Aus der Rhein-Zeitung von heute …

Grafschafter Ultraläufer Eller rennt 400 Kilometer die Themse entlang

Grafschaft – Was Thomas Eller an den meisten Wochenenden des Jahres so treibt, können Normalsterbliche kaum nachvollziehen. Selbst passionierte Hobbyläufer schütteln nur den Kopf.

Extremläufer Thomas Eller (Vettelhoven) hat kürzlich den längsten Lauf seines Lebens absolviert: 95 Stunden hat er für die 400 Kilometer des englischen „Ultralaufs Thames Ring 250“ gebraucht.

Es ist dann auch eine völlige Untertreibung, wenn man den Ultraläufer aus Grafschaft-Vettelhoven als „positiv verrückt“ bezeichnet. „Besessen“ würde es eher treffen, ja, vielleicht sogar „durchgeknallt“. Der Erzählton, in dem Eller locker, unaufgeregt und wie selbstverständlich von seinen Trips zu Himalaya, Mont Blanc und Sahara erzählt, verschärft diesen ersten Eindruck.

Die jüngste Aktion des 51-Jährigen: Knapp 95 Stunden war er Anfang Juli in England unterwegs, um 400 Kilometer an der Themse entlang zu laufen. Der „Thames Ring 250“ ist der längste Ultralauf in Europa; auch wenn es nächstes Jahr einen 800-Kilometer-Lauf durch Norwegen und das ewige Eis geben soll.

Selbst für Eller, den in Sachen Laufen auf dieser Welt nicht mehr viel schrecken kann, war England eine extreme Erfahrung, die er grade so geschafft hat. Vor zwei Jahren hatte er nach 120 Kilometern aufgeben müssen. Dabei ist es weniger das Zeitlimit von 100 Stunden, das den diesmal 34 Startern im Nacken saß und dem nur vierzehnTeilnehmer entgingen. Es sind landschaftliche Ödnis und Monotonie, die Auge und Gehirn des Läufers quälen.
Denn: Der Thames-Ring-Lauf streift weder Englands malerische Grafschaften und Cottages. Er führt selten durch verträumte kleine Orte. Nein, dieser Ultralauf frustriert die Starter mit fast jedem der 400 Kilometer.

Die Hälfte der Zeit geht es stupide entlang des Kanals, meist über einen Trampelpfad, vorbei an (und manchmal auch durch) Büsche, Brennnesseln und Hecken. Ab und an lockert ein Hausboot die Szenerie ein klein wenig auf – eine wahre Wohltat für die Seele. Kaum verwunderlich, dass sich diese Plackerei fast nur Engländer antun: Unter den 34 Startern waren nur sechs Ausländer.

Einer davon war Eller, und der hatte sich diesmal ein wenig stärker unter Druck gesetzt: Mit der Aktion „Füße tragen Leben“ wollte er den Bunten Kreis Bonn-Ahr-Rhein-Sieg (Hilfe für schwerstkranke Kinder und Familien) unterstützen: Bekannte, Freunde, Fremde, Firmen konnten einen oder mehrere der 400 Kilometer für einen Spendenbetrag „kaufen“. So kamen insgesamt 1700 Euro zusammen.

Im Nachhinein sagt Eller: „Aufgeben konnte ich schlecht. Die Spendenaktion hat mich stark motiviert. Außerdem wollte ich hier auch mal ins Ziel kommen.“ 2011 war Eller mit dieser „stupiden Lauferei“ nicht klar gekommen. Zudem war er das Rennen, in dem es für die Läufer trotz der Ultradistanz um mehr als nur das Ankommen geht, viel zu schnell angegangen.

Diesmal aber hat er es nach 94 Stunden und 44 Minuten ins Ziel geschafft. Acht Kilogramm leichter als am Start. Trotz der zehn Liter Wasser, die er bei solch einem Ereignis täglich trinken muss. Was das Essen angeht, legt Eller bei seinen Ultraläufen kulinarisch niedrige Maßstäbe an – da geht’s vor allem um Kohlenhydrate: Dabei sind die Klassiker Reis und Nudeln mit Soja- oder Tomatensoße, die einschlägig bekannten Energieriegel. In England haben sie an den Verpflegungsstationen Gummibärchen angeboten, Schokolade, saure Gurken. Eller hat gerne zugegriffen: „Bei diesen Belastungen kann man ja gar nicht so viel Energie zu sich nehmen, wie man verbrennt.“

Geruht und geschlafen hat er während der vier Tage zwar auch. Aber die Dosis lag doch deutlich unter den landläufig empfohlenen acht Stunden. Die erste Nacht ist Eller komplett durch gelaufen. In der zweiten Nacht hatte er das gleiche vor, ist im Zelt am zweiten Checkpoint aber eingeschlafen; drei Stunden später war er wieder unterwegs.

