Einmal Zugspitze und wieder zurück

Im Anfang war …, nein, nicht der Wasserstoff, wie Hoimar von Ditfurth geschrieben hat.
Im Anfang war der Wetterbericht für das lange Wochenende mit Christi Himmelfahrt, also mit dem Vater- und dem Muttertag.
Und fast zwangsläufig fragt man sich, was man an einem solchen Wochenende denn anstellen will.
Mit dem Bollerwagen auf Sauftour gehen ist nicht so „mein Ding“ und zu Hause bleiben wollte ich auch nicht. Marita konnte einen Brückentag nehmen, alles war bereit für ein langes Wochenende draußen.
Und dieses „draußen“ sollte in Bayern stattfinden.

So lange schon wollte ich wieder mal auf die Zugspitze rennen. Von der Sprungschanze in Garmisch-Partenkirchen auf die Zugspitze und wieder zurück war also der Plan für den Freitag. Für den Vatertag stand nur die weite Anreise auf dem Plan. Und ein Anruf.
Ich wollte nach Möglichkeit nicht alleine auf den Berg gehen, also fragte ich den langjährigen Freund und Lauf- sowie Wanderveranstalter Michael „Michi“ Raab, der bei München wohnt, ob er nicht vielleicht spontan Lust hätte, mitzukommen.
Er hatte, aber er fragte mich, wie es denn mit dem Schnee aussehen würde. Schnee? Tja, dachte ich, die Wege werden frei sein, Schnee gibt es halt neben den Wegen. Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte.
Ich bin da dort zu viel „Flachland-Touri“, der sich die falschen Fragen stellt.
Wir haben uns für 6.00 Uhr vor der Sprungschanze vereinbart, aber verunsichert durch Michis Frage habe ich dann doch noch einmal die Webcams der Zugspitze angesehen, ich sah aber nur Nebel und viel Weiß.
Egal, dachte ich, ich brauche diesen Aufstieg für mein Selbstvertrauen, das mich ja am nächsten Wochenende auf dem Ruhr-Radweg begleiten soll. In meinem Trainingszustand läufst Du, wenn überhaupt, eine solche Monsterstrecke nur mit dem Kopf, mit dem Selbstvertrauen und der Gewissheit, diese 230 Kilometer schon zwei Mal gepackt zu haben. Zweifelst Du, gibst Du Deinen Gedanken Raum, dann wird das nichts geben.
Knapp 6 Stunden von Garmisch über die Partnachklamm auf die Zugspitze und knapp 5 Stunden für den Rückweg, das sind die Zeiten, die ich anstrebe und die ich „früher“ geschafft habe. Diese Zeiten waren auch letzten Freitag unsere Ziele. Aber es kam anders.

Mein Freiburg Marathon – eine Zeitreise …

Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich zum ersten Mal vom „Mein Freiburg Marathon“ gehört habe. Aber ich wusste sofort, dass ich auch diesen Marathon einmal absolvieren werde, trotz der zwei Runden. Zwei-Runden Marathons sind ja nicht unbedingt das, was sich ein Läufer wünscht, aber für manche Städte mache ich gerne eine Ausnahme. Für Freiburg, zum Beispiel.

Es war Winter, als ich das erste Mal in Freiburg war. Es war im Januar 1986, ich hatte gerade die ALDI Filialen in Freiburg und Freiburg-Land zu Betreuung erhalten, wohnte noch in der schönen Stadt Rottweil, sehr zentral am Schwarzen Tor, und ich fuhr täglich durch den Schnee des Höllentals, morgens runter, abends rauf.
Ich brauchte nicht lange, um mich in diese Stadt zu verlieben. Die Stadt mit den kleinen Bächlein, die die Fußgängerzone durchziehen, die Stadt mit den niedrigen Häusern auch in den Haupteinkaufsstraßen. Gut, dass man dort in den Fünfzigern dem Drang widerstanden hat, schnell, billig und hoch wiederaufbauen zu lassen. Die Stadt im Dreiländereck, dort, wo mediterranes Klima herrscht, wo guter Wein wächst und wo die Uhren immer noch ein wenig anders gehen als anderswo, auch im Fußball. Freiburg, die grüne Stadt, die deutsche Großstadt, die als erste grün regiert wurde, schon damals, 2002, lange vor Fukushima.
Zwar regiert aktuell ein parteiloser Bürgermeister die Stadt, die Grünen stellen aber noch immer mit 14 der 48 Sitze die stärkste Fraktion im Freiburger Gemeinderat.
So viele Gründe also, warum Freiburg nach München die beliebteste Wohnstadt Deutschland ist.

