Mit Dankbarkeit aus dem Jahr 2015 heraus …

12239693_1071309352879135_2918030219672429241_n2015 ist nun fast vorbei. Fast, das heißt, dass es für mich noch den „Kleinen KoBoLT“ geben wird. Und wieder den „Eisweinlauf“, natürlich. Und vielleicht noch den „Glühwein-Marathon“, je nachdem, wie ich mich an diesem Wochenende fühlen werde.
Danach bleibt dann wirklich nichts mehr, nada, njete, nothing, ketiadaan,hiçlik, فراغ .
2015 war in vielerlei Hinsicht „mein Jahr“. Die läuferische Hinsicht will ich hier einmal beleuchten.

„Nichts geschieht zufällig“, heißt es im Resonanzgesetz, „nihil fiet casu“ auf Latein, alles hat einen Sinn im eigenen Leben. Und so danke ich diesem Sinn des Lebens dafür, 2015 bisher so viele Länder besucht zu haben:
Frankeich, Gran Canaria, Italien, Madeira, Mallorca, die Niederlande, Menorca, England, Korsika, Spanien (Festland), Kappadokien (Türkei), Schweiz, Lykischer Weg (Türkei), Österreich und Luxemburg.
So viel Auswahl wird es wohl für mich nie wieder geben! Weiterlesen

Rain Man in der Pfalz

Das Phänomen des Autismus kennen wir alle spätestens, seit Dustin Hofmann in „Rain Man“ einen ganz besonderen autistischen Menschen gespielt hat. Autismus hat nichts zu tun mit mangelnder Intelligenz, Autismus ist …

… fragen wir mal „Tante Wikipedia“, die weiß ja alles:

Autismus (v. gr. αὐτός „selbst“) wird von der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, als eine tiefgreifende Entwicklungs-Störung klassifiziert. Sie wird von Ärzten, Forschern, Angehörigen und Autisten selbst als eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns beschrieben, die sich schon im frühen Kindesalter bemerkbar macht.
Andere Forscher und Autisten beschreiben Autismus als angeborenen abweichenden Informationsverarbeitungs-Modus, der sich durch Schwächen in sozialer Interaktion und Kommunikation sowie durch stereotype Verhaltensweisen und Stärken bei Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Intelligenz zeigt.

In den aktuellen Diagnosekriterien wird zwischen frühkindlichem Autismus (Kanner-Syndrom) und dem Asperger-Syndrom unterschieden, das sich oftmals erst nach dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht. Viele Ärzte vermuten jedoch mittlerweile ein Autismusspektrum (Autismusspektrums-Störung), das verschiedene Schweregrade kennt.

Soweit als zu „Tante Wikipedia“.

Was aber ist, wenn Deine Kinder von dieser Krankheit betroffen sind? Eine liebe und langjährige Freundin aus der Pfalz hat seit einigen Jahren so ein Kind. Und sie hat einmal geschrieben, wie es ist, Mutter eines solchen Kindes zu sein. Sie hat diese Situation in so klaren Bildern beschrieben, die mir so ans Herz gingen, dass ich sie hier einmal vorstellen will. Und ich hoffe, sie bewegen Dich ähnlich wie mich …

Was sie geschrieben hat, heißt: „Willkommen in Holland!“ und ist eine Abwandlung von Emily Pearl Kingsley’s Geschichte „Welcome to Holland“.

Willkommen in Holland
(nach Emily Pearl Kingsley)

Ich werde oft gefragt, zu erklären, wie man sich fühlt, ein Kind aufzuziehen, das anders ist als die anderen. Um Leuten das Gefühl dieser einzigartigen Beziehung zu erklären, benutze ich gerne eine Parabel.

