Wer bis 2 zählen kann hat Vorteile …

Es war ein echtes Lauf- und Autofahrer – Wochenende für mich. 1.350 Kilometer Autobahn oder Bundesstraßen, ein Marathon und ein kleiner Ultra. Du kannst schnell zusammen rechnen, wie viel Zeit das alles in Anspruch nimmt:
Vielleicht 15 Stunden hinter dem Steuer und 9 bis 10 Stunden laufen, etwas Zeit für das Schlafen dazu rechnen, etwas Zeit für die Zeit vor den Starts …

Mein Wochenende begann also um 5.00 Uhr mit dem klingelnden Wecker. Am Abend zuvor haben wir noch den 18. Geburtstag unseres Sohnes Pascal gefeiert – im edlen Restaurant „Vieux Sinzig“ in Sinzig, dem Restaurant, das seine Bekanntheit nicht nur der expliziten Erwähnung in den berühmten Eifel-Krimis verdankt, sondern auch dem engagierten französisch-normannischen Patron Jean-Marie Dumaine, der auch selbst einige Koch- und Naturbücher geschrieben hat.
Vor allem die verschiedenen echten und falschen Trüffelpilze dieser Welt und auch die Naturkräuter haben es dem „Wildkräuter-Papst“ Jean-Marie Dumaine angetan. Dabei organisiert er noch Veranstaltungen wie das „Trüffel-Symposium“, Du kannst dort Kochkurse besuchen oder an Naturwanderungen teilnehmen.
Der Abend wurde auch deshalb lang, weil neben den drei Gängen des Menüs, dem obligatorischen „Amuse-Gueule“ und dem Brot mit Walnuss-Tapenade auch noch ein Apetizer für das Dessert gebracht wurde, damit sich der Gaumen schon langsam an die Süße gewöhnen kann.
Und die viele Zeit fehlte mir am nächsten Tag.

Schnell noch für die beiden kommenden Tage und Läufe packen hieß es also um 5 Uhr. eine kurze und eine knielange Laufhose, 1 Paar Kompressionsstrümpfe, 1 Paar kurze Laufstrümpfe, ein Paar Schuhe reichen, Laufshirt, lange Laufjacke, Laufweste, Laufuhr, 2 Buffs, eine Winter- und eine Sommermütze, dünne Laufhandschuhe …
… fehlte da nicht etwas?

Natürlich! Das zweite Laufshirt und auch die Entscheidung für nur ein Paar Schuhe war falsch, weil ich Leipzig nicht so schlammig und nass erwartet hatte, dass die Schuhe danach keinesfalls für einen zweiten langen Lauf hätten verwendet werden können.
Meine Lösungen waren zum einen, ohne Laufshirt nur mit der Laufweste zu laufen. Wie viele schmerzende Scheuerstellen das gab kann ich nicht sagen, aber ihc kann sicherlich bis über 10 zählen und die wunden Stellen auf beiden Seiten unter den Armen, am Schlüsselbein und auf der Brust waren mehr …
Und zum Laufen nahm ich die Brooks-Laufschuhe, die ich eigentlich nur als Zierde zu meinen Jeans als „casual wear“ trage. Für lange Läufe sind die nicht gemacht, vor allem haben sie nicht die zusätzliche Länge, die wir Marathonis oder Ultramarathonis stets unseren Laufschuhen gönnen. Das habe ich dann nach dem Ultra mit einer dicken und äußerst schmerzhaften großen Blutblase am zweiten rechten Zeh bezahlt.
Aber wer nicht bis zwei zählen kann …

Die beiden Läufe aber kompensierten all den Ärger, den ich über mich selbst hegte. In Leipzig war es ein 3-er Teamlauf, für den ich schon im November 2011 zwei ostdeutsche Laufpartner gefunden hatte. Matthias, ein Unternehmer mit bis dahin 8 Marathons in seiner persönlichen Statistik, mit einer PB, die fast exakt gleich ist wie meine aus Edinburgh und mit einer Biographie, die einige Parallelen zu meiner hat und Flo(rian), unser Küken, ebenfalls mit bis dahin 8 Marathons in seiner persönlichen Statistik und einem Beruf, der ihm Flügel verleiht.
Beim 3. Leipziger Winter! Marathon war einer der Sponsoren Red Bull. Gewöhnlich nutze ich die Kraft von Red Bull, um mich für lange Autofahrten wach und fit zu halten, in Leipzig erlebte ich dieser nach Gummibärchen schmeckende Flüssigkeit als Hot Bull, leicht angewärmt mit Orangensaft gemischt. Und das Red Bull – Promotionteam war auch super nett und jede der Ladies war unserem Teammitglied Flo(rian) bekannt.