Wir suchten damals eine neue Bleibe, auch um der täglichen Fahrerei zu entkommen und wir sahen uns nach Eigentumswohnungen rund um den Freiburger Seepark um. Das war damals auch das Gelände der Landesgartenschau. Dass wir letztlich dort doch nicht gekauft haben, das bedauere ich bis heute. Stattdessen haben wir uns eine Maisonette-Wohnung in der „Villa Palladio“ in Bad Krozingen gekauft, einfach, weil viel weniger Geld zu finanzieren war. Heute weiß ich, dass 1a Lagen immer besser sind und sich besser entwickeln als andere, reproduzierbare, Lagen.

Aber als ich letzten Sonntag den „Mein Freiburg Marathon“ als Pacer für 4:45 Stunden lief, da kamen wir ziemlich früh am Seepark vorbei. Natürlich hat sich vieles verändert in den fast 40 Jahren, die seither vergangen sind, über 35 Jahre, seit ich dort nicht mehr arbeite und in den Westen gezogen bin, aber dennoch erwischten mich die Erinnerungen, auch, als wir die Günterstalstraße überquerten, dort war auch einer meiner Läden und auch bei zwei weiteren Adressen. Was war das doch dort für eine schöne Zeit gewesen!
In etwa bei Kilometer 17 ging es dann durch das Stadttor in die kopfsteingepflasterte Innenstadt, die vielen Geschäfte, von denen ich kaum noch welche wiederfand.
Die Enoteca, in der mein Bruder eine Weile gearbeitet hatte, gibt es noch, aber vieles ist eben auch verschwunden. Wie schnell sich doch die Geschäftswelt in 35 Jahren verändert!
Aber der Charme der Stadt hat sich nicht verändert, obwohl ich schon immer mehr ein Fan der kleinen Gassen neben den Haupteinkaufsstraßen war, wo kleine Läden, pittoreske Restaurants und schräge Kneipen zu Hause sind.

Aber zum Freiburg Marathon … 9.30 Uhr ist der Start, so die Ausschreibung. Aber es wurde in Blöcken gestartet und selbst der Block A durfte nicht pünktlich los, weil noch zwei Autos abgeschleppt werden mussten. Das Lesen ist halt nicht jeder Person gegeben, die einen Parkplatz sucht.
Dann, als Block A gestartet war, geschah erst mal lange nichts mehr. Wir sahen die schnellen Läuferinnen und Läufer etwas entfernt zu unserer Rechten, weil die Strecke gleich zwei Mal nach rechts abbog. Es war ein schönes Bild, das diese schnelle Läuferschar abgegeben hat.
Dann startete der Block B, wieder eine lange Pause, dann startete der Block C. In diesem Block standen alle, deren Zeitziel unter 4 Stunden lag. Und nach der nächsten Pause, es war schon ein paar Minuten nach 10.00 Uhr, durfte Block D starten. Block D, das sind die Marathonis mit einer Zielzeit von über 4 Stunden, der „Partyblock“ wie der Moderator es despektierlich nannte.
Hier darf durchaus Kritik an dieser Moderation geäußert werden, denn für viele ist ein „sub 5h“ Marathon schon ein hehres Ziel und es hat weiß Gott nichts mit „Party“ zu tun.
Da ich als Pacer für 4:45 Stunden erst die Gruppe um die 4:00 Stunden Pacer abwarten musste, auch die Gruppe der 4:15 Stunden Pacer und der 4:30 Stunden Pacer, konnten wir uns im „Partyblock“ erst spät auf die Reise machen.

Wir waren zu dritt als Pacer für die 4:45 Stunden unterwegs und das war gut so, denn ab Kilometer 30 etwa tat ich mich sehr schwer. Ich musste immer mehr tun, um das Tempo zu halten, obwohl 6:45 Minuten pro Kilometer ja eigentlich keine große Sache für mich sein sollten.

In meiner Erinnerung bin ich noch schneller, eine Grundgeschwindigkeit von 5:20 Minuten pro Kilometer ist perfekt, ich bin noch gut in den 50ern und noch 8 Kilogramm leichter – in der Erinnerung halt.

In der Realität angekommen ist es schon so, dass ich froh bin, nicht mehr für schnellere Pacings als 4:30 Stunden zur Verfügung zu stehen. Und auch die sind weder „Party“ noch „Ponyhof“ für mich.
Die Strecke ist schnell beschrieben: Es sind 21,1 interessante, wunderschöne, Kilometer mit ziemlich vielen Zuschauern, mit 38 Bands an der Strecke, mit einer hervorragenden Marathonverpflegung (Wasser, Iso, später auch alkoholfreies Weizen – Bananen, Dextro Energy Flüssiggel), aber einer wirklich entscheidenden Schwäche.
In etwa bei Kilometer 16 gab es Dextro Energy Flüssiggel, ich nahm mir eines, spritzte es mir in den Mund und freute mich 21 Kilometer lang darauf, in der zweiten Runde erneut ein Päckchen nehmen zu können.
In der zweiten Runde aber war da … nichts mehr.
Warum, liebes Orga-Team, gebt Ihr das den Halbmarathonis für die letzten 5 Kilometer, vergesst aber, dass die Marathonis fünf Kilometer vor deren Ziel nicht weniger kaputt sind?