Es ist so:

Wenn man ein Baby bekommt, ist es so, als ob man sich auf eine fantastische Reise begibt — nach Italien. Man kauft eine Menge an Touristenführern und macht wundervolle Pläne.
Das Kolosseum, den Michaelangelo, David, die Gondeln in Venedig…
Man lernt bestimmt auch ein paar Wörter auf italienisch, freut sich im Voraus auf italienische Küche, auf mediterranes Flair und auf Ciabatta mit Olivenöl. Kurz, es ist eine sehr schöne Zeit.

Nach einigen Monaten der schönen Vorbereitung und der schönen Tagträume ist endlich der große Tag da, du packst deine Koffer!!! Einige Stunden später, das Flugzeug landet und die Stewardess kommt zu Dir und sagt „Willkommen in Holland“!

Holland?“ sagst du. „Was sagen Sie da? Ich habe doch einen Urlaub nach Italien gebucht!!! Ich soll doch in Italien sein. Mein ganzes Leben habe ich davon geträumt, nach Italien zu fliegen.“

Aber da war eine Flugplanänderung. Der Flieger ist in Holland gelandet und du musst da bleiben.

Das wichtigste ist, dass du nicht in einem dreckigen, seuchenverpesteten Land gelandet bist. Holland ist nur anders.

Also fängst du wieder an und kaufst neue Touristenführer. Du musst jetzt eine völlig neue Sprache lernen. Und du wirst eine total neue Gruppe von Menschen treffen, die du vielleicht niemals kennengelernt hättest, wenn die Dinge anders wären.

Es ist nur ein anderer Ort. Es ist langsamer als Italien, vielleicht nicht so viel Glamour. Aber wenn du eine Zeit lang dort bist, merkst du schnell, dass es auch seine Vorteile hat. Du fängst an, um dich zu schauen:
Holland hat wunderschöne Windmühlen, Holland hat Tulpen. Holland hat sogar Rembrandt.

Aber jeder, den du kennst, ist viel zu beschäftigt, um die Schönheit Hollands zu erkennen, denn alle sind auf dem Weg nach Italien. Alle erzählen, wie toll es doch in Italien ist und was für eine fantastische Zeit der Urlaub dort doch war.

Und für den Rest deines Lebens wirst du dir sagen:
„Italien, ja, das ist der Urlaub den ich geplant hatte! Da wollte ich auch hin!“

Und das Gefühl, verletzt zu sein, einen Traum verloren zu haben, wird nie verschwinden. Denn ein großer Traum ist nicht wahr geworden, das ist ein großer Verlust.

Aber wenn du immer und immer wieder den Verlust deines Italienurlaubs beweinst, wirst du niemals die Schönheit Hollands und dessen spezielle Sehenswürdigkeiten sehen, kennen und lieben lernen. Denn Holland ist genauso wie Italien eine grandiose Erfahrung für sich und den Betrachter. Man muss sich nur die Mühe machen, die Schönheiten zu suchen und die Augen nicht davor zu versperren. Holland ist wirklich auch ein schönes Land.

Ein wunderbarer Text, oder? Ich weiß nicht, ob meine Gabi und ich uns hätten auf „Holland“ einstellen können, ich hoffe aber doch, dass auch uns das gelungen wäre. Ich finde diesen Text wunderbar und voller Liebe und denke, dass dieser Text auch stellvertretend für andere Krankheiten, andere Situationen und andere Befindlichkeiten steht.

Bleiben wir tolerant, bleiben wir offen für das Leben, denn Leben ist das, was ist …

Ich liebe Italien …

Ich liebe Italien, weil das Wetter viel besser ist als bei uns. Zwar haben wir jetzt auch die ersten Frühlingstemperaturen, aber die Bäume sind noch kahl und braun und die Abende sind noch kalt. Zum Marathon in Rom, der „ewigen Stadt“, flogen wir also ins Warme. Bisher war ich nur ein Mal an Rom vorbei gefahren, aber die Stadt selbst hatte ich noch nie besichtigen können. Rom, die Stadt von Romulus und Remus, direkt neben der Vatikanstadt und gespickt mit alten Prunkbauten. Geschichte, wo Du nur langläufst.

