Als Mainzelmännchen unterwegs …

Auf manche Marathonundlänger bereitet man sich lange vor, teilweise sogar sehr lange.
So steht meine Teilnahme an der TorTOUR de Ruhr (TTdR) schon seit Anfang 2011 fest, mehr als ein Jahr vor dem eigentlichen Event.
Aber manchmal geht es auch sehr schnell. Ohne große Vorbereitung, ohne großes Recherchieren, ohne große Vorfreude auf das, was da kommen wird. Und bei diesen Läufen finde ich dann besonders spannend, eben nichts über die Strecke zu wissen und über die Teilnehmer, die dort wohl laufen werden.

So eine Überraschungstüte war der Mainz Marathon am vergangenen Sonntag. An den Startplatz gekommen bin ich erst eine Woche zuvor, als Jan Mihrmeister, auch ein Bewohner des wunderbaren Facebook-Landes, dort gepostet hat, dass er seinen Startplatz vergeben will. In einem Punkt erfüllte ich seine Vorgabe nicht, aber sonst offensichlich schon. Und da hat es mich schon gefreut, dass Jan geschrieben hat, dass er so den Startplatz in guten Händen weiß. Oder in guten Füßen?
Vom Mainz Marathon habe ich schon oft und viel gehört. Es war nicht immer das Beste, zugegeben. Aber es war auch viel Gutes dabei.
Beim Projekt „Von Null auf 42“ vor einigen Jahren, damals, 2004, in dem Jahr, in dem ich auch das Laufen begonnen und meinen ersten Marathon hinter mich gebracht habe, bei dem Projekt des SWR, an dem auch ein Moderator von SWR3 teilgenommen hat (Michael Reufsteck), war der Mainz Marathon eine Etappe auf dem Weg zum angestrebten NewYork Marathon. Die etwas kräftig gebaute Läuferin in der Truppe, Anna Pal-Singh aus Hamburg, die damals immerhin 90 Kilogramm auf die Waage gebracht hatte und die zum Abschluss mit ihrem indischen Ehemann Hand in Hand nach rund 7 Stunden den NewYork Marathon finishen konnte, erlitt in der Hitze von Mainz nach dem Finish des Halbmarathons einen Kreislaufkollaps.

(Klicken zum Vergrößern)
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Später scheiterte dann ein Versuch von mir, beim Mainz Marathon zu starten, schlichtweg daran, dass der Lauf mal wieder sehr schnell ausgebucht war. Das ist er eigentlich immer und das wiederum ist ein Zeichen dafür, dass es nicht so schlecht sein kann im Land der Mainzelmännchen.
Mein RBW-Mitorganisator Achim Knacksterdt wiederum erzählte mir mal, dass Mainz gut beraten wäre, statt des Marathons nur den Halbmarathon anzubieten, weil die zweite Laufrunde, die übrigens nicht exakt wie die erste Runde ist, nur sehr wenig genutzt wird. Fast ausnahmslos meldet man sich in Mainz zum Halbmarathon an, nicht zum Marathon. Und so erlebt man ungerne, dass Stände schon abgebaut werden, während Du noch in der zweiten Runde bist.
Dass die Zielverpflegung fast nur noch aus Bier bestand, zwar alkoholfrei, aber dennoch flüssig, das durfte ich live in Mainz erleben. In dieser Situation kam ich mir vor, als wäre ich derjenige, der, vom Besenwagen getrieben, als Letzter über die Ziellinie getrabt sei. Aber ganz ehrlich, ein oder zwei Läufer müssen doch noch hinter mir gewesen sein …

Mit so einer Startkarte auf falschem Namen ist das so eine Sache. Die Frist für die Ummeldung im Internet war schon längst abgelaufen, so blieb nur die Ummeldung am Samstag vor dem Lauf in Mainz in der Rheingold-Halle. Und dies musste noch vor 18 Uhr geschehen. Nun hatte ich um 14 Uhr noch ein Medenspiel meines Tennisvereins und da ist es so, dass Du auf hoher See und auf Außenplätzen beim Tennis einfach in Gottes Hand bist. Regenpausen können alles immens verschieben, so war mir das Risiko zu groß, nicht rechtzeitig vor dem Schluss der Anmeldung in Mainz sein zu können. Also entschied ich, zuerst am Morgen des Samstags nach Mainz zu fahren, die Ummeldung vorzunehmen, danach nach Rübenach, einem Stadtteil von Koblenz, zu fahren, dort Tennis zu spielen und danach der Einladung der Runningfreaks Melanie und Steffen Kohler Folge zu leisten, den Abend und die Nacht bei den beiden im schönen Ingelheim zu verbringen. Birger Jüchter und Raimund Slabon waren auch für den Abend angesagt, es versprach also, ein interessanter Läuferabend zu werden.

Wenn Du aber so etwas planst und postest, dann hast Du Dich schon verrechnet. Mit Steffen ist so etwas nicht zu machen. „Ökologischer Blödsinn“ und „Zeitverschwendung“ nannte er meine Überlegungen und er schlug vor, dass ich das Anmeldeschreiben einscannen sollte, eine Vollmacht dazu schreiben sollte und dann ging beides per Mail nach Ingelheim. Melanie und Steffen übernahmen dann die Anmeldung für mich. Was für eine tolle Lösung, ich hätte mich nie getraut, danach zu fragen!
Aber so sind sie halt, die Runningfreaks. Immer in Gedanken, wie sie Dir helfen können. Einfach gute Menschen. Gut, wie auch Steffens aktuelles Projekt, seine 230 Kilometer der TTdR zu Gunsten der Ingelheimer Platte in Kilometerhäppchen zu verkaufen.
Laufe und tue Gutes. Körperlich und psychisch für Dich und finanziell für Andere, die es nötig haben.
Danke Melanie, danke Steffen, das ist alles vorbildlich!

