… und am Ende herrscht pures Glück

Der TransGranCanaria 2013 (TGC) war schon ein wenig anders als der des Vorjahres und ich war nicht über jede Veränderung froh.
Unser Appartementhaus lag nur 50 Meter vom alten Startplatz entfernt, ideal, wenn um Mitternacht gestartet wird. Du kannst Dich noch bis 23.55 Uhr hinlegen und schlafen, die erste Nacht ist dann eigentlich gar keine mehr.
Aber der Start wurde zur „10th Edition“, zum Jubiläum, nach Agaete verlegt und das bedeutete für mich, dass ich kurz vor 9 Uhr Playa del Inglés verlassen musste, um zum Start nach Las Palmas zu fahren. Von dort gingen dann die Busse Richtung Agaete ab.
Diese waren für 22.15 Uhr geplant und ich frage mich jetzt noch, warum das alles so früh sein musste, immerhin ist Agaete nur gut 30 Kilometer von Las Palmas entfernt. Im Bus wurde ich darauf angesprochen, dass ich mich wirklich dick eingecremt hatte und man das Weiß der Sonnenmilch noch sah. Ich war wohl der Einzige gewesen, der nicht mitbekommen hat, dass es in der Nacht und am Morgen wohl satt regnen würde. „Optimistisch“ nannte man also meine Eincremorgie.
Die Fahrt war wirklich kurz und die Folge war, dass wir schon um 22.35 Uhr am Startort waren, 85 Minuten vor dem Start!

Agaete4Aber wir fanden ein Fischerstädtchen vor, das ich zwei Wochen vorher noch besucht hatte. Damals war es ruhig und fast ausgestorben, jetzt aber pulsierte das Leben dort und jeder von uns Läufern fühlte sich wie ein Star.
Da gingen die Daumen hoch für uns, die wir noch durch die Stadt schlenderten, da erhielten wir Glückwünsche und Motivation auf spanisch von wildfremden Menschen und die Musik der Sambatruppen spielte scheinbar nur für uns.
So lassen sich auch 90 Minuten bis zum Start aushalten … !

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(klicken zum Abspielen …)

Und doch ging es dann irgendwann wirklich los.
Was ich wusste, ist, dass es gleich auf den ersten 10 Kilometern auf 1.200 Meter Höhe geht. Ich erinnerte mich an die Steilstrecken des vergangenen Jahres und war auf einen enorm harten Einstieg gefasst. Es kam aber vollkommen anders.
Bis zur Höhe von 600 Metern über dem Meer war der Anstieg moderat, der Weg fast so breit und eben wie die Kurpromenade von Bad Salzuflen – easy going also. Erst danach wurde es etwas enger und schwieriger, aber noch immer war ich überrascht, wie einfach es doch nach oben ging.
Ich hatte mich ja sofort sehr weit hinten eingeordnet, einf Fehler, wie sich später heraus stellte, weil Du irgendwann an niemandem mehr vorbei kommst und Du die Lücken in der Läuferschlange vor Dir zwar siehst, Du kommst aber nicht an den Vorderleuten vorbei, um diese Lücke zu schließen.
Noch bis zur Höhe von 900 Metern über dem Meer hörten wie die Samba-Musik, sahen das hell erleuchtete Hafenstädtchen und fühlten uns beobachtet und getragen von den bewundernden Blicken der Zuschauer.

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Die Hauptstraße von Agaete zwei Wochen vor dem Event.

Wenn ich mir also Sorgen gemacht hatte, dann waren die vollkommen unbegründet, zumindest bis zur ersten Verpflegung. Und auch da war alles anders. Im Vorjahr noch stand da ein riesiger Wasserwagen und sonst nichts. Dieses Jahr war die Station voll bestückt. Für uns Vegetarier gab s lecker-süße Orangen, aber es gab auch nahezu alles, was Du Dir als Läufer wünschst. Nach 10 Kilometern aber wollte ich noch nichts essen, ich blieb beim Aussaugen der Orangenstücke.
3 1/2 Stunden gibt Dir die Organisation für diesen Streckenabschnitt, ich war bei rund der Hälfte geblieben und war noch immer sehr weit hinten. Auch an der Cut-Off Front gab es also keine Probleme.

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Blau-weiß sind die Farben von Agaete. Dieses Haus war direkt neben dem Start. Aber „in der Nacht sind alle Katzen grau“ – zum Glück habe ich diees schöne Haus auch bei Tageslicht gesehen …

Weiter ging es auf und ab auf einem Hochplateau durch Wald und Wiese und so langsam wachte der Regen auf. Erst ganz sparsam, dann aber immer stärker. Er sollte sich noch zu einem sehr starken Landregen entwickeln mit der Folge, dass die Laufhose klitschnass, die Füße durchweicht und die im Rucksack getragenen Sachen unbrauchbar wurden. Aber die Strecke blieb leicht und gut laufbar, die Ausschilderung war gut und so blieb es auch bis der Morgen graute.
Mal hörte der Regen auf, mal kam er wieder und irgendwann wurde auch die Strecke so, wie ich sie aus dem Vorjahr kannte. Enge Trails, oft überwuchert, sodass Du den Boden nicht sehen konntest, dicke Streine im Weg, steile Anstiege und noch schlimmer: steile Abstiege, die auch deshalb schwer zu laufen waren, weil die Steine durch den Regen sehr glitischig waren. Und das, was sich Trail nannte, war oft nur eine Ansammlung von Matsch. Nasse Füße waren dabei noch das kleinste Problem.