Läuferisch war der Marathon wieder eine kleine Offenbarung. Wir sind im Gruppendruck natürlich zu schnell losgelaufen. Am liebsten hätte ich schon auf den ersten Kilometern auf die Laufbremse getreten, aber wer will schon der Bremser sein? Und wir Männer wollen das sowieso nicht zeigen, also geht es schnell weiter. Aber nach vielleicht 30 oder 32 Kilometern schmerzte Matthias seine Sehne sehr und Flo durfte mir seine Leidensfähigkeit beweisen. „Das war das Härteste, das ich bisher gemacht habe,“ sagte er am Ende und ich versuchte Kilometer für Kilometer die beiden zu motivieren.
Dennoch wurden wir vor allem auf den letzten eineinhalb Runden auch von Teams eingeholt, die wir längst hinter uns gelassen wähnten und auch das beste Damenteam passierte uns auf den letzten 1.000 Metern. Aber das sollte uns vollkommen egal sein, weil wir ja mit dem Ziel 4:30 Stunden unterwegs waren.
Mir aber wurde es am Ende schon richtig kalt. Am liebsten wäre ich wie ein junger Hund neben der Strecke hin- und hergelaufen, um meinen Kreislauf in Schwung zu halten, weil mein Rücken freundlich angeklopft hat und meinte, schmerzen zu müssen, zum Glück nicht im Bereich meines sensiblen Iliosakralgelenks, sondern etwas höher, knapp unter dem Rippenansatz, aber ich hätte am Samstag Abend eher gehen einen Start am Sonntag gewettet.

Der 3. Winter! Marathon war auch eine große Ansammlung von Marathon4U – Autoren. Klaus Duwe und seine Mannen waren omnipräsent und so gab es viele Hallos und Körperdrücker, nicht nur mit Klaus, Wolfgang und Bernie, sondern auch mit vielen der anderen M4U Jungs. Außerdem waren der MIAU-Organisator Bernd Kalinowski dabei, der ultraschnelle Ulf Kühne vom OEM (Oberelbe Marathon) Team und viele andere Lauffreunde, die mich Runde für Runde höher fliegen ließen.

Für das Wetter konnten die Leipziger Veranstalter nichts, nichts für das Schneetreiben, nichts für den Regen, nichts dafür, dass alles matschig, schlammig und überhaupt „usselig“ war. Aber das, wofür sie was konnten, war schon phänomenal. Für 45 EUR Startgebühr pro Team (!), also nur 15 EUR pro Starter, gab es einen gut organisierten Lauf, wo an jeder Ecke bedauernswerte Menschen in Neon-Schutzjacken herumstanden, um uns auf den richtigen Weg zu leiten, wo die Versorgung vorbildlich war, nicht nur wegen der Hot Bull Becherchen und nicht zuletzt gab es am Ende sogar noch kleine Geschenke für die Teams.
Leider war uns eine der wunderschönen Plastik-Schneekristalle am goldenen, silbernen oder bronzenen Band vergönnt, dafür waren wir einfach viel zu langsam, insgesamt gab es aber neben den Urkunden noch zwei Torten für unser Team.

Flo, Matthias und ich jedenfalls hatten uns viel zu erzählen, die Zeit verflog recht schnell und ich nutzte die mir durch das Red Bull – Team gewachsenen Flügel dann gleich noch, um nach Senftenberg zu fahren. Ich war ja schon im Vorjahr dort am Start des 50 K Hallen-Ultramarathons und damals erzielte ich eine neue persönliche Bestzeit über die 50K Distanz, jetzt, mit dem Marathon in den Beinen, wollte ich keinesfalls in die Nähe dieser Marke kommen, um auf keinen Fall doch motiviert zu sein, hier noch weiter „feilen“ zu wollen. Aber wenigstens unter 5 Stunden bleiben wollte ich schon.