Es war ein wunderbarer Abend bei den Ingelheimern, auch wenn Birger und Raimund erst sehr spät dazu kamen. Wir genossen kannenweise Tee, aßen hervorragend, wobei es wie immer bei den Kohlers von Steffen gekocht wurde. Und wir redeten viel. Über die Ernährung und über das, was im Leben wichtig ist. Und dieses Wichtige entdeckten wir immer deutlicher in uns selbst und nicht mehr im alten Traum der Menschheit von Luxus, teuren Autos und Stehrümchen, dem Traum, der so viele Jahre meine Ersatzmotivation war. Das Buch, das ich als nächstes lesen werde, ist dabei auch ein Tipp von Steffen, aber dazu irgendwann einmal hier an dieser Stelle …

Der Mainz Marathon an sich war eigentlich ganz nett. Der Wettergott hat es richtig gut mit uns gemeint. Der Regen, den ich für den ganzen Lauf befürchtet hatte, endete fast direkt mit dem Startschuss und ganz am Ende kam sogar noch die Sonne heraus. Es war ideal kühl, nicht kalt, wirklich ein Wetter, das für das Laufen wie geschaffen war.
Ich lief die ersten Kilometer mit Melanie, Birger und mit Steffen. Wir begannen verhalten, aber das war auch der Enge auf der Laufstrecke geschuldet. Trotzdem liefen wir eine schlechte 6er Zeit, die sich dann in eine gute 6er Zeit gesteigert hatte.
Eigentlich waren Birger und ich vollkommen unmotiviert und nur in Trainingslaune, aber während so eines Laufs ändert sich dann doch manches. Birger vergass seine Rippenprellung und wir beide vergaßen unsere Zielzeitvorstellung von „um die 4:30 Stunden“. Irgendwann fielen die Runningfreaks etwas zurück, aber nur sehr wenig. Und ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich ja seit Mitte 2005 keinen City-Marathon mehr über vier Stunden abgeschlossen hatte. Sollte das nun in Mainz anders sein?
Aber ich hatte ja Ausreden genug. Ich lief ja nicht für mich, sondern in Begleitung. Und dann kannst Du schon manches auf diesen Umstand schieben.

Als Birger und ich die Halbmarathon-Zwischenzeit aber mit 2:00:30 Stunden erreichten – und das mit so einem langsamen Start, so lässig und locker – da klickte es bei mir im Oberstübchen und ich wusste, dass ich diesen Lauf nicht über vier Stunden absolvieren wollte. Und so schaffte ich es wahrscheinlich zum allerersten Mal, in der zweiten Hälfte schneller zu sein wie in der ersten. Aber am Ende musste ich dann doch ein wenig beißen. Birger ließ mich dann alleine laufen, allerdings ohne mehr als eine Minute auf mich zu verlieren. Und ich endete ganz kontrolliert deutlich unter der 4 Stunden – Marke. Alles war gut.

Da ich aber nach dem Marathon noch ein Tennis-Doppel in meiner Grafschafter Heimat zu bestreiten hatte, blieb keine Zeit zum Warten, keine Zeit zum Feiern. Es ging gleich zum Auto und sofort nach Hause. Beim Tennis angekommen konnte ich mich gerade noch umziehen, zum Duschen blieb keine Zeit mehr, es ging direkt auf den Platz. Die Einzel waren gerade alle durch, ich kam perfekt zum Start der Doppel. Dass ich mein Doppel mit einem meiner beiden Lieblingspartner nach einer 1:6 Klatsche im ersten Satz dann doch noch mit 6:2 im zweiten Satz und mit 10:7 im darauf folgenden Champions-Tiebreak gewinnen konnte, rundete den Tag positiv ab.

Nur mit einem bin ich ein wenig unzufrieden. Ich vergaß, in das Ingelheimer Gästebuch zu schreiben.
Und das will ich nun auf diesem Weg nachholen:

Liebe Melanie, lieber Steffen,

Wärme durchströmt Euer schönes Haus. Aber es ist nicht nur die Wärme der Heizung und der Sonnenstrahlen, die durch die Fenster scheinen, es ist auch die Wärme Eurer Herzen. Es ist für jeden Gast so angenehm, bei Euch zu sein, so angenehm, diese Wärme zu spüren. Und zu wissen, dass es diesen warmen Herd guter Gedanken in dieser Welt gibt. Danke, dass Ihr Euch so sehr um mich gekümmert habt. Danke, dass ich bei Euch sein durfte.

Österreich, Deutschland, Schweiz und Frankreich …

… oder was für ein cooles Wochenende!

Meine Planung für das vergangene Wochenende begann mit einem Business-Termin nahe dem Zürichsee am Freitag um 14 Uhr. Ursprünglich hatte ich diese Zeit so spät angesetzt, damit ich am Freitagvormittag dorthin anreisen kann. Aber es kam anders.
Zuerst hatten wir da am Donnerstag vor diesem Freitagstermin in der Firma ein Problem mit einem Verkaufstag in Schalchen / Österreich, kurz hinter der Grenze bei Passau. Und weil ich ja sowieso viel Auto zu fahren hatte, habe ich mich bereit erklärt, diesen Termin zu übernehmen.
Das wiederum bedeutete eine Abfahrt schon gegen Mittwochnachmittag.

Dann postete Sigi Bullig, dass die Zeitschrift „Vegetarisch fit“ einen Vegetarier für ein Interview in dem vegetarischen Nürnberger Restaurant „Chesmu“ suchen würde. Zielzeit in Nürnberg war 16 Uhr. Das wollte ich gerne machen, da ich auf dem Weg Richtung Passau sowieso an Nürnberg vorbei fahren würde. Die relativ frühe Zeit bedingte dann ein noch früheres Abfahren. Aber was tut man nicht alles, um ein paar Fragen beantworten zu dürfen …

Dann dachte ich, dass es sinnvoll wäre, nach dem Freitagstermin noch eine Laufveranstaltung zu suchen. Ich hatte vor, am Freitagabend zu meinen Eltern, die bei Offenburg wohnen, zu fahren und ich erinnerte mich, dass Gerhard Börner für den Sonntag auf seiner Laufagenda den „Trail du Petit Ballon“ stehen hatte. Prima, dachte ich und mailte nach Rouffach, dass ich gerne dabei wäre.

Ein ganzer Tag bei meinen Eltern also, dachte ich, aber nur so lange, bis Guido Huwiler mich für den Samstagvormittag zu einem privaten Läufchen auf seine Juraberge eingeladen hatte. Na ja, immerhin noch ein Abend bei meinen Eltern – was will man mehr?