Agaete2Teilweise gab es Stellen, an denen Du Dich nur mit abgestützten Stöcken bewegen wolltest und mein Plan, unter 12 Minuten pro Kilometer zu bleiben, wurde immer mehr zur Makulatur. Immer nachdem es den Berg rauf ging war die kumulierte Zeit über der 12er Marke und das von Anstieg zu Anstieg deutlicher. Bei den Abstiegen oder den flacheren Passagen (gab’s da welche?) habe ich die kumulierte Zeit dann wieder unter diese Marke gedrückt, bei jeder Sequenz aber etwas weniger deutlich.

Mit der zunehmenden Helligkeit wurde es aber weder trockener noch wärmer, im Gegenteil. Wir liefen in ein Nebelgebiet hinein, in dem es so stark regnete und windete, dass uns richtig kalt wurde. Wie sehr war ich froh, ein wenig dieser Kälte in der Vorwoche beim privaten Training erlebt zu haben, so war ich nicht allzu schockiert. Ohne diese Vorerfahrung aber wäre ich wohl dünner angezogen gewesen und hätte noch mehr gefroren.

Die Brigaden in den Verpflegungsstellen taten mir oft leid, ich sah sie oft frieren und war froh, selbst wieder laufen zu können. Nach etwas mehr als der halben Strecke, ich hatte mittlerweile über 5 Stunden gegenüber dem Cut Off gewonnen, liefen wir auf eine Stelle, die ich beim zweiten langen Training in der Woche vor dem Start zufällig entdeckt hatte. Es war die Stelle, an der ich mich damals verlaufen hatte und wo ich dann den offiziellen Track des TGC 2012 verlassen hatte, um mich irgendwie nach oben zu schlagen. Damals hatten mir zwei Einheimische diesen Weg gezeigt und empfohlen.

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Ein Foto kann leider nicht ganz wiedergeben, wie schön dieser Weg war. Vielleicht hätte ein „Fisheye“-Objektiv hier geholfen. Aber wenn Du mal auf Gran Canaria bist, dann gehe nach „Cruz Grande“, um diesen schönen Weg zu wandern …

Es war ein Weg der mitten durch hohe Felsen führte, liebevoll gemacht mit tollen Ausblicken, vor allem, wenn man ihn in der umgekehrten Richtung gelaufen wäre. Ich fand ihn nach dem Training so schön, dass ich ihn meiner Gabi schon einen Tag später bei einer gemütlichen Wanderung zeigen musste. Und genau diesen Weg ging es nun nach oben. Glücklicherweise war es mittlerweile schon trocken, die Sonne ist hat sich noch sehen lassen und alles wurde wieder angenehmer, fast schön.
Oben angekommen geht es weiter auf dem Hochplateau bis zum Scheitelpunkt, der Weg dahin war aber viel weiter als vor einer Woche (!) und dort am Scheitelpunkt ging es nicht wieder runter, wie ich gelaufen war, sondern nach links.
Unvermittelt und überraschend kamen wir dann auf einen Weg, der den Roque Nublo mit dem Pico de las Nieves verbindet. 2012 war es ein Teil des Tracks und ich bin ihn mit meiner Gabi bei einer anderen Wanderung auch gegangen. Darin integriert ist ein Teilstück, das normalerweise ungesichtert, aber sehr steil ist. Im Vorjahr haben die Veranstalter für die Läufer ein Sicherungsseil angebracht und es ging diese Passage hinauf.
Dieses Jahr hatten Gabi und ich und bergauf kämpfend gesagt, dass bergab wesentlich schwieriger wäre. „Und wenn die Felsen hier nass sind, dann will ich da überhaupt nicht runter,“ höre ich Gabi noch immer sagen.
Aber der Track des TGC 2013 ging hinunter und die Felsen waren nass. Welch ein Glück, dachte ich, dass ich diese Passage schon kenne, ich glaube, Espen hätten sonst weniger gezittert wie ich. Ich bin ja so ein Angsthase, wenn ich mich nicht sicher fühle.
Anschließend kommt man auf den Parkplatz vor dem Roque Nublo, dort geht es aber nicht hinauf, was ich sehr bedauert habe, sondern runter und wieder rauf Richtung Garanon, dem höchsten Punkt der Strecke, da, wo es wie schon im Vorjahr lauwarme Nudeln gab mit einer Bolognese-Sauce. Für uns Vegetarier blieben die Nudeln eben lauwarm und trocken.
Vielleicht hat mal einer der Veranstalter eine Eingebung und es gibt dort irgendwann auch eine klassische Tomatensauce?

Agaete5Dort in Garanon gab es auch die Drop-Bags, es war der Start des Marathons und die Illusion, dass es nun nur noch abwärts gehen würde. Aus dem Vorjahr aber wusste ich aber noch, dass das ein großer Irrtum war. Ich hatte nach dem Essen und Umziehen noch immer fast fünf Stunden Reserve vor dem Cut Off, ließ mich von diesem Punkt aus auch nicht mehr überholen und ich ließ, vor allem auf den letzten acht Kilometern, mindestens drei Dutzend Läufer hinter mir. Dennoch sank mein Vorsprung auf den Cut Off kontinuierlich und ich konnte nur noch 3 1/2 dieser anfänglichen 5 Stunden ins Ziel retten.
Wer also in Garanon am Zeitlimit war, der „hatte dann auch gleich fertig“. Die Berechnung der Cut Off Zeiten könnte also ein wenig optimiert werden.

