm gestärkt, über all das dachte ich also nach beim „Kleinen KOBOLT“.

24 Läufer waren für die langen 140,5 Kilometer angemeldet, nur 17 davon traten an. Einer, mein Freund JoSi, Joachim Siller, scheiterte an der Zugverbindung, die im Schnee stecken blieb, einer, der großartige Jens Vieler, musste wegen einer Erkältung passen, wieder andere kamen aus anderen Gründen nicht und nur 10 ser 17 Starter kamen tatsächlich am Ziel an.
Und wenn Achim und ich uns gemeinsam den 8. Platz teilen und wir uns somit ganz weit hinten auf der Ergebnisliste wiederfinden, dann tut mir das gar nicht weh. Wir sind durchgekommen, haben gefinished, durch den Schnee, durch die Kälte, durch die Nacht …

Wir hatten trotz der Verlaufer offensichtlich mehr Glück als die, die auf der Strecke aufgeben mussten. Und wir hatten das Glück, diesen Lauf erleben zu dürfen, der von den drei Jungs aus dem „Chamonix-Appartement“ in kürzester Zeit ins Leben gerufen wurde.
Michael Eßer, der mitgelaufen war und 10. wurde, Stefan Scherzer, der den „Kleinen KOBOLT light“ lief und dort den zweiten Platz errang und Andreas Spieckermann, der Race Director, der in einer unglaublichen Ruhe die vielen Helfer dirigierte, motivierte und lenkte, haben hier einen kleinen Traum realisiert, auf den sie stolz sein können.

Ein richtig harter Winterlauf, der Dir alles abverlangt, gleichzeitig aber liebevoll organisiert ist und landschaftliche Highlights bietet, wie Du sie nur selten siehst. Wenn dieser Lauf im nächsten Jahr neu aufgelegt wird, dann solltest Du dabei sein und auch den Blick auf die in der Nacht hell erleuchteten Burgen werfen, stets abwechselnd das Rheintal und die Höhen der rechtsrheinischen Berge kennen lernen.
Du solltest die kalte und lange Winternacht erleben und genießen. Die kurze, warme Nacht von Biel ist zauberhaft, das Gegenstück, eine Nacht, die schon früh beginnt und nicht enden will, die kalt ist und lang, ist auch ein echtes Erlebnis.
Wir gehen in die Wüsten, in die Alpen und in die Dünen, um wegzukommen vom üblichen Trott eines Straßenmarathons – hier beim „Kleinen KOBOLT“ hast Du die Herausforderungen gebündelt und direkt vor der Haustüre.

Schade nur, dass der Rheinsteig auf der „schäl Sick“ liegt, aber daran können Michael, Stefan und Andreas ja noch arbeiten …

„Wer sich nicht bewegt, der kann auch nichts bewegen!“

Der Baden-Badener Weihnachtsmarkt - auf der Skala der Weihnachtsmärkte sicherlich relativ weit oben zu finden!

Es ist 18 Uhr am Samstag Abend auf dem wunderschönen Baden-Badener Weihnachtsmarkt. Menschenmassen schieben sich durch die Gassen des Weihnachtsmarktes und der Duft von Glühwein lässt Weihnachten erahnen. In der Mitte des Weihnachtsmarktes befindet sich eine hell erleuchtete Muschel, eine Aula, eine Bühne und auf der sammeln sich neben R(ud)olf Mahlburg und seiner Frau Brigitte noch der Bürgermeister von Baden-Baden sowie Repräsentanten von der „Aktion Benny & Co.“, die muskelkranken Duchenne-Kindern hilft und andere Repräsentanten unterschiedlichster Organisationen.

Gerade sind wir als Laufgruppe mit weit über 100 Läufern in Baden-Baden eingelaufen und wir alle haben unseren Weckmann bekommen. Einen leckeren frischen Weckmann und ein Glas Glühwein oder Kinderpunsch für die Läufer und ein paar warme Worte der Repräsentanten für die Weihnachtsmarkt-Besucher. Worte darüber, dass wir die langen Weg von Offenburg bis nach Baden-Baden bewältigt und dabei viel Gutes für kranke Kinder getan haben, Worte über die soziale Aufgabe, der sich Brigitte und Rolf Mahlburg gestellt haben und Worte der Bewunderung für die vielen Läufer, die da unten vor der Bühne standen, allesamt glücklich und stolz, diese 65 Kilometer mit den 1.800 Höhenmetern bewältigt zu haben.

Mir persönlich hat dabei dieser Satz aus der Seele gesprochen: „Wer sich nicht bewegt, der kann auch nichts bewegen!“ Wie wahr, dachte ich am Samstag und ich erinnerte mich sofort an die vielen Laufkilometer, die ich seit dem April 2004 gelaufen bin, seit jenem läuferischen Startpunkt, an dem ich begonnen hatte, in meinem Leben etwas zu bewegen. Ich habe mich fortan bewegt und ich habe auch vieles in meiner Umgebung bewegt. So habe ich viele fantastische und bewunderswerte Läuferinnen und Läufer kennen und schätzen gelernt, ich habe noch nicht alles, aber einiges von dem unnötigen Fett weggebrannt, das sich als Schwimmring deutlich sichtbar abgesetzt und mich zu einem „Sitzsack“ gemacht hatte und das sich auch im ganzen Körper verteilt hat, in jeden einzelnen Muskelstrang.