Und dann postete „Trailschnittchen“ Julia Böttger, dass sie am Donnerstagabend zu einem Nightrun einladen würde. Da wollte ich auch noch dabei sein, also verschob Julia die Startzeit von 19 Uhr auf 19.30 Uhr, damit ich mitlaufen konnte, eine Terminverschiebung, extra für mich. Danke Julia!

Birger Jüchter wiederum postete über Facebook, dass er auch beim „Trail du Petit Ballon“ eingeschrieben sei und weil ich seit September 2011 noch seine Läuferfigur vom „Allgäu Panorama Ultra“ bei uns stehen hatte, die er damals nicht mitnehmen konnte, weil er Hauke König und Susanne Alexi auf der privaten TransGermanyTour auf dem Fahrrad begleiten wollte, dachte ich, dass mich diese Figur im Auto begleiten möge.

Birgit, so nannten wir die Figur in den letzten Monaten liebevoll, wollte erst gar nicht weg von zu Hause. Aber dann hat sie sich doch gefreut, ihren neuen Besitzer kennen zu lernen und so ging es erst einmal nach Nürnberg, um dort mit Alexander Otto über meine Motive, mich vegetarisch zu ernähren, zu reden. Dass es während des Redens auch noch etwas zu essen gab, nämlich super leckeres „Züricher Geschnetzeltes“, sei nur am Rande erwähnt.

Aber Vorsicht: nicht alles, was nach Fleisch aussieht, stammt auch aus der industriellen Massentierproduktion. Tofu heißt das Zauberwort, damit lässt sich Fleisch problemlos ersetzen. Das hilft all denjenigen, die zumindest die Optik traditioneller fleischlastiger Küche haben wollen.
Es war ein phantastischer und inspirierender Nachmittag voller inhaltlicher Tiefe, weil Alexander Otto sehr viel zu dem Gespräch beizutragen hatte. Später dann, auf Facebook, entdeckte ich, dass er in vielen Aspekten ähnlich denkt wie ich.
Nur Birgit musste im Auto bleiben und sie langweilte sich, weil ich den Termin nahezu zeitlich endlos gestreckt hatte.
Aber dann ging es weiter an die deutsch-österreichische Grenze in mein Hotel.

Vegetarisches Restaurant C H E S M U, Nürnberg

Nach dem Frühstück kam der Arbeitstag in einem lokalen Spielemarkt und gleich ging es los Richtung Bad Feilnbach, zu Julia und ihrer Truppe. Schon vorher hatte ich ergoogelt, dass ich 1 Stunde und 34 Minuten für die Strecke benötigen würde und meine Hoffnung, diesen Wert unterbieten zu können, zerplatzte wie eine Seifenblase.
Tempolimits, Stau und genau die Autofahrer, die immer nur dann vor einem auf der Überholspur sind, wenn man es eilig hat, bewirkten zusammen, dass es 1 Stunde und 47 Minuten wurden. Und alle warteten auf mich, war das wieder peinlich.

Ich werde immer ganz hektisch und nervös in solchen Situationen, der Lauf aus dem Tal von Bad Feilnbach bis hinauf zum Gipfelkreuz mit einer bemerkenswerten Aussicht und zurück über eine wunderschöne lang gezogene Laufstrecke, die das Zeug hatte, meine Lieblingsstrecke werden zu können, falls ich dort leben würde, entschädigte aber für die Unruhe und die kleine Lauftruppe sah auch meine Verspätung gelassen.
Weil ich aber so hektisch war nach der Ankunft hatte ich ganz vergessen, die Batterien in meiner Stirnlampe zu wechseln. Schon auf GranCanaria waren die Batterien eher schwach. Licht wird in der Regel nicht überbewertet und es wäre sicherlich schön gewesen, die Wurzeln und die Schnee- und Eispassagen, über die wir vor allem bergab liefen, sehen und beurteilen zu können, aber ich kam dennoch runter, auch mit Hilfe von Julias Kopflicht.

In der Nacht im Bad Feilnbacher Hotel durfte Birgit dann mit aufs Zimmer, als dekoratives Element gewissermaßen und am Freitag ging es dann nach einem bescheidenen Frühstückchen über München und Kempten in die Schweiz. Ich hatte recht viel Zeit und so beschloss ich, mir noch die Firmenzentrale von X-BIONIC anzusehen, die im schönen Wollerau am Zürichsee liegt. Von dort aus hast Du einen grandiosen Blick auf richtig hohe und schneebedeckte Berge, ein Traum, dort zu leben und zu arbeiten.
Ich würde es wohl auch so machen we Niels Grimpe-Luhmann, der „Swiss Jura Angel 1“, und jeden Tag nach der Arbeit noch eine Bergstrecke belaufen. Ein Jammer, dass die Berge der Eifel nicht ganz so imposant sind …

Noch immer hatte ich etwas freie Zeit und wollte nach dem Termin um 14 Uhr, wegen dem ich diese lange Reise eigentlich überhaupt gemacht hatte, einen Freund in Pfäffikon besuchen. Dank Navigation war der Ort schnell gefunden. Ein wenig abseits, weg vom Zürichsee, aber immerhin. Nur die Eichenstraße, die ich suchte, gab es nicht.
Es gab aber einen Ort gleichen Namens nur vielleicht 50 Kilometer entfernt, direkt am Zürichsee und der direkte Nachbarort von Wollerau, wo ich am Vormittag noch bei X-BIONIC war. Und 50 Kilometer am Freitagnachmittag am Zürichsee können weit sein. Die Straßen waren voll und das Blumen pflücken während der Fahrt wäre problemlos möglich gewesen.
Als ich dann dort in der Eichenstraße ankam war es schon so spät. dass ich diesen Besuch auf einen anderen Monat irgendwann in der nahen Zukuft verschoben habe und ich fuhr weiter nach Aarau, um mit Rita und Guido Huwiler zu Abend zu essen, eine Flasche edlen chilenischen Cabernet Sauvignon zu schlürfen und über das zu reden, über das sich Läufer am liebsten unterhalten: über die Laufstrecken dieser Welt, über die anderen Läufer und über das wilde Facebook-Land, das uns die Gruppenbildung so sehr erleichtert hat.