Überhaupt, Halbmarathonis und Marathonis. In Freiburg ist es wie in den anderen Städten, wo zwei gleiche Runden angeboten werden: 7.710 Halbmarathonis standen rund 1.124 Marathonis entgegen.
Dass die zweite Runde, dann ohne Halbmarathonis, erheblich ruhiger und leerer war, ist damit schon klar. Zu diesen Zahlen addierten sich 10 km Läufer, die Personen der Marathonstaffeln und die vielen Mädchen und Jungen der Schülerstaffeln, man tut halt alles, um der Öffentlichkeit und den Sponsoren möglichst hohe Teilnehmerzahlen nennen zu können, in diesem Fall waren es „über 14.000 Teilnehmer“.
Fakt ist aber, dass es also nur rund 8% der Teilnehmenden beim „Mein Freiburg Marathon“ waren, die wirklich den Freiburg Marathon gelaufen sind, ein Trend, den es auch in Bonn, in Mainz und bei den letzten Marathons von Mönchengladbach zu sehen gab.

Der „Mein Freiburg Marathon“ ist ein sehr schöner Lauf, aber kein schneller Lauf. Der Sieger brauchte 2:25:30 Stunden für den Kurs, die Siegerin 2:43:47 Stunden, häufige und teils enge Kurven, insgesamt mehr als 200 Höhenmeter und das Kopfsteinpflaster in der Innenstadt bremsten die Teilnehmerschar aus. Kein Marathon also, um an seiner „PB“ (persönlichen Bestzeit) zu schrauben, aber ein Marathon, um seinen Schatz an schönen Erinnerungen zu erweitern.

Es war dann in etwa bei Kilometer 38, als meine Mitpacer mich von hinten überholten, ich befand mich gerade in einem physischen und psychischen Loch, als ich Robin, einen der Mitpacer, bat, meine Fahne aus dem Rucksack zu ziehen. Ich nahm sie dann auseinander und trug sie in der Hand Richtung Ziel.
Ich wollte einfach nicht, dass sich noch jemand an mir orientierte und ich rechnete mit einer Verlangsamung auf über 7 Minuten pro Kilometer, das Zeitziel 4:44:59 Stunden schien nicht mehr erreichbar.
Aber dann, ohne den psychischen Druck des Pacers, ging es plötzlich wieder. Erst hielt ich den Abstand zu den Mitpacern, der durch das Auseinanderbauen und Einwickeln der Fahne entstanden ist, dann verkürzte ich den Abstand und schließlich passierte ich die beiden irgendwann.
„Nur noch rein ins Ziel“, dachte ich. Langsamer werden wollte ich nicht mehr, nur noch rein, nur noch rein, nur noch rein ins Ziel …
Meine Zielzeit von 4:43:06 Stunden war letztlich knapp zwei Minuten „zu schnell“, meine Mitpacer Allyn und Robin kamen mit 4:45:06 Stunden etwas genauer ins Ziel – und sicherlich mit weniger Schmerzen.

Im Ziel gab es dann die Medaille, eine große, sehr schöne Medaille, mit einem Innenteil, das man rotieren lassen kann. Vielen Dank dafür.
Und es gab alkoholfreies Bier, alkoholfreies Weizen, leicht alkoholhaltiges Radler und noch einmal ein alkoholfreies Weizen.
Mehr wollte ich nicht. Nicht die Bananen, nicht den Joghurt, nicht die Maultaschen mit Kartoffelsalat, wobei ich sowieso nicht wusste, ob es überhaupt vegetarische Maultaschen gab. Ich wollte möglichst schnell nach Hause, immerhin waren ja noch rund 500 Kilometer zu fahren.
Das aber übernahm dankenswerterweise Marita, sodass ich mich auf der Autofahrt ein wenig entspannen konnte, auch eine kleine „Mütze Schlaf“ war drin.

Mein Fazit: Freiburg ist eine Reise wert, Freiburg ist einen Lauf wert, ob hier der Halbmarathon genügt, muss jeder selbst entscheiden. Für mich war der „Mein Freiburg Marathon“ aber auch eine Reise in meine frühen Erwachsenenjahre.
Es war eine sehr, sehr schöne Reise.

