Weil Familie über alles geht …

Der Frust wegen dess missgückten England-Laufs saß tief. So tief, dass ich überlegt habe, an diesem Wochenende doch noch einen Lauf einzuschieben, also machte ich mich auf die Suche.
Zuerst dachte ich an Guido Huwiler, der mit vielen anderen Lauffreunden den Ultratrail Verbier St. Bernard vor sich hatte. Das ist ein klasse Lauf mit rund 6.000 Höhenmetern, aber Verbier ist doch extrem weit von Bonn entfernt.

Außerdem gab es den Lavredo Ultratrail in den südtiroler Dolomiten. Das ist auch nicht gerade um die Ecke, aber die Gegend ist so schön, dass das schon eine Sünde wert ist. Die Meldeliste allerdings war schon lange geschlossen, über diese Sünde brauchte ich also nicht nachzudenken.

Der Preussen 100er schied aus, weil er am Sonntag stattfindet. Und das geht gar nicht. Meine Frau Gabi arbeitet seit Donnerstag bis zum frühen Samstag Abend in Stuttgart und kommt dann erst spät zurück. Zudem muss sie am Montag gleich wieder in der Stuttgarter Ecke arbeiten und fährt daher schon am Sonntag Nachmittag wieder in den Süden. Ein Lauf an diesem Sonntag wäre also ein Affront gewesen.

Also der Thüringen Ultra, dachte ich. Aber auch der hat so seine Tücken. Meine Tochter Milena fragte mich beim Frühstück am Freitag, ob für den Samstag Abend ein Auto für sie zur Verfügung stehen würde, weil am Samstag Abend die „Rheinkultur“ stattfinden würde, immerhin mit dem Topact Razorlight. Nun haben wir zurzeit nur zwei Autos, eines davon hat Gabi in Stuttgart, das andere sollte mich nach Thüringen bringen.
Milena war schon ein wenig enttäuscht und so versprach ich ihr, schnellstmöglich wieder zu Hause zu sein. Mein Plan war dann, um 19 Uhr zu starten, die 100 Meilen in 20 bis 22 Stunden abzuwickeln und dann gleich heim zu fahren. Das könnte alles gerade so klappen, dachte ich.
Es klappte aber nicht.


Erst einmal musste ich bis 15 Uhr arbeiten, dann stand ich vor Alsfeld auf der BAB 5 in einem Megastau, sodass ich erst kurz vor 19 Uhr am Start war, an einen Start um 19 war nicht zu denken, weil ich weder umgezogen war noch etwas gegessen hatte. Also ein Start um 20 Uhr, wieder eine Stunde „Luft“ weniger.
Aber ich spitzte die Ohren, als beim Briefing kurz vor dem Start gesagt wurde, dass diejenigen, die bei der 100 K Verpflegung aussteigen, dennoch gewertet werden, eine Urkunde und das Finisher-T-Shirt erhalten. Das war Musik in meinen Ohren und ich beschloss, diese Option zu ziehen, wenn der Lauf länger dauern würde als geplant.

Er dauerte lange, das zeigte sich schon sehr früh. Gegen diesen Lauf, insbesondere auf den ersten 70 Kilometern, war der MIAU regelrecht einfach zu laufen, an eine Wiederholung der Laufzeit dort war nicht zu denken. Vor allem die langen Anstiege und die durch den vorangegangenen Regen matschig-klebrige Strecke forderten die Läufer schon sehr. Dass es obendrein extrem rutschig war tat ein Übriges. Ein böser Sturz eines Läufers direkt hinter mir ist ein Beleg für diese Problematik.
Schon nach 15 Meilen war für mich klar, dass ich die angebotene Option des Verkürzens nutzen werde.

