Wer verkauft Leitungswasser?

Michael Frenz (Neues vom Hexer) fragte über Facebook an, ob ich Zeit hätte, mit ihm die Erkundung eines Teils der Strecke seines Barbarossa-Etappenlaufs durchzuführen.
Es ist ja nicht so, dass ich vor lauter Langeweile nie weiß, was ich mit mir anfangen soll, aber so ein Scouting ist es allemal wert, ein paar weniger wichtige Aufgaben vorzuziehen oder auf später zu verschieben. Zudem sollte es mit dem Mittwoch und dem Vatertag am Donnerstag sowieso nur ein Bürotag und ein Feiertag sein, das schien machbar.
Bei der Überprüfung des Bollerwagens stellte ich sowieso fest, dass die Vatertagstour mangels Bollerwagen und mangels alkoholischer Getränke hätte ausfallen müssen, also beschlossen Michael und ich, gemeinsam 140 Kilometer an zwei Tagen zu laufen. So weit, so gut und leicht.

Schwieriger aber wurde es dann, als es in die Detailplanung ging.
Sollten wir erst nach Sondershausen fahren und dort den Zug nach Rotenburg an der Fulda nehmen oder sollten wir nach Rotenburg an der Fulda fahren und nach den Läufen von Sondershausen mit dem Zug zurück?
Gegen die erste Variante sprach, dass wir nach der langen Autofahrt und der langen Zugfahrt kaum noch Zeit zum Laufen gehabt hätten, gegen die zweite Variante sprach, dass der letzte Zug von Sondershausen am Vater-Feiertag um 19 Uhr ging. Und 80 K auf dem Trail bis 19 Uhr? Da tickt dann irgend etwas in Deinem Läuferhirn – und das meist nicht mehr richtig.

Wir entschieden uns dann für die Variante drei, die Michael kurzfristig entwickelt hatte. Wir fuhren nach Eschwege, ganz früh am Morgen. Aufstehen um 4 Uhr, quasi mitten in der Nacht! So aber konnten wir früh in Eschwege starten, um die 80 K, die wir bis Sondershausen vor uns hatten, einigermaßen entspannt laufen zu können.
Rechtzeitig aufgestanden ist aber noch nicht rechtzeitig losgefahren und schon gar nicht rechtzeitig losgelaufen! Statt um 6 Uhr wie erhofft starteten wir tatsächlich erst um 7.45 Uhr, quasi kurz vor Mittag. Und weil der letzte Zug aus Sondershausen nach Eschwege sogar schon um 18 Uhr gefahren wäre, hatten wir rund 10 Stunden Zeit für diese 80 K, 7 1/2 Minuten pro Kilometer Trail, Gespräche über das Ausrichten von VPs, Essenspausen und sonstige Ruhezeiten inklusive.

Wir irrten uns gewaltig mit der benötigten Zeit und beschlossen nach einem guten Marathon in Mühlhausen/Thüringen, dass wir jetzt müde wären und dass Micha, der sowieso noch die letzten beiden Etappen zu erkunden hatte, auch noch die zweite Hälfte der Königsetappe mit erkunden könnte, auch deshalb, weil das schöne, wellige, waldreiche Gebiet nun durch platte Landschaft ersetzt würde.
Bei EschbornEschwege ist tatsächlich eine schöne Stadt mit tollen und riesigen Häusern, meist noch aus der Gründerzeit und die Laufstrecke Richtung Thüringen, die sich erst 10 Kilometer lang relativ flach durch ein Tal zieht, ist auch schön. Und dann kommt Wanfried.
Gleich am Ortseingang gibt es ein Restaurant, das von einer netten blonden Niederländerin geführt wird, die zudem „Frau Holland“ heißt. Kein Scherz, Tatsache.
Sie macht das noch nicht sehr lange, aber dafür ist es dort wunderschön. Ein Kanal liegt vor der Haustüre, ein Segelschiff liegt dort vor Anker. Planwägen hübschen die Terrasse vor der Restauranttüre auf und Holzfässer stehen dort herum. Bei einem Wetter wie der Hitze des Mittwoch vergangene Woche ist das ein unwirkliches, aber wunderschönes Bild.
Und danach ging es nach oben in die Berge, bis hin zu einem hohen Aussichtsturm aus Holz, von dem aus Du die gesamte Landschaft überblicken kannst.