In der X-BIONIC Laufweste ohne Laufshirt darunter sah ich einigermaßen gut aus, fand ich, und ich folgte als Schatten immer wieder anderen Läuferinnen und Läufern. Zwei, drei Runden gemütlich hinter einem anderen Läufer, dann wieder ein paar Runden allein mit etwas Druck aufs Tempo, so ging es letztendlich 4:56:10 Stunden lang, zuerst einfach, später dann zunehmend schmerzhaft. Das Entstehen und Wachsen der Blutblase bemerkte ich schon nach der Hälfte der 50 Kilometer auf der in den Kurven überbauten Indoor-Tartanbahn, das Scheuern der Weste kam dann etwas später in mein Bewusstsein.
Aber Weicheier sind wir Läufer ja alle nicht und so etwas muss halt jeder aushalten, der nicht bis zwei zählen kann, eine echte Lehre für das weitere Leben.

Der MIAU-Organisator Bernd Kalinowski, der auch in Leipzig gelaufen war, hatte zwischen den Senftenberger Ultra-Hallenmarathon und den Leipziger Winter! Marathon noch kurz den Senftenberger Hallen-Nachtmarathon eingeschoben, wahrscheinlich, weil auch Bernd nicht bis zwei zählen kann.
Und auch Marco Cych aus Bad Kreuznach lief außer in Leipzig noch in Senftenberg. Die Anzahl der „Verrückten“ nimmt also ständig zu …

In Senftenberg 2011 konnte ich meine Altersklasse gewinnen, 2012 erreichte ich nicht mehr als einen 6. Platz. Aber wer langsamer ist wie im Vorjahr, der kann auch nicht die Ergebnisse des Vorjahres erwarten. Es war mich auch egal, weil ich sowieso im Jänner nur viel Strecke laufen will, damit ich im Februar ohne Sorgenfalten auf das Laufen verzichten kann, wenn ich in Equador auf die hohen Berge wandere.
Und ein Glas der berühmten Spreewald-Gurken und eine Packung breiter Nudeln gab es dennoch für die Läufer.

Was ich aber wirklich unglaublich fand, war, dass selbst einige meiner Pacemaker noch fast eine Stunde nach meinem Zieleinlauf unterwegs waren, humpelnd, gehend, verzweifelt. Der Hallenboden und die Überbauung in den Kurven verlangen Dir schon einiges ab. Manche konnten schon nach 100 der zu laufenden 200 Runden nicht mehr richtig laufen, schoben Gehpausen ein oder änderten ihre Rennstrategie gänzlich auf das Walken oder Gehen.
Einen meiner Pacemaker vom Anfang des Laufs bewuderte ich, weil seine Runden immer exakt 1:30 Minuten lang waren, plus / minus eine einzige Sekunde.Ich lief so lange hinter ihm, bis er beim Verpflegungspunkt abgebogen ist. Später aber ging bei ihm nichts und meine ursprüngliche Annahme, es hier mit einem extrem erfahrenen und kontrollierten Läufer zu tun zu haben, schwand und ich bedauerte ihn, weil offensichtlich wurde, dass er dieses konstante Anfangstempo von exakt 6 Minuten pro Kilometer einfach nicht durchhalten konnte.

So skurril dieser Hallen-Ultra ist, so skurril ist auch die alte Niederlausitz-Halle, die noch den Charme der 70er und 80er Jahre verbreitet. Aber der Lauf dort ist einfach einzigartig, wenngleich man ihn leicht unterschätzen kann. Eine ganz besondere Erfahrung aber ist er auf jeden Fall.
Für mich aber war es nach 2011 der letzte Lauf dort, weil mich die rund 600 Kilometer bis Senftenberg immer wieder nerven.

Zumindest in diesem Punkt kann ich dann doch bis 2 zählen …

Irgendwie schräg, der Lauf …

Senftenberg ist weit weg. Senftenberg ist vielleicht die am weitesten entfernte Stadt Deutschlands für mich, weiter als Berlin, weiter als Dresden, eben irgendwo dazwischen zwischen diesen beiden aufregenden Landeshauptstädten.
Wer baut denn so eine Stadt irgendwo ins Niemandsland, so weit weg von jeglichen attraktiven Reisezielen, fast direkt an die Grenze zu Polen? Das ist doch eine echte Fehlplanung, oder?

