6.000 Meter über N.N.

In der „guten alten Zeit“, als in Deutschland noch der gezwirbelte Bart etwas galt, wir noch nicht von bürgerlichen Politikern, sondern von Kaiser Wilhelm II. regiert wurden, da war die Welt noch in Ordnung. Man wusste, was der Kaiser wollte und man besorgte es ihm.
Und da jedes Land seinen Hausberg hat, hatte Deutschland auch einen. Die Kaiser-Wilhelm-Spitze war der Hausberg der Deutschen – und er war mächtig hoch. Ein 6.000er mitten in Deutschland!
Damals hatten wir noch was, damals waren wir noch wer.

Mitten in Deutschland? Genau in der Mitte Deutschland befand sich der Berg nun nicht, eher im süd-östlichen Teil des Kaiserreichs, in einer der beiden Kolonien Deutschlands in Afrika, eben in Deutsch-Ostafrika.

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Und weil der dortige Berg, eben die Kaiser-Wilhelm-Spitze, „nur“ 5.895 Meter hoch war haben sich die Männer dort doch glatt so lange vermessen, bis „offizielle“ 6.000 Meter daraus wurden. Heutzutage würde kein Mann mehr auf die Idee kommen sich zu „vermessen“, nicht einmal der kleine Peter aus dem Song von „Möhre“ (Mirja Boes), aber damals war sich kein preussischer Beamter zu schade, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist.

Erst mit dem Ende des 1. Weltkriegs und dem „Verlust“ der Kolonien für die Spitzhelm-Nation schrumpfte die Kaiser-Wilhelm-Spitze auf den heutigen Wert herunter, zudem verlor sie ihren Namen und wurde wieder zum Kibo mit dem Uhuru (Swahili für „Freiheit“) Peak, mit den Schwesterbergen Mawenzi und Shira bildet der Kibo das Kilimanjaro-Massiv (Swahili für „Berg des bösen Geistes“).

v.l.n.r.: Shira, Kibo, Mawenzi

Der Kilimanjaro wurde oft beschrieben, besungen, spielt in Hunderten von Filmen über Afrika eine Hauptrolle und bewegt nicht nur deutsche Wandertouristen in der ganzen Welt. Stellvertretend ist der „Kili“ auch weltweit das bekannteste Symbol für die Klimaveränderung und Klimaerwärmung. So schrumpfte die Eiskappe des weißen Bergs zwischen 1912 und 2009 von 12 km² auf 1,85 km², was einem Verlust von 85 % entspricht. Irgendwann um das Jahr 2030 herum wird das Buch von Ernest Hemingway „Schnee auf dem Kilimanjaro“ nicht mehr die Realität beschreiben.

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Am 12. Februar 2005 war ich ganz oben auf dem Uhuru Peak und noch immer finde ich, dass das einer der beeindruckendsten Momente meines Lebens war. Wenn ich Mitte Oktober 2010, also nach knapp über 68 Monaten, wieder aufbreche, um diesen Berg ein zweites Mal zu besteigen, dann tue ich das in einem anderen Bewusstsein, ich tue das mit einer anderen Truppe und ich tue das über eine andere Route.

Das andere Bewusstsein

2005 ging es mir darum, zu beweisen, dass ich in der Lage bin, so eine Tour zu schaffen, diese Höhe zu bewältigen und mich der Strapazen dieser Reise zu stellen. Ich habe nicht allzu viele Gedanken an die Landschaft verschwendet, ich war total „gipfelfixiert“ damals.
2010 will ich die atemberaubende Schönheit der Strecke bewusster genießen, immerhin führt der Marsch auf den Gipfel durch nahezu alle Vegetationsstufen dieser Erde hindurch. Ich werde langsamer sein und viel mehr Fotos von der Tour mitbringen als vor gut fünfeinhalb Jahren.