Über die Strecke von Garanon aus breiten wir hier an dieser Stelle mal den weiten Mantel des Schweigens aus, ich denke jetzt nicht mehr an die unglaublich falsche Beschilderung, die uns die längsten 13 Kilometer aller Zeiten beschert haben, erst, um uns zu ärgern und dann, um festzustellen, dass es nun noch viel kürzer war als eigentlich angegeben … steile Abstiege, Konteranstiege, der berühmt-berüchtigte Lauf durch das trockene Flussbett und das Einlaufen nach Las Palmas über ein unschönes Gewerbegebiet, all das will wirklich niemand wissen.
Welch ein Glück hatte ich, dass ich mit dem Schweden Magnus einen Laufpartner gefunden hatte, mit dem zu sprechen meine Aufmerksamkeit von den übleren Seiten des Laufs weg nahm.

Beim vorletzten Verpflegungspunkt war ich todmüde. Ich lallte nur noch wie ein Betrunkener und ich wollte unbedingt schlafen. Das ging dort aber nicht, es war zu kalt, es gab keine Liegemöglichkeit, keine Decken und das Gebläse des Heizofens war so laut, dass an Schlaf nicht zu denken war.
Gabi gab mir telefonisch noch einen kleinen „Einlauf“, also gingen wir weiter und beschlossen, schneller zu werden. Magnus meinte, dass das die Müdigkeit hemmen würde. Eine Dose Energydrink aus meinem Rucksack in mich hinein, das Tempo gesteigert ging es weiter durch die Nacht.
Und es wurde besser. Es wurde sogar wieder richtig gut.
Die Müdigkeit verschwand mit jedem Läufer, den wir überholten.

Ob das 119 K Läufer des TransGranCanaria waren oder ob wir die letzten Läufer des 83 K Advance Laufes eingeholt hatten, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass ich mit vielen dieser Laufkollegen Mitleid hatte. Teilweise war ein normales Gehen nicht mehr möglich, die Schmerzen sah man förmlich in den Gesichtern und ich kann mir gut vorstellen, wie frustrierend es dann sein muss, wenn dann zwei Läufer wie Magnus und ich an diesen Läufern noch einigermaßen locker vorbei gelaufen sind.
So sammelten wir Läufer für Läufer ein.

Drei Kilometer vor dem Ziel gab es dann eine Bodenmarkierung. Die kannte ich schon. Von da an geht es fast nur noch bergab und Magnus und ich trabten diese Strecke gemächlich ab. Irgendwann kam dan die große weiß angestrahlte Brücke, unter der es durch geht. Jetzt waren es nur noch 800 Meter. Das Tempo etwas reduzieren, um Kraft für die Gerade auf der Promenade zu haben, noch 400 Meter bis zum Ziel.
Jetzt langsam das Tempo steigern, die Strandpromenade entlang, am Ziel vorbei, in die Biegung rein und parallel zur Strandpromenade auf den Zieleinlauf. Schneller werden. Das geht noch was.

Hand in Hand mit Magnus liefen ich über die Ziellinie, 85 Minuten später wie erhofft, 34 Minuten später als im Vorjahr, aber glücklich. Ich gab den Zeitnahme-Chip ab, holte meine Finisherweste und grinste.

AgaeteUnd am Ende herrschte nur noch pures Glück, trotz allem Hadern, trotz des Wetters, dem Geläuf, der Versorgung, den Verlaufern und allem, worüber man während knapp 25 1/2 Stunden schimpfen kann.
Was bleibt, ist die Erinnerung an eine wunderschöne Inselmitte, an die Blicke auf den Roque Nublo, den Pico de las Nieves, an diese tolle Passage in den Felsen, an temporäre Laufpartner, die mich motivierten und inspirierten, an leckere Orangen und an die Gesichter meiner Gabi und Magnus‚ Freundin, in denen sich unser Glück spiegelte.

Kurz hinter Las Palmas war ich dann im Mietwagen fest eingeschlafen. Der Schlaf war gerecht und die Träume drehten sich um die letzten 119 Kilometer.

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Im Ziel, die gelbe TransGranCanaria-Finisherweste in der Hand.

The Circle of Life …

Manchmal muss man einem Veranstalter einfach nur „DANKE“ sagen. Und zu diesen Veranstaltern gehört auch das Team des „THE NORTH FACE TRANSGRANCANARIA“.
Sie haben mir etwas beschert, das wahrlich sehr selten ist.

Mehr als 50 Jahre lang habe ich der Versuchung Gran Canaria, oder besser liebevoll „Gran Can“, widerstanden. Ich war wohl auf manch anderer der Kanarischen Insel, Gran Can aber war ein „no go“ für mich gewesen.
Meine liebe Gabi war als Kind drei Mal dort, für mich war Gran Can jedoch ein Touristenmoloch, eine Art „Ballermann light“. Wie man sich doch täuschen kann!
FBEs war also der TransGranCanaria 2012 (TGC), für den ich erstmals diese Insel betreten habe und unsere Bleibe in der viel zu schnell gewachsenen Betonstadt Las Palmas war auch das, was ich erwartet habe: eine Touristenburg wie viele andere auf der Welt. Welch ein Glück hatten Achim und ich damals, dort nur selten frühstücken zu müssen und sonst frei waren in der Wahl der Abendrestaurants.