Senftenberg, sorbisch Zły Komorow, ist eine Mittelstadt im Süden Brandenburgs in der Niederlausitz. Sie ist Kreisstadt des Landkreises Oberspreewald-Lausitz und befindet sich an der Schwarzen Elster sowie am Senftenberger See, der einer der größten künstlich angelegten Seen Europas ist.
Senftenberg
hat viel Braunkohle, aber die hat nach der Wende 1990 ihre Bedeutung verloren und Senftenberg hat eine alte, große Sporthalle, die Niederlausitz-Halle. Und in der verstecken sich so manche Geheimnisse.


Schöne Dinge, die man von draußen nicht sehen darf:
Richtige Gästezimmer in alter DDR-Manier beispielsweise, riesengroß, sehr preiswert (14 EUR inklusive Frühstück) und zum Zwecke der Volksüberwachung extrem hellhörig, aber auch recht nett.
Und eine weiche und federnde Tartanbahn, die in den Kurven nach oben stark angeschrägt ist und die exakt 250 Meter misst.

Die Geheimnisse, die sich auf dieser Tartanbahn abspielen, sind eine Reihe von Laufveranstaltungen an einem Wochenende, Läufe von 3.000 Metern bis hin zum Ultra-Marathon, wobei der normale Marathon, der Nachtmarathon und vor allem eben der 50 Kilometer Ultra-Marathon die Höhepunkte sind.
Und weil die ganz Eifrigen unter uns Läufern, die, die in ihrem Köpfchen noch eine Schraube mehr locker haben als wir anderen, sich nicht entscheiden können, welchen Lauf sie machen sollen, machen sie halt einen Marathon am Samstag und dann den Ultra-Marathon am Sonntag.
Sigrid Eichner, die aktuelle Weltrekordhalterin in absolvierten Marathons bei den Frauen, ist eine davon. Dabei hat sie noch richtig Glück gehabt, weil sie fast nicht starten durfte. Streng bürokratisch wollte man ihr am Empfang den Start beim Ultra-Marathon verweigern, weil sie nicht vorangemeldet war. Ein paar klärende Worte mit dem Veranstalter haben sie aber dann doch wieder auf die Tartanbahn gebracht.
Wenn ich mir vorstelle, nach dem Ultra-Marathon noch einen Marathon laufen zu müssen …
Nee, Kinder, was man sich doch alles antut, um glücklich zu sein … !

Ganz bestimmt tut man das aber nur, weil die Musik, die während des Laufs gespielt wird, uns alle daran erinnert, dass wir vor 30 Jahren, als diese Musik noch jung war, auch noch jung, schnell und spritzig waren. Da liefen Titel wie „Kung Fu Fighting“ und alte Hits der ABBA, Lieder also, die wir alle zwar gerne hören, das aber nur heimlich tun, damit niemand uns in die entsprechende Altersklasse steckt. Und zugeben, dass wir diese Musik gelegentlich gut finden, würden wir niemals. Das wäre ja fast so, als wenn wir auf eine „Ü30“ Party gehen würden!

Aber was heißt es, hier einen Ultra-Marathon zu laufen? 50 Kilometer, genau wie in Rodgau. Flach, noch flacher als in Rodgau, außer natürlich in den Kurven. Nicht allzu weit, gemessen an anderen Ultra-Veranstaltungen, aber irgendwie doch anders als in Rodgau.
Hier sind es nicht 10 Runden wie in Rodgau, sondern es sind eben mal 200 Runden. 200 Runden! Wenn ich Eier in der Schüssel schaumig schlage, dann erleben die keine 200 Runden …
Irgendwie schräg, der Lauf – und das nicht nur wegen der überbauten Kurven.

Wenn Du so einen Lauf machst und ihn einigermaßen ambitioniert angehst, dann wirst Du immer wieder einige Läufer überholen. Und das Überholen in der Kurve ist am Anfang noch lustig, dann aber wird es lästig, dann ärgerlich und am Ende überholst Du nur noch  auf den beiden Geraden, weil das ständige „auf die höher gelegenen Bahnen laufen“ anstrengend ist. Du liebst es anfangs, Du hasst es am Ende.