Den Freitag Nachmittag und den ganzen Samstag waren wir zu Fuß durch Rom unterwegs und wir sind so viel gelaufen, dass manche von uns schon Muskelkater vom Gehen bekommen haben. Aber wir haben viel gesehen. Mein Highlight war der Gang auf die Kuppel des Petersdoms. Für sieben Euro hättest Du die Hälfte der Treppen mit dem Fahrstuhl erledigen können, für fünf Euro aber musstest Du die ganzen rund 560 Stufen nach oben laufen. Ich hatte Spaß daran, die Stufen am Pulslimit nach oben zu rennen und Rainer, mein IronMan-Freund, schloss sich mir an.
Der Blick von da oben über Rom ist fantastisch, leider war der Himmel aber wolkenverhangen, was die Farben der Stadt gedämpft hat. Die Aussicht aber konnte uns das Wetter nicht nehmen.

(klicken zum Vergrößern) Blick von der Kuppel des Petersdoms über Rom

Aber ich liebe Italien auch, weil alleine die Weine und Mahlzeiten Dir immer wieder beweisen, dass das Leben Spaß macht. Und von beidem haben wir besonders viel genossen. Wir, das waren außer Gabi und mir noch fünf Freunde, die sich aufgemacht haben, die 42,195 Kilometer durch Rom an den größten und berühmtesten Bauwerken der Welt vorbei zu laufen. Monika, mit der ich schon in Edinburgh, in Stockholm und in Kopenhagen einen Marathon gelaufen habe, Huberta, die auch mit in Stockholm gewesen ist, Rainer, durch den ich überhaupt erst zum Laufen gekommen bin, sein Freund Dietmar und dessen Lebensabschnittspartnerin Christiane, die als einzige nicht laufen wollte.

(klicken zum Vergrößern) Gabi, Monika, ich, Rainer, Dietmar und Huberta

Am Abend vor dem Marathon hatten wir zuerst ein fantastisches italienisches Restaurant entdeckt und dort einen Rotwein entdeckt, der uns motiviert hat, zu kontrollieren, ob nur eine Flasche davon schmeckt oder ob das Geschmackserlebnis vier Mal wiederholt werden kann. Und der Wein aus dem Weingut Leonardo da Vinci Morellino di Scansano war wirklich „rund“, eine herrliche Nase und ein vollmundiger Geschmack mit aufregendem Abgang. Genau das Richtige, um sich für den Marathon vorzubereiten.

Und die Pizzen waren ebenso großartig, aber das gilt ja für ganz Italien. Aber am Ende des Tages war ich noch nicht ganz satt und bestellte mir noch eine Portion hausgemachte Nudeln mit Olivenöl und großen Pfefferkörnern und teilte diese Portion mit Huberta, die auch noch ein kleines Hüngerchen bei sich entdeckt hat.

Der Marathontag selbst war eher unspektakulär. Rainer und Dietmar hatten vor, sehr schnell zu laufen, Huberta und Monika wollten unter vier Stunden bleiben und bei mir rumorte wieder der Rücken. Scheinbar bekomme ich das Problem nicht wirklich in den Griff. Heute ist es so, morgen wieder anders. Bei meinem letzten Testlauf am Samstag Vormittag über rund 90 Minuten begriff ich, dass ich langsam, sehr langsam anlaufen muss, damit der Rücken erst einmal warm wird. Mehr als eine „6-er Zeit“ war nicht drin, das war mir klar.
Gabi wiederum lief nur auf „ankommen“. Nahezu ohne Training und vollständig ohne eine einzige lange Einheit kann man einfach keine guten Zeiten erwarten. In der Tat ist Gabi seit dem Berlin-Marathon nicht mehr weiter als 10 Kilometer gelaufen und auch diese Einheiten lassen sich wahrscheinlich an den Fingern beider Hände abzählen.