Aber schon der Start des TGC in Playa del Inglés im Süden der Insel zeigte mir ein anderes Bild von Gran Can. Obwohl wir zu mitternãchtlicher Stunde im Dunklen starteten, obwohl die in den Kneipen und Cafés herumsitzenden Pauschaltouristen die Horde rucksackbewaffneter Läufer höchstens mit einer Mischung aus Bewunderung, Besorgnis und Argwohn ansahen und obwohl ich die Schönheit der dortigen Dünenlandschaft in der Nacht nicht vollstãndig realisieren konnte, war da plötzlich so etwas wie ein Zauber auf der Insel.

Fünf Kilometer am Strand, links die Wellen mit ihrem Getöse, vor mir eine lange Schlange mit Läufern, die ein rotes Blinklicht auf dem Rücken tragen und hinter mir eine lange Schlange mit Läufer, deren weiße Kopflichter ein Band der Einheit bilden.
In Maspalomas, zweifellos einer der schönsten Küstenstädte der Insel, dort, wo die Wohlhabenden ihre Sommerhäuser haben, direkt am wunderschönen Leuchtturm, ging es dann Richtung Inselmitte, den gefürchteten Flußlauf hinauf, der, wenn er wie 2011 Wasser führt, die Läufer auf eine harte Probe stellt.

Zu verlieben begann ich mich wohl, als ich die Silhouette des Teide auf Teneriffa sah.
So nah, so wunderbar, so stolz ragt er auf und bewacht alle der Kanarischen Inseln.

Strahlend blauer Himmel am Roque Nublo, dem Wahrzeichen der Insel, ein Bild für Kataloge. Kletterer bestiegen diesen Felsen gerade. Wie gerne hätte ich damals dort einfach angehalten, ich wäre am liebsten gleich dort geblieben.
Ein höllensteiler Anstieg unter sengender Sonne auf den Pico de las Nieves, dem höchsten Berg der Insel, jedoch kaum mehr als halb so hoch wie der Teide, folgte. Die Blicke auf die faltige Struktur der Insel, immer neue sich zeigende Canyon und immer wieder auch der Blick auf die Dünenlandschaft im Süden, all das verzauberte mich so, dass wir als Familie beschlossen, den Sommerurlaub auf Gran Can zu verbringen, im Süden, nahe der zauberhaften Dünen.

Es wurde ein schöner Familienurlaub, in dem ich Teile des TGC in umgekehrter Richtung (siehe alter Artikel dazu) ablief und viele Trainingseinheiten am Strand oder in den Dünen machen konnte.
Es war ein Urlaub mit Tapas, „Patates con Mojo“ und mit einigen Ausfahrten in die Inselmitte, zumindest so oft, wie alle Familienmitglieder das akzeptierten. Es war aber auch ein Urlaub in die Vergangenheit.
Gabi suchte und fand alle drei Häuser, in denen sie als Kind dort Ferien machte, das „Las Gondolas“ in einer 1B Lage, das „Reina Dunas“ und das „Horizonte“, beide direkt an der Strandpromenade in allerbester Lage. Alle drei gab es noch, nur eines davon wurde mittlerweile zu Eigentumswohnungen umgebaut.
Manches aber ging in diesem Urlaub auch nicht, ich musste daher also noch einmal auf diese Insel.

In den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres arbeiteten wir unglaublich viel, so viel wie noch nie. Laufen war da nicht mehr drin, Laufevents besuchen schon gar nicht. Aber meine Gabi und ich beschlossen, uns mit drei Wochen Urlaub auf Gran Can zu belohnen. Der Winter ist wirtschaftlich sowieso für uns unattraktiv und gegen Wärme und Strand hat ja auch niemand etwas.
Welch ein Glück, dass da auch wieder der TGC 2013 anstand. Als Urlaubsabschluss, als Ziel und Höhepunkt!KMBT_C224-20130306131820

Als Urlaubsdomizil wählten wir das Appartementhaus „Horizonte“, direkt an den Dünen und keine 50 Meter vom Start des TGC 2012 entfernt. Das Domizil hatte aber noch eine weitere Eigenschaft: es war eines der drei Häuser, in denen Gabi als Kind war, in diesem Fall vor etwa 37 1/2 Jahren!

Gleich beim Einchecken zeigten wir dort Gabis alte Fotos, die damals vor dem „Horizonte“ gemacht wurden. Diese wurden dann begeistert abfotografiert und wir waren gewissermaßen „zu Hause bei Freunden“.

In diesem Urlaub, mal nur zu zweit und somit ohne die Notwendigkeit, ständig auch auf die Stimmungslage der großen Kinder Acht geben zu müssen, konnte ich nach Herzenslust trainieren. Ob langsam mit Gabi, ob schnell alleine, ob „rauf auf die Dünen, runter von den Dünen“, ob auf der Strandpromenade, dem Strand, einer langen Treppe oder auf den Trails des TGC, ob kurz oder sehr lang, ob vor dem Frühstück, tagsüber oder in der Nacht – alles ging! Und alles wurde auch gemacht.

Das Training war so schön für mich, dass es mich dann sogar nicht mehr störte, dass der Start des TGC von „vor der Haustüre“ auf den Nordosten, in die schöne Stadt Agaete, verlegt wurde. Ein Start beim „Dedo del Dios“, dem „Finger Gottes“, im grünsten Teil der Insel hat ja auch was, dachte ich. Und so war es dann auch.
DedoDrei wundervolle Wochen Urlaub sind jetzt vorbei und Gabi wundert sich noch immer, dass sie mit diesem Urlaub wieder in die kindliche Vergangenheit zurück kam, mit all den Erinnerungen an den früh verstorbenen Vater, der dort am Strand gerne mal eine Languste aß.
Außer für den Lauf ist dieser „Circle of Life“ eben ein weiterer Grund, in Demut „DANKE“ zu sagen.