Die andere Truppe

2005 hatte ich mich in eine schweizer Expedition eingebucht und lief daher mit mir zu Anfang unbekannten Schweizern und Deutschen, die zufällig die gleiche Tour gebucht hatten. Ich entschied mich damals für das schweizer Unternehmen „Aktivreisen“ von Hans-Peter Rüedi, weil mein Lauffreund von TV Altendorf-Ersdorf, Andreas Klotz, ebenfalls mit diesem Unternehmen den Kilimanjaro bestiegen hatte. Es war eine großartige Reise, die auch zwei beeindruckende Safaris beinhaltete und mit ein paar Badetagen in Kenia abschloß.
2010 laufe ich mit deutschen Freunden, die alle der Natur- und Landschaftsfotografie zugewandt sind. Und ich laufe mit Andreas Klotz, eben dem, dessen Erzählungen über den Kilimanjaro mich damals spontan dazu bewegt hatten, diesen Gipfel in meinen Laufplan einzuarbeiten.
2006, also ein Jahr später, sind meine liebe Frau Gabi und ich mit ihm in Venezuela auf den Tafelberg Auyan Teupui gegangen, eine Reise, aus der später ein Buch entstanden ist, das man bei Amazon kaufen konnte.

Dieses Buch war auch der Vorläufer, die Übung gewissermaßen, für Andreas Klotz‘ nächstes Projekt, über das ich an dieser Stelle schon einmal berichtet hatte. Es ist das Projekt „Mondberge.com“, also der Marsch auf drei Gipfel des Ruwenzori Gebirges in Uganda und zudem der Besuch bei den geschützten Berggorillas. Es wurde ein Foto- und Multimediaprojekt, das enorme Spenden zusammenbrachte eben für die bedrohten Berggorillas, die Tiere, die uns so nahe sind, dass es manchmal schon unheimlich ist.
Das Ruwenzori Gebirge befindet sich rund 900 Kilometer nördlich des Kilimanjaro-Massivs und ich bin froh und stolz, erneut mit Andreas einen Berg besteigen zu dürfen. Aktuell plant Andreas mit dem Mondberge.com – Team ein paar großartige neue Sachen. Ich bin sicher, bald darüber berichten zu können.

Die andere Route

Normalerweise besteigen europäische Wandertouristen den Kibo über die „Coca-Cola-Route“, die Marangu-Route. Sie ist die leichteste der insgesamt 10 Routen auf das „Dach Afrikas“, außerdem ist es die einzige Route, bei der Du in festen Hütten schläfst und eben nicht nur in Zelten.


Andererseits ist sie auch eine Art Autobahn und Du bist dort eigentlich nie alleine. Rund 100 Menschen gehen diese Route täglich nach oben und weil alle nahezu zur gleichen Zeit frühmorgens aufbrechen, ist der Weg oft sehr voll. Das reduziert das Gefühl, etwas „Besonderes“ zu leisten, doch gewaltig.

Die alternativen Routen sind die:

  • Barafu-Route – steile Teilroute von der bzw. über die Barafu Hut (4.600 m) auf den Kibo
  • Lemosho-Route – Ausgangspunkt Londorossi (2.250 m)
  • Machame-Route – Ausgangspunkt Machame (1.800 m)
  • Mweka-Route – Ausgangspunkt Mweka (1.700 m)
  • Rongai- oder Kikelewa-Route – Ausgangspunkt Nalemoru (2.020 m)
  • Shira-Route – Ausgangspunkt Londorossi (2.250 m)
  • Umbwe-Route – Ausgangspunkt Umbwe (1.700 m)
  • Western-Breach-Route – steile Teilroute vom bzw. vorbei am Lava Tower (4.600 m) auf den Kibo
  • Thomas-Glacier-Route – Route führt über den Gletscher des Nördlichen Eisfelds – Erstbegehung 28./29. Oktober 2009

Wir werden die Machame-Route nach oben gehen, nach unten aber werden wir die Rongai- oder Kikelewa-Route auswählen. So sehen wir viel mehr von der Landschaft und natürlich auch vom Vulkankrater, ein Ausblick, der Dir bei der Marangu-Route leider verwehrt bleibt.