Im Bienwald – immer geradeaus!

Ich hatte in den letzten Jahren viel gehört vom Bienwald-Marathon. Und ich hatte mir im Kopf auch schöne Bilder gemacht. Bilder von Trails durch einen weitgehend naturbelassenen Wald, überall finden sich Bienenstöcke, die Wege sind voller Tannennadeln, aber weich und voller Wurzeln.
Und dann wurde ich gefragt, ob ich als Pacer für die Zeit „Sub 4:45 Stunden“ zur Verfügung stehen würde.
3 1/2 Stunden Anfahrt, Start um 10:00 Uhr, also den Wecker auf 5:00 Uhr stellen, sich auf „Katzenwäsche“ einstellen, mit Ellah kurz rausgehen, dann ab ins Auto und runter nach Kandel, zur Bienwaldhalle.
Passt, geht.

Und das Pacing macht mir immer wieder große Freude. Du kontrollierst jeden Kilometer und versuchst, Dich schnell auf die geforderte Laufzeit einzugrooven. Für mich ist es immer so, dass ich die Geschwindigkeit der ersten 10 Kilometer dann nicht mehr ändern kann, außer ich würde einbrechen, dann muss ich Gehpausen einschieben. Es gelingt mir dann aber nicht mehr, einfach langsamer zu Laufen.
Da ist die eingestellte Geschwindigkeit und der Körper will sie haben.
Dass ich mit 4:42:46 Stunden ins Ziel kam, ist OK, gerne hätte ich mir noch zwei Minuten mehr Zeit gelassen. Dabei habe ich auf den letzten vier Kilometern schon ein wenig eingebremst, zumindest wollte ich das. Mein Körper allerdings wollte das nicht, er war ja schon so eingestellt, wie ich das oben beschrieben habe.

Der Bienwald-Marathon geht aber fast gar nicht durch den Bienwald, sondern eben nur daran vorbei. Die Laufstrecke ist zu 100% asphaltiert und es sind die elend langen Geraden, die Dich verwirren. Ein Kurz zum „ballern“, für ziemlich schnelle Zeiten, wenn man das will.
Einzig die beiden 360 Grad Wenden sind Zeitkiller, ansonsten geht es immer schnurstracks geradeaus.
2.200 Teilnehmende waren da, mehr geht nicht, weil die Genehmigungen der Stadt nicht mehr hergeben. Davon war die überwiegende Zahl der Teilnehmenden beim Halbmarathon gemeldet, mehr als 1.600 Personen. Knapp 600 Personen hatten sich für die Marathonstrecke eingetragen.
Das Aufgebot an Pacern war dafür immens, die Organisation des Events war herausragend, die Verpflegungsstände waren reichlich bestückt, meist mit Elektrolyt-Getränken, Wasser, Tee, später auch mit Cola. Es gab Bananen und Orangen, einmal sogar Schokoladenstückchen. Wie nett ist das denn?

Die ersten 14 Kilometer ging es für die Halbmarathonis und die Marathonis auf der gleichen Strecke los. Die Strecke war natürlich ziemlich voll, das Feld hatte sich noch nicht allzu weit auseinander gezogen, bis dann die Halbmarathonis ihren Wendepunkt hatten. Vorher kamen uns natürlich schon die ersten Halbmarathonis entgegen. Schnelligkeit, Kraft und Eleganz war zu bestaunen, kein Vergleich mit dem elefantenartigen Trampeln von mir, leider geht es halt bei mir nicht besser. Aber wer langsam geht, der kommt auch ans Ziel und die Lasterjahre, nee, die Last der Jahre, hat mich ja auch deutlich langsamer, aber auch gewichtsmäßig schwerer, gemacht.

Das Fehlen von über 1.600 Teilnehmenden machte sich nach dem Wendepunkt deutlich bemerkbar, die Strecke wurde übersichtlich leer. Irgendwann kam dann ein Streckenteil, wo uns die schnelleren Marathonis entgegen kamen, das passierte später dann noch einmal- Dabei waren es da nicht die Cracks, die Allerersten, die uns entgegen kamen, die waren schon weiter und wieder abgebogen, es waren die LäuferInnen, die zwischen 3:30 Stunden und 4:15 Stunden ankommen wollten.
Einige Freunde waren dabei, Georg Hilden, mit dem ich im Ziel noch gefachsimpelt habe, Holger Hedelt, unverkennbar mit seinem weißen Bart, Thomas Rößler, mit dem ich über das Kölnpfad-Event im Juni gesprochen habe.