Gran Can – wir kommen wieder!
Und THE NORTH FACE TRANSGRANCANARIA – ja, trotz allem Meckern meinerseits, ich komme auch wieder zu Dir.

Danke TGC, danke THE NORTH FACE, danke Gran Can!
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Mein kleiner privater airanaCnarGsnarT

Vielleicht hatte ich meine Familie nur deshalb davon überzeugt, den diesjährigen Sommerurlaub erstmals auf Gran Canaria zu verbringen, weil ich den TransGranCanaria Ultra noch einmal laufen wollte. OK, dachte ich, Marokko wäre noch eine Alternative gewesen. Ein wenig durch die Sahara laufen, das Atlasgebirge unter meine Fußsohlen bringen – das hätte auch etwas Flair gehabt.

Aber Gran Canaria hatte für alle etwas.

Für meine Gabi, dass sie seit rund 38 Jahren (upps, ist sie denn schon so alt?) nicht mehr dort war und ihre eigene kleine Zeitreise machen konnte. Drei Mal war sie als junges Mädchen auf der Insel gewesen, zwei Mal davon noch mit ihrem leider viel zu früh verstorbenen Vater, einmal nur mit ihrer Mutter und ihrer Tante.
Die drei Hotelnamen von damals waren auch nach den vielen Jahren noch bei ihr präsent – und wir haben tatsächlich jedes dieser Hotels auch wiedergefunden. Manchmal bleibt die Zeit halt einfach stehen. Gabi erinnerte sich an die Büdchen am Strand, an denen ihr Vater am liebsten Langusten gegessen hatte und an viele weitere Kleinigkeiten, die sie für 10 Tage wieder viele Jahre zurück gebeamt haben.

Für unsere großen Kinder, dass dort viel Leben ist. Bergsteigen, Wassersport, Schwimmen, Paintball, Tennis und noch viel mehr ist auf so einer Insel möglich. Bisher hatten wir ja Touristenparadiese immer gemieden, dieses Mal aber wollten wir auch mal dabei sein, vor allem auch deshalb, weil der Urlaub ja auch ganz besonders kurz war. 10 Tage, was ist das schon?

Und für mich bot die Insel eben auch eine kleine Zeitreise, wenn auch nur zurück in die ersten Märztage. Den TransGranCanaria (TGC) noch einmal laufen, was für eine tolle Vorstellung. Während sich manche Anderen stundenlang am Swimmingpool krebsrot rösten lassen und am Abend in der Disco „Ringelpietz mit Anfassen“ spielen, kommt bei mir ein Urlaubsgefühl auf, wenn ich ganz alleine lange laufen darf, am liebsten durch die Nacht – dachte ich zumindest.

Und da passte es gar nicht, dass sich am Tag vor dem Abflug auf die Sonneninsel mein Rückenproblem weiter verschärft hatte! Der lange Lauf geriet in weite Ferne. In der Notfallklinik auf Gran Canaria, in die mich die Schmerzen getrieben hatten, hätte ich nicht gewagt, jemandem zu erzählen, dass ich vor nur viereinhalb Monaten tatsächlich einmal quer über die Insel gelaufen bin. Niemand hätte mir das dort zugetraut, wo schon der Weg vom Wartezimmer in das Sprechzimmer eine Herausforderung war.
Aber dann wurde es von Stunde zu Stunde besser und besser und nach insgesamt fast drei vollkommen lauffreien Wochen lief ich irgendwann das erste Mal wieder – fünf Kilometer über die Dünen von Maspalomas nach Playa des Inglés, immerhin. Mein kleiner privater TransGranCanaria Lauf rückte wieder näher, das Urlaubsende allerdings auch.
Die einzelnen Familieninteressen waren dann nicht anders zu koordinieren, als dass ich die Strecke anders herum laufen sollte, also von Las Palmas über den Pico  de las Nieves und über Maspalomas nach Playa des Inglés. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich mich während des Laufs versorgen sollte, vor allem die Flüssigkeitsaufnahme war ein Problem. Und ich hatte weniger Zeit als im März, weil wir für den Abend einen Tisch im schönsten Hotel von Maspalomas gebucht hatten, um den Urlaub standesgemäß ausklingen zu lassen.

Ich entschied mich also, mir auch die Möglichkeit einzuräumen, ein wenig abzukürzen. Hauptsache rauf auf den Berg und dann irgendwo wieder runter an die Küste, dachte ich. Und ich legte meinen Start auf 19 Uhr am Abend, sodass ich noch etwas Zeit im Hellen hatte und doch im Wesentlichen durch die Nacht laufen konnte, so wie ich es liebe.