Am 12. Oktober geht es los, von Düsseldorf über Amsterdam direkt auf den Kilimanjaro Airport und wenn wir alle am 22. Oktober wieder deutschen Boden unter den Füßen haben werden, dann werden wir viele Fotos im Gepäck haben, als Team eng verbunden sein und wir werden uns gewiss sein, vielleicht eine der letzten Chancen ergriffen zu haben, den „Schnee auf dem Kilimanjaro“ noch zu erleben.

Und für mich schließt sich dann auch ein privater Kreis. Unsere Tochter Milena ist im Sommer noch mit einem Schulprojekt in Tansania gewesen. Sie hat dort 14 Tage mit tansanischen Schülerinnen und Schülern zusammen gelernt und gelebt. FairTrade war damals einer der Lehrpunkte, der Umgang der tansanischen Bevölkerung mit der gemeinsamen Geschichte war ein anderer.
Und wenn die Tansanier die Deutschen „fast perfekte Menschen“ (Übersetzung aus Swahili) nennen, dann vergessen sie die unglaublich vielen Toten, die Deutschland in dieser ehemaligen Kolonie zu verantworten hat.

Die tansanischen Schülerinnen und Schüler wussten selbstverständlich davon, aber sie lobten vor allem, dass Deutschland ihnen ja die Eisenbahn gebracht hätte …

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Andreas Klotz und sein Projekt mondberge.com

Ich kenne meinen Freund Andreas Klotz schon ziemlich lange. Aber ich werde nie ganz vergessen, wie ich ihn kennen gelernt hatte.
Es war ein privates Treffen von Läufern des TV Altendorf-Ersdorf, meines Lauftreffs, irgendwann Mitte 2004, jedenfalls noch lange vor meinem ersten Marathon. Ich war ganz frisch Mitglied des Lauftreffs und war von den beiden Läufern im Lauftreff, die schon einmal einen Marathon gelaufen waren, sehr beeindruckt und saugte jedes Wort der beiden tief in mich ein. Schließlich wollte ich ja auch mal ein Marathoni werden …

Andreas Klotz war einer der beiden. Und er war mehr. Er war auch Besteiger des Kilimanjaro, des Kilis, des Uhuru Peaks. Er trug an jenem Abend ein T-Shirt mit dem einschlägigen Kili-Motiv und er erzählte mir von der Besteigung und dem Weg durch die unterschiedlichen Klimazonen hindurch bis hoch ins ewige Eis. Die Klimazonen dort scheinen schichtartig angeordnet, scheinbar von jetzt auf gleich beginnt die nächste Klimazone. Er war davon sehr beeindruckt.
Und ich erinnerte mich an das, was Jahre zuvor mein Vater mir erzählt hat. Mein Vater ist bestimmt kein Vorzeigeexemplar, wenn es um Begeisterung für Dinge geht, die andere machen, aber eines Tages kam er von einem professionellen Dia-Abend zurück, den man heute wohl Multi-Media-Show nennen würde. Dort hat der Vortragende von seiner Kilimanjaro-Besteigung erzählt. Und mein Vater brannte …
Der Vortragende erzählte und mein Vater repetierte genau das Gleiche wie später Andreas Klotz, von den Klimazonen, von der Herausforderung und von dem unglaublichen Glück, das man empfindet, wenn man auf diesem Berg steht und im Morgengrauen auf die gut 4.000 Höhenmeter unter Dir liegende Hochebene schaut.

Das war der Abend, als ich Andreas Klotz kennen lernte. Und ich buchte meine Kilimanjaro-Reise noch in der darauf folgenden Woche. Ein paar Jahre später bin ich dann mit meiner Frau Gabi und ihm in Venezuela auf den Auyan Tepui, den wohl berühmtesten der vielen Tafelberge gestiegen, den Tafelberg, von dem aus der höchste Wasserfall der Welt, der ANGEL FALL, rund 1.000 Meter in freiem Fall herabstürzt. Andreas hatte damals über diese Reise ein Buch geschrieben, Gabi hat ein paar der Fotos dafür geliefert und ich war beeindruckt von der verlegerischen Leistung.