Zwei Wendepunkte auf der Marathonstrecke waren es also, alles genau durch RaceResult Matten und mobile Zeitnahmesysteme kontrolliert. Gut so, dachte ich.
Wir Pacer für 4:45 Stunden, das war außer mir noch Arnt Scheidler aus Aschaffenburg, haben ein recht konstantes Tempo vorgeben können. Rechnerisch 6:45 Minuten pro Kilometer, aber immer ein klein wenig schneller, um Zeit für die Verpflegungsstände und auch mal für eine Toilettenpause zu haben. Diese war aber nicht notwendig, vielleicht der Grund, dass wir etwas zu früh eingelaufen sind?
Aber die kleine Truppe, die sich anfangs um uns geschart hatte, wurde immer kleiner und am Ende war eben niemand mehr dabei, schade eigentlich.
Aber auf den letzten Metern stockten wir noch einmal kurz, um einem sehr engagierten Läufer noch die Gelegenheit zu geben, durch unsere Mitte zu rennen, um in einem fulminanten Schlussspurt noch all dass gut zu machen, was bis dahin versäumt wurde.
4 Stunden, 42 Minuten und 42 Sekunden, so die offizielle Zeitmessung, ich war sehr zufrieden.

Und nach dem Motto „Run now – Beer later“ gab es im Ziel für mich zwei Flaschen Bitburger 0,0, eine mit Grapefruit, eine neutral, aber beide sowas von lecker und erfrischend.
Und mit dem Bier in der Hand, selbstredend alkoholfrei, ging der Blick voraus zum nächsten Pacing, dann für 4:30:00 Stunden, in Freiburg beim Freiburg-Marathon.
Arnt wird wieder mein Partner im Pacing sein und ich hoffe, dass wir wieder die gleiche Schrittfolge hinbekommen, das es wieder so perfekt rundlaufen wird, nur dass die langen Geraden nicht mehr da sind, dafür vielleicht der eine oder andere Zuschauer mehr.

Wunderbar Wandern auf La Gomera

Fünf Tage Wandern auf La Gomera – Wahnsinn, was für eine Insel! Mit Europas letztem Urwald, den riesigen Nebelwaldflächen, ein wenig Madeira. Mit den Lavafeldern ein wenig Lanzarote und mit dem Wüstenflächen ein wenig Gran Canaria. Alles in Einem und das auf kleinstem Raum.
Ob es die „rote Erde“ war, oben beim Aussichtspunkt Mirador, der weit hinüberhängt über das Tal, wo die Felsen fast senkrecht Hunderte von Metern runtergehen, so steil, dass ich erst gar nicht glauben wollte, dass wir dort hinunter gehen können oder ob es die Flechten waren im Nebelwald, die mir halfen, mich in diese zweitkleinste der sieben Hauptinseln der Kanaren zu verlieben, weiß ich nicht. Vielleicht war es aber auch einfach die hoch auf dem Berg, stolz auf einer riesigen Säule stehende, Skulptur von Cristobal Colon (Christopher Kolumbus), die in der Nacht weiß auf die Hauptstadt San Sebástian de La Gomera herunterscheint, so, als ob sie schweben würde. Diese Statue erinnert daran, dass Kolumbus zum letzten Mal vor der großen Atlantiküberquerung nach „Indien“ vor La Gomera lagerte, um dort Wasser und Proviant zu laden. Das war am 12. August 1492, die Älteren unter uns werden sich vielleicht daran erinnern.

Auf jeden Fall ist es eine großartige, wunderschöne und begeisternde Insel, auch, weil die 25.000 Einwohner, mehr Einwohner hat die Insel nämlich nicht, die pure Lebensfreude ausstrahlen und jede Gelegenheit feiern, die sich ihnen bietet. Ob das auch schon 1492 so war?
Heute jedenfalls ist es ein Anziehungspunkt auch für viele deutsche Aussteiger, von denen es vor allem in der Stadt Valle Gran Rey immens viele gibt. Sie dominieren das Stadtbild, ob sie nun einfach trommeln, Gitarre spielen, singen, Schmuck verkaufen oder einfach nur chillen. Viele dieser Aussteiger sind älter, aber eben nicht alle. Vielleicht sollte man hier neidisch werden, weil es eben diese Menschen gibt, die Dir zeigen, wie einfach das Leben sein kann und die immer nur den Augenblick leben.

Ich mag ja die Veranstaltungen von Michi Raab und seiner Webseite www.laufcoaches.com. Da tickt keine Uhr, es gibt keine Wettkämpfe, das Erreichen der täglichen Etappenziele ist der Erfolg. Deshalb ticken die Teilnehmenden dort auch anders als bei den anderen Stage Races. Lachen, fotografieren, die Aussichten genießen, auch mal auf eine Palme klettern oder wie blöd auf einem Rundkurs auf dem höchsten Berg der Insel, dem 1.487 Meter hohen Alto de Garajonay, rumrennen. Alles wird getan, um die Tagesetappen mit Freude zu füllen.
Und Freude hatten wir jeden einzelnen Tag.