Für den Lauf entschied ich mich für die extrem leichten roten Trailschuhe Roclite 285  von INOV-8. Zwar gab es auch viele Asphalt-Passagen, aber der Trail dominierte doch. Beim Packen schaute ich mir die Schuhe an und hatte das Gefühl, dass sie mit mir sprechen wollten. Noch nie habe ich sie so weit laufen lassen, noch nie wurden sie schlammig und wirklich gefordert.
Und sie wollten dreckig werden, sie wollten Auslauf haben und sie wollten gefordert werden …

Vor dem Start war ich noch nicht wirklich angekommen. Ich war hektisch und fahrig und „Runningfreak“ Steffen Kohler fragte mich, warum ich so nervös sei. Er kennt mich eigentlich eher ruhig. Sigi Bullig wiederum meinte, er würde mich nur so hektisch kennen …

Nach der Startklappe beschloss ich, sehr langsam zu laufen und war schnell nicht nur der Letzte der 2o Uhr Starter, ich war auch früh ganz allein, so allein, dass ich mich auch schnell verlief. Ich war verzweifelt und wollte dem Lauf schon den Titel des am schlechtesten beschilderten Laufs aller Zeiten geben und dachte sogar kurz ans Aufhören.
Erst als ich endlich das Kopflicht aufsetzte und anmachte geschah ein Wunder. Die zumindest für mich kaum sichtbaren Markierungen fingen an zu leben. Sie blendeten regelrecht zurück. Ob es einfache Reflektoren an den Verkehrsschildern oder den Bäumen waren oder Reflektoren, die liebevoll an die einzelnen Markierungsbänder angebracht wurden –  ab dann war es ein anderer Lauf, einer ohne Verlaufen. Auch die unscheinbaren Pfeile auf dem Boden begannen im Licht zu leuchten wie ein Weihnachtsbaum und ich haderte mit mir, warum ich so lange mit dem Kopflicht gewartet hatte.

Zwei Stunden lang kontrollierte ich meine Geschwindigkeit und hielt sie niedrig. Ich finde ja immer, dass Du Dich in diesen ersten zwei Stunden auf eine Geschwindigkeit einnordest und die darf nicht zu hoch sein, damit Du auch nach 12 Stunden noch dieses Tempo halten kannst.

Mit zunehmender Laufzeit wurde ich eher schneller als langsamer. Ich konnte bis zum vorzeitigen Ende bei der 100 K Marke in der Ebene laufen, etwas, was nicht wirklich typisch ist für mich. Diejenigen, die wissen, dass ich keinen „1. Gang“ habe, mögen das bestätigen. Nach 13 Stunden und 40 Minuten war ich am Ziel, zweifellos der langsamste 100 K Lauf, den ich je gemacht habe.
Angesichts der Schwere der Laufstrecke aber bin ich damit sehr zufrieden.

Bemerkenswert war für mich auch, wie viele Lauffreunde und Facebook-Freunde da waren. Viele hatte ich schon lange nicht mehr gesehen, mache gehören gewissermaßen zum Inventar jedes großen Laufevents.

Dank der Verkürzung auf die „Kurzstrecke“ war ich um 15 Uhr schon wieder zu Hause und packte meine Sachen wieder aus. Die INOV-8 Schuhe schienen mich anzugrinsen und ich hatte kurz den Eindruck, dass sie sich bei mir dafür bedanken wollten, dass ich sie so weit habe auslaufen lassen.
Angesichts der rutschige Strecke schaute ich die Schuhe ebenfalls an und bedankte mich dafür, dass sie mir recht viel Trittsicherheit gegeben hatten. Außerdem versprach ich, sie kommende Woche intensiv zu putzen.

Sie haben es verdient …

Von Delmenhorst nach Delmenhorst …

Lange ist es noch nicht her, dass in Delmenhorst das Schlusssignal ertönt ist, aber es wirkt für mich fast unwirklich, so lange vergangen.
Es ist ja der Traum der meisten Läufer unter uns: etwas Besonderes leisten, sich selbst irgenwo abholen, das Gewesene verbessern und die Achtung und Aufmerksamkeit von Anderen erhalten.