Der Auyan Tepui - eine abenteuerliche Trekking-Tour zu den Tafelbergen in Venezuela (bei Amazon als gebundene Ausgabe erhältlich, einfach auf das Foto klicken!)

Dieses Buch war aber nur die Übung für sein nächstes, weitaus größeres Projekt.
Direkt nach der Herausgabe dieses Buches begann er mit den Vorbereitungen zu einer Reise, die seinen wirklichen Zielen im Leben entspricht. So ist Andreas ein ambitionierter und wirklich guter Landschaftsfotograf und er liebt die Natur.

„Wenn wir in der Natur etwas bewahren können, dann retten wir auch ein Stück weit unsere eigene Welt!“ hat Andreas einmal zu mir gesagt. Und so widmete er sich einer aussterbenden Tierart, die uns Menschen genetisch so nahe steht wie keine andere, die Berggorillas des ugandischen Ruwenzori-Gebirges.

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Die Berge des Ruwenzori-Gebirges werden auch die „Mondberge“ genannt. Noch streitet man sich, ob dort der Nil entspringt, sicher ist aber, dass wenigstens ein Teil des Nils dort seinen Ursprung hat. Und wen wundert das, gibt es doch dort mindestens unglaubliche 320 Regentage im Jahr, dort, in den höchsten Bergen Afrikas, vom Kilimanjaro abgesehen.

Genannt hat er dieses Projekt: MONDBERGE.COM, ein passender Name für ein derart ambitioniertes Projekt.

Die Leitideen waren dabei, Geld für die bedrohten Berggorillas zu sammeln. So gehen mindestens 10% der Projektumsätze und 100% der Spenden direkt und zweckgebunden an die Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V.„.
Ein weiterer Aspekt war das Trekking auf die drei über 5.000 Meter hohen Berggipfel der Mondberge und der dritte Aspekt war, daraus eine Reise für ambitionierte Landschaftsfotografen zu machen, die danach ihre Bild- und Videoaufnahmen in einen gemeinsamen Pool stecken, aus dem dann ein Buch hervor gehen sollte, eine Multi-Media-Show und andere Dinge, die dem Zweck der Rettung der Berggorillas dienlich sind.

Das Buch ist schon lange erschienen und ich bin stolz, eines davon Mitte November zu meinem Geburtstag erhalten zu haben.

(klicken zum Vergrößern) Perle Afrikas - Impressionen aus Uganda

Klicke hier und Du findest das Buch im Shop von www.mondberge.com. Direkt nach der ISBN-Nummer gibt es einen Link, wo Du Dir das Buch online durchblättern kannst (JavaScript vorausgesetzt). Du siehst 212 aufregende Seiten voller Farbe, Abenteuer und Tiere in der natürlichen Umgebung. Ein Muss, finde ich!

Oder Du lädst Dir hier eine Leseprobe als PDF herunter:

hoch aufgelöst, ca. 21,5 MB
geringer aufgelöst, ca. 7,4 MB

Du kannst Dich übrigens stundenlang auf der ausführlichen und mit interessanten Informationen gespickten Webseite www.mondberge.com aufhalten und etwas über die Teilnehmer lesen, über die Sponsoren des Projekts, über den Central Circuit Trail durch das Ruwenzori-Gebirge, über die Berggorillas und über vieles mehr …
Es lohnt sich wirklich.

Genauso lohnt es sich, die professionelle Multi-Media-Show anzusehen. Bei der Premiere in Rheinbach Ende Januar 2010 war ich dabei, es war ein großartiges Erlebnis. Ich hätte mir am liebsten die Trekking-Schuhe geschnürt und wäre am liebsten gleich hingeflogen. Die nächste Multi-Media-Show wird am 20. April in der Bonner Beethovenhalle (Forum Süd) ab 19:00 Uhr gezeigt. Tickets für nur 14 EUR kannst Du hier buchen.