Für mich sind die großen Marathons dieser Welt vor allem interessant, weil man unglaubliche Menschen erleben kann. Vor allem weiter hinten tummeln sich skurrile Typen, die alle irgend ein anderes Ziel verfolgen. Und in Rom ordnete ich mich mit Gabi ganz hinten ein, vor allem, um mich erst gar nicht von den anderen Läufern „ziehen“ zu lassen. Direkt vor uns im Startblock standen zwei sportliche junge Männer, die beide Engelsflügel auf dem Rücken trugen. Damit fliegt es sich leichter, dachte ich.
Und da war ein kleiner Japaner, der mit einer riesigen Fahne, aber ohne Schuhe lief. Er war 65 Jahre alt und seine Webseite war etwas wie „runningwithoutshoes dot irgendwas“. Später war da noch eine Läuferin, die es sich zum Ziel gemacht hat, die lange Strecke mit einem Basketball zurückzulegen, den sie permanent auftippen ließ. Was für ein Vorhaben! Und da war noch eine hübsche Dänin, bei der mir vor allem der runde Hintern aufgefallen ist. Sie lief oft vor mir und ich musste einfach gelegentlich auf diesen runden Hintern schauen.

Der Lauf selbst ist kurz beschrieben. Ich startete mit so wenig Motivation wie selten, der Rücken rumorte so sehr, dass ich mich entschloss, mit einem „ABC-Pflaster“ auf dem Rücken zu starten, da hinten in der Masse der Langsamläufer war es schwer, wegen des permanenten Platzmangels in Tritt zu kommen und bei Kilometer 8 bekam ich das erste Mal in meinem Läuferleben ein wenig Angst. Ich startete ja nicht nur mit den Rückenproblemen, sondern auch mit Zahnproblemen und meine größte Sorge ist es immer, dass eine Entzündung, die durchaus von den Zähnen stammen kann, anfängt, im Körper zu wandern und sich auf den Herzmuskel legt. Und keine Stadt der Welt ist schön genug, um dort zu sterben. Und ich hatte einen springenden Puls von 188, von 205, von 220, von 145, von 189 und so weiter.

(klicken zum Vergrößern)

Ich kannte ähnliches schon von meiner früheren POLAR-Uhr, die sich manchmal die Freiheit genommen hat, den Puls anderer Läufer zu meinem zu addieren, aber mein GARMIN hatte das noch nie getan, weder der GARMIN Forerunner 305 noch mein neuer GARMIN Forerunner 310. Ich fühlte mich ruhig und gut, aber ich machte mir Sorgen. Also lies ich mich zurück fallen, aber es dauerte rund vier weitere Kilometer, bis ich wieder einen ehrlichen Puls angezeigt bekam. In dieser Zeit drehten sich meine Gedanken vor allem darum, diesen Lauf abzubrechen, um früh unter der Dusche darüber zu schimpfen, dass meine „Nummer 89“ noch immer auf sich warten lässt.
Nachdem sich die Pulsazeige wieder normalisiert hatte, entschloss ich mich, doch weiter zu laufen. Ich hatte ja keine großen Ziele, außer wenigstens unter 6 Minuten pro Kilometer zu bleiben. Damit würde Rom mein langsamster Stadtmarathon werden, den ich je hinter mich gebracht habe, aber ich wollte vor dem Marathon des Sables einfach nichts riskieren. Wenn ich am Ende mit 4:08:10 Stunden über die Ziellinie lief, dann bleibt nicht viel, als über diesen Lauf den Mantel des Schweigens zu legen.
Aber irgendwo neben diesem Mantel lugt doch ein Umstand hervor, der erwähnenswert ist und der mich wenigstens ein klein wenig mit mir selbst versöhnt. Es sind die 5-Kilometer Zwischenzeiten. So habe ich für die ersten 5 Kilometer noch 34:51 Minuten gebraucht, vor allem, weil der Rücken gezwickt hat. Die nächsten 5 Kilometer habe ich dann in 29:03 Minuten bewältigt, dann dauerte es 29:22 Minuten, bis die nächste Marke kam. Für die beiden nächsten Markierungen brauchte ich im Schnitt 29:19 Minuten. Leider gab es keine Zeitmessung bei km 20, nur eine bei km 21,1, deshalb muss ich die Werte von km 15 bis km 25 halbieren.
Nun folgten die Werte 29:24 Minuten und 28:18 Minuten und zuletzt 29:28 Minuten. Für die letzten 2,195 Kilometer brauchte ich noch einmal 13:17 Minuten. Hier bremsten mich die drei Steigungen zum Schluss noch ein wenig. Aber immerhin, im Grunde wurde ich immer schneller. Das passiert mir eher selten und ist ein Ausdruck der Situation, dass ich vor allem am Anfang einfach gehemmt war.

