… oder was man tun muss, um völlig losgelöst zu feiern.
Es ist Donnerstag Abend, der letzte Abend, den wir als Wander-, Kletter- oder Bergsteigergruppe zusammen erleben dürfen. Es gibt viel zu feiern an diesem Abend. Nicht nur den Umstand, dass wir uns danach so wahrscheinlich nie wieder sehen werden, sondern auch das Besteigen einiger Berge.
Da war zuerst der Fuja Fuja mit 4.205 Höhenmetern als Einstieg, noch ein besserer Hügel, grasbewachsen und irgendwie so wie die Hügel der Voralpen, nur eben viel höher gelegen.
Außerdem war da noch der Pasochoa mit 4.199 Höhenmetern. technisch schon etwas anspruchsvoller, aber noch immer ein Akklimatisierungsberg.
Der nächste Grund zum Feiern war der Gipfel des Pichincha, des Hausbergs von Quito, der mit 4.794 Höhenmetern über der zweitgrößten Stadt von Ecuador thront. Und da waren auch noch der Corazón mit seinen 4.782 Höhenmetern und der Iliniza Norte, unser erster Fünftausender mit seinen 5.116 Höhenmetern.
Zwischen den beiden Highlights gab es auch noch die Besteigung des Carihuairazo, ebenfalls eines Fünftausenders mit 5.018 Höhenmetern. Dort haben wir auch das Abseilen geübt.
Die zwei Gipfelbesteigungen aber, die es aber wirklich zu feiern gab, waren die des Cotopaxi, eines aktiven Vulkans, der nicht nur zwei Meter höher ist als der Kilimanjaro, sondern auch viel schwerer zu besteigen. Bergwandern da rauf ist nicht, das war mir bei der Buchung aber nicht klar. Aber auf den vielleicht schönsten aktiven Vulkan der Welt zu steigen war ein so tolles Erlebnis, dass mir das zweite Highlight dieser Reise, die Besteigung des Chimborazo, gar nicht mehr so wichtig war.
Und zuletzt gab es eben den Gipfelsturm auf den Chimborazo zu feiern, auf den „höchsten Berg der Welt“, zumindest vom Erdmittelpunkt aus gesehen. Und das Erlebnis, auf dem „höchsten Berg der Welt“ zu stehen, war wirklich eine Riesenparty wert.
8 Berge, davon zwei mit neuen Höhenrekorden für die meisten von uns, die vergangenen drei Wochen, die uns eng zusammen gebracht hatten, all das ließ uns alle Begrenzungen des Feierns vergessen, ließ uns ausgelassen feiern wie seit Jahren nicht mehr und es erhöhte dramatisch unseren Alkoholspiegel.
Und ich rauchte 7 Zigaretten. Nach so vielen Jahren wieder so ein Rückfall in alte Verhaltensweisen.
Aber an diesem Abend war es für mich OK, trotz der Aussicht auf den TransGranCanaria-Lauf nur eine Woche später.
Wir hatten uns schon sehr früh für den Ablauf des Abends entschieden. Auf Wunsch einiger Gruppenteilnehmer ging es zuerst in ein Steakhaus, wo es aber auch etwas Fleischloses für mich gab. Danach ging es in eine kubanische Bar, die wir schon am Anfang der Reise kennen gelernt hatten. Das Besondere an dieser Bar ist die Livemusik, die dort gespielt wird.
Das Beste aber waren die Gäste, also wir. Denn bis auf eine Dreiergruppe von Männern, einer aus Kuba, einer aus Deutschland und einer aus Kanada, waren nur noch zwei Paare da, die wir beide in unsere Tänze integriert haben. Außerdem haben wir den Bardamen keine Chance gelassen, uns auszuweichen, sich zu zieren.
Jeder durfte, jeder musste einfach dabei sein.
Und wir, das waren am Anfang der Reise außer mir noch 10 Personen, die mir in den drei Wochen ans Herz gewachsen waren.
Ein einzelnen waren das die Rosi, die als Bäuerin 140 Kühe zu melken hat, Mitglied im Vorstand des DAV, Sektion Kempten, ist, das Alphorn und die Posaune spielt und uns immer mit ihrer Fröhlichkeit angesteckt hat, Michael, der Trainer, der sich als der wohl beste Trommler unter Gottes Himmel entpuppt hat, Manuela und Martin aus dem südtiroler Brixen, unser Küken und der begnadete Tänzer, Hendrik, der in jeder Situation für einen Spruch gut war, Philipp aus dem schweizerischen Affoltern, der Bergspezialist, der mit dem Trainer als einziger schon den Aconcaqua bestiegen hat, Michaela, die Unermüdliche, die schon vor dem Frühstück stets eine private Sonderschicht eingelegt hat, Michael, der Sanfte, der sich von Deutschland aus liebevoll mit dem Verein Andenkinder e.V. um ecuadorianische Kinder kümmert und auf dem Hinweg nicht nur einen Laptop, sondern auch einen Koffer mit wichtigen Utensilien mitgebracht hat, die er seinen Korrespondenzpartnern übergeben hat und Andy, der „Bergfex“, der perfekt ausgestattet in dieses Abenteuer ging.
In Gedanken bei uns war noch Reinhard, der Professor von der Ostsee, dessen Bildung so groß war wie seine Herzenswärme, den aber leider eine so schwere Krankheit ereilt hat, dass er vorzeitig die Rückreise nach Deutschland antreten musste. Reinhard, diese Feier war auch für Dich, Danke für die Tage, in denen Du dabei warst, Danke, lieber Zimmergenosse!
Ausgesehen hat diese Wahnsinns-Feier dann beispielsweise so:
Und als wir dann das Trommeln teilweise selbst übernommen hatten, sah das Ganze dann so aus:
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Die wirklich gute Band spielte ohne Unterbrechung und mit steigender Begeisterung bis Mitternacht auf höchstem Niveau, immer wieder unsere Namen und unsere Herkunftsländer ins Mikrophon rufend, die ich ihnen auf einer Serviette geschrieben übergeben hatte.
Die Mojitos und die WodkaOrange kamen automatisch und wir alle hatten Spaß ohne Ende. Der Abend ging dann, bis das Lokal schließen musste. Danach haben wir im Hotel noch jeweils ein „grande Cerveza“ getrunken, mal wieder ein leckeres und großes „Pilsener“ aus Ecuador, und sind todmüde gegen 2 Uhr in unsere Bettchen gegangen, zumindest ich jedoch mit einem erheblich schlechten Gewissen.
Meine Askese wurde an diesem Abend ad absurdum geführt, aber ich dachte mir, dass es an so ganz seltenen und wichtigen Tagen auch mal gut ist., die Disziplin im Essen und Trinken an der Garderobe abzugeben und wieder so zu sein wie in den Jugendjahren.
Aber ab jetzt wird wieder asketischer gelebt.
Zumindest bis zum TransGranCanaria-Lauf!