Das Projekt statete übrigens in dem Jahr (2009), das die UNO zum „Jahr des Gorillas“ ausgerufen hatte …

AFRIKA – der schönste Kontinent …

Ich bin ein Afrika-Fan!

Es begann vielleicht mit den ersten Worten von Karen Blixen (geboren als Karen Christenze Dinesen, in  Deutschland unter dem Pseudonym „Tania Blixen“, in den angelsächsischen Ländern als „Isak Dinesen“ bekannt) in „Jenseits von Afrika“:

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„Ich hatte eine Farm in Afrika, am Fuße der Ngong Berge …“

Sehnsuchtsvolle Worte, gesprochen zu wunderschönen ruhigen Bildern und elegischer Musik in einem Film, der noch immer zu meinem Lieblingsfilmen zählt, auch wegen des großartigen Robert Redford und der bezaubernden Meryll Streep.

Aber richtig fasziniert hat mich Afrika bei meinem Trip auf den 5.895 Meter hohen Kilimanjaro (Kilimandscharo-Massiv), den Kili, die ehemalige „Kaiser Wilhelm Spitze“, das „Dach Afrikas“.
Wir fuhren durch Kenia und durch Tanzania, wir besuchten Krankenstationen, in denen AIDS das Thema schlechthin war und wo Kinder regelmäßig mit Verbrühungen lagen, weil häufig noch immer traditionell die Töpfe auf einem Feuer in der Rundhütte auf drei Steinen steht und die Kinder den Topf dann beim Spielen umwerfen. Und wir besuchten afrikanische Kirchen, wir erlebten eine christliche Messe dort wurden anschließend von den Frauen eines Dorfes zu unserem Auto getragen, einem offenen Pick-Up, auf dessen Ladefläche wir alle standen. Ein tolles Festbankett wurde für uns veranstaltet, bei dem eine Ziege über dem offenen Feuer gegrillt wurde und die dann als ganze Einheit mit Kopf und Gemächt vor uns auf dem Tisch stand. Ein wenig anders wurde mir bei dem Anblick schon und ich war noch nie so froh, kein Fleisch zu essen. Aber die Begeisterung, der Lebenswille und die Hilfsbereitschaft dort war in echtes Erlebnis und das, obwohl wir wirklich in Problemregionen unterwegs waren.

Wir sahen unglaublich reiche Afrikaner, hektische und florierende Städte, Verkehrsstockungen wie in Asien und gleich neben all dem stand ein Massai, der, in traditionelle Tracht gekleidet, das Treiben der Menschen skeptisch beobachtete. Und wir gingen auf Fotosafari in zwei unglaublich schöne Nationalparks, in den „Ngorongoro Krater“ (Ngorongoro Conservation Area)  und in den „Tarangire Nationalpark“ (Tarangire National Park). Diese Eindrücke haben mich sehr bewegt, vor allem, als ein nur wenige Tage altes Löwenbaby schnurstracks auf unseren Safari-Wagen zugelaufen kam. Leider darf man da nicht aus dem Wagen raus und das Streicheln des Babies hätte die Löwin wohl auch nicht so toll gefunden, aber ich stellte mir vor, wie weich und knuddelig dieses Löwenbündel doch sein müsse. Dort habe ich auch gelernt, dass das Bild von Afrika, das uns „Westlern“ von Kindesbeinen auf eingetrichtert wurde, nur sehr bedingt stimmt. Ein kleines Beispiel: da lagen die Löwen faul in der Sonne, obwohl die Zebras nur wenige Meter weit weg waren und es war Frieden. Kein Löwe jagt, wenn es nicht unbedingt sein muss. Und kein Löwe hat ein Konto, auf das er seine Beute, die er nicht verspeisen kann oder will, einzahlt, um für später vorzusorgen. Nur das „HEUTE“ zählt.