Ich hatte mich während des Laufs einer Lady angeschlossen, Kerstin Wohlgemuth aus der Oberlausitz – Niederschlesien, die von Ihrem Trainer sehr genau auf das für sie optimale Tempo eingestellt wurde, bei jeder der 200 Runden gab er seinen Kommentar zur aktuellen Geschwindigkeit. Beste Voraussetzungen für einen guten Lauf, dachte ich.

Aber die Lady, die am Ende Platz 2 in der Damenwertung und Platz 1 in der Alterswertung „W55“ belegte, war mir zu schnell. Ich dachte anfangs, sie läuft auf „sub 4:30 Stunden“, das hätte ich mir vielleicht noch zugetraut, Sie lief aber „sub 4:20 Stunden“, eindeutig nicht mein Laufniveau.
Von Runde 25 bis 100 lief ich mit ihr, dann aber habe ich mich etwas zurück fallen lassen, um mir dann auf den folgenden 100 Runden ständig zu sagen, dass 2:10 Stunden für die erste Hälfte einfach zu schnell für mich waren, eine deutlich schwächere zweite Hälfte folgte, als Strafe gewissermaßen. Aber es hat Spaß gemacht, anfangs mit Kerstin so konstant zu laufen.

Der Veranstalter hat mir vor dem Lauf schon gesagt, dass die weiche Tartanbahn die Bänder und Sehnen besonders stark fordern würde und ich muss feststellen, dass diese Vorhersage nicht ganz falsch war. Vor allem zwischen den Runden 150 und 170 hatte ich ein riesiges Motivationsloch und ich bin froh, dass sich das dann irgendwann wieder gegeben hat.
Aber die Oberschenkel brannten und ich konnte einfach keine großen Schritte mehr machen, das Tempo fiel kontinuierlich ab und so brauchte ich für die zweiten 100 Runden 2 Stunden und 36 Minuten, fast eine halbe Stunde länger als für die erste Hälfte!
Ungeheuerlich eigentlich, aber ich hatte keine Lust, mich da zu quälen. Schade eigentlich, so im Nachhinein betrachtet …

Versteckt unter der hohen Hallendecke blieb dann auch, dass ich dort in Senftenberg zum ersten Mal meine Altersklasse gewonnen habe – ich wollte es erst gar nicht glauben. Vor allem wollte ich nicht glauben, dass man mich in der Klasse „M50“ führt. Wie kommen die denn auf so etwas? Ich bin doch kaum älter als Ende 30, höchstens Anfang 40 !!!
Aber wenn man die Altersklasse gewinnt, dann ist man auch bereit, in der Klasse „M50“, „M60“ oder noch älter zu starten.


Als ich also nach rund 4:46:32 Stunden endlich über die Ziellinie lief (zum zweihundertsten Mal an diesem Tag!), rief der Moderator, dass eben der Sieger der „M50“ eingelaufen sei. OK, es war nur eine kleine Gruppe von Läufern in der Klasse „M50“ vertreten, aber immerhin, ich fand es toll und war stolz auf mich.
Und so ganz nebenbei habe ich meine persönliche Bestzeit auf 50 Kilometer auch noch dramatisch verbessert, um ganze 22 Sekunden! Das ist dann auch ganz anders und viel besser als in Rodgau.

Schade, dass die Hallendecke der Niederlausitz-Halle auch dieses Geheimnis für immer bewahren wird.

Die NEU-linge von morgen …

Immer etwas Neues ausprobieren, immer etwas Neues laufen, was liegt da näher, als einmal diesen Lauf zu machen, den NEU.

Ich muss dazu sagen, dass ich den NEU schon im alten Jahr laufen wollte, aber das hat dann terminlich nicht gepasst.
Und auf meiner Suche nach einem Event am Wochenende habe ich gesehen, dass es leider nur sehr wenige offizielle Möglichkeiten gibt, zu laufen.
Der Honigkuchen-Marathon in Kevelaer? Zwar interessant und kultig, aber nichts für mich, für den muss man sich Monate im Voraus anmelden!
Der Indoor-Marathon in Aarhus in Dänemark? Auch interessant, aber Indoor laufe ich schon am 23. Januar in Senftenberg und Aarhus ist auch einfach zu weit für einen Wochenendlauf.
Oder doch nach Coburg zum Coburger Wintermarathon? Auch weit, finde ich, obwohl meine Schwester fast nebenan wohnt.