Vor allem aber habe ich neue Prioritäten im Leben gesetzt und erkannt, dass ich nicht auf Dauer ohne einen einigermaßen fitten und gesunden Körper leben will. Und heute freue ich mich beim Duschen immer wie ein kleines Kind, wenn ich meine Waden sehe oder den Oberschenkel-Muskel, der, wenn er angespannt ist, so stark akzentuiert und fest ist, dass ich denke: „Yes, I can!“ Oder ich fasse eine Po-Backe an und merke, wie fest und muskulös diese geworden ist. Schon dafür hat sich das Laufen gelohnt!

Und auch bei meiner Einstellung zur Familie und zum Beruf hat sich etwas bewegt. Während ich früher ein extremer Workoholic war ist mir heute die Balance zwischen den beruflichen Notwendigkeiten und dem Recht der Familie auf Beachtung, Liebe und Gemeinsamkeit sehr wichtig geworden. Erhalten habe ich dafür das Gefühl, ein ganz besonderer Vater zu sein, von den Kindern geliebt und von der Familie verehrt und gebraucht.

Wir standen also unter der Bühne in Baden-Baden und erlebten, wie R(ud)olf Mahlburg  für seine Webseite „Laufend-helfen.de“ einen Scheck von insgesamt immerhin 3.500 EUR an drei Hilfsorganisationen verteilt, das meiste Geld geht dabei wie immer an die Duchenne-Forschung, getreu dem Motto: gesunde Muskeln für kranke Muskeln.

Es ist nicht vollständig das „doppelte Familientreffen“ geworden, das ich erwartet hatte, aber dafür kamen Menschen dazu, die mir bei der ersten Durchsicht der Teilnehmerliste gar nicht aufgefallen waren. Schon am Vorabend traf ich die meisten Lauffreunde bereits in Bühl, wo diese die Nacht verbringen sollten. Ich habe meinen Freund Achim Knacksterdt in Baden-Baden abgeholt und nach Bühl gebracht und dort angekommen, durfte ich herzlich so viele Läuferinnen und Läufer begrüßen, dass ich voller Stolz war und hoffte, dass dieser Abend nie vorbeigehen möge. Allen voran waren es natürlich Heidi Stöhr, die ich schon im Eingangsbereich traf und die „Geschwister Fürchterlich“, die ich herzen und knuddeln durfte, zudem waren es die badischen Lauffreunde Peter Wiedemann, Brigitte Mahlburg und Rolf Mahlburg.
Dann aber erinnerte ich mich an meinen zweitlängsten Lauf meines bisherigen Läuferlebens, an den KÖLNPFAD. Fast vergessen hatte ich die Situation, als Hans-Peter Gieraths und ich vielleicht bei km70 von hinten von einem Läufer eingeholt wurden, der ein aufrichtiges Interesse an unserem kleinen Laufwettbewerb hatte. Er fragte uns, was die Startnummern zu bedeuten hätten und danach, welcher Lauf das denn wäre. Er fragte uns weiter, wie weit wir bislang gekommen wären und welche Strecke noch zu bewältigen sei.
Er lief vielleicht zwei, drei Kilometer mit uns gemeinsam und erzählte uns, dass auch er „einmal einen Ultralauf wagen“ würde, aber nicht im Kölner Raum, sondern im Dezember bei seinem Bruder Andreas, der im Badischen leben würde.
Ich fragte ihn dann, welchen Lauf er denn meinen würde, ich würde die Ultras im Badischen fast alle kennen und er antwortete: „Ich laufe den Eisweinlauf!“

Der Eisweinlauf von Offenburg nach Baden-Baden, ein Gruppen- und ein Spendenlauf, 2009 zum achten Mal durchgeführt!


Jörg Benz, nicht verwandt mit dem Möbeldesigner, hat also einen Bruder im Badischen – und ich kannte diesen sogar von früheren Eiswein-Läufen! Und meine Eltern wohnen im Badischen und Jörg und ich treffen uns unvermittelt und zufällig irgendwo im Niemandslang zwischen Bergisch-Gladbach und Köln. Und Jörg Benz war am Freitag Abend auch in Bühl. Mit seinem Bruder Andreas, der aber wegen einer Erkältung nicht zu den Läufern, sondern „nur“ zum Supporter-Team gehörte.