Jeder, den Du fragst, sagt Dir, dassder TGC ein toller Lauf ist, nur die letzten 21 Kilometer sind doof. Ich aber dachte, dass diese Kilometerchen, zu Beginn und im Hellen gelaufen, vielleicht doch nicht so schlimm sind. Aber das war ein fataler Irrtum.
Ich freute mich zwar manchmal, dass die Strecke am Anfang näher an der Küste verlief als ich mir das in der Nacht gewahr wurde, aber die Gegend hinter Las Palmas blieb öde, die Ausblicke auf Autoschrottplätze unromantisch und die Strecke war auch im Hellen besehen schlecht. Lockere Steine lockern Deinen Willen, der Gestank in dem ausgetrockneten Flussbett war auch nicht in die Ferien gefahren, Du verläufst Dich ein Dutzend Mal, trotz des auf dem Garmin gespeicherten Tracks, und eines hatte ich nach dem Lauf total vergessen oder verdrängt. Aber das war auch noch da. Und das war sogar noch schlimmer und lauter als beim eigentlichen Event.
Während ich das schreibe, höre ich es auch noch, das Jaulen und das Bellen unzähliger Hunde, vor allem auf jenen letzten, für mich ersten 21 Kilometern. Mitten in der Nacht sind die Hunde wohl nicht so wach, am frühen Abend aber wirst Du verbellt, bis Dir die Ohren klingeln. Und nicht nur das.
Die Hunde zu hören ist nämlich das Eine, sie zu sehen ist das Andere. Und von diesen Anblicken hatte uns die laue Nacht im März verschont.

Das schöne Städtchen Teror auf 600 Metern über N.N., etwa auf dem halben Weg zwischen Las Palmas und dem Pico de las Nieves, auch der Platz eines Versorgungspunktes beim TGC.

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Die alte demokratische Forderung: „One House – one dog!“ gilt nicht in Spanien. Wie es bei uns hierzulande vielleicht starken Ohrkneiferbefall im Badezimmer gibt, sind dort die großen und kleinen Häuser von Hundemeuten regelrecht befallen. Und alle, alle bellen Dich aus, rennen an den Zaun, wedeln mit dem Schwanz oder fletschen die Zähne und bellen! Manche sind aber auch im Zwinger, andere stehen hoch über Dir auf Mauern und verbellen Dich von dort aus.
Und zwei Hunde, die ganz besonders wild und gefährlich aussahen, standen vielleicht 10 Meter neben mir. Und das Tor zum Hof war weit offen. Und mein Herz in der Hose.
Die beiden Hunde sahen mich, kläfften, bleckten die Zähne und rannten auf mich zu. Ich bekam richtige Angst, ein Umstand, der bei mir aber sehr leicht geht, weil ich Hunden nun wirklich nicht vertrauen kann und ich überlegte mir, wie ich meine Stöcke zur Selbstverteidigung einsetzen könnte.
Nach vielleicht drei, vier Metern wurden die Hunde dann jäh zurück gerissen. Es tat sogar mir körperlich weh, das anzusehen. Die Hunde waren angeleint, zum Glück, und das Ende der Kette war erreicht, meine Stöcke mussten keinen Nahkampf bestehen und ich schaute, nun ein wenig schneller von diesem Ort weg zu kommen.
Insgesamt müssen es wohl Hundert Hunde oder mehr gewesen sein, die sich gedacht haben, dass ich ein gutes Ziel und meine Angst ein netter Abendzeitvertreib wäre.

Ein einziges Mal konnte ich meinen Flüssigkeitsvorrat wieder auffüllen. Das war eben nach jenen 21 Kilometern, wo ich neben Wasser zum Auffüllen auch noch zwei Dosen eines EnergyDrinks kaufen konnte und wo beim TGC der Halbmarathon beginnt. Ich füllte meinen neuen Salomon S-Lab Rucksack wieder auf, das Teil, das ich eigentlich gar nicht mehr bekommen sollte, weil es ja bis Ende August ausverkauft ist. Aber nicht bei Rolli und seinem Laden „Wat läuft“, das jedes Läuferherz höher schlagen lässt. Er schickte mir sofort noch diesen 12 Liter Rucksack, der sich wirklich wie eine zweite Haut anschmiegt, ganz so, wie es die Werbung dafür versprochen hat. Was ich mir speziell für den SwissIronTrail gegönnt hatte, durfte jetzt also auf Gran Canaria eingeschwitzt werden.
Ein Mal ist aber nicht allzu viel, wenn auch die Nachttemperaturen noch sehr hoch sind und so begann ich gegen Mitternacht, meine Flüssigkeitsaufnahme zu reduzieren, damit ich in jedem Fall noch so viel Reserve gehabt hätte, um ein richtiges korperliches Problem zu lösen. Optimal aber ist das nicht.

Gelaufen bin ich mit nagelneuen und daher gut gedämpften Asics Gel Kayano, in der schicksten Farbe, die es so gibt: in strahlendem schwarz. Ganz neu ist dabei auch nicht optimal, aber die gute Dämpfung eines brandneuen Schuhs, sagte ich mir, kann nicht schlecht für meinen Rücken sein. Auch diese Schuhe hatte ich mir eigentlich für die Schweiz gekauft.