Am frühen Samstag genossen Guido und ich das wunderschöne Frühlingswetter, liefen rund 32 Kilometerchen über die Höhen und die Grate der schweizer Juraberge, brachten rund 1.430 Höhenmeter in die Beine, redeten viel und hatten richtig viel Spaß.
Wir haben einige Gipfel und Gipfelchen mitgenommen, eine Ruine besichtigt, ein Gipfelkreuz bewundert, ein paar Mal tief in die Täler geblickt, wir sind an einem Naturfreundehaus vorbei gelaufen, haben etliche Sendemasten bewundert und wir waren vor allem eines: sehr, sehr langsam und sehr, sehr entspannt.
Und dennoch haben die Muskeln im Oberschenkel gezogen und ich befürchtete, im Elsaß nur traben zu können.
Rita kochte noch einmal Reis, mit wilden Reis gemischt und machte dazu eine leckere Gemüsebeilage aus frischem Gemüse. Es war so lecker, dass auch eifrige Fleischesser wohl das Fleisch in der Mahlzeit nicht vermisst hätten.

Dann fuhr ich über Basel und Deutschland nach Rouffach, um dort die Startunterlagen abzuholen und von dort gleich weiter Richtung Offenburg zu meinen Eltern. Dort aber war niemand da. Eltern, so dachte ich immer, sind die Menschen, die immer zu Hause sind, wenn man dort übernachten will. Da braucht man auch nicht vorher anzurufen, da war ich mir bis dahin vollkommen sicher.
Ich suchte mir das wohl schlechteste Restaurant in Gengenbach aus und danach war wenigstens die Mieterin meiner Eltern im Haus, sodass ich wenigstens einen Schlafplatz für die Nacht hatte.
Unter dem Strich aber hätte ich mir die rund 100 Kilometer lange Fahrt von Rouffach nach Offenburg und wieder zurück sparen können, wenn ich gleich im Elsaß genächtigt hätte. Und all das, weil meine Eltern ausgerechnet an diesem Wochenende mit der Regel brechen wollten, immer da zu sein, wenn man eine Übernachtung braucht.

Am Sonntag fuhren Birgit und ich dann wieder nach Rouffach. Birgit war schon ganz aufgeregt und rostete noch ein wenig stärker, weil sie endlich ihren neuen Besitzer sehen wollte. Sie bekam ihn aber nicht zu sehen.

Drei Menschen wollte ich dort am Start unbedingt treffen: Gerald Blumrich aus Kempten, mit dem ich via Facebook Chat sogar noch die Startnummern ausgetauscht hatte, Mario Schönherr, den Oranisator des Wörthersee Trails, der auch im April auf Mallorca ein interessantes Laufseminar gibt und eben Birger Jüchter, um ihm seine Birgit übergeben zu können. Es war aber so voll im Startgebiet, dass ich keinen der drei, die ich zu sehen wünschte, entdecken konnte.

Regelrecht gestolpert aber bin ich über eine Vielzahl lieber Bekannter, einer großen Truppe von Rolf und Brigitte Mahlburgs „laufend-helfen.de“, die beiden Autoren von netten Laufberichten, Günter Kromer (laufspass.com) und Bernie Manhard (M4U), ich sah Gerhard Börner, wir unterhielten uns über seinen JUNUT, seinen Jurasteig nonstop, wo ich schon jetzt beim Gedanken daran eine Gänsehaut bekomme und ich lief mit Achim Knacksterdt und wir hatten ausgiebig Zeit, noch einmal die Organisation des RheinBurgenWeg-Laufs zu diskutieren.
Iris Eschelbach sah ich bereits vor dem Start, Nicola Wahl überholten Achim und ich erst ziemlich am Schluss. Niels Grimpe-Luhmann war in netter weiblicher Begleitung und wenn ich hier jemanden vergessen haben sollte, dann mag man mir das verzeihen.
Dass Raimund Slabon und Eule Frings auch vor Ort waren habe ich erst auf den Ergebnislisten bemerkt, schade eigentlich.

Der „Trail du Petit Ballon“ ist ein wirklich netter, gut organisierter Lauf. Zwar verstecken sich 2.100 Höhenmeter auf den rund 47 Laufkilometern, aber die Strecke ist fast durchweg gut laufbar, rauf und runter, kein Vergleich mit den technisch schwierigen Graten der Juraberge, die ich tags zuvor mit Guido gelaufen bin.
Das Startgeld war für die Leistung des Orga-Teams fast beschämend niedrig (25 EUR für Vorangemeldete, 30 EUR für die Spätberufenen wie mich). Dafür gab es eine Packung grüne Nudeln und einen Cremant Sekt in der Starter-Tüte und noch eine Quechua Vliesweste für die Finisher, überall Streckenposten, die auf Dich aufgepasst haben, eine vorbildliche Versorgung, was die Auswahl der angebotenen Essen und Getränke angeht und auch, was die Häufigkeit der Versorgungspunkte angeht.
Ich selbst habe mein mitgeführtes Wasser erst ganz kurz vor dem Ziel geleert, aber auch das nur, um das Wasser nicht noch weiter tragen zu müssen.

Insofern habe ich mit dem kumulierten Schnitt von fast exakt 7:00 Minuten pro Kilometer eine für mich sehr gute Zeit herausgeholt und mein 291. Platz (42. der Altersklasse) spiegelt das auch wider. Dass Birger zurzeit so fantastische Zeiten läuft und Raimund sowieso in einer anderen Liga läuft, dass ich 12 Kilometer vor dem Ziel Achim bitten musste, alleine weiter zu laufen, um selbst einen Gang runter schalten zu können, all das war mir von Anfang an klar.
Aber wirklich interessant für mich war, dass das Muskelziehen vom Vortag schon nach wenigen Kilometern weg war, wieder ein Indiz dafür, dass Du viel mehr, viel länger und viel öfter laufen kannst als man das landläufig denkt.

Auch im Ziel habe ich Birger nicht gesehen und so musste Birgit doch wieder mit mir nach Hause fahren. Jetzt steht sie auf meinem Schreibtisch im Büro und träumt von der „verbotenen Stadt“ Düsseldorf. Denn sie war schon ein wenig traurig, wieder zu mir nach Hause zu müssen, aber sie war recht tapfer, als ich ihr sagte, dass Birger schon in 14 Tagen beim RheinBurgenWeg-Lauf teilnehmen wird. Dann werde ich sie endlich ihrem neuen Besitzer übergeben können.