Gefehlt hat leider die an der Archillessehne verletzte Wilma Vissers und auch Heinrich Dahmen konnte den Weg in den Süden nicht antreten, das war schade, weil ich gerne mit den beiden ein paar Erinnerungen geteilt hätte, dafür traf ich aber Henk Geilen und Joachim Siller, beide Namen sind mir in der langen Teilnehmerliste nicht aufgefallen.
Henk Geilen ist einer der ganz besonders erfahrenen Ultraläufer, mit dem ich etliche lange Läufe gemeinsam gelaufen bin, teilweise in Belgien oder Holland, aber eben auch im Badischen oder in der Eifel, ein echter Gewinn an Gefühl und Witz bei jedem Ultralauf und JoSi, Joachim Siller, ist auch seit Jahren für mich menschlich einer der ganz Großen unter den Ultraläufern. Als TransSwiss 2009 Finisher hat er auch allen Grund, stolz auf seine Läuferbiografie zu sein.

Am Samstag Morgen sprach mich dann Tilmann Markert an, ein Arzt aus Gaggenau, der als Nachrücker ebenfalls im April 2010 zum Marathon des Sables (MdS) nach Südmarokko reisen wird. Für Achim Knacksterdt und mich war das eine gute Gelegenheit, diesen neuen Mitstreiter kennen zu lernen. Während des Laufs entdeckte ich mit Freude auch Nicola Wahl, auch eine von denen, die mich in 2009 besonders oft begleitet haben. Sie war beim SwissJuraMarathon 2009 (SJM) genauso dabei wie beim UTMB 2009. Dass sie selbstverständlich beide Wettbewerbe erfolgreich gefinished hat, sei nur am Rande erwähnt.
Ganz besonders erinnere ich mich aber an den fünften Tag des SJM, an dem ich die schlimmsten Muskelbeschwerden bekam. Ich hatte bestimmt 30 Minuten Vorsprung auf Nicola herausgelaufen, bis die Oberschenkel verhärtet waren und die Sehnenscheidenentzündung in den Füßen mich zwang, bergab nur noch zu tippeln. Irgendwann dann stürmte von hinten Nicola an mir vorbei und sie ließ mich stehen wie eine Slalomstange und ich fühlte mich damals alt, krank und langsam.

Es gab noch viele andere, mit denen ich reden konnte, so beispielsweise Marco Köhler aus Rastatt, mit dem ich über unseren gemeinsamen Lauffreund Dirk Joos geredet habe, den wir beide sehr vermisst haben, so viele, dass der Artikel zu lange würde, wenn ich alle, die es verdient hätten, erwähnen würde.
Nur einen will ihc noch nennen, Klaus Adelmann aus Freiburg, der die Webseite www.runme.de betreibt. Klaus und ich haben in der Vergangenheit schon oft miteinander kommuniziert, live gegenübergestanden haben wir uns aber meines Wissens noch nicht. Klaus sprach mich erst ganz spät am Abend an, als wir von den Bergen aus kommend im Dunklen in Baden-Baden einliefen. Wir liefen eine Straße entlang, die gesäumt wurde von schönen und riesigen Häusern, die deutlich den Reichtum ihrer Besitzer zeigten. Nicht umsonst gilt Baden-Baden als eine der TOP 10 – Städte mit den meisten Millionären pro 1.000 Einwohner und diese Millionäre prägen mit deren Prunk den Charakter der Stadt.
Der Prunk der Häuser spiegelt sich dann auch wider in den öffentlichen Bauten wie dem Theater und in den hell erleuchteten edlen Restaurants und Hotels, die den Ruhm von Baden-Baden mitgeprägt haben.

Und so endete dort vor der Bühne des Weihnachtsmarktes in Baden-Baden ein langer und bestens organisierter Gruppenlauf, der EISWEINLAUF, der die über 100 Teilnehmer über 65 Kilometer und über die Höhen des Schwarzwaldes führte, ein Lauf, bei dem neben dem Wunsch, Gutes für kranke Kinder zu tun, auch die Gelegenheit geliebt wurde, mit vielen unterschiedlichen Menschen zu reden. Und wenn man diesen Lauf, der 2009 schon zum insgesamt 8. Mal durchgeführt wurde, wie ich schon zum vierten Mal absolviert, dann sind es die Gesichter der „Stammkunden“, die diesem Lauf seinen Charakter geben.
Und es sind Rolf Mahlburg, der mit großer Routine das Tempo vorgibt und Brigitte Mahlburg, die sich liebevoll um die hinteren Läufer kümmert, weil das Ziel des Laufs ist, alle Teilnehmer ins Ziel zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Gruppe zusammen bleibt, die beiden prägen diesen Lauf mit ihrer Liebe zu den Menschen und ihrem großen Herz für alle Menschen, Läufer oder Nicht-Läufer, Kranke oder Gesunde.

Und wenn sich mehr als 100 Läufer mit Kopflichtern, Sicherheitswesten und Nikolausmützen in Baden-Baden durch den Kurgarten bewegen, dann stehen die Passanten still, salutieren, grüßen und freuen sich über dieses seltene Bild. Und sie begreifen den Sinn des Weihnachtsfestes, der guten Tat und der Bewegung und sie verstehen: „Wer sich nicht bewegt, der kann auch nichts bewegen!“