Im vergangenen Jahr haben wir uns dann Namibia angesehen und sind dort von Süd nach Nord, von der Mitte nach Osten, nach Westen und wieder zurück gefahren. Wir sind in die Vorstädte gefahren, auch dorthin, wo gemeinhin kein Tourist sich blicken lässt. Überall haben wir nette, freundliche und aufgeschlossene Menschen kennen gelernt und wir fühlten uns stets sicher und behütet.

Warum schreibe ich all das?

Eigentlich nur, um klar zu machen, dass Afrika ein Kontinent ist, kein Land. Eine Sammlung verschiedenster Menschen, Reiche und Arme, Stadt und Land, Intellektuelle und Native, alle Vegetationsstufen von der Wüste bis zu den Tropen, hohe Berge, endlose Weiten. Und doch denken wir in Europa häufig in Klischees über Afrika. Wir denken an Armut, an korrupte Politiker, an AIDS, Malaria und andere Krankheiten. Um diese Vorurteile weiter zu pflegen, hat Binyavanga Wainaina, ein kenianischer Schriftsteller, der in Nairobi lebt, eine entsprechende Anleitung für uns Europäer verfasst, nicht ohne Süffisanz, wie ich ergänze. Binyavanga Wainaina ist der Gründer und Leiter der Literaturzeitschrift „Kwani“ in Nairobi. Der Artikel wurde in der Süddeutschen Zeitung abgedruckt, ich finde ihn lesenswert, interessant und absolut zutreffend:

Schreiben Sie so über Afrika! Stöhnen ist gut: Eine Anleitung!

Verwenden Sie im Titel die Worte „Afrika“, „Finsternis“ oder „Safari“, im Untertitel können außerdem Begriffe wie „Sansibar“, „Nil“, „Groß“, „Himmel“, „Schatten“, „Trommel“ oder „Sonne“ auftauchen. Immer hilfreich sind Wörter wie „Guerillas“, „zeitlos“, „ursprünglich“ oder „Stamm“.

Zeigen Sie niemals das Bild eines modernen Afrikaners auf dem Buchumschlag, es sei denn, er hätte den Nobelpreis gewonnen. Verwenden Sie stattdessen: eine Kalaschnikow, hervortretende Rippen, nackte Brüste. Falls Sie tatsächlich einen Afrikaner abbilden müssen, nehmen Sie einen Massai, Zulu oder Dogon.

In Ihrem Text sollten Sie Afrika als ein einziges Land behandeln. Es sollte heiß und staubig sein mit wogenden Weiden, riesigen Tierherden und großen, dürren Menschen, die Hunger leiden. Oder heiß und schwül mit sehr kleinen Menschen, die Affen essen. Verzetteln Sie sich nicht in detaillierten Beschreibungen. Afrika ist groß: 54 Länder und 900 Millionen Menschen, die viel zu sehr damit beschäftig sind, zu hungern, zu sterben, zu kämpfen und auszuwandern, als dass sie Zeit hätten, Ihr Buch zu lesen. Der Kontinent ist randvoll mit Wüsten, Regenwald, Savanne und vielem anderem, aber Ihrem Leser ist das egal, deshalb beschränken Sie sich am besten auf romantische, raunende und eher unspezifische Darstellungen.

Betonen Sie, wie tief Musik und Rhythmus in der afrikanischen Seele verwurzelt sind, und bemerken Sie, dass Afrikaner Dinge essen, die niemand sonst runterbringt. Kein Wort über Reis, Rindfleisch oder Weizen. Zur afrikanischen Cuisine gehört Affenhirn, außerdem Ziege, Schlange, Würmer, Larven und jede Sorte Wild. Lassen Sie den Leser wissen, wie Sie gelernt haben, alles dies zu essen und sogar zu genießen. Weil Ihnen daran liegt.