Das gleiche Spiel in der dritten und vierten Nacht. Eller: „30 Minuten Schlaf pro Nacht reichen während eines solchen Rennens aus.“ Einige seiner Läuferkollegen bevorzugten es gar, drei Nächte lang gar nicht zu schlafen.

Dass man die 400 Kilometer an der Themse trotz flacher Laufstrecke nicht einfach so wegsteckt, merkte Eller noch zwei Wochen nach dem Zieleinlauf: Beim 1. Eiger Ultra Trail (101 Kilometer) musste er aufgeben. Und so konzentriert er sich jetzt voll auf die zweite Teilnahme am Ultra-Trail du Mont Blanc Ende August.

Von Chamonix aus geht es hier 166 Kilometer (9600 Höhenmeter) rund um das Mont-Blanc-Massiv. Dort braucht es schon mal einen Hubschrauber, der Verpflegung zu besonders exponierten Raststellen bringt. Bis der höchste Berg Europas ruft, will Eller noch hier und da einen Marathon laufen. Aber nach diesen 42,195 Kilometer geht das Vergnügen für Ultraläufer ja bekanntlich erst richtig los.

Von unserem Redakteur Jan Lindner

Der direkte Link zum Artikel in der Rhein-Zeitung:
http://www.rhein-zeitung.de/region/lokales/bad-neuenahr_artikel,-Grafschafter-Ultralaeufer-Eller-rennt-400-Kilometer-die-Themse-entlang-_arid,1018043.html

Main-Spitze: der MMM

Der „MMM“, der Mainzer Maaraue Marathon ist, so der Bericht der Zeitung „Main-Spitze“ vom 9. Februar …

… länger als das antike Vorbild

Start zum Maaraue-Marathon: Organisator Sascha Kaufmann mit roter Mütze läuft voraus. 	Foto: uli

GUSTAVSBURG: MAARAUE-MARATHON – Lauf-Enthusiasten endecken die Mainspitze als Geheimtipp

(uli). 25 Lauf-Enthusiasten aus verschiedenen Regionen Deutschlands trafen sich jetzt auf dem Parkplatz an der Ochsenwiese, um zum 5. Maaraue-Marathon zu starten. Eingeladen hatte Sascha Kaufmann aus Mainz-Mombach, der diesen Lauf privat organisiert.

Fast jeder Hobbyläufer in der Mainspitze kennt den „Drei-Brücken-Weg“ über die Flüsse Rhein und Main hinweg.
Knapp über neun Kilometer sind das von Gustavsburg über die Kostheimer Mainbrücke, dann auf der Maaraue bis zur Theodor-Heuss-Brücke in Mainz, am Rheinufer entlang und dann wieder über die Eisenbahnbrücke zurück nach Gustavsburg.

Gleich fünfmal hintereinander, also rund 45 Kilometer, hatten sich die Langstreckenläufer für diesen Tag vorgenommen. Für manche im Starterfeld fast schon ein Klacks.

„Bei 100 Kilometern fängt es doch erst an, richtig Spaß zu machen“, hieß es aus der um 10 Uhr lostrabenden Schar. Tatsächlich hatte sich eine handverlesene Truppe versammelt, der ein einfacher Marathon nicht Qual genug ist. „Starten darf nur, wer von mir eine persönliche Einladung erhält“, betonte Organisator Sascha Kaufmann.
Und die erhalte nur, wer in den Listen der Deutschen Ultra-Marathon-Vereinigung auftaucht.

Dafür gilt es einen Lauf zu absolvieren, der länger ist als der von Pheidippides in der antiken Überlieferung von Marathon nach Athen. Der hatte diese Anstrengung bekanntermaßen allerdings nicht überlebt.

Darüber kann Klaus Neumann aus Stuttgart nur milde lächeln. Der Ultra-Marathon-Mann hat erst kürzlich beim Trans-Europa-Lauf teilgenommen. Das sind 4 888 Kilometer in 64 Tagen.
Thomas Eller aus Bonn nahm am Rheinsteig-Ultra-Marathon teil – 141 Kilometer am Stück (Anmerkung von mir: gemeint war der „Kleine KOBOLT).
Die einzige Klage, die er dabei hatte, waren die niedrigen Temperaturen. Also eine verschworene Gemeinschaft von passionierten Dauerläufern, die sich da in Bewegung setzte.