Und noch ein paar nette Aspekte gab es. Die Lady mit dem hübschen Hintern überholte ich kurz vor km 40, als ihr Schwung vorbei war und sie Gehpausen einlegen musste und direkt nach der 40-Kilometer-Marke überholte ich den ersten der beiden Jungs mit den Engelsflügeln. Erst hat er sich noch gewehrt und versucht, erneut Gas zu geben, seine Flügel waren aber lahm und er flog schon sehr tief. Er schien mir wirklich am Ende seiner Kraft zu sein. Engel fliegen eben anders …

Nach dem Zieleinlauf und dem Erhalt einer wirklich schweren und schönen Medaille ging ich zum Duschen ins Hotel. Monika und Huberta, die mit 4:03 Stunden gefinished hatten, waren schon da und Rainer und Dietmar, bei denen die Uhr bei 3:22 Stunden anhielt, natürlich auch. Und nach der erfrischenden Dusche gingen wir alles zusammen wieder zum Ziel und kamen gerade rechtzeitig, als Gabi einlief, lächelnd, glücklich und leicht wie eine Feder. Nur wenige Minuten hinter ihr lief auch der barfüßige Japaner mit seiner Riesenfahne ein. Ohne Schuhe geht es eben auch. Und so bewies dieser Japaner, dass das Motto dieses Laufs die Ehrung des legendären äthiopischen Läufers Abebe Bikila war, der bei der Olympiade 1960 in Rom als erster Afrikaner überhaupt eine olympische Goldmedaille erringen konnte – im Marathon, mit der Startnummer 11, barfuß.


Belohnt haben wir uns am Abend dann mit einem erneuten Besuch bei unserem neuen „Lieblingsitaliener“. Der Wein war noch genauso gut wie am Vortag, aber wir entdeckten, dass er auch einen hervorragenden Weißwein auf der Karte hatte. Es war eine Mischung aus einem Pinot Grigio und einem Chardonnay, sehr fruchtig, so ein Wein, bei dem Du Dir wünschst, dass Deine Badeewanne damit gefüllt wäre.
Wir bekamen die Flaschen anfangs gekühlt, aber als wir die gekühlten Flaschen leer getrunken hatten, schwenkte der Kellner um und servierte uns die restlichen Flaschen in einem Eiskühler. Insgesamt waren wir sechs Stunden in diesem Restaurant, wir haben viel gelacht und viel gegessen und am Ende habe ich mich gefragt, wie wir zusammen so viele Flaschen Wein leeren konnten. Aber es ging.

Ich selbst feierte auch, dass mein Rücken nach dem Marathon wieder „wie neu“ war. Und so soll es auch bleiben.

(klicken zum Vergrößern) Monika und Huberta nach der Dusche vor dem Colosseum nahe der Start-/Zielzone

PTL: Can you complete our équipe? Unser Weg nach Chamonix …

Das ist doch typisch Mensch: es braucht neun lange Monate bis zur Geburt eines neuen Erdenbürgers, neun Monate, die die Männer in die örtlichen Kneipen treiben, um sich die Sorgen schön zu trinken und neun Monate, die Frauen sukzessive zu Müttern machen. Keine Sorge wird ausgelassen und Woche für Woche wird schon mal ein Teil für das kleine Bündel gekauft.
Man kann ja nie wissen! Und neun Monate vergehen ja so schnell!