Birger und Birgit werden dann ganz bestimmt eine sehr gute Liaison für die Zukunft eingehen.

Null – Null – Zwei

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Schon etwas länger her ist der 50 K Lauf „Georgsmarienhütter Null“, aber ich will jetzt, bald zwei Monate später, doch eine kleine Hommage an diesen Lauf veröffentlichen, den ich allerdings noch im alten Jahr geschrieben habe:

Georgsmarienhütte? Ein Städtchen, das aus Läufersicht eher ungeeignet für große Läufe scheint, vor allem wegen des langen Namens. Denn entweder hast Du ein Kreuz wie ein Schrank, Du machst die Buchstaben auf dem Vereins-Shirt sehr klein oder – und das ist die Lösung, die die meisten Georgsmarienhütter Läufer bevorzugen – Du kürzst Georgsmarienhütte mich Gm’hütte ab.
Ob das aber alle Leser richtig interpretieren können bezweifle ich stark.

Aber Georgsmarienhütte hat auch zumindest zwei ganz hervorragende Sachen. So habe ich zum ersten Mal von Georgsmarienhütte gehört, als Winfried Bornemann in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrtausends, damals, als Briefe noch etwas zählten und noch nicht durch eMails oder SMS ersetzt wurden, mit seinen legendären „Briefmacken“ für viel Verwirrung und noch mehr Lacher gesorgt hat.

Sofern Dir Winfried Bornemann’s „Briefmacken“ bekannt sind, kannst Du den nachfolgenden Teil überspringen, falls nicht, so empfehle ich Dir, Dich mal mit diesen „Briefmacken“ auseinander zu setzen.
Winfried Bornemann schrieb diese Briefe teilweise unter seinem eigenen Namen, meist aber unter einem Pseudonym. Die in aller Form und mit der gebotenen Höflichkeit verfassten Briefe wurden hin und wieder beantwortet. Hatte man den passenden Anlass und die verlockende Gelegenheit gefunden, konnten die Antworten auf diese Briefe doch schon sehr entlarvend sein. Winfried Bornemann nervte damals Behörden, Firmen, Prominente und Amtsträger.
Die oft todernsten Antworten sind zum Lachen. Zumindest für uns Leser.

Ein Beispiel sei hier zitiert:

Anschreiben: Samenspende

Finanzamt Osnabrück
Beratungsstelle
Postfach
45 OSNABRÜCK

Betr.: SAMENSPENDE

Sehr geehrte Damen und Herren,

verzeihen Sie mir die peinliche Frage (ich möchte nicht persönlich erscheinen):
Muss ich mir im Falle einer Samenspende eine Spendenquittung geben lassen, um später Gemeinnützigkeit dieser Sache anerkannt zu bekommen?
Ich bin von einer Dame mittleren Alters um diese Spende gebeten worden und möchte diesem Ansinnen sehr gern nachkommen, wenn mir daraus keine steuerlichen Nachteile entstehen.

Hochachtungsvoll

Winfried Bornemann

Antwortschreiben: Samenspende

Finanzamt Osnabrück-Land
Az.: IX
Hannoversche Straße 12
4500 Osnabrück
Sprechstunden: Montag bis Freitag 9-12 Uhr

Herrn
Winfried Bornemann
Fillerschloß

4504 Georgsmarienhütte

Osnabrück, 30. April 1982

Betr.:Samenspende
Bezug: Ihre Schreiben vom 25.02. und 13.04.1982

Sehr geehrter Herr Bornemann!

Nach § 10 b EStG (Einkommensteuergesetz) sind bestimmte Ausgaben zur Förderung mildtätiger oder als besonders förderungswürdig anerkannter gemeinnütziger Zwecke als Sonderausgaben (Spenden) abzugsfähig.
Leider lassen Ihre recht kurzen Angaben keine eindeutige Stellungnahme zu. Wie Sie bereits andeuten, stellt in diesem Fall die Abwägung zwischen der gebotenen Zurückhaltung vor Ihrer Privatsphäre und den Erfordernissen einer erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts ganz besonders hohe Anforderungen.
Nach § 10 b Abs. 1 Satz 3 EStG gelten als Ausgaben auch die Zuwendungen von Wirtschaftsgütern (sog. Sachspenden). Wenn diese jedoch als unentgeltliche Arbeitsleistung angesehen werden müssten, so könnte eine Ausgabe nicht angenommen werden.
Falls Sie jedoch auf Ihnen bereits zustehendes Arbeitsentgelt verzichten, bildet der Verzicht auf die Auszahlung eine Verfügung über Ihr Vermögen und damit eine Ausgabe (Spende). Ich stelle anheim, Ihre Darlegungen insoweit zu präzisieren, insbesondere den Umfang Ihrer Leistungen anzugeben und auch Ihre persönliche Einschätzung mitzuteilen, ob Sie in Ihrer Spendenaktion eine Arbeit erblicken.
Eine Sachspende setzt außerdem voraus, dass das Wirtschaftsgut vor seiner Zuwendung zu Ihrem Vermögen gehört hat. Daran fehlt es nach Auffassung von Kommentatoren bei Bestandteilen des menschlichen Körpers, die beim Spenden entfernt werden und nach der Trennung unmittelbar in das Eigentum der entnehmenden Stelle gehen. Auf die Beurteilung Ihres Vermögens durch die Empfängerin der Spende kommt es dabei nicht an.
Obwohl nach Ihren Ausführungen mildtätige Beweggründe nicht von vornherein entfallen, zielt Ihre Frage wohl mehr auf die gemeinnützigen Aspekte der Spenden. Ich möchte nicht ausschließen, dass angesichts des stagnierenden Wachstums zumindest der einheimischen Bevölkerung Ihren Plänen gewisse gemeinnützige Momente nicht abzusprechen sind.
Nur kommt es in diesem Fall ausschließlich auf die Gemeinnützigkeit des Empfängers der Spende an, der eine gemeinnützige Personenvereinigung oder Körperschaft sein muss. Dabei ist zu bedenken, dass eine Personenvereinigung im steuerlichen Sinne nicht die Ihnen vorschwebende Tätigkeit, sondern eine Gesellschaft ist, bei der die Gesellschafter Unternehmer (Mitunternehmer) sind.
Nur vorsorglich weise ich darauf hin, dass bei Ihrem Vorhaben eine Personenvereinigung selbst dann nicht gegeben ist, wenn noch weitere Mitunternehmer beteiligt sein sollten. Gegebenenfalls müssten von Ihnen zur Unternehmereigenschaft der Spendenempfängerin nähere Angaben gemacht werden.
Auch eine Körperschaft mag sich der steuerliche Laie etwas anders vorstellen, als es nach den einschlägigen Vorschriften geboten ist. Da es sich überwiegend um Kapitalgesellschaften handelt, spielen sie hier keine Rolle.
Ich hoffe, Ihnen die steuerliche Problematik Ihres Vorhabens ein wenig näher gebracht zu haben. Falls Sie den Eindruck gewonnen haben, dass die Subsumption einer so ganz und gar elementaren Lebensäußerung unter die Steuergesetze allzu beschwerlich erscheint, bitte ich, die Komplikationen nicht Ihrem Finanzamt anzulasten, sondern Erleichterung beim Gesetzgeber zu suchen. Im übrigen können Sie sich stets vertrauensvoll und wirklich ohne Scheu an das Finanzamt wenden, da alle Ihre Verhältnisse durch das Steuergeheimnis geschützt werden.
In diesem Sinn möchte ich Sie freundlichst bitten, Ihre Einkünfte aus schriftstellerischer Tätigkeit, die Sie bisher erzielt haben und mit denen Sie in Zukunft rechnen können, dem Finanzamt mitzuteilen, damit aus Gründen der Steuergerechtigkeit Ihre Einkommensteuer in richtiger Höhe festgesetzt werden kann. Ihrer Antwort sehe ich bis zum 20.05.1982 entgegen.