Außer den Hunden gibt es auf dieser kleinen Kanareninsel auch andere Tiere. Irgendwann mitten in der Nacht, ich war kurz unterhalb des Gipfels des Pico  de las Nieves, klingelte in der dunklen Nacht ein helles Glöckchen. Ich drehte mich um und schaute in vielleicht drei Dutzend leuchtende Augen, vermutlich von Schafen, die viel mehr Angst vor mir hatten wie ich vor den Hunden Stunden zuvor. Sie stoben auseinander und drei Dutzend Glöckchen spielten ein spontanes Nachtliedchen. Und ein Hund bellte aus der Ferne dazu, natürlich.
Irgendwo flog dann ein wahrscheinlich größerer Vogel im Dunklen auf und ich erschreckte mich. Immer wieder hörte ich Geräusche, die ich nicht zuordnen konnte und fragte mich, ob es auf Gran Canaria wilde Tiere gibt. Und neben allen Sorgen vor den wilden Tieren musst Du Dich auch noch um den Weg sorgen. Im Kegel Deines Kopflichts findest Du den Weg oft nicht, weil dort irgendwie alles so aussah, als wäre es der Weg. Und ich verlief mich – wieder und wieder.
Es begann, hell zu werden, als ich endlich ganz oben auf dem Dach der Insel war. Ich hatte mir Blasen gelaufen, war dehydriert, müde und demotiviert und so beschloss ich, wirklich „nur“ noch nach Ingenio abzusteigen, einem Örtchen kurz vor dem Flughafen, um mich dann dort abholen zu lassen. Da ich dann aber meiner Familie nicht erreichen konnte, ging ich weiter bis zu Flughafen, um dort einen Bus zum Faro von Maspalomas, zu dem Leuchtturm, zu besteigen. Es war dann für mich auch wirklich genug gewesen. Ich konnte dann noch schön schlafen, hatte noch etwas vom letzten Urlaubstag und das Abendessen war dann auch noch ein echter kleiner Traum.

Vielleicht waren meine ursprünglichen Ziele etwas hoch gesteckt, weil eine Strecke bei einem Event immer leichter und kürzer ist als sonst, weil Du versorgt wirst, motiviert wirst, mit Menschen quasseln kannst und auch, weil Dich der Läufer vor Dir immer ein wenig mitzieht.
Und vor dem Hundegebell hast Du auch weniger Angst, wenn Du nicht alleine bist.

Schön war mein kleiner privater airanaCnarGsnarT aber trotzdem.

Schnee auf dem Pico de las Nieves

Der 1949 Meter hohe Pico de las Nieves ist der höchste der Berge Gran Canarias, die Läufer vom Trans Gran Canaria (TGC) wissen das. Und sie wissen auch, dass dort, am höchsten Punkt der Insel und am höchsten Punkt des TGC, zahlreiche Menschen standen, die uns Läufer bejubelten, anfeuerten und heimlich bewunderten. Heute, als meine Familie und ich dorthin hochfuhren, lief niemand an den beiden kleinen Obelisken vorbei. Niemanden konnte ich versuchen zu motivieren, niemand lief schwitzend dort hinauf, hoffend, dass das Leiden in der heißen Sonne der Kanaren erst einmal vorbei ist.
Aber ich sah hinüber zum Roque Nublo, dem Wahrzeichen der Insel, dorthin, wo wir im März 2012 noch den kleinen Loop gelaufen sind und die Kletterer, die sich diesen Riesenfelsen zu besteigen vorgenommen haben, mit neidvollen Blicken beobachtet haben. Irgendwo zwischen diesem Kletterfelsen und der Inselhöhenspitze lag auch die Partie, wo wir nur dank der gespannten Fixseile weiter in die Höhe kamen.

Die große grüne Kugel auf der Bergspitze, mutmaßlich zur Beobachtung der Sterne gebaut, gehört zu einer militärischen Anlage, das wussten wir Läufer. Dass der Zugang dorthin aber unmöglich war, wussten wir nicht. Aber wir wussten auch vieles andere nicht von diesem Berg, dem Pico de las Nieves. Zum Beispiel hat uns niemand von den Schneegruben (spanisch Horadada – „Loch“) erzählt. Eine davon haben wir heute besucht. Sie war riesig und wir dachten, dass man, wenn man dort hinein fallen würde, niemals wieder ohne fremde Hilfe herauskommen könnte. Aber ein Sturz in diese Grube würde man wahrscheinlich sowieso nicht überleben, in diesem Fall ist die Sorge um das heraus klettern aus der Grube eher nebensächlich. Da gäbe es dann Menschen, die darauf spezialisiert wären. Aber das wäre Dir dann auch egal.
Man schrieb den 18. September 1699, als die Domherren des kanarischen Domkapitels beschlossen, eine Grube zur Aufbewahrung des im Winter gefallenen Schnees zu graben.
Diese Grube, die sich auf einer Höhe von 1.910 Metern befindet, wurde gemeinsam mit einer anderen im Jahr 1694 angelegten, nur 300 Meter entfernten, genutzt.

Ich staunte nicht schlecht. Selbst oben auf dem Berg in fast 2.000 Metern Höhe war es noch brütend heiß und da hat man – Schnee gesammelt? Irgendwie klingt das schon ein wenig verrückt, aber die Geschichte um die beiden Schneegruben ist so noch nicht zu Ende erzählt. Immerhin wurden diese Schneegruben dann irgendwann vollkommen vergessen und erst die Forschungen und die Doktorarbeit von Dr. Salvador Miranda Calderin ließen die Gruben wieder auferstehen. Er suchte sie, legte sie frei und übergab sie der Öffentlichkeit zur Besichtigung.