Also der NEU, der von Stefan Vilvo organisierte Nord Eifel Ultra, wie er sich ausgeschrieben nennt.
Start ist in Düren, also gewissermaßen vor der Haustüre, es ist ein kleiner Privatlauf, kein richtig organisierter Wettkampf, so etwas wie unser Rheinburgenweg-Lauf im März. Und diese Läufe liebe ich, sie sind so persönlich und man hat keinen Wettkampfdruck. Zeit, miteinander zu reden und sich für andere Läufe zu verabreden.

Aber mit wem redet man 56,3 Kilometer lang, wenn man niemanden kennt?
Also lohnt ein kurzer Blick auf die Liste der NEU-linge von morgen und da fällt auf, dass ich vielleicht doch die eine oder andere Läuferin, den einen oder anderen Läufer, schon irgendwo einmal gesehen habe.

Und das sind die NEUlinge:
Florian Bechtel
Harald Gatzen
Alexander Henz [4]
Jörg Benz
Peter Virnich
Jochen Kruse
Heiko Harks
Dieter Ehrenberger
Jürgen Büchel [2]
Henk Geilen [3]
Bernd Gawrisch
Ina Heins
Tobias Lagemann [2]
Susanne Alexi [2]
Helmut Hardy [4]
Jörg Segger [2]
Stefan Vilvo [5]
Thomas Eller

Betreuung:
Peter Decker [5]
Konrad Vilvo [5]

Ich sehe schon, das kann nicht langweilig werden, da wird viel geredet.

(Klicken zum Vergrößern!)

Also starten wir morgen früh um 9.00 Uhr gemeinsam in Düren auf dem Annakirmesplatz, um eine 56,3 Kilometer lange gemeinsame Laufrunde durch die Nordeifel zu drehen.
Vielleicht kommen ja noch ein paar Läufer dazu, vielleicht sogar auch Du?

Die Runde wird gemütlich und locker laufen, angesichts meines aktuellen Trainingszustands ist für mich auch nicht mehr drin, das passt also ideal. Aber ich hoffe, dass ich danach gerüstet bin für den 50 Kilometer Hallen-Ultramarathon in der alten von der DDR-Romantik geprägten Turnhalle in Senftenberg, ein Ultralauf, der ganz besonders fordernd sein soll, weil die Bänder und Sehnen durch den Belag des Laufkurses enorm belastet werden. Zudem musst Du, weil die Kurven angeschrägt sind, spätestens nach der Hälfte beim Überholen und Überrunden der langsameren Teilnehmer, die wegen der Fliehkraft immer innen laufen, stets einen Bogen „nach oben“ machen, um voran zu kommen.
Aber das ist eine Geschichte für die übernächste Woche.

Heute freue ich mich erst einmal auf Jörg Segger, den ich schon Monate lang nicht mehr gesehen habe. Er organisiert mit Heinrich Dahmen gemeinsam zum dritten Mal den Erft-Spendenlauf. Der NEU ist also eine guten Gelegenheit, darüber zu reden.
Ich freue mich auf Florian Bechtel, meinen „Fast-Laufpartner“ des PTL 2010. Nur die damalige schwierige familiäre Situation hat diesen Ursprungsplan scheitern lassen. Ihm bin ich wohl auch ewig dankbar, er hat buchstäblich „meinen Arsch gerettet“.
Bei der TorTOUR de Ruhr hatte ich mir in der Poritze „einen Wolf gelaufen“ und er rettete mich mich unglaublich heilsamen und wirkungsvollen medizinischen Klebebändern, die er auf die wunden Stellen klebte.