Enden Sie mit Mandela

Tabu-Themen sind Alltag, Liebe (es sei denn, es ginge auch um Tod), afrikanische Schriftsteller oder Intellektuelle, Schulkinder, die nicht unter Ebola oder anderen schlimmen Krankheiten leiden. Der Ton Ihres Buches sollte gedämpft sein und eine gewisse Komplizenschaft mit dem Leser zum Ausdruck bringen. Ihre Haltung ist ein betrübtes „Ich-hatte-so-viel-erwartet“. Erwecken Sie früh den Eindruck einer zutiefst liberalen Grundeinstellung, und kommen Sie rasch auf Ihre unerschütterliche Liebe zu Afrika zu sprechen. Afrika ist der einzige Kontinent, den Sie lieben dürfen – machen Sie was draus! Wenn Sie ein Mann sind, werfen Sie sich dem jungfräulichen Regenwald in die Arme. Sind Sie eine Frau, betrachten Sie Afrika als Mann mit Buschjacke auf dem Weg in den Sonnenuntergang. Afrika muss man bemitleiden, ihm huldigen oder es beherrschen. Aber ganz egal, wofür Sie sich entscheiden – ohne Ihr Engagement und Ihr Buch würde Afrika vor die Hunde gehen. Lassen Sie daran keinen Zweifel.

Zu den afrikanischen Figuren Ihres Buches könnten nackte Krieger, treue Diener, Wahrsager und Seher gehören, weise alte Männer in phantastischer Einsamkeit. Außerdem korrupte Politiker, polygame Reiseleiter und Prostituierte, mit denen Sie geschlafen haben. Der Treue Diener benimmt sich in der Regel wie ein Siebenjähriger und braucht eine strenge Hand. Er fürchtet sich vor Schlangen, ist kinderlieb und verwickelt Sie ständig in seine häuslichen Streitereien. Der Weise Alte Mann gehört immer zu einem edlen Stamm (nicht zu den geldgierigen Gikuju, Igbo oder Shona). Er hat triefende Augen und ist innig mit der Erde verbunden.

Der Moderne Afrikaner ist ein raffgieriger Fettsack, der in einem Visabüro arbeitet und sich weigert, qualifizierte Mitarbeiter aus dem Westen einreisen zu lassen, obwohl ihnen wirklich an Afrika liegt. Er ist ein Feind jeder Entwicklung und nutzt sein Regierungsamt, um pragmatische und gutherzige Ausländer daran zu hindern, eine Nicht-Regierungs-Organisation aufzuziehen. Vielleicht ist er aber auch ein ehemaliger Oxford-Absolvent, der in der Politik zum Serienkiller wurde und feine Anzüge trägt. Ein Kannibale mit einer Vorliebe für eine bestimmte Champagner-Marke und einer Hexe als Mutter, die in Wahrheit das Land regiert.

Auf keinen Fall darf die Hungernde Afrikanerin fehlen, die sich halbnackt von Lager zu Lager schleppt. Ihre Kinder haben Fliegen in den Augenwinkeln und Hungerbäuche, ihre Brüste sind leer. Sie hat keine Geschichte, keine Vergangenheit, das würde nur die Dramatik des Augenblickes stören. Stöhnen ist gut.

Bringen Sie außerdem irgendwie eine warmherzige, mütterliche Frau mit tiefem Lachen unter. Sie nennen sie Mama. Ihre Kinder sind Kriminelle. Gruppieren Sie diese Figuren um Ihren Helden. Der Held sind Sie selbst (Reportage) oder eine gut aussehende tragische Berühmtheit, die sich im Tierschutz engagiert (Roman). Zu den Bösewichtern aus dem Westen könnten die Kinder konservativer Abgeordneter gehören oder Afrikaner, die für die Weltbank arbeiten. Falls Sie die Ausbeutung durch ausländische Investoren erwähnen möchten, denken Sie an Chinesen und Inder. Geben Sie dem Westen die Schuld an der Misere in Afrika. Aber bleiben Sie vage.