Wenn bei Michael irgendwo Trail drauf steht, dann ist auch Trail drin, ganz sicher. Und so trailten wir Kilometer für Kilometer, erst gegen die Uhr und dann in dem Bewusstsein, dass es eben noch eine andere Lösung geben muss. Und die gab es dann ja auch, glücklicherweise.
Mir blieb in besonders guter Erinnerung der VP kurz vor Mülhausen/Thüringen. Es ist ein Demeter Laden, in dem es allerlei gesunde Sachen rund ums Essen gab. Und es gab dort auch besonders nette Leute. Der Chef dort war so nett, dass es nun dort einen VP geben wird, der auch mit gesundem Demeter Obst aufwarten wird.
Alle Barbarossa-Läufer vom Juli dürfen sich schon ab jetzt auf gesunde Vitamine freuen.

Weil wir also „nur“ einen guten Marathon gelaufen sind, waren wir auch sehr früh wieder in Eschwege. Wir blieben dann in der Jugendherberge, in der auch die Läufer untergebracht sein werden. Und auch wir standen sehr früh auf. Aber die langsameren Läufer des Etappenlaufs werden an dieser Stelle angesichts der anstehenden Königsetappe sogar noch früher aufstehen müssen als wir es taten.
Dann fuhren wir nach Rotenburg an der Fulda, um dort früh starten zu können. Je früher wir starten, dachten wir, desto früher sind wir wieder zu Hause, desto früher dürfen sich unsere Frauen wieder an uns und wegen uns freuen. Oder für uns, wer weiß das schon so genau?

Das Wetter am Donnerstag war schon deutlich kühler und in der Ausprägung ab Nachmittag auch eher feucht. Und wir glätteten die Etappe ein wenig, sodass aus den geplanten 60 K effektiv gute 50 oder 52 K wurden.
An diesem Tag trafen wir eine überforderte Bäckerin, deren Auffassungsgabe wir ein paar Mal strapazieren mussten, aber am Ende stand eine gute Bestellung für einen VP mit leckeren ISO Getränken und Kuchenstücken, die ich am liebsten alle testgegessen hätte.
Ferner trafen wir eine engangierte Klostermitarbeiterin, die sich sofort und engagiert für unsere Belange einsetzte, dem Motto des Klosters, Bedürftige aufzunehmen und zu bewirten, folgend.

Und wir trafen nach einem sehr, sehr steilen Berg ganz oben an der Burgruine auf ein unglaublich frequentiertes Fest, in dem das Bier in Strömen floss, die Menschen wie in einer Prozession in Massen hinpilgerten und das nahezu niemanden nüchtern hinterließ, außer uns Läufer und außer den Kindern, die sich eher an Fanta oder Cola hielten, ihre Bibelfestigkeit aber durch den massiven Gebrauch von Kinderwaffen (Pistolen und Maschinengewehre) bewiesen.
Wenn diese Waffen wie die „My first rifle“-Waffen für Vierjährige in den USA echt gewesen wären, dann hätten wohl am Ende ein paar Leichen verscharrt werden müssen, so aber erlebte jeder der vielen Festbesucher, wie ein starker Platzregen mutmaßlich das Festgelände innerhalb von Minuten menschenleer gemacht hat. Wir aber erlebten es nicht, weil wir zu diesem Zeitpunkt schon ein gutes Stück weiter waren.

Bevor aber das Burgruinen-Fest kam, gab es eine wirklich skurrile Szene. Wir waren schon nahezu „trocken“ und entschlossen uns, einen im Garten sitzenden Herren zu bitten, uns mit Wasser zu versorgen oder uns den Zugang zum Wasserhahn zu gewähren.
Er hörte sich das eifrig an, dachte intensiv nach und antwortete laut und deutlich, langsam und bestimmt: „Nein, brauche ich nicht …!“
Wir wiederholten unsere Bitte und er dachte noch länger nach als vorher. Aber er antwortete fast gleich wie zuvor: „Nein, brauche ich nicht …!“

Wer verkauft denn Trinkwasser in 0,75 Liter Plastikflaschen? Nein, wir wollten nichts verkaufen, wir wollten nehmen. Und das durften wir dann endlich auch irgendwann:
Anschließend schüttelten wir erst den Kopf und dann die Wasserflaschen.
Kurz vor dem Ziel in Eschwege kamen wir auch in diesen enormen Platzregen und wir genossen es danach, die letzten Kilometer bis zum Eschweger Bahnhof in sehr gemäßigtem Tempo zurück zu legen.