Es komme gar nicht auf die Zeit an, sondern auf das gemeinsame Erlebnis. Manche Starter sammeln Ultra-Langstrecken-Läufe auf der ganzen Welt. Je origineller die Streckenführung, desto besser. Der Maaraue-Marathon scheint sich in der Szene so langsam als Geheimtipp zu entwickeln. Kein Wunder, sind doch so kuriose Starttermine wie 24. Dezember zu ergattern. Immerhin vier Starter waren es, die in der Heiligen Nacht ihre Runden über die Brücken drehten.

Persönlich fand ich den Lauf sehr, sehr nett. Die Mitläufer waren, sofern sie mir noch nicht bekannt waren, durchweg aufgeschlossen und freundlich. Sascha Kaufmann und Brigitte Mollnar kennengelernt zu haben war schon alleine die Anreise wert.
Ich jedenfalls werde diesen „MMM“ immer wieder in meine Agenda einbauen, wenn es zeitlich passt.

Auch wenn man sich die Startgebühren ansieht und abwägt, was man dafür bekommt, dann ist das schon sensationell. Für tatsächlich Null EUR Startgeld bekommt man sogar noch ein kleines Starterpaket, in dem sich neben einem Sektchen, den ich meiner Gabi vermacht habe, weil ich ja zurzeit keinerlei Alkohol trinke, noch ein Riegel als Nahrungsunterstützung.
Einfach sensationell, finde ich.

Brigitte und Sascha sehe ich schon bald wieder – beim RheinBurgenWeg-Lauf. Da kann ich mich dann auch revanchieren. Nette Leute sind da auf jeden Fall auch dabei, bleibt nur noch das Starterpaket …

Danke an den Veranstalter Sascha Kaufmann für diesen Lauf.

Von Superwoman, von Indianern, Astronauten, Gladiatoren und von rosa Elefanten

Kennst Du diesen Witz?

„Du sitzt im Cabrio, vor Dir ist ein Feuerwehr-Auto, hinter Dir ist ein Flugzeug. Wo bist Du?


Na klar: im Kinderkarussell!“

Andere Frage:

Neben Dir ist ein Gladiator, hinter Dir ist Superwoman, vor Dir ist ein Astronaut im Ganzkörper-Latexanzug, davor ist ein Indianer. Wo bist Du?
Auch klar: beim ToughGuy!

Als wären die Herausforderungen dieses unglaublich strapaziösen Laufs alleine nicht schon genug, verkleiden sich Hunderte von Läufern als Schotten, Superman, Schlümpfe, als Fliegenpilz, Frosch, Krokodil, Men in Black oder wie im Falle von Bernie Conradt, Kurt Süsser, Alex Metzler und mir als rosa Elefanten.
Wie lange dieser zweifellos kurze Lauf genau ist, weiß niemand, zudem ist die Länge immer ein wenig unterschiedlich. In der Regel sind es aber irgend etwas zwischen 12 und 16 Kilometern, 12 bis 16 Kilometer, die alles von Dir abverlangen, was in Dir ist.

Dabei gibt es zwei Teile des Laufs. Mindestens zwei Drittel umfassen die „Country Miles“, die Laufpassagen. Auch auch bei denen gibt es ein paar eklige und schwierige Hindernisse. Die meisten Hindernisse aber befinden sich im letzten Drittel des Laufs, in den „The Killing Fields“.

(Klicken zum Vergrößern!)

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Wähend der Name „Country Miles“ eher verharmlost, erfüllt der Name „The Killing Fields“ durchaus das, was Dir an Assoziationen kommt, wenn Du diesen martialischen Namen hörst.

Wir hatten uns schon am Anfang getrennt: Alex Metzler lief mit Bernie Conradt und ich lief im Wesentlichen an der Seite von Kurt Süsser. Wir blieben aber stets in Sichtweite zueinander und am Ende liefen wir alle gemeinsam ins Ziel ein. Es hätte sich auch keiner absetzen können, das Elefantenkostüm wurde, einmal nass geworden, tonnenschwer und von Minute zu Minute länger. So lange, dass das Beinkleid bald über die Schuhe ging und wir auf diesem Stoff Richtung Erlösung liefen.
Alex und Bernie haben sich dann in etwa nach der halben Strecke der Kostüme entledigt, Kurt und ich jedoch blieben auch unter ständig schwerer werdenden Bedingungen Mitglied der rosa Elefantenherde, einzig die Kopfbedeckung haben wir schon sehr früh abgenommen und in den Nacken geworfen, weil es mit den riesigen Elefantenohren auf unseren zarten Menschenohren viel zu warm war.