Ich freue mich auf Helmut Hardy, der für den September etwas Großes angekündigt hat und einen wirklich beeindruckenden Jahresbericht über sein Jahr 2010 geschrieben hat. Live gesehen habe ich ihn zuletzt in Troisdorf beim dortigen 6-Stunden Lauf. Er organisiert immer den wunderschönen Eifelsteig-Etappenlauf, ein Lauf, der landschaftlich so schön ist, dass man erlebt haben muss!
Und ich freue mich auf natürlich auf Susanne Alexi mit ihrem unverwechselbaren Hüpfschritt, ihrer stets guten Laune, die bei allen langen Läufen dabei ist. Nach dem „schrägen O.“, der TorTOUR de Ruhr ist sie mir spätestens durch die gemeinsamen Tage im „Petzimobil“ beim Lauf über den Elberadweg von Dresden nach Hamburg ans Herz gewachsen.
Auch wenn damals nicht alles „rund gelaufen“ ist war das insgesamt eine total tolle Tour und ich beneide Torsten Riemer und Michael Eßer schon jetzt, mit Hauke König ab dem 17. Januar einmal Schleswig-Holstein zu umlaufen, natürlich begleitet vom „Petzimobil“.

Natürlich freue ich mich auch auf Henk Geilen, Jochen Kruse, Jörg Benz und die anderen. Über die und deren Laufgeschichte schreibe ich aber ein anderes Mal …

Oh, Ihr NEU-linge, ich freue mich!

Huub Stevens: „Die Null muss stehen!“

"Die Null muss stehen!" Mit diesem Ausspruch wurde Huub Stevens berühmt, holte als Trainer von Schalke 04 den Europapokal und er ist mein Vorbild für den Januar 2010!

Ich habe lange gebraucht, um Huub Stevens‘ Leitsatz für mich anzuwenden. Aber auch die, die länger brauchen, werden am Ende erfolgreich sein.

Zwar stimmt es, dass zwei geschäftliche Termine dazu kommen mussten, um dieses hervorragende Ergebnis zu erzielen. Erst war da das Jahrestreffen des Unternehmens, das am Vorabend des Senftenberger Hallenmarathons stattgefunden hat. Das dauerte fast bis Mitternacht und so war es nicht möglich, am nächsten Tag am Morgen in Senftenberg zu sein.
Und letzten Freitag musste ich in Heilbronn aushelfen und da war so viel los, dass ich erst so spät weggekommen bin, dass ich nur eine gute halbe Stunde des Dieter Nuhr – Programms „Nuhr die Ruhe“ in Sinzig erleben konnte.
Nach dem Programm ging es zwar gleich nach Hause, aber es war dennoch Mitternacht, bis ich ins Bettchen kam.

Am nächsten Morgen bin ich schon um 5.30 Uhr aufgestanden, um wenigstens noch die Dinge im Büro zu erledigen, die nicht aufschiebbar waren. Das waren ein paar Telefonate führen, das Erstellen eines digitalen Overlays für eine Samstag Abend Veranstaltung bei einer befreundeten Werbeagentur, das Lesen einiger eMails und das Einrichten eines WordPress-Blogs für das Schülerprojekt des Leistungskurses Erdkunde des Peter-Joerres-Gymnasiums in Bad Neuenahr, also für ein „OneWorld – OneFuture“ – Projekt in Tansania, wo die Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse für drei Wochen auf dem Campus einer tansanischen Schule mit tansanischen Schülern gemeinsam leben und lernen wollen.

Dieses Blog heißt:
„Usambaraberge (www.usambaraberge.wordpress.com)“ und musste deshalb fertig werden, weil die Schüler gleich los ziehen wollten, um Sponsoren für das Projekt zu werben. Und da ist es ja nett, wenn man etwas zum Zeigen hat …

Ich merkte sehr schnell, dass ich mich zeitlich vollkommen verschätzt hatte und es war schon genau 7.30 Uhr, als ich auf die Uhr sah. Es war die spätest mögliche Zeit zum Losfahren zum RLT-Ultramarathon, weil ich die Startunterlagen in Rodgau bis spätestens 9.30 Uhr hätte abholen müssen. Und noch saß ich im Bademantel vor dem Rechner …
Ich hätte noch meine Sachen packen müssen, mich abkleben müssen, die Zehennägel wären noch zu schneiden gewesen und anziehen hätte ich mich wohl auch noch sollen.