Am Anfang meiner „Läuferkarriere“ dachte ich immer, zu schlecht zu sein, zu langsam zu laufen und zu schnell müde zu werden. Ich habe immer nur zu den Schnellen aufgeschaut, ich habe die bewundert, die weiter laufen können als ich und die Cracks unter den Läufern beneidet und in meine Abendgebete eingeschlossen.


Dabei ist es gar nicht wichtig, ob Du bei einem 24-h Lauf 120, 180, 200 oder mehr Kilometer hinter Dich bringst. Wichtig ist lediglich, dass Du weißt, wo Du stehst und dass Du dort versuchst, aus Deiner „Wohlfühlzone“ auszubrechen und eine Leistung zu bringen, mit der Du Dich am nächsten Tag im Spiegel mit Stolz betrachten kann.
Und wie diese Leistung sein muss, das entscheidest Du ganz allein. Du holst Dich eben da ab, wo Du bist. Und da sind wir alle verschieden – zum Glück.
Oder anders formuliert: lieber einen persönlichen Bestwert mit 140 Kilometern schaffen als weinend einzulaufen, weil es „nur“ 169,6 Kilometer waren und das definierte Ziel „170 Kilometer“ verfehlt wurde.

Mein erster 24-h Lauf war vor zwei Jahren bei der DLV-Challenge in Delmenhorst. Ich hatte diesen Lauf ausgesucht, weil ich bis dahin nur zwei 100 Kilometer – Läufe gemacht hatte, beide waren in Biel, 2007 und 2008, und ich war der begründeten Ansicht, dass es nicht schlecht wäre, vor den 166 Kilometern des UTMB diese Strecke zumindest einmal flach gelaufen zu sein. Zwei gleichzeitige Herausforderungen, eine für mich extreme Länge und für mich extrem viele Höhenmeter, wollte ich mir nicht zumuten, da kam die DLV-Challenge genau Recht.

Und jetzt, zwei Jahre später, bei meinem zweiten 24-h Lauf, war ich also wieder in Delmenhorst, beim Burginsellauf, weil die DLV-Challenge nicht wiederholt wurde.

Dabei war die DLV-Challenge für mich optimal. Schon die Grundbedingungen waren perfekt. In der Altersklasse M40 und M45 wurdest Du nur gewertet, wenn Du mindestens 150 Kilometer gelaufen bist. Am Anfang war noch meine größte Angst, lange zu laufen und dann nicht gewertet zu werden. Der Vorteil gegenüber anderen 24-h Läufen ist aber, dass Du die Walker mit ihren Stöcken nicht auf der Strecke hast.
Staffeln waren ebenfalls verboten, auch das ist ein unschätzbarer Vorteil, weil Du Dich, wenn Du nicht sehr diszipliniert bist, doch immer ein wenig von den Staffeln zu einem schnelleren als Deinem angemessenen Tempo verleiten lässt.
Und ich bin damals mit der damals noch für dle LG Ahrweiler laufenden Sabine Strotkamp gelaufen. Sabine läuft auch für die Nationalmannschaft, ist sehr diszipliniert und hatte das gesamte DLV-Team „im Boot“.

Wir sind damals mit einer 7er Zeit gestartet und schon nach zweieinhalb Stunden waren wir mit zwei Runden Rückstand zum Vorletzten abgeschlagen ganz weit hinten. Ich hätte viel schneller gekonnt, aber Sabines Trainer, der heute ihr Ehemann ist, schimpfte uns schon dann, wenn wir mal die 1 Kilometer Runde mal mit 6:53 Minuten abgeschlossen hatten. „Ihr seid zu schnell!“ rief er uns ständig zu und meine Sorge, die 150 Kilometer-Hürde nicht zu schaffen, wuchs mit jeder Minute.

„Sabine,“ sagte ich zu ihr, „