Wir quatschten viel in diesen beiden Tagen und ich habe auch sehr viel von und über Michael gelernt.
Aber was das war, darüber erzähle ich in einer anderen Geschichte …

Am Wochenende gibt es original fränkischen Pfefferkarpfen …

Pfefferkarpfen mit Polenta – Muffins

Pfefferkarpfen:
Die Karpfenstücke mit Knoblauch einreiben, salzen und pfeffern und in eine feuerfeste Auflaufform legen, dazwischen die Erdäpfelscheiben, Zwiebel- und Paprikaringe und die Karottenstücke geben.
Das Ganze mit Wasser aufgießen, sodass die Filetstücke bedeckt sind. In weiterer Folge den Saft der Zitrone, einige Pfefferkörner, 1 EL Butter und den halben Suppenwürfel dazugeben.
Zum Schluß alles mit gehackten Kräutern bestreuen, mit Alufolie abdecken und ins Backrohr bei 200 Grad Celsius für 40 bis 50 Minuten geben.

Polenta – Muffins:
1/2 Liter Milch, 1/2 Liter Wasser, 3 Eckerlkäse und Salz zum Kochen bringen.
250 g Maisgrieß einrieseln lassen und ca. 10 Minuten auf kleiner Stufe quellen lassen, öfters umrühren. Danach gehackte Kräuter und 50 g Parmesan dazugeben und etwas stehen lassen.
Zwischenzeitlich ein Muffinsbackblech einfetten und mit Brösel ausstreuen, die Polentamasse dann einfüllen und bei ca. 200 Grad 20 bis 25 Minuten im Rohr backen.

Schwierigkeitsgrad: leicht
Personen: 4
Zubereitungszeit: 50 Minuten
Vorbereitungszeit: 30 Minuten
Zutaten:
2 St Karpfenfilets in portionsgroße Stücke geschnitten, Salz, Pfeffer nach Geschmack
1/2 St Suppenwürfel, Knoblauch, 1 St Zwiebel (in Scheiben/Ringe geschnitten)
2-3 St kleinere Erdäpfel (in Scheiben geschnitten)
1 EL Butter, Saft einer Zitrone, gehackte Kräuter, Pfefferkörner
je 1 St roter Paprika, Karotte (geschnitten)


Du weißt ja vielleicht, dass ich ein gebürtiger Franke bin, ein Nürnberger, um genau zu sein. Ich weiß aber nicht, ob ich an einem Freitag geboren wurde, aber falls es ein Freitag gewesen sein sollte, dann gab es zu Mittag bestimmt eine typisch fränkische Spezialität: den fränkischen Pfefferkarpfen.

Als Baby hatte ich sicherlich auf den Pfefferkarpfen wenig Lust, wahrscheinlich war mir ein Gläschen mit Karottenmus oder Griesbrei lieber. Und am Wochenende, wenn es wieder fränkischen Pfefferkarpfen gibt, werde ich wohl auch nicht mitschlemmen, sondern einen vegetarischen Gemüseauflauf bevorzugen. Die fränkischen Pfefferkarpfen überlasse ich den 29 anderen Läufern und den 5 Helfern, sie werden sich das Essen durch fleißiges Laufen redlich verdient haben.

Wobei wir beim Laufen wären, beim Pfefferkarpfen-Lauf. Im Steppenhahn-Forum habe ich zuerst von diesem Lauf gelesen, als sich ein paar Läufer darüber gestritten haben, ob es nun der Pfefferkarpfen-Lauf oder der Pfefferkrapfen-Lauf sei. Als Franke war mir natürlich klar, dass es sich um den Fisch handeln musste, aber einen Krapfen (Berliner), gefüllt mit frischem scharfen Pfeffer, inspiriert auch sehr. Ich liebe ja bittere Schokolade, die mit Chili gefüllt ist, vielleicht wäre ich auch ein Fan dieser neuen Backspezialität?
Mitte der Woche erzählte mir dann mein lieber Laufkumpel Kurt Süsser, dass er am Wochenende beim Pfefferkarpfen-Lauf dabei wäre. Er war es auch, der mir die entsprechende Einladung besorgt und so mein Mitlaufen möglich gemacht hat.

So geht es am Samstag 54 Kilometer lang als Gruppenlauf von Nürnberg-Schnepfenreuth Richtung Pommersfelden. Dort gibt es im Pommersfeldener Hotel „Grüner Baum“ für die Läufer und die Helfer eben diesen fränkischen Pfefferkarpfen. Und nach einer wahrscheinlich kurzen Nacht geht es dann am Sonntag wieder die 54 Kilometer zurück nach Nürnberg. Aber am Sonntag heißt es dann, sich zu sputen, damit ich mein Tennisspiel um 20 Uhr in Bad Neuenahr nicht verpasse.