Also beschloss ich, Huub Stevens Rat zu folgen und zumindest für diesen Januar festzulegen: „Die Null muss stehen!“

In 2010 will ich sowieso nicht so viele Wettkampf-Kilometer absolvieren wie in 2009, lieber konzentriere ich mich auf die wirklich langen und interessanten Läufe und bereite mich darauf gut vor. Gut vorbereiten bedeutet wiederum, dass die Grundlagenausdauer weiter trainiert werden muss. Ich habe in der letzten Zeit viel zu viele Läufe gemacht, aber auch viel zu wenige ruhige lange Trainingsläufe, die gezielt über die Pulsfrequenz gesteuert werden. Und weil Schnee wie Sand ist, wenngleich etwas kühler, dachte ich, dass es eine gute Idee wäre, lange ruhig durch den Schnee der Voreifel zu laufen.

Ich entschied mich für eine insgesamt 35,5 Kilometer lange Runde von meinem bescheidenen Häuschen über Bad Neuenahr-Ahrweiler, Altenahr und Kalenborn wieder nach Hause. Es war keine gute Entscheidung. Ich hätte nicht gedacht, wie anstrengend ein Lauf durch den tiefen und frischen Schnee ist. Ich bin auf Wegen gelaufen, die noch jungfräulich vor mir lagen, kein Mensch, kein Auto, niemand hatte den Schnee plattgedrückt. Spätestens kurz vor Altenahr war ich physisch und pyschisch fertig und ich gönnte mir eine Trinkpause in der Shell-Tankstelle meines Lauffreundes Peter Schmitz in Altenahr, um ein wenig zu regenerieren. Aber danach ging es gleichzeitig relativ steil nach oben, in immer tieferen Schnee hinein und es wurde später und später. Ich machte mir Sorgen, weil ich keine Stirnlampe mitgenommen hatte und versuchte, während des Laufens ein paar Freunde zu erreichen, immer mit dem Ziel, meine Botschaft zu übermitteln.
Und diese Botschaft hieß: bitte mache mir einen Gefallen und hole mich in Kalenborn ab!

Aber ich habe niemanden erreicht. Kein Wunder in einer Gegend und einer Jahreszeit, in der man entweder laufen geht oder sich auf einer Karnevals-Veranstaltung betrinkt. Zu Hause jedenfalls war niemand. Also musste ich noch die letzten 12 Kilometer über Esch und Gelsdorf laufen, aber ich entschied mich, einen Teil der Strecke neben der Straße zu laufen, um die Füße nicht so hoch heben zu müssen. Es war kurz vor der Dämmerung, als ich wieder zu Hause war. Trotz allem habe ich diesen Lauf genossen und habe Teile davon am gestrigen Sonntag noch einmal mit meiner Frau Gabi wiederholt, garniert mit einer parallel laufenden anderen Strecke.

All das im sonntäglichen Sonnenschein und nach erneut frisch gefallenem Schnee. Es war fantastisch und wunderschön. Wir sind an Wanderern vorbei gelaufen, haben seltene Exemplare der Spezies „Nordic Walker“ überholt, haben uns vor rund einem Dutzend frei laufender Hunde gefürchtet und haben Kinder gesehen, die jeden Abhang genutzt haben, um Schlitten zu fahren. Ein Sonntag im Schnee …
Schade, dass wir alle nebenbei noch ein wenig arbeiten müssen, sonst würde ich während der ganzen Winterzeit auf den Hügeln um Kalenborn herum meinen Körper bewegen.

Wenn ich nun aber an die bis zu 72 Kilometer-Etappen durch die marokkanische Wüste denke, dann bekomme ich schon gewisse Hemmungen und Ängste. Eigentlich sollten mir 230 Kilometer an 7 Tagen nichts ausmachen, aber wenn es nur durch Dünen geht, dann kommt da noch einiges an zusätzlicher Schwierigkeit dazu, von der Hitze und dem wenigen Wasser abgesehen. Das Schnee-Lauftraining vom Wochenende aber sollte mir beim „Marathon des Sables“ (MdS) helfen und wenn ich dort an die verschneiten Hügel der Voreifel denke, dann wird vielleicht auch die Hitze ein klein wenig erträglicher sein.

Auf jeden Fall habe ich so einen Lauf-Monat hinter mich gebracht, der tatsächlich eine Null bei Wettkampfkilometern stehen hat. Klasse Leistung, TomWingo!
Huub Stevens wäre stolz auf mich!