Neun Monate von heute an dauert es noch, bis sich Carsten Quell und ich der größten sportlichen Herausforderung stellen, für die wir uns bisher eingeschrieben haben, neun Monate bis zum PTL, bis zum 245 Kilometer langen „La Petit Trotte à Léon“, neun Monate bis zu 21.000 Höhenmetern! Neun Monate sind auch genau die richtige Zeit, um uns zu entscheiden, mit wem wir diesen Lauf als Dreier-Team wagen wollen.
Vor kurzem haben Carsten und ich, die wir das „P“ und das „T“ repräsentieren, noch hier über diesen Blog unser „L“ gesucht. Und direkt danach hat Carsten auf der englischen und der französischen UTMB-Webseite eine Frage gepostet: „Can you complete our équipe?“ Und ich habe bei Steppi im Steppenhahn ganz bescheiden auf deutsch angefragt, wer unser „dritter Mann“ sein will.

9 Monate - unser Weg nach Chamonix!


Gerechnet haben wir mit nichts, mit niemandem.
Wer wird denn so verrückt sein, sich auf so ein Experiment einzulassen? Jeder Arzt, der seine sieben Sinne beieinander hat, wird Dich vor dieser Tour warnen. Noch heute hat mein Freund und Physiotherapeut Roger Steiner zu mir gesagt: „Wer’s braucht … !“ Und wer wird denn die nächsten neun Monate auf so viel Freizeit verzichten, um Tag für Tag, um Kilometer für Kilometer Training abzuleisten, nur um sich Ende August mal wieder so richtig quälen zu können?

Aber ich bin dem lieben Gott dankbar, dass er Carsten und mir gezeigt hat, dass wir uns irren können. Und zwar gewaltig. Zwei meiner engsten Lauffreunde haben sich genauso gemeldet wie ein Feuerwehrmann aus der „verbotenen Stadt“ und auch ein erfahrener Ultralauf-Veteran aus England hat sich ins Gespräch gebracht. Das hat uns sofort in Zugzwang gebracht, uns Kriterien auszudenken, anhand derer wir die Position „L“ besetzen wollen.

Da Carsten und ich Sicherheitsfanatiker sind, war unser erstes Kriterium klar: es sollte primär jemand sein, der den UTMB gefinished hat. Grundsätzlich wäre das zwar nicht wichtig gewesen, da Carsten und ich beide UTMB-Finisher sind und damit die Mindestqualifikation für das gesamte Dreier-Team erfüllen. Aber uns kann ja schon morgen ein Ziegelstein auf den Kopf fallen oder eine Muskelfaser in der Wade reißen. Und dann müsste ein Ersatz gesucht werden und der müsste dann zwangsweise ein UTMB-Finisher sein.
Wenn „L“ aber auch ein UTMB-Finisher ist, dann reicht ein guter Bergläufer … „Safety first“ also!

Unser zweites Kriterium war, dass wir denjenigen vorziehen wollten, der zumindest die Distanz von 245 Kilometern nonstop erfolgreich gefinished hat. Carsten und mir ist das bislang noch nicht vergönnt gewesen, aber Carsten wagt sich auf beim GUCR („Grand Union Channel Race“) an die gleiche Entferung wie ich, wo ich die Leiden der TTdR „TorTOUR de Ruhr“ auf mich nehmen will … „Experience first“ eben!

Das dritte Kriterium war aber auch, dass die Grundgeschwindigkeit von „L in etwa unserer Geschwindigkeit entsprechen sollte. Richtige „Rennkatzen“ würden uns unter Druck setzen, ob wir das wollen oder nicht, immerhin sind wir ja Männer – mit mehr geistigem Ehrgeiz als körperlichen Fähigkeiten. Unter Druck aber würden wir zu schnell anlaufen und somit wäre die ganze Mission gefährdet, also brauchen wir jemanden mit dem Mut zur Langsamkeit … „Slowfox“ als Ziel!