Der Doktorarbeit von Dr. Salvador Miranda Calderin zufolge kamen die Einwohner von San Mateo, Cueva Grande, La Bodeguilla und anderen Ortschaften aus dem Bergvorland zur Schneegrube, wenn es schneite. Ein von den Geistlichen des Domkapitels ernannter Vorarbeiter organisierte die Arbeit und die Versorgung. Das Sammeln, Verdichten und Isolieren des Schnees dauerte im Durchschnitt fünf Tage lang.
Die Arbeiter sammelten in der Umgebung den Schnee und beförderten ihn in Weidenkörben zur Grube, wo ihn die Facharbeiter, die sogenannten „Stampfer“, mit Hilfe einer Handramme in Formen verdichteten.
Im Inneren der Grube wurden die Formstücke in Reihen aufgeschichtet, jedes durch eine dicke Schicht Stroh voneinander getrennt. Im 18. Jahrhundert führten diese Arbeiten im Durchschnitt 26 Arbeiter und 10 „Stampfer“ aus.
Um den niedrigen Temperaturen standhalten zu können, bestand das tägliche Menü aus gepökeltem Fleisch, Gofio (Mehl aus geröstetem Mais), Brot aus Weizenmehl und Käse.
All dies wurde großzügig mit einem hochprozentigen Wein begossen. Es handelte sich um eine hypokalorische Ernährung. Die Nahrungsmittel kamen auf dem Rücken von Lasttieren aus San Mateo oder sogar Las Palmas de Gran Canaria.

Im Sommer wurde der Schnee dann abermals kompaktiert und wurde dann in Formen auf den Rücken der Lasttiere bis zum Eisspeicher hinter der Kathedrale gebracht.

Unglaublich, finde ich, aber was tut man nicht alles für ein kühles Bier im heißen Sommer!

Diese Schneegruben wurden dann Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr genutzt und gerieten in vollkommene Vergessenheit. Die Schneegrube, die wir besichtigten, war dann bis zum Februar 1998 verschüttet. Vergessen, verschüttet, verwaist.

Der Forscher Dr. Salvador Miranda Calderin machte sie schließlich ausfindig, indem er den Beschreibungen der Engländerin Olivia Stone aus dem Jahre 1887 folgte.

Olivia Stone hatte 1883 aus die Grube besichtigt und beschrieb sie damals so:

“ Die Grube besteht aus einer weiß getünchten Wand, unten lagern einige mit Stroh bedeckte Schneeblöcke, zu denen man durch eine an der Seite befindlichen Treppe gelangt.
das Dach aus Ziegeln auf Pfosten bedeckt die Grube, an jedem Ende gibt es Türen, die zeigen, dass die Grube verschlossen werden kann.“

Nach dem Wiederfinden der Grube leitete Dr. Salvador Miranda Calderin 1999 die von der Umweltschutzbehörde des Inselrats Gran Canarias begonnene Restaurierung. Im Rahmen der Freilegung der Grube wurden Steine der eingefallenen Mauern und Dachziegel gefunden. Mit der zu Tage geförderten Erde wurde ein kleiner Aussichtspunkt errichtet.

Wir jedenfalls waren alle von der Idee und der Dimension der Schneegrube fasziniert.

Hier auf Gran Canaria zu sein ist sowieso etwas ganz Besonderes. Gestern sind Pascal und ich den umgekehrten Weg über den Strand gelaufen, an dem der TGC startete. Pascal kürzte die Strecke zwischen dem Leuchtturm in Maspalomas und dem Ausstieg in Playa des Inglés ein wenig ab, indem er den direkten, geraden Weg durch die Dünen lief, ich folgte im Wesentlichen der Strecke am Strand. Trotz erheblich besserer Laufbedingungen für mich war Pascal schon geduscht, als ich in unserer Bungalowanlage eintraf.

Vor einigen Tagen, als mir mein Rücken noch zu schaffen machte und ich so langsam war, dass ich nicht einmal mit einer Zweijährigen, die, von ihren Eltern begleitet, vor mir ging, mithalten konnte, gingen wir zum berühmten Roque Nublo, dem Wahrzeichen der Insel, auch wieder ein Teilstück des TGC, das wir in umgekehrter Richtung begingen. Schon auf der Fahrt dort hoch und dann bei der Wanderung erklärte ich meiner Familie wahrscheinlich öfters, als die das hören wollten, wo genau der TGC entlang ging.
Aber ich sah immer wieder die Strecke, die Kreuzungen, an denen wir entlang gingen und da musste das einfach immer wieder aus mir raus.
Schön, dass meine Familie meine Mitteilsamkeit klaglos über sich ergehen ließ.
Danke, dass man so viel Geduld mit mir und Verständnis für mich hatte.

Heute morgen in Maspalomas tat ich auch noch etwas, was ich mich bei der Wanderung, bei der ich so langsam war, dass ich höchstens als Elendshaufen durchgegangen wäre, noch nicht getraut hatte. Ich zog meine TGC Finisherweste an und wir schauten uns den trockenen Flusslauf an, durch den man nach dem Abbiegen am Faro von Maspalomas in die Berge kam.
Die TGC Läufer unter uns werden sich an diese Fotos erinnern, auch wenn wir diese Passagen nur in tiefster Nacht erlebt haben:
Wie im März war der Fluss trocken, die Luft aber war viel heißer als damals. Und wenn ich in der Nacht im März überhaupt nicht realisiert habe, dass neben dem Strand die wunderschönen und gigantischen Dünen von Playa des Inglés liegen und wie manche Gegend, die wir im Dunklen durchstreift haben, im Hellen aussieht, dann konnte ich das alles in diesem Urlaub nachholen.

Den Roque Nublo aber sahen wir auch damals im gleißend heißen Tageslicht – und er sieht so schön aus! Da müssen wir Läufer alle, Du und ich, noch einmal hin, vielleicht zum Trans Gran Canaria 2013?