Die ganz besondere Freude aber hatte ich heute, als die Teilnehmer-Liste per Mail erhielt. Außer dem Veranstalter Olaf Schmalfuß und Kurt Süsser sind weitere 27 Läuferinnen und Läufer dabei. Nicht alle Namen sagen mir etwas, aber auf manche freue ich mich ganz besonders.
Vor allem freue ich mich auf den lieben Gottfried „Gotti“ Oel, den ich 2009 beim SwissJuraMarathon kennen- und schätzen gelernt habe, lies dazu mal meinen Bericht „Vom ersten bis zum letzten Tag“. Wir werden sicher viel zu tratschen haben …

Klaus Neumann, der König der Ultra-Marathons, ist auch dabei. Ihn habe ich zuletzt beim Sondershausener „Unter-Tage-Marathon“ gesehen. Bewundernswert und rekordverdächtig sind seine 109 Ultra-Marathons im Jahr 2009, einfach sensationell.
Als Teilnehmer des „TransEurop-FootRace“ kamen alleine dadurch letztes Jahr 72 Ultras auf sein Konto und so beschloss er, in 2009 die 100 Ultras voll zu machen und da muss er sich wohl irgendwann ein wenig verzählt haben …
Ich erinnere mich bei Klaus auch seine Antwort auf meine erste Frage an ihn. Es war beim Eisweinlauf vor einigen Jahren und ich hatte eben erst erfahren, dass Klaus drei Mal Spartathlon und zwei Mal Badwater erfolgreich hinter sicht gebracht hat. Ich nannte das „cool!“ Klaus aber antwortete: „Nein, nicht cool. Das war heiß, extrem heiß!“

Den letzten Mitläufer, den ich erwähnen will, ist Alexander von Uleniecki aus Berlin. Mit ihm habe ich mich in den letzten Wochen ein paar Mal per Mail ausgetauscht, weil er der Ausrichter der „Berliner Mauerläufe“ ist. Ich bin sehr froh, ihn bei dieser Gelegenheit auch persönlich kennen zu lernen. Interessant ist es übrigens, die Teilnehmerliste der Mauerläufe anzusehen. Viele der Läuferinnen und Läufer des kommenden Wochenendes finden sich dort wieder. Ich bin also umgeben mit hervorragenden Läuferinnen und Läufern, Menschen mit viel Erfahrung und interessanten eigenen Geschichten.

Vielleicht erzähle ich an dieser Stelle die eine oder andere davon in den nächsten Wochen, aber nur, wenn die Läufer nicht so still sind wie die fränkischen Pfefferkarpfen, die am Samstag Abend bei den meisten von uns auf dem Speiseplan stehen.

Meine Reise zum Mittelpunkt der Erde …

Dort, wo ein kilometerlanges unterirdischens Straßenlabyrinth tief unten im Berg eingerichtet ist, dort, wo es 700 bis 900 Meter unter der Erde heiß, staubig, salzig und extrem trocken ist, dort, wo über viele Jahre Kalisalze (Streusalze) abgebaut wurden, dort ist Sondershausen.

Dort in Sondershausen findest Du das „Erlebnisbergwerk Glückauf“, ein ehemaliges Gewinnungsbergwerk, das durch seinen über einhundert Jahre andauernden Abbau ein enorm ausgedehntes untertägiges Grubenfeld (NW-SE ca. 20 km, NE-SW ca. 5,5 km) besitzt. Vergleichbar ist das untertägige Streckennetz in seiner Größe mit dem Straßennetz einer mittleren Großstadt wie die nahe gelegene Stadt Erfurt, Halle oder die hessische Metropole Kassel.

Aber Du kannst in Sondershausen mehr machen als nur eine wirklich interessante Grubenfahrt oder riesige Stollen besichtigen. So kannst Du beispielsweise dort auch heiraten. Trauungen im Festsaal sind nicht nur möglich, sie bieten auch den immensen Vorteil, dass danach es in der Ehe eigentlich nur noch bergauf gehen kann. Das ist vielleicht auch einer der Gründe, warum Hochzeiten auf dem Mt. Everest eher selten stattfinden.