Vor allem Carstens Telefonat mit Robert (Bob) Lovegrove aus dem hochalpinen England hat dazu geführt, dass wir Bob gefragt haben: „Willst Du, Bob Lovegrove, „P“ und „T“ annehmen und zum „L“ werden, in guten wie in schlechten Zeiten, bergauf und bergab, bis die Ziellinie Euch scheidet?“ Und Bob sagte: „Yes!“

Bob hat in allen Punkten unsere Kriterien vollständig erfüllt. Er ist ein UTMB-Finisher des Jahres 2007, er hat schon einen 250 Meilen (ca. 400 km) Nonstop-Lauf erfolgreich hinter sich gebracht und er ist mit einer UTMB-Zeit von 40+ Stunden nur unwesentlich schneller unterwegs gewesen wie Carsten und ich. So passt das zu uns, so passen wir zueinander! Und alle jubelten und freuten sich und wir beschlossen, für unseren Lauf das gute Beispiel lieber Lauffreunde anzunehmen, um etwas wirklich Wichtiges zu tun: um Geld zu sammeln für einen guten Zweck!

Ob es R(ud)olf Mahlburg mit seinem ambitionierten Projekt www.laufend-helfen.de ist, der immense Summen für an der Duchenne-Muskelkrankheit erläuft oder Michael Eßer, der mit www.running-for-kids.de Geld für den Verein Zartbitter e.V. sammelt oder ob es Heinrich Dahmen ist, der mit seiner Webseite www.spendenlauf.de auch für notwendiges Geld für kranke Kinder sorgt, alle sind unsere Vorbilder.
Nur wissen wir noch nicht, für welche Organisation wir Gelder erlaufen sollen, immerhin soll die Organisation in Kanada, in England und in Deutschland eine guten Ruf, eine hohe Bekanntheit und hehre Ziele haben. Aber da gibt es genügend Alternativen und daher haben wir vereinbart, dass wir dieses Thema erst dann endgültig beschließen, wenn wir nach unserer Anmeldung auch vom Organisationsteam in Chamonix angenommen wurden, also werden wir uns in der zweiten Januarhälfte entscheiden, dann, wenn wir gewissermaßen in der „8. Woche“ der Neun-Monats-Prozedur sind.

Dennoch sind meine Gedanken bei denjenigen, die gerne in unserem Team dabei gewesen wären, insbesondere natürlich bei meinen beiden engen Lauffreunden, mit denen ich schon seit Jahren hübsche Strecken läuferisch bewältigt habe. Und ich hoffe, dass hier „aufgeschoben“ nicht „aufgehoben“ ist und dass die drei 2010 sich erst einmal selbst am UTMB beweisen, selbst das Gefühl tanken, was es heißt, so lange zu laufen, zwei aufregende Sonnenaufgänge in den Bergen zu erleben und so lange nicht zu schlafen …,

… um dann 2011 den PTL selbst anzugehen, vielleicht sogar dann mit mir?

Edit: die oberen Zeilen habe ich schon vorgestern geschrieben und alleine heute haben mir zwei weitere Lauffreunde mitgeteilt, dass sie gerne unsere Troika ergänzen würden. Ich werde versuchen, noch ein zweites Team für 2010 zusammen zu stellen, bei dem ich gerne auch dabei wäre. Aber wie heißt es bei Reese Witherspoon’s bezauberndem Film „Sweet Home Alabama“ so schön: „Du kannst mit einem Hintern nicht zwei Pferde reiten!“
So hoffe ich doch, dass ich allen meine lieben Freunden gerecht werden kann, indem ich einfach dupliziere, was gut zu sein scheint!
PTL, wir kommen, hoffentlich gleich mit zwei Teams! Danke Andreas, danke Dirk, danke Florian, danke Martin, danke Peter, jeder von Euch bekommt noch eine direkte persönliche Mail.