Schade war nur, dass es aufgrund mehrerer Absagen nur eine sehr kleine Truppe war, die sich die fünf Wandertage gegönnt haben. Direkt danach im Anschluss waren es immerhin 10 Läufer, die die Insel an drei Lauftagen zu entdecken versuchten. Ich sollte und wollte der Elfte sein, aber daraus wurde leider nichts. Micha und Linda waren also meine ständigen Begleiter und „Höschenfotos“ von Happy Undies wurden permanent geschossen. Und auch das Stoff-Faultier „Fauli“ wollte oft fotografiert werden, soweit zu der Truppe der Wanderer.

Fünf Wandertage also, einer schöner als der vorhergegangene Tag, wunderschöne Strecken, steile Aufstiege mit ebenso steilen Abstiegen. Flach gibt es nichts auf La Gomera, außer vielleicht meine wenigen Witze. Wir hatten, wie bei Michi Raab üblich, immer nur unseren Daypack dabei, ein oder zwei Mal pro Tag stand er uns liebevoll betreuend an der Strecke, damit wir Wasser auffüllen konnten. Das geriet immer zu einer willkommenen Pause, für die ich stets dankbar war.
Ganz besonders war der Gang durch den schmalen und niedrigen Tunnel, hoch oben in den Bergen. Dass ich mich bücken musste, vor allem zu Beginn, das dachte ich mir. Dass Wasser im Tunnel steht, ebenfalls. Ich dachte aber nicht, dass selbst mir das Wasser teilweise bis zur Hüfte reichen würde und auch nicht, dass an vielen Stellen 30 Zentimeter tiefer Morast lag, durch den es zu waten ging. Wir hatten uns für Flip-Flops entschieden, was bedeutete, dass Du bei jedem Schritt das hintere Bein mit dem Flip-Flop aus dem Morast ziehen musstest, angestrengt darauf achtend, dass die Schuhe an den Füßen blieben. Wer hätte denn in dem Morast nach den Schuhen suchen wollen?
Zum Glück waren nicht die ganzen 800 Meter, die der Tunnel lang ist, so schwierig und auch dieser Weg, der kein leichter war, endete irgendwann. Im Nachhinein war es dennoch ein Highlight, auch weil irgendwann eine kleine Steinlawine den Durchgang so klein gemacht hat, dass wir ohne unsere Rucksäcke und nur auf allen Vieren da durchkamen.

Ich erspare Dir die Beschreibung der einzelnen Etappen, Du wirst sie sicher auch mal Wandern wollen. Gute Entscheidung, sage ich dann dazu, wenn Du Dich dafür entscheidest, Du wirst es nicht bereuen. Und wenn Du Dich für die Veranstaltung von Michi Raab entscheidest, dann bist Du gut aufgehoben, gut betreut und Du genießt auch die täglichen gemeinsamen Abendessen. Wir hatten dabei das besondere Glück, einmal die „Beerdigung und Verbrennung der Sardine“ mit anschließendem Feuerwerk und großer Party auf den Straßen erleben zu dürfen, es war ja auch der Aschermittwoch, das Ende des Karnevals. Aber am darauf folgenden Samstagabend war schon wieder Party angesagt, wieder waren die Leute verkleidet mit liebevoll gestalteten Kostümen, meist selbst gemacht, ob als Cupcake, als Bantu-Frau oder als Matrone. Dazu Livemusik der besseren Art, sodass Du die Lebensfreude der Insulaner fast mit Händen greifen konntest.

Aber auch diese fünf wunderschönen Tage sind vorbei gegangen und nach dem Highlight des Wanderns und Genießens kommt dann „der Blues“, wenn Du realisierst, dass es wieder nach Hause geht. Weg von den heißen Temperaturen hin ins usselige kühle Regenwetter Deutschlands.
Aber eines weiß ich gewiss: La Gomera ist ein Wanderparadies, das ich bestimmt nochmal sehen werde.

Es bleibt mir nur noch, Dank zu sagen an Michi Raab für die Organisation und Betreuung des Events, an meine zauberhaften Mitwanderer und erneut an Michi Raab, weil seine Drohnenaufnahmen einfach fantastisch sind und er mir damit eine Idee in den Kopf gesetzt hat, der ich vielleicht irgendwann nachgehen werde.