Oder Du buchst eine geologische Führung, bei der Du erfährst, dass, so sagt es die Webseite, „die Kalilagerstätte, die hier im Südharz innerhalb der Staßfurt-Folge im Flöz Staßfurt abgebaut wurde, durch eine hell- bis dunkelrote Farbe gekennzeichnet ist. So können die Besucher recht deutlich erkennen, wann der Wechsel von den Hauptstrecken im Steinsalz in ein ehemaliges Abbaurevier im Kalisalz erfolgt. Kalisalze die im Bergwerk abgebaut wurden, sind anhydritisches Hartsalz und Carnallitit.
Über den Salzhorizonten lagern im Bergwerk mächtige Gesteinsschichten aus Grauem Salzton und unterem Buntsandstein, die auch das Bergwerk vor Wasserzuflüssen schützen. Die weiter südlich gelegenen Grubenbaue sind z.T. auch noch mit dem dort über Tage anzutreffenden Muschelkalk überdeckt. Den Buntsandstein trifft man regional auf dem Höhenzug Windleite, den Muschelkalk auf dem Höhenzug Hainleite wieder. Die Anhydrithorizonte stehen, bedingt durch die Heraushebung des im Norden gelegenen Harzes im Tertiär, am Südharzrand teilweise an der Tagesoberfläche und werden an einigen Standorten auch industriell abgebaut (Niedersachswerfen).“
Weiterhin angeboten werden auch Fahrradtouren für Amateure, Fahrradrennen, eine Salzrutsche, eine Kleinbahnstrecke unter Tage oder auch eine Kahnstrecke auf dem Laugensee.

Last, but not least, werden dort auch Laufveranstaltungen angeboten, die bekannteste davon ist der „Unter-Tage-Marathon“. Die nackten Zahlen haben mich schon 2008 fasziniert: 4 Runden à 10,5 Kilometer mit jeweils 300 (+) Höhenmetern, nur 460 zugelassene Läufer (gesamt für Halbmarathon und Marathon), Temperaturen von 25 bis 30 Grad, je nach der Tiefe der Laufstrecke,Laufen mit einem Schutzhelm, üblicherweise mit einem Fahrradhelm und das ganze in extrem trockener und staubiger Luft. Echte Hardcore-Bedingungen also, die diesen Lauf in die Liste der „Crazy Runs“ gebracht haben.

2008 habe ich diesen Lauf das erste Mal gewagt und das war so schön, dass ich diesen Marathon unbedingt 2009 wiederholen wollte. Schon das Einfahren in das Bergwerk mittels zwei- oder dreistöckiger Fahrkörbe ist ein echtes Erlebnis. Wo hast Du denn schon mal die Möglichkeit, einen Aufzug zu wählen, der Dich 700 Meter tief bringt?
Übernachtet habe ich wie im Vorjahr in der Jugendherberge Juventas in Sondershausen, ich bekam das gleiche Zimmer unter dem Dach mit eigenem Bad und kleinem TV-Gerät. Sauber und relativ frisch renoviert und mit 26 EUR plus 5 EUR für das Frühstück auch ein echtes „Schnäppchen“. Leider konnte ich am Freitag erst nach dem Bürotag und nach zwei Stunden Tennis kurz nach 19.00 Uhr losfahren und ich war sehr froh, gegen 23.00 Uhr in Sondershausen gewesen zu sein. Es blieb keine Zeit, um noch etwas zu essen oder zur Ruhe zu kommen, sofortige Bettruhe war angesagt, obwohl ich gerne bei der im Erdgeschoss laufenden Jugendparty mal reingeschnuppert hätte.

Um 5.30 Uhr war dann am Samstag Morgen die Nacht zu Ende. Die üblichen Vorbereitungen wie immer vor einem langen Lauf und gleich bemerkte ich zwei Dinge. So hatte ich meinen Fahrradhelm zu Hause vergessen und musste dann mit einem gelben Hartschalen-Helm der Betreibergesellschaft laufen, nicht wirklich perfekt, aber „unique“. Und ich bemerkte beim morgentlichen Zehennägel schneiden, dass ich mein rechter großer Zehennagel verabschieden wird. Um ihm zu stabilisieren habe ich vorläufig ein großes Compeed-Blasenpflaster um den „dicken Onkel“ geklebt, damit der Nagel nicht während des Laufs unkontrolliert „bye bye“ sagt.
Das Frühstück war ok und ich traf einen Bekannten, den Mega-Ultraläufer Klaus Neumann, der allein in 2009 100 Ultras (!) gelaufen hat, 72 Stück davon beim „Trans European Footrace“ von Bari / Italien bis zum Nordkap, eine sensationelle Leistung! Ferner unterhielt ich mich mit einem Läufer, der neben dem StrongManRun auch den ToughGuy in England 2009 gemacht hat. Endlich mal jemand, mit dem ich mich darüber unterhalten konnte.
Dann fuhr ich zum Bergwerk, um die Startunterlagen zu holen und fuhr mit dem ersten Aufzug um 7.30 Uhr ein. In den gut zwei Stunden, die noch Zeit waren bis zum Start, traf ich unten meine Lauffreunde Lars Schläger (TransAlpineRun 2008, Treppenmarathon 2009, UTMB 2009) und Martin Raulff (24-h DLV Challenge 2009, UTMB 2009, KiLL50 2009), der von seinem Vater begleitet wurde. Später verriet dieser mir, dass er die Stimmung und das Event großartig fand und auch mächtig stolz ist auf seinen Sohn. Darf er auch, finde ich.