Hochachtungsvoll

Im Auftrag
(Heiser)

Meine Lieblingsbriefe aber sind vor allem das Schreiben unter dem Pseudonym eine älteren Rentnerin an die RWE AG, die vier Wochen vor der Hauptversammlung der RWE AG eine Verlegung des Termins von Montag auf den darauf folgenden Dienstag erbittet, weil sie mit ihren beiden Aktien am Montag wegen ihres Stricknachmittags sonst nicht an der Hauptversammlung teilnehmen könnte.
Wie verhält sich ein Unternehmen in so einem Fall politisch korrekt?

Sensationell war auch sein Schreiben kurz nach dem Mauerfall unter dem Pseudonym eines Adligen, der den Bürgermeister einer thüringischen Kleinstadt als Vertreter der Dorfgemeinschaft mit den Worten „Liebe Untertanen“ anschrieb und das gesamte Dorf als sein Hab und Gut einforderte.
Die Kleinstadt-Bürger fanden das alles andere als lustig und wehrten sich vehement gegen diesen Scherz, den sie nicht als solchen erkennen wollten.

Zusammengefasst sind diese Schreiben und die dazu gehörigen Antworten in mehreren Büchern, die man auch heute noch erwerben kann. Dort liest Du auch, wie mancher Prominente vor Gier sabbernd sich auf das angekündigte Erbe der „Carola von Gästern“, immerhin ein Wasserschloss, gefreut hat. Mit jedem Schreiben wurde alles dann skurriler, vom Schlossgespenst angefangen bis hin zu „nassen Füßen“ des Schlosses.
Einmal zugestimmt und „angebissen“ sollten diese Einschränkungen dann die Entscheidung der Prominenten nicht wieder ändern.

Und Georgsmarienhütte hat noch ein Highlight, etwas ganz, ganz Uriges, ein kleines Juwel unter den persönlichen Landschaftsläufen und das nicht nur, weil die 50 K lange Laufstrecke wirklich attraktiv ist. Viele Trails, aber auch Straßenabschnitte, Anstiege und welliges Gelände gibt es da, aber auch das ist nicht das Besondere.

Besonders ist, dass es zwei offizielle Starts gibt, dass Du aber auch auf eigene Gefahr hin schon vorher starten kannst.
Besonders ist, dass es keinerlei Zeitnahme gibt. Es gibt nur die Vorgabe, spätestens um 16 Uhr wieder im Ziel zu sein. Es gibt auch keine Startnummern, keinen Streß und keine Kontrollen an den Verpflegungspunkten. Wie auch, wenn die Teilnehmer ohne Startnummern unterwegs sind.
Besonders ist auch, dass die, die einen der letzten 49 Läufe mitgemacht haben, offiziell danach „Nuller“ heißen.
Georg, der Organisator dieses skurrilen Laufs, nennt sich dabei die „Obernull“.
Und alle Läufer – und auch das ist etwas ganz Besonderes – haben dort „besondere Aufstiegsmöglichkeiten“.
Nach fünf Teilnahmen wird man Berg- und Talführer und auf dem Laibchen, das man dann erhält, steht: „Georg sagt, ich kenne die Strecke!“
Und nach zehn Teilnahmen darf der Läufer „jubilieren“, weil er zum „Magister bergum et talum“ befürdert wurde. Auf dem Laibchen, dass er nun bekommt, steht dann: „Georg sagt, ich verlauf‘ mich nicht!“

Bei diesem Lauf gibt es unglaublich viele Läufer in einem der beiden Laibchen, ein sicheres Zeichen, dass die meisten dort Wiederholungstäter sind.

Gehört habe ich schon oft von diesem Lauf, aber dieses Jahr wollte ich das Mitlaufen endlich wahr machen. Wenn ich schon altersbezogen „nulle“, dann sollte ich auch die zweite Null abholen und dort in Georgsmarienhütte „nullen“. Zwei Mal „nullen“ in einem Jahr ist doch auch etwas Besonderes, oder?

Beim Lauf selbst lief ich erst mit Thomas Hagel und Lars Schläger, beides Läufer, die mir sehr nahe sind, die ich aber beide schon länger nicht mehr gesehen habe. Danach lief ich lange mit Raimund Slabon, Stefan Beckmann und Peter Kaminski.
Bei km 27 aber musste ich die drei dann aber ziehen lassen, weil ich einen Hungerast bekam und fünf Kilometerchen lang gar nichts mehr ging. Aber was kommt, das geht auch schnell wieder und so erreichte ich nach 5:35 Stunden doch das Ziel, kumuliert mit 6:39 Minuten pro Kilometer, besser als erwartet und durchaus akzeptabel für einen so hügeligen und trailigen Lauf. Aber wer fragt danach?