Vermeiden Sie es, lachende Afrikaner zu beschreiben oder Menschen, die einfach nur ihre Kinder erziehen oder irgendetwas Banales tun. Die Afrikaner in Ihrem Buch sollten bunt, exotisch, überlebensgroß sein – aber hohl, ohne Entwicklungen und Tiefe. Das würde die Sache nur verkomplizieren.

Beschreiben Sie detailliert nackte Brüste (junge, alte, vor kurzem vergewaltigte, große, kleine), verstümmelte Genitalien oder geschmückte Genitalien. Jede Art von Genitalien. Und Leichen. Nein, noch besser: nackte Leichen. Am besten: nackte verwesende Leichen. Denken Sie daran, dass schmutzige, unglückliche Menschen als das „wahre Afrika“ gelten. Sie müssen sich deshalb nicht schlecht fühlen. Sie versuchen ja nur, Hilfe aus dem Westen zu mobilisieren. Keinesfalls sollten Sie allerdings jemals tote oder leidende Weiße zeigen.

Tiere wiederum beschreiben Sie als hochkomplexe Charaktere. Tiere sprechen oder grunzen, sie haben Namen, Ziele und Sehnsüchte. Und sie legen Wert auf ihre Familien: Haben Sie bemerkt, wie schön die Löwen mit ihren Jungen spielen? Elefanten sind liebevoll, sie sind gute Feministinnen oder eindrucksvolle Patriarchen. Gorillas ebenfalls. Sagen Sie nie, nie, nie etwas Schlechtes über einen Elefanten oder einen Gorilla. Selbst wenn ein Elefant Häuser niedertrampelt und vielleicht Menschen tötet.

Neben Prominenten und Helfern sind Umweltschützer die wichtigsten Menschen in Afrika. Legen Sie sich nicht mit ihnen an, schließlich wollen Sie sie mal auf ihrer riesigen Ranch interviewen. Jeder sonnengebräunte Weiße in Khaki-Shorts, der mal eine Hausantilope hatte, ist ein Tierschützer, der um Afrikas reiches Erbe ringt. Fragen Sie nie, wie viel Geld er wirklich für Afrika ausgibt. Fragen Sie nie, wie viel er mit seiner Safari-Ranch verdient. Fragen Sie nie, was er seinen Angestellten zahlt.

Vergessen Sie nicht, das Licht in Afrika zu erwähnen, Ihre Leser wären enttäuscht. Den großen, roten Sonnenuntergang. Den weiten Himmel. Weite leere Räume und wilde Tiere sind unverzichtbar. Afrika ist geradezu das Land weiter leerer Räume. Sollten Sie allerdings über die Vielfalt von Pflanzen und Tieren schreiben, erwähnen Sie die Überbevölkerung. Sollte sich Ihr Held in der Wüste oder im Dschungel bei irgendeinem indigenen Volk befinden (Hauptsache, es ist klein), dürfen Sie erwähnen, dass Aids und Kriege Afrika entvölkern.

Beenden Sie Ihr Buch mit einem Nelson-Mandela-Zitat, am besten mit irgendetwas über Regenbögen oder Wiedergeburt. Weil Ihnen daran liegt.

Jessica Biel und Justin Timberlake wollen im Herbst 2009 auf den Kili!

Für Wasser auf den Kilimanjaro

Jessica Biel und Justin Timberlake: "Für Wasser auf den Kilimanjaro"

Wenn Jessica Biel und ihr Freund Justin Timberlake im Herbst auf den Uhuru Peak wollen, dann ist das aller Ehren wert.
Auch für die Stars und Sternchen ist es sicher ein großartiges Erlebnis, den sensationellen Sternenhimmel der Südhalbkugel über dem Kilimanjaro zu erleben!

Aber je nach Route nach oben müssen die beiden entweder in Zelten nächtigen oder sie schlafen in den einfachen Holzhütten entlang der „Coca-Cola-Route“. In jedem Fall werden die Nächte eiskalt werden.
Einen Vorteil aber haben diese Nächte: Es werden Nächte mit mehr als „5 Sternen“ sein!