Lars Schläger und ich ... gemeinsam einfach unwiderstehlich!

Für mich war es der erste Lauf nach dem Geraderücken des Beckens und nach den beiden ersten Physiotherapie-Stunden und ich hatte schon mächtig Angst vor dem Punkt „Kilometer 18“. In Hachenburg, beim „schrägen O. Weg“ und beim Halbmarathon in Bonn war das immer der Punkt, an dem die Schmerzen in der linken Po-Backe begonnen haben, aber es war ein kleines Wunder: nichts schmerzte, nur die Beine taten weh, bestimmt auch deshalb, weil mein Trainingspensum in den letzten Wochen dramatisch heruntergefahren wurde.
Hurra, ich kann wieder schmerzfrei laufen … ! Eine großartige Erkenntnis, hatte ich schon Zweifel, dass dies jemals wieder klappen könnte.

Die Runden 1 und 2 lief ich jeweils mit einer Zeit von 1 Stunde und 8 Minuten eine vernünftige Zeit, aber in der dritten Runde war meine Motivation einfach weg. In der zweiten Runde habe ich sogar einige Male darüber nachgedacht, das „süße Gift“ des vorzeitigen Ausstiegs nach dem Halbmarathon anzunehmen, aber ich habe ja schon beim KiLL50 verkürzt und ich war mir sicher, dass ich mich als Verlierer fühlen würde, wenn ich diesen Marathon nicht zu Ende laufen würde.
Diese dritte Runde war grottenschlecht und blieb mit 1 Stunde und 17 Minuten um Welten hinter den beiden ersten Runden zurück. Die vierte und letzte Runde lief aber wieder besser. Zwar brannten die Oberschenkel, einige Muskeln in den Beinen begannen immer wieder zu krampfen, sodass ich stets unterhalb der Krampfschwelle laufen musste, aber ich schaffte immerhin eine Zeit von 1 Stunde und 13 Minuten. Damit blieb ich mit insgesamt 4:46:31 Stunden nur rund drei Minuten hinter dem Ergebnis des Vorjahres, ich war recht zufrieden.

Als „Generalprobe“ für den am kommenden Samstag stattfindenden „Eisweinlauf“ war Sondershausen perfekt. Ein Hochzeitspaar, das sich getraut hat, war aber nicht auszumachen.

Der Bad Arolsener Waldmarathon …

… modern ist was anderes!

Seit dem KiLL50 bin ich keinen „Marathon und länger“ mehr gelaufen. Trainiert habe ich auch viel zu wenig. Und ich merke, wie unausgeglichen ich geworden bin und wie ich dem nächsten langen Lauf entgegen fiebere. Aber die Schmerzen beim Laufen, die ich beim Hachenburg Marathon, beim „schrägen O. Weg“ rund um Oberhausen und nicht zuletzt beim KiLL50 rund um Hildesheim hatte, machen mir noch immer Angst. Angst davor, dass sie wieder kommen und ich mich wieder Kilometer für Kilometer quälen muss. Angst aber auch davor, dass sich so etwas einläuft, was am Ende chronisch wird.

Heinrich Kuhaupt beim Briefing vor dem Start

Zwar hat der Doc Arndt Kirchner aus Köln die Schiefstellung des Beckens weitgehend repariert und ich habe seither auch beim Tennis keine Schmerzen mehr, aber ich traue diesem Frieden, den mir mein Körper angeboten hat, nicht wirklich weit. Am Montag, 15 Uhr, beginnt in Bad Neuenahr-Heppingen bei meinem Freund Roger Steiner meine Physiotherapie. Nach maximal 6 Therapie-Einheiten und eventuell weiteren 6 Wärmetherapie-Einheiten sollte alles wieder sein wie früher. Aber bis dahin bleibt die Angst, bleiben die Sorgen.