Auf der Urkunde steht keine Zeit, es gibt weder eine Platzierung noch eine Einlaufliste. Das einzige, was es gibt, ist das gute Gefühl, an einem Lauf teilgenommen zu haben, der etwas ganz Besonderes ist.

Und wenn im nächsten Jahr die „Georgsmarienhütter Null“ auch selbst „nullt“ und zum 50. Mal stattfindet, dann sollte der 50-jährige TomWingo wohl wieder dabei sein, vielleicht nur, um zu testen, ob der Lauf wirklich echt ist.
Und dieser Aspekt führt wiederum zu dem Georgsmarienhütter Schriftsteller Winfried Bornemann, desses „Briefmacken“ so harmlos begannen, indem er ein Pfennigstück an die Deutsche Münzanstalt in Karlsruhe schickte mit der Bitte, nachzuprüfen, ob der denn echt sei. Der Ernst und die Akribie der Antwort Deutschen Münzanstalt verblüfften Bornemann damals:
Ja, so war die Antwort, der sei echt, Jahrgang 1978, mit einem Gewicht von 19,9992 Gramm, 16,55 Millimetern Durchmesser und 1,37 Millimeter dick.

Es zeigt sich: das Lustige und Skurrile ist in Georgsmarienhütte zu Hause, der „Bierernst“ aber ist im restlichen Deutschland verteilt.

Danke also an Winfried Bornemann und Danke an Georg, die „Obernull“, ich komme wieder!

Ein super Dank an super Leute …

Einen Lauf wie den SH-Supertrail beschreiben geht für mich nicht anders als das mit Danksagungen zu tun.

Der erste Dank gebührt dabei natürlich dem Veranstalter Bernhard Sesterheim und seinem ORGA-Team. Einen solchen Lauf über zwei Tage auf die Beine zu stellen nötigt mir Respekt ab, vor allem, wenn es sich um den ersten Lauf solch einer Art handelt.
Die Hütten, in denen wir von Donnerstag auf Freitag und von Freitag auf Samstag genächtigt hatten, waren super und geradezu prädestiniert für ein solches Event. Die dazu gehörigen Sanitäranlagen waren ebenso ideal und sie waren, trotz eines technischen Problems, vollkommen ausreichend.


Ganz besonders fasziniert aber hat mich das angeschlossene Restaurant. Bei einem Leistungszentrum der Leichtathletik vermutest Du oft nur ein dunkles und einfaches Restaurant mit wenigen deftigen und fettigen Speisen, einem Patron, dessen Schürze aussieht wie das Babylätzchen meiner Kinder, als die noch klein waren, aber weit gefehlt:
die beiden Frühstücke, die uns geboten wurden, waren auf wirklich hohem Niveau und auch das Nachfüllen von Rührei, Quark oder Joghurt war präzise und schnell.

Das Abendessen jedoch machte mir etwas Bauchgrummeln. Es gab zwar ein Buffet, gut für die Viel-Esser unter uns, es gab aber nur eine sehr gut sortierte Salatbar, Spätzle, Gulasch und als Dessert ganz viel Schokoladenpudding. Alles davon wurde auf einer großen Tafel auf einer Staffelei angekündigt.
Als ich erwähnt hatte, Vegetarier zu sein, war ich erstaunt, nicht das übliche „Mann, da ist wieder so einer, der uns unnötige Mühe macht“ zu erfahren (hören tust Du das ja nie, aber die Gesichter mancher Restaurant-Angestellter sprechen Bände … ), sondern erst kurz mit dem Koch über Tofu-Gulasch reden zu können.
Bekommen habe ich dann vier halbe gefüllte Paprika, gefüllt rein vegetarisch und optisch und geschmacklich so lecker, dass Wilma, die mir gegenüber saß, plötzlich meinte, ebenfalls eine Vegetarierin zu sein. Für dieses spezielle Abendessen gebührt diesen Küchenangestellten mein zweiter Dank.

Mein dritter Dank gebührt den superleichten und superflachen INOV-8 Roclite 285 Trailschuhen, auf die mich viele Mitstreiter angesprochen haben. Üblicherweise wählst Du ja eher die stärkeren Modelle von INOV-8 für diese Strecken, aber mit diesen roten Schuhen, die quasi aus einer Ahnung von Nichts bestehen, die in der Größe UK8 nur 285 Gramm wiegen, fühlte ich den Waldboden direkt unter mir. Es war herrlich.
Was schreibt INOV-8 dazu auf der englischen Homepage?

„Ideal/Recommended Activity: Trail Running Adventure Racing Cross Country Climbing Approach Mountain.“
Stimmt, dem ist nichts hinzuzufügen.

Mein vierter Dank geht in Richtung X-BIONIC. Dieser Dank ist aber mit einer kleinen Träne in Augenwinkel verbunden. Seit dem „Marathon des Sables“ laufe ich, mit einer einzigen Ausnahme, stets bei Strecken „Marathon und länger“ mit den X-BIONIC Kompressionsstrümpfen.
Wenn ich vorher oft „Elefantenfüße“ nach einem Lauf bekommen hatte, dann ist das seit dem „Marathon des Sables“ vergessen. Nur bei dem einen Mal, wo ich mal wieder mit normalen Socken gelaufen bin, habe ich meine Waden wieder gespürt. Wir alle kennen die Diskussion, ob man Kompressionsstrümpfe verwenden soll oder nicht. Und jeder hat eine eigene Meinung dazu, manche sogar, ohne jemals solche Strümpfe getragen zu haben.
Für mich sind die X-BIONIC Kompressionsstrümpfe ein Segen und die kleine Träne im Augenwinkel habe ich nur, weil ich mich am Ende der nächsten Woche von ihnen verabschieden muss. Beide Fersen sind mittlerweile durch, aber nach rund 2.500 Wettkampfkilometern in diesen Strümpfen finde ich, dass das in Ordnung ist. In Delmenhorst beim 24-Stundenlauf am kommenden Wochenende dürfen sie den Fluss meiner Lymphe ein letztes Mal kontrollieren, danach werde ich sie standesgemäß beerdigen.
Beim “TRA 250 Miles Thames Ring Race“ werde ich dann mit ganz neuen X-BIONIC Kompressionsstrümpfen vor Ort sein.