Nachdem es also endlich losging und wir vorsichtig den Hügel hinabliefen, als rechts und links von uns kleine farbige Nebelbömbchen hochgingen, jeder den Vordermann bedrängte, schubste und an ihm vorbeizukommen versuchte, ging es in die erste Kurve und dann kamen ein Dutzend waagrecht aufgestellte Baumstämme in unterschiedlichen Höhen, über die Du hüpfen oder unter denen Du durchtauchen musstes.
Die kannte ich schon vom ToughGuy 2009, keine große Sache. Überhaupt, so dachte ich, sind die „Country Miles“ relativ harmlos und ideal für uns Läufer.

Chataway Chase

Das dachte ich, bis schon nach wenigen Hundert Metern die 15 Gräben kamen. „Chataway Chase“ heißen die Dinger, sie sind rutschig, schlammig, voll kaltem Wasser und es war schwer, da wieder heraus zu kommen.
Den ersten der Gräben findest Du ja noch ganz lustig, aber nach 15 Gräben bist Du platt, richtig schmutzig und schon fertig mit der Welt.
Zum Glück darfst Du dann wieder weiterlaufen. Wenn Du es noch kannst.


Nun läufst Du einige Kilometer durch Schlamm, Wasser, Dreckrinnen, bergauf und bergab, bis Du zur nächsten Herausforderung kommst, die angesichts der kalten Muskeln und der bisher erlebten Schwierigkeiten selbst Läufer fordert: „Der Slalom“.

Der Slalom

Schon vor dieser Prüfung läufst Du an einzelnen Teilnehmern vorbei, die Krämpfe haben, nach dieser Prüfung jedoch steigt die Krampfquote rapide an.
Vor allem die Bodybuilder unter den Teilnehmern, die mit den aufgeblasenen Muskeln ohne Ausdauer sowie die nur wenig trainierten Teilnehmer sind hiervon besonders betroffen.

Wenn Du jetzt denkst, dass es doch gar kein Problem sein kann, gerade einen steilen Hügel hinauf zu laufen, zu gehen oder sich sonstwie da hinauf zu kämpfen, dann stimmt das sicher.
Auch zwei Mal diesen Hügel erklimmen ist noch kein großes Problem. Aber drei Mal, vier Mal, fünf Mal … ?
Es sind zehn Mal, immer und immer wieder rauf und steil gerade hinab, die vor Dir verlangt werden und spätestens nach sechs Mal hoffst Du, dass die Erosion diesen Hügel schnell abträgt.
Aber das passiert nicht, nur Dein Wille und Deine Kraft unterliegen der Erosion und Du fühlst Dich klein, unbedeutend und schwach wie ein kleines Kind.


Das deutsche Mädel, das sich als Fliegenpilz auf die Reise gemacht hat, hat bei diesem „Slalom“ mit ihrem rot-weißen Pilzhut zu kämpfen gehabt, Superwoman hatte Tränen in den Augen, der Gladiator bekam Krämpfe und wir rosa Elefanten hatten mit den mittlerweile elend langen Hosenbeinen des Elefantenkostüms zu kämpfen. Bergab lief ich, indem ich mit den Händen die Hosenbeine hoch hielt, wie eine Dame, die Ihr Kleid hochzieht, damit es nicht auf den Boden streift.
Nur die Deutschen, die sich für  Schottenröcke entschieden haben, waren glücklich: das Kostüm blieb unversehrt und behinderte die Jungs nicht beim Laufen.

Nach dieser Tortour des Slaloms durften wir uns dann beim Laufen wieder etwas erholen …

Thomas Eller – „THE ego show“ …

Ich leide bestimmt nicht unter einem verkümmertem Selbstbewusstsein. Zumindest nicht an den Sonnentagen im Leben. An den Regentagen jedoch passiert es mir dann auch sehr leicht, dass ich mich nutzlos, wertlos und ungeliebt fühle.

Aber eine „ego show“ veranstalten?

Für alle, die es noch nicht wussten:

Thomas Eller, liebevoll THE abgekürzt, ist in Nürnberg, in Franken aufgewachsen. Er ist Träger des Käthe-Kollwitz-Preises, verliehen im Jahr 2006, des Villa Romana Preises aus dem Jahr 2000 und des Karl Schmidt-Rottluff Stipendiums 1996.

Er ist ein echter Künstler, der in verschiedenen Werkgruppen wie „THE bounty“ oder „THE objectile“ komplexe Raumgebilde erzeugt, in denen sich dieselben Objekte, mehrfach zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen, auf verschiedenen Raumebenen hinter- und nebeneinander befinden.
Erst in der Wahrnehmung setzt der Betrachter die verschiedenen Objekte in einen sinnvollen zeitlichen Zusammenhang. Dadurch, dass der Betrachter auf die unterschiedlichen Raumebenen separat fokussiert, nimmt er die einzelnen Ebenen in einem zeitlichen Nacheinander wahr und setzt dadurch in seinem Kopf eine fast schon filmische Sequenz in den Gang. Es erscheint, als sähe man ein Objekt, wie es sich im Raum bewegt.
All das ist Thomas Eller.

Aber eine „ego show“ veranstalten?

Du ahnst es längst, ich schreibe nicht von mir. Obwohl ich auch in Nürnberg geboren bin, kaum drei Jahre älter bin als er, habe ich doch eine vollkommen andere, eine viel bescheidenere Biographie.
Aber THE, Thomas Eller aus Berlin, der von 2008 bis Mitte 2009 Geschäftsführer für den künstlerischen Bereich der Temporären Kunsthalle Berlin war, hat eine Vorzeige-Biographie. Und er hat ein neues Projekt: „THE ego show“ …

Thomas Eller: „THE ego show“

27.10.2010
Am 30. Oktober eröffnet der viel beachtete Ausstellungsraum, das Autocenter, die erste Einzelausstellung des Künstlers Thomas Eller in Berlin nach seiner Auszeichnung zum Käthe-Kollwitz-Preisträger der Akademie der Künste im Jahr 2006. Mit „THE ego show – Eine Gruppenausstellung“ zeigt Thomas Eller eine „Gruppenausstellung“, die einzig aus seinen eigenen Werken – Fotografien, Skulptografien, Anamorphosen, Zeichnungen und Lithografien etc. – besteht. 

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THE individuEller, 2007, RHO-print auf Aluminium, 666 Figuren, Größe variabel, © Thomas Eller

Nicht erst seitdem deutsche Finanzdienstleister intensive Werbekampagnen geschaltet haben, die zu gesundem Egoismus aufriefen („Mein Haus, mein Auto, mein Boot“, oder: „Unterm Strich zähl‘ ich“), stellt sich die Frage nach dem Erlebniskern von Personen und ihrem Weltzugang neu. Vergessen scheinen die poststrukturalistischen Theorien, die die Einheit unserer Selbste in Frage stellten und es wird uns suggeriert, dass wir zum Ego geronnene Images erzeugen müssten, um erfolgreich zu sein. Gegen diesen Kontext stellt Thomas Eller seine Ausstellung, die die unterschiedlichsten „Betriebstemperaturen“ visuellen Weltbezugs präsentiert.

Von einer überlebten Kontaktaufnahme mit einer Leitplanke einer deutschen Autobahn bei Tempo 210 km/h bis zu intimen (lithographischen) Körperabdrücken reicht die thematische Bandbreite der vorgestellten Kunstwerke. Zwischen Masse, Macht und Begehren spannt sich der Bogen der Ausstellung, die mögliche Intensitäten vorstellt und sich nicht unter den Zwang von Identifikationsstrategien stellt. Jenseits der Markenstrategien, nicht nur in der Praxis der zeitgenössischen Kunst, glaubt Thomas Eller an eine künstlerische Untersuchung unterschiedlicher Energien, die sich im Spannungsfeld zwischen menschlichen Körper und Geist entwickeln lassen. Die Verkörperung heterogener Erkenntnis- und Bedürfnisstrukturen innerhalb der Person bricht mit Identitätspolitiken aller Art. Der Ort, an dem sich diese Vielheit ausdrückt, ist das Selbst.

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THE closer 1, 2010, Kodak Endura, Diasec, 9 x 13 cm, © Thomas Eller

Der ironische Titel „THE ego show“ drückt die Distanz des Künstlers zu moralisch korrekten Identitätspolitiken einerseits und den nicht ernst gemeinten postmodernen Rollenspielen andererseits aus. Thomas Eller ist Künstler und lebt in Berlin und New York. Er ist Karl-Schmidt- Rottluff-Preisträger und war Stipendiat in der Villa Romana, Florenz.

Autocenter | Eldenaer Straße 34 a | 10247 Berlin
Eröffnung: Samstag, 30. Oktober 2010, 20 Uhr
Ausstellungsdauer: 29. Oktober – 13. November 2010
Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag, 16 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung

Von Dresden nach Hamburg …

Autor: Hauke König

… Kurs Nord-Nord-West (Teil II)

… Es geht weiter – immer an der Elbe entlang. Am dritten Tag waren wir bis nach Magdeburg gekommen. Und es geht immer weiter…

Tag 4

Es ist Montag. Tom und Thomas müssen wieder nach Hause. Das ist echt schlimm für mich. Susanne hat spontan ihren Urlaub verlängert, um mich weiterhin betreuen zu können. Bis ans Ziel. Das ist der Hammer! Ich weiß nicht, wie ich ihr danken soll. Gegen 13:00 Uhr ist es dann soweit. Tom und Thomas müssen zum Bahnhof nach Stendal gebracht werden. Und weil das nicht auf der Strecke liegt, überlege hin und her und will es mir  am Ende aber nicht nehmen lassen, mitzukommen und den beiden für das, was sie für mich und mit mir gemacht haben, zu danken und sie zu verabschieden. Das ist mir jetzt wichtiger, als der ganze „Wie-weit-kannst-du-am-Stück-laufen-Kram“. Ich fahre also mit nach Stendal und tue, was ich tun muss. Ab dort übernimmt Susanne dann Lenkrad, Herd und Regiment. Weil wir viel Zeit verloren haben und ich ja irgendwann auch mal ankommen will, beschließe ich jetzt durchgehend Gas zu geben. Ich bin alleine und kann mich gut auf meinen Lauf konzentrieren. Ich treffe Susanne etwa alle 17-23 Km und komme im Gegensatz zu den letzten Tagen hervorragend voran.

Ich laufe immer auf dem Deich, durch ein Vogelparadies. Es gibt hier in den Auen und Niederungen so unglaublich viele Vögel. Außerdem ist es bis zum Anbruch der Nacht total warm. Ich laufe garantiert einen Schnitt, der mit einer 5 beginnt. Kurz vor einer Stadt/Ort (ich glaube es war Werben?) führt mich ein Schild in die falsche Richtung. Laut Karte wäre dieser Ort schon längst erreicht, aber die Kopfsteinpflasterallee führt kilometerweit ins Nichts. Also wieder einer dieser Momente von denen es so viele gab auf dieser Reise. Während eines Telefonats mit Susanne kann ich ihr leider nicht sagen, wo ich bin. Sie soll mich hier irgendwie rausholen, aber ich kann ihr nicht sagen wo. Dies ist DER Moment für mein Telefonakku. Der sagt nämlich „Tschüssikowski!“, während ich im Nirgendwo stehe. Ich laufe die Straße wieder zurück bis zum nächsten Haus und frage dort nach meinem Etappenziel. Der Mann schaut mich verwundert an, zeigt in die Richtung aus der ich NICHT kam und sagte: „Man, Junge, det ist doch gleich hier. 300 Meter.“ Ein verrückter Moment. Ich stand in der Pampa und Nichts deutete darauf hin, dass es in der Nähe eine menschliche Ansiedlung geben könnte. Und im gleichen Moment kommt mir Susanne in meinem Auto entgegen. Ich bin so froh über die Rettung und steige ein. Wir fahren durch die „Elbmetropole“.

Es ist zwar schon spät, aber hier ist in keinem Fenster noch Licht. Alles dunkel. Nix los. Völlig tote Hose. Nicht einmal eine Katze. Das gibt es doch nicht. Aber anscheinend doch. Wir fahren dahin, wo für uns der Elberadweg klar definiert erscheint: an die Elbe. Hier übernachten wir, weil meine Beine nicht mehr wollen. Ich war wohl doch zu schnell, die letzten 50-60 Kilometer. Außerdem muß der Telefonakku aufgeladen sein. Eine solche Situation wie vorhin möchte ich auf keinen Fall noch einmal erleben. In Zeiten höchster Not geht das Telefon aus. Also gründlich aufladen. Im Morgengrauen geht es im Nebel weiter, aber es verspricht ein sehr warmer und schöner Tag zu werden.

Tag 5

Mittwoch. Die Zeichen stehen auf „Hau rein, Alter und zeig was du kannst, denn das ist der Tag dafür!“ Und das tue ich dann auch. Ich genieße die Sonne und laufe schnell. Komisch, ich werde mit zunehmender Kilometerleistung immer schneller. Der Puls pendelt sich bei angenehmen 120 ein. Nicht im Schnitt, sondern beim Laufen. Ich habe das Gefühl totaler Frische und Fitness, frage mich allerdings, wo das herkommen soll. Zum Teil wird es daran liegen, dass ich mit Freude auf Niedersachsen zulaufe, wo ich aufgewachsen bin und wo ich einen Hauch von Zuhause verspüre. Und weil ich in Richtung Wendland laufe, wo ich mich eher aus anderen Gründen „Zuhause“ und mit der Bevölkerung verbunden fühle. Irgendwann ist es endlich soweit. Ich bin im Wendland und nahe der Heimat. Es bleibt ein sehr warmer und sonniger Tag und als ich um die Mittagszeit am Gartower See vorbeilaufe, kann mich nix mehr halten.
An einem Strand, der voll mit mich fragend anschauenden Menschen und Badenden ist, ziehe ich so schnell es geht die Schuhe aus, schmeiß den Tankrucksack weg, den MP3-Player samt Kopfhörer hinterher und ab ins Wasser. Wo war ich? Tag 5 ohne Dusche? Ich war im Paradies! Weiter auf dem Weg laufe ich einen für die Gegend ziemlich steilen Hügel hinauf und durch ein Dorf. Dahinter gelange ich auf eine Landstraße mit Radweg. Es ist ein typischer Sommernachmittag. Ich habe die Kopfhörer auf, Paul Anker singt Nirvana und Billy Idol Songs und plötzlich bemerke ich etwas. Ich höre etwas Merkwürdiges, obwohl ich Kopfhörer trage und Musik höre. Da ist was. Ich halte an, mache die Musik aus und nehme die Kopfhörer ab. Dann höre ich es richtig. Stille. Absolute Stille. Ich bin irgendwo kurz vor Vietze zwischen Kiefernwald und Feldern und es ist nichts zu hören. In und um Hamburg gibt es ja immer so eine Grundlautstärke. Im Schwarzwald übrigens teilweise auch. Aber hier ist so gar nichts zu hören. Kein Vogel, kein Trecker (der kam dann aber später noch mehrfach) einfach nix. Abwesenheit aller Geräusche. Das ist gut! Ich bin nicht mehr fern der Heimat, das Wetter ist gut, ich habe die Musik nicht an, genieße die absolute Stille und mich kann nichts mehr stoppen. Denke ich.

Das Wendland ist wirklich sehr schön. Zumindest macht es auf mich einen sehr guten Eindruck. Und ich bin getrieben auf einer Welle von Freude beim Durchlaufen und schlage ein Tempo an, das alles Vorherige bei diesem Lauf um vieles übertraf. Was heißt, ich schlage ein Tempo an? Ich laufe einfach und freute mich am Laufen selbst. Ich achte nicht auf Pace, oder so´n Kram. Zuerst.
Aber irgendwann kommt die Nacht. Und zeitgleich mit dem Wegbleiben des Tageslichtes wird es anstrengend. Und wie. Ich war vom Loslaufen am Morgen bis jetzt etwa 120 Km gelaufen, aber jetzt spüre ich meine Hüfte. Und zwar richtig. Ich weiß ja, dass das alles Psychokram ist, aber der ist halt da. Es geht nicht mehr.
In Hitzacker muss ich pausieren. Die Hüfte schmerzt zwar, aber sonst fühle ich mich eigentlich total gut. Aber wie soll es jetzt weitergehen? So schaffe ich es nicht, die verabredete Zeit in Hamburg einzuhalten. Ich bespreche die Situation mit Susanne und wir beschließen: Ich lege mich hin und sie fährt mich in der Zeit ein Stück weiter in Richtung Geesthacht. Leider kann ich dadurch auch nicht mehr die angepeilten 560 Kilometer laufen. Es werden weniger. Das ist mir in diesem Moment egal. Schade, aber egal.

Susanne hält zwischen Wiesen und Pferdekoppeln, ich steige aus und laufe in Richtung Hamburg. Ach ja, Tom hatte zwischendurch noch von Zuhause (Grafschaft in NRW) angerufen und gefragt, ob es für mich ok wäre, wenn er beim Zieleinlauf in der Hamburger Hafenstraße dabei wäre. Er würde dann noch mal vorbeikommen. OK? Da ist fantastisch! Total verrückt, aber extrem super! Und noch während ich mich auf Tom und Hamburg und eine Dusche freue, klingelt mein Telefon und ein Fotograf der Hamburger Morgenpost möchte mich vor dem Ziel noch sehen und fotografieren. Wir verabreden einen Treffpunkt im Südosten Hamburgs und es werden Fotos gemacht. Er ist Hamburgs rasender Reporter und sieht auch ganz genau so aus. Etwas zerknitterter Leinenanzug, teure Schuhe (ich vermute er tanzt argentinischen Tango, oder will, dass man das von ihm denkt), längere Haare und ein lustiges Gesicht, das offensichtlich schon viel gesehen, aber auch mitgemacht  hat.

Egal wie das Ergebnis wird, es macht Spaß mit dem Kerl. Dann klingelt wieder das Telefon und der NDR möchte mich auch gerne noch vor dem Ziel filmen. Wir treffen uns am Rödingsmarkt/Kajen. Ich, Susanne und Tom werden die letzten 1500m beim Laufen  gefilmt. Als ich endlich am Ziel bin, stehen dort viele Freunde, Bekannte und Kollegen. Ich bekomme erzählt, dass ich entgegen meiner Erwartung heute nicht um 14:00 arbeiten muss, sondern erst morgen. Super!

Aber vor allem freue ich mich über meine kleine Tochter. Welch eine Freude! Nach so langer Zeit mein  Kind wieder auf den Arm nehmen zu können, war der absolute Hammer. Dann waren allerdings noch Interviews dran und so´n Kram. Jana, mein V-Mann aus München, war extra gekommen, um das mit der Presse zu koordinieren. Danke, dass du da warst. Ich wäre eigentlich noch total gerne mit Jana, Tom und Susanne was Essen gegangen, aber jetzt wo die ganze Anspannung abfällt, bin ich einfach nur noch müde. Tom nimmt Susanne samt Klamotten mit und setzt sie direkt vor ihrer Haustür in Köln ab, Enna und ihre Mama fahren mich im Wohnmobil nach Hause. Pommes-Majo, Kuss und tschüß an Enna, Bett. Morgen arbeiten.
Und das Spendenergebnis? frubiase SPORT spendet für Dunkelziffer e.V. pro gelaufenen Kilometer 1€ . So konnten wir mit unserem Elbelauf insgesamt 600 Euro erlaufen. Das ist für die umfangreiche und wichtige Arbeit von Dunkelziffer zwar nicht viel, aber ich hoffe, es hilft. Vielen Dank für die Unterstützung bei meinem Elbeprojekt!

Aus erinnerungstechnischen Gründen musste ich leider viele Dinge, Situationen und Gebäude unerwähnt lassen. Auch Fähren, die nicht fuhren, weil sie kaputt waren, weil kein Wochenende mehr war oder weil es nach 19:00 Uhr war. Und somit natürlich auch die damit verbundenen Umwege. Ach ja, Umwege: Die diversen Baustellen und Umleitungen, die den Weg auf keinen Fall kürzer gemacht haben, spare ich mir auch. Letztlich ergibt sich eine Summe von 530 gelaufenen Kilometern.

Und am Ende fehlt noch die alles bedeutende Antwort auf die Frage: „Sind 560 Km am Stück machbar?“
Antwort: „Keine Ahnung. So jedenfalls nicht. Aber anders vielleicht. Ich bleibe dran!“

Susanne Alexi: Du bist 285(?) Kilometer mit mir gelaufen und hast im Anschluss noch das Wohnmobil samt meiner Betreuung übernommen und dir dafür extra noch mal Urlaub „nachbeantragt“. Was soll ich sagen…

Thomas Eller: Du hast dir die wirklich schweren Nächte mit mir um die Ohren gehauen und hast mich mitbetreut. Du warst total präsent und eine große Stütze und Freund. Was soll ich sagen…

Thomas Batteiger: Du hast immer die richtig guten Stellen gefunden, obwohl du vorher so unsicher warst. Du warst ein Fels in der Brandung und unser Mutti. Was soll ich sagen…

…ich werde euch das nie vergessen und vielen lieben Dank von ganzem Herzen!

Bis zum nächsten mal Love & Peace!