Aber das sollte mir egal sein, dachte ich vorgestern Abend und suchte mal nach einem Marathon am Samstag. Den einzigen Marathon, den ich fand, war der Bad Arolser Waldmarathon. Es ist ein legendärer Lauf, mit dem mich verbindet, dass ich dort schon im Vorjahr nach meiner Laufpause nach dem TransAlpineRun 2008 getestet habe, ob ich wieder laufen kann, um sicher zu sein, dass ich mich zum „Unter-Tage-Marathon“ in Sondershausen traue.
Im Vorjahr bin ich nach dem Halbmaratathon ausgestiegen, aber ich wusste, dass ich eine Woche später zumindest finishen kann. Aber mir ist in Erinnerung geblieben, dass ich Bad Arolsen als den „Marathon der alten Männer“ erlebt habe, weil so viele Seniorenläufer des 100MC anwesend waren, als eine Personality-Show des Heinrich Kuhaupt, aber eine Show, die von der überwiegenden Mehrzahl der Läufer geliebt wird. Ich erinnere mich an Schneefall am Tag zuvor und an Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und ich erinnere mich daran, dass ich damals für mich gesagt habe, dass ich diesen Lauf irgendwann einmal finishen muss.

Am gestrigen Freitag Nachmittag entschied ich mich, dass meine Gier zu laufen größer ist als mein Respekt vor den möglichen Schmerzen und ich schaute mir die Homepage des Waldmarathons an. Eine schöne Webseite ist das nicht wirklich, aber sie bietet alle notwendigen Informationen und sie ist werbefrei, immerhin. Aber die Homepage verrät, dass Nachmeldungen am Starttag nicht möglich sind. Für mich gilt so etwas ja nicht, dachte ich, und ich rief die Familie Kuhaupt an, um meinen Start anzukündigen und nach ein paar Minuten der Verhandlung wurde mir gestattet, mich doch noch am Starttag einzuschreiben, weil ich nicht schon am Freitag Abend anreisen will. Bad Arolsen ist nur 150 Autominuten weg, da will ich dort nicht übernachten.

Um 11.00 Uhr am Samstag soll der Start sein, mir wurde aber gesagt, dass ich spätestens um 9.00 Uhr vor Ort sein muss, sonst wäre eine Einschreibung nicht mehr möglich. Ich wies darauf hin, dass meine Daten dort vorhanden wären, es half nichts. Ich bot an, meine Daten eben noch per eMail zu senden, weil ich das Gefühl hatte, dass es keine Läufer-Datenbank gibt. Und ich erfuhr, dass die eMail gar keine gute Idee ist.
Und ich erinnerte mich wieder an das Vorjahr, wo ich ähnliche Probleme hatte. Der „Marathon der alten Männer“ wird nicht nur von alten Männern gelaufen, sondern auch von alten Männern organisiert, schade. Deshalb gibt es auch keine Starterliste, die man online abrufen kann, es gibt nicht die Möglichkeit einer Online-Anmeldung, auch nicht, wenn ich früh genug an diesen Lauf gedacht hätte, es geht technisch schlichtweg nicht und dass es überhaupt eine Webseite gibt, grenzt an ein Wunder.

Auf der Webseite steht: „Meldungen: werden ab sofort angenommen auf beigefügtem Anmeldeformular, können aber auch formlos mit sämtlichen Angaben (Jahrgang!) gemacht werden. Sie haben jedoch nur Gültigkeit bei gleichzeitiger Zahlung der Startgebühr, durch Scheckbeilegung oder bar. Keine Meldebestätigung.“

Einen Scheck der Anmeldung beilegen geht nur, wenn ich die gute alte Post bemühe und einen Umschlag ausfülle. Ist das nicht wirklich mittelalterlich? Wenn Du so etwas tust, dann hoffst Du inständig, dass der der Anmeldung beiliegende Scheck möglichst bald Deinem Konto belastet wird, damit Du weißt, dass Dein Brief angekommen ist. Tagelang denkst Du über die Anmeldung nach anstatt Dich online zu registrieren und sofort eine Bestätigungs eMail zu erhalten … dass es so etwas noch gibt!