Ein Strauß an Danksagungen wäre aber nicht vollständig, wenn es bei einer geraden Anzahl an „Blumen“ bliebe. Und so gebührt mein fünfter und letzter Dank denjenigen, die diesen Lauf erst zum Event gemacht haben. An die, für die und wegen denen ich mich immer wieder vor allem auf die kleineren und familiären Läufe freue und darin aufgehe und bei denen ich inständig hoffe, dass solche Tage nie zu Ende gehen wollen. Es sind die Lauffreunde, die mich vor, während und nach dem Lauf glücklich machen.

Ob sie wesentlich besser sind als ich oder einen Tick langsamer, von jedem lerne ich, dass diese Welt eine andere, eine bessere Welt wäre, wenn alle Menschen Ultraläufer sein würden.
Gerade beim SH-Supertrail waren es viel zu viele dieser engen und engsten Lauffreunde, als dass ich sie hier aufzählen könnte. Es würde den Rahmen einfach sprengen. Aber einige seien doch stellvertretend für die anderen genannt – und die nicht genannten mögen mir dennoch weiter gewogen bleiben.

Ich will zuallererst Wilma Vissers erwähnen. Ich habe sie seit dem SwissJuraMarathon (SJM), wo sie drittbeste Läuferin wurde, nicht mehr gesehen. Sehnen- und andere körperliche Probleme haben ihrer grandiosen Läuferkarriere eine kleine Delle verpasst und so war sie für mich diejenige im Starterfeld, auf die ich mich am meisten gefreut habe.

Wilma Vissers auf dem Podest beim SJM 2009, in der Mitte die Gesamtsiegerin Cécile Berg und ganz links die Zweitplatzierte, die großartige Anna Hughes

Als nächstes verdient Bernie Conradt eine Erwähnung. Als junger Vater hat er seine läuferischen Ambitionen ein wenig nach unten korrigiert und ich habe ihn seit seinem elefantösen Auftritt beim “TOUGH GUY 2011“ nicht mehr gesehen. Ohne ihn aber wäre die Veranstaltung bei weitem langweiliger geworden, weil er durch seine Kontakte nahezu alle „Coolrunners Germany“ aktiviert hat: Grace, Didi, Norman, Heidelinde, Kurt, Tanja, Walter, Alex und viele mehr.
Von vielen wusste ich zuvor nicht, dass ich sie dort treffen würde, umso größer war die Freude.

Bernie ist auch derjenige gewesen, der mich überhaupt in die läuferischen Regionen katapultiert hat, in denen ich in den letzten Monaten laufen durfte. Sein Satz nach dem “TransAlpineRun 2008“ „Jetzt hast Du drei UTMB-Punkte, jetzt musst Du auch zum UTMB“ hat mir Grenzen nach oben geöffnet, dafür danke ich Bernie noch heute. Aber ungelogen: bis zu diesem Satz wusste ich nicht einmal, was der UTMB überhaupt ist.

Den dritten, den ich erwähnen will, ist Raimund Slabon. Nicht nur, weil er ein extrem schneller Trailläufer ist, sondern, weil er einer von meinen zwei Rettern bei der „TorTOUR de Ruhr“ war – und beide Retter waren bisher eher unbekannt und unbedankt geblieben. Raimund war die Fahrrad-Begleitung von Susanne Alexi auf der TorTOUR und derjenige, der zurück gefahren ist, um mich, als ich mich derbe verlaufen hatte, wieder auf den rechten Weg zurück zu bringen.
Bei solch einer körperlichen Anspannung bleibt der gebührende Dank oft aus – dieses Wochenende war eine gute Gelegenheit, das nun nach knapp einem Jahr nachzuholen.


Unbedankt und unbekannt bleibt dann nur noch der andere Retter bei der TorTOUR. Es war kurz vor der Ruhr-Metropole Essen nach dem Versorgungspunkt, den John P. Hunold gemanagt hat. Er hielt dort unter einer Brücke die Stellung, vor seinem Wohnmobil und unter seinem Tropenhut.
Ich war so froh, mit ihm ein paar Worte wechseln und ein paar Minuten dort ausspannen zu können, dass ich erst etwa nach zwei Kilometern hinter dem Verpflegungspunkt gewahr wurde, dass ich meine beiden Trinkflaschen bei ihm vergessen hatte!
Und als ich hin- und hergerissen war zwischen den Überlegungen, ob ich zurück laufen sollte oder auf Tankstellen hoffen sollte, damals, an diesem extrem heißen Pfingsttag, an dem der Baldeneysee und die Ruhrauen übervoll waren mit Grillern und Frisbee-Spielern und als ich mich nicht entscheiden konnte, welche Alternative ich wählen sollte, da klopfte mir dieser andere unbekannte Retter auf die Schulter.

Er kam mit einem Fahrrad angeradelt und übergab mir die gefüllten Wasserflaschen, die ich so sehnlichst vermisst hatte. Ich glaube, den Dank dafür blieb ich bis heute schuldig. Umso schöner, dass ich aus einem der beiden unbekannten und unbedankten Retter einen bekannten Retter machen konnte, dem ich danken durfte.

Die letzte Erwähnung hier erhält Norman Bücher. Seit ich ihn über die „Coolrunners Germany“ und über die Gruppe „UTMB & CCC“ im „wer-kennt-wen“ (WKW) kennengelernt habe, respektiere ich ihn von Woche zu Woche mehr.
Ob es seine läuferischen Leistungen sind, seine berufliche Karriere als Motivationsredner oder seine Erlebnisberichte, wenn er erzählt: am meisten schätze ich an ihm, dass er ein braver und bescheidener Ultraläufer geblieben ist, der als junger Vater auch beim Brasilianischen Jungle-Marathon weiß, wo man aufgeben muss.
Und besonders freuen tue ich natürlich darauf, mit ihm beim „Tor des Géants“ (TdG) teilnehmen darf. Als ich am Ende des SH-Supertrails mit ihm auf den Zieleinlauf angestoßen habe, sagte ich zu ihm:
„Wenn wir das im September auch zusammen tun dürfen, dann wäre ein Traum wahr geworden!“
Norman antwortete: „Ja, aber dann feiern wir etwas aufwändiger!“


Vielen Dank an alle für dieses wunderschöne Wochenende!