Halt, zwei Dinge noch:
Am Aschermittwoch aßen wir im Restaurant La Taska. Der Sohn des Inhabers ist Skyrunning Weltmeister gewesen und er hat so ziemlich alles gewonnen oder auf einem Podestplatz abgeschnitten, was man gewinnen kann. Unzählige Trophäen stehen im Restaurant herum und Du kommst aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Und es soll auch erwähnt sein, dass es auf der Insel eine einzigartige Pfeifsprache gibt („El Sibo“), die vermutlich einst auf allen Kanarischen Inseln zur Verständigung diente und heute nur noch auf La Gomera gepflegt wird. Sie ist auf La Gomera sogar seit Jahren Unterrichtsfach an Schulen. Begünstigt durch die schallreflektierende Wirkung der Bergwände ist hier Verständigung über Distanzen von bis zu 10 Kilometern möglich, die mit Rufen oder Schreien nicht überbrückt werden können.
Als ich mit dem Taxi zum Flughafen am Playa Santiago fuhr, berichtete und zwitscherte der deutsche Radiosender davon. Ich jedenfalls konnte die einzelnen gepfiffenen Sätze nicht unterscheiden, umso bemerkenswerter, dass die Insulaner dies beherrschen.

Das Finale: https://www.facebook.com/michael.raab.566/videos/1133178904357431/

Ab in den Süden, der Sonne hinterher …

Ich wollte schon lange nach La Gomera, auf die zweitkleinste Insel der Kanaren. Spätestens, seit mir mein langjähriger Freund Michi Raab von www.laufcoaches.com erzählt hat, wie schön es dort ist.
Als bekennender Fan kanarischer Inseln, allen voran natürlich Gran Canaria, wollte ich La Gomera also kennenlernen.
Michi bot seit einigen Jahren ein langes Laufwochenende dort an, ähnlich locker wie ich es bei ihm auf Mallorca (GR221) und auf Korsika (GR20) erlebt habe. Kein Wettkampf, dafür Gemeinschaft und gemeinsames Erleben schöner Laufrouten.
Es hat aber zeitlich bislang nie gepasst. Da waren der Job, die vier Takte des „Kölnpfadwandern im 4/4 Takt“, private Termine …
Aber manche Menschen machen halt schöne Dinge, andere Menschen haben Ausreden.

2024 hatte ich keine Ausreden mehr, vor allen nicht, weil erstmals zum Lauf (https://www.laufcoaches.com/gr132-around-la-gomera) auch Wanderungen (https://www.xn--knigsmarsch-rfb.de/la-gomera) angeboten wurden.
Also stand ich vor der „Gretchenfrage“: Wandern oder Laufen?

Das hatte ich dann auf Facebook gefragt, viele Antworten erhalten und ich habe dann abgewogen, was mir wichtiger ist, was ich mir eher zutraue und worauf ich mehr Lust hätte.
Und die Antwort war: Beides.
Also erst fünf Tage lang wandern, danach drei Tage lang Laufen, inklusive eines kleinen Bergultras.
Und auf diese insgesamt 8 Sporttage auf der Insel freue ich mich sehr.

Heute ist mein Anreisetag.
La Gomera liegt nicht gerade „kurz hinter Kassel“, sondern Du fliegst erst entweder nach Teneriffa Süd und nimmst dann eine Fähre nach St. Sebastian auf La Gomera oder Du machst es wie ich es für mich entschieden habe. Du fliegst nach Gran Canaria und nimmst dann einen Binter-Flug nach La Gomera.

6.00 Uhr morgens, der Wecker klingelt, der Zeitplan ist eng.
Der Koffer ist schon weitgehend gepackt – und das war schon eine riesige Aufgabe. Was nimmt man mit auf solch einen Trip. Es ist warm auf La Gomera, natürlich. Die Insel liegt neben der Sahara, neben Afrika. Aber es gibt auch Berge dort, nicht allzu hoch, rund 1.470 Meter hoch ist der ___ , die höchste Erhebung der Insel.
500 Höhenmeter niedriger als der Pico de las Nieves auf Gran Canaria, aber dort bin ich im Februar auch schon in dickem Schnee gelaufen.
Für die Wanderung also eine Wanderhose, aber nicht die dickere, die ist zu warm. Dazu die Socken, zur Sicherheit Sport-Unterhemden, die Funktionsshirts. Ein Fließpulli muss mit, eine Regenjacke, eine Laufjacke. Zwei Paar Laufschuhe, auch zum Wandern. Bei der Größe meiner Schuhe sind drei Paar Treter einfach nicht drin.
Und noch die Laufhosen, drei kurze Höschen, zur Sicherheit aber auch zwei Dreiviertelhosen, man weiß ja nicht, wie es kommt, weitere Socken, noch mehr Laufshirts. Armlinge, ganz wichtig. Und Pflaster, schon um die Brustwarzen abzukleben.
Zwei Kappen, Sonnenmilch, Sonnenbrille, Sportbrille, ein paar Riegel gegen den kleinen Hunger auf den Strecken, die leichten Laufstöcke – es hört nicht auf.
16,5 Kilogramm zeigt die Waage, super. 23 Kilogramm darf ich nach Gran Canaria mitnehmen, aber nur 20 Kilogramm erlaubt Binter. Da ist ja gewichtsmäßg noch viel Luft nach oben.
Also noch mal nachsehen, es gibt doch noch Dinge, die Du am liebsten bei Dir hättest.
Am Ende sind es 21,2 Kilogramm und ich hoffe, dass Binter da deswegen keinen Stress macht.
Duschen, anziehen, den Koffer fertig packen und ab damit ins Auto.