Und ich erinnerte mich wieder an das Vorjahr, wo der Veranstalter mir vorgeschlagen hatte, die Startgebühr in bar in einen Umschlag zu stecken und zuzusenden. Ich habe das damals gemacht, aber ich hatte ein wirklich blödes Gefühl und hatte gehofft, dass die Sendung nicht verloren geht, dass sie rechtzeitig ankommt und dass ich auf der Starterliste sein werde. Es ging damals gut, aber dieses Erlebnis unkonventioneller Startgeldzahlung war schon einmalig.

Gut, wenn ich am Samstag um 9.00 Uhr in Bad Arolsen sein muss, dann muss ich um 6.15 Uhr losfahren, also irgendwann zwischen 5.00 Uhr und 5.15 Uhr aufstehen, meine Sachen fertig packen, eine Kleinigkeit essen und alles noch einmal kontrollieren. Ich hasse es, wenn ich etwas vergessen habe. Ein Lauf ohne Startband oder mit einem Laufshirt, das ich nicht wirklich schön finde, geht nicht. Ich denke dann die ganze Zeit an das vergessene Teil und bemerke, was für ein Spießer ich in dieser Beziehung sein kann.

Mein Terminplan am gestrigen Freitag war eng gestrickt. Um 16.30 Uhr hatte ich ein Meeting mit den Tennisspielern einer neuen Tennisgruppe, zu der ich über den Winter für Freitags, 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr eingeladen wurde. Ich kann ja nicht „nein“ sagen, wer mich besser kennt, der weiß das. Also 2 Stunden Tennis Doppel mit alten Männern am Freitag Spätnachmittag, 2 Stunden Tennis Doppel mit der üblichen Tennistruppe am Sonntag Vormittag und eine Stunde Tennis Einzel am Sonntag Abend. Warum tue ich mir so etwas an?
Das Meeting diente dazu, damit wir uns alle mal kennen lernen und das war gut so.
Um 17.00 Uhr begann also das Tennisspiel und am Ende zog ich den Tennisdress aus, um in meine Skinfit Laufsachen zu steigen. Keine Zeit für eine Dusche, es ging gleich rüber nach Ahrweiler, weil um 19.30 Uhr meine freitägliche Spinning-Stunde, die von meinem Freund Rainer Kehrbusch vom TuS Ahrweiler angeboten wird, beginnt. Rainer macht auch den Instructor und das sorgt für reichlich Schweiß rund um mein Trainingsfahrrad. Ich liebe es!

Diese Spinning-Stunde gab mir auch die Möglichkeit, das erste Mal „mein Liebchen“ auszuführen. Erst diese Woche konnte ich die GARMIN 310XT laden, die neue Software auf meinem Rechner installieren und überhaupt mal probieren, wie denn hier alles geht. Und gestern abend schmeichelte sie also meinem Handgelenk. Verliebt war ich ja schon, aber jetzt bin ich erst recht verstrickt in tiefen Gefühlen für meine neue Liebe!

Nach der Spinning-Stunde fuhr ich sofort nach Hause, weil ich mit meiner Frau Gabi vereinbart hatte, dass ich zu Hause dusche und sie in der Zeit ein paar Sachen ins Auto packt, die wir noch einem Mitarbeiter übergeben wollten. Also kurz geduscht und dann sind wir zum Spätabend-Shopping in das Bornheimer porta! – Möbelhaus gefahren, das gestern bis 23.00 Uhr geöffnet war. Gekauft haben wir nichts, aber dennoch war der Shoppingbesuch sehr nett.
Nun noch kurz nach Erftstadt zu einem Mitarbeiter, dort etwas abgegeben und dann nach Hause. Es war fast 1.00 Uhr in der Nacht, als wir zu Hause ankamen und mich beschlichen die Zweifel, ob ich wirklich nach Bad Arolsen fahren sollte. Immerhin habe ich den Wecker im Handy auf 5.15 Uhr gestellt, aber mein Unterbewusstsein hat dafür gesorgt, dass ich das Handy im Wohnzimmer vergessen habe und nicht mit ans Bettchen genommen habe.

Als ich heute um 7.15 Uhr aufgewacht bin, wusste ich, dass Bad Arolsen ohne mich glücklich werden muss. Ich bin nicht sicher, ob ich mich darüber freuen darf oder ob ich mich statt dessen lieber abgrundtief ärgern sollte …

Auf jeden Fall habe ich heute dann deutlich mehr Zeit als geplant, ein langes Trainingsläufchen durch den Wildschwein-Wald bei Altenahr sollte es dann schon sein heute. Aber mein „MuL“ Nummer 84 muss noch eine Woche warten …