6.45 Uhr, Abfahrt. Es geht zum P+R Parkplatz des Bahnhofs Erkelenz. Um 7.21 Uhr den Zug nehmen nach Mönchengladbach, dort umsteigen nach Düsseldorf HBF, erneut umsteigen nach Düsseldorf Flughafen.
Alles klappt planmäßig, in den Flieger eingecheckt hatte ich schon, nur noch eine Gepäck-Banderole erstellen, anstehen, Koffer aufgeben. Das mit dem Koffer ist mein „Problem des Tages“, weil ich hoffe, auf Gran Canaria nicht allzu lange auf den Koffer warten zu müssen, sonst wäre mein Weiterflug in Gefahr. Eine Stunde und 10 Minuten Zeit habe ich nur, wahrlich kein Luxus. Wenn dann schon ein paar Minuten für die Verspätung draufgehen und dann musst Du bei ca. 240 Fluggästen noch lange auf Deinen Koffer warten musst, dann rennt die Zeit nochmal schneller.

11.00 Uhr, Abflug, fast pünktlich. Ich hatte mich für Eurowings entschieden, wie schon so oft. Verspätet gelandet, wie schon so oft. Und wie schon so oft bekamen wir nur einen Landeplatz außerhalb, also mit einem Bustransfer. Und herrje, bis mal die ersten Koffer kamen – und bis meiner kam! Warten kann nervenzerfetzend sein, wenn Du Zeitdruck hast.
Als der Koffer dann kam, etwas mehr als 60 Minuten nach dem Touchdown, schnappte ich ihn mir und rannte los. Aus dem Baggage Claim heraus, an den Zöllnern vorbei, nach rechts, bis endlich die Rolltreppe nach oben kam. Und dann den gesamten Flughafen entlang bis in die hinterste Ecke.
Noch 12 Minuten bis zum Start. Ich stelle meinen Koffer beim Check-In aufs Band, der Kollege dort lächelt und nickt. Ich denke, alles wird doch noch gut. Aber dann schüttelt er mit dem Kopf, ruft seinen Supervisor, der sieht sich das an und sagt, dass man nichts mehr für mich tun kann, außer den Flug auf morgen zu verschieben.
„Morgen, wann dann?“ frage ich. Es sollte der gleiche Flug sein, das aber ist mir viel zu spät. Also verhandeln. Ich wäre ja über Teneriffa geflogen, wäre dort umgestiegen, es gibt aber einen Direktflug nach La Gomera, um 8.30 Uhr morgen früh. Perfekt, sage ich, den nehme ich.
Also zum Schalter, das Organisatorische abgewickelt, über WhatsApp die Wandertruppe informiert, bei Booking.com eine Bleibe gesucht, ein Taxi genommen und ab nach Agüimes.

Ich kannte das Städtchen schon, ich bin oft da durchgefahren, mal mit dem Auto, mal mit dem Fahrrad. Aber wenn Du nur die Hauptstraße kennst, dann weißt Du nicht, was für eine zauberhafte Altstadt dieses Städtchen hat. Bronzefiguren überall, Bars, Restaurants, große Plätze mit wunderschönen Bäumen – und all das bei perfekten Temperaturen. Nicht heiß, aber warm, perfekt für einen Stadtbummel. Was war der schön!
Auf dem Marktplatz an der Rosario Kirche sind viele Buden aufgebaut, aber es sieht verlassen aus. Ob das der Rest vom Karneval ist? Oder geht da heute Abend noch was? Ich werde sehen …
Egal, auf jeden Fall habe ich mir aus der „Zitrone“, die das Leben mir serviert hat, eine „Limonade“ gemacht.
Und werde mich auf morgen früh freuen. Um 7.00 Uhr werde ich abgeholt, deutsche Zeit 6.00 Uhr. Wieder früh aufstehen, aber kein Risiko eingehen, erneut zu spät zu kommen.
Und morgen geht es dann auf den Trail.
What a wonderful world! Qué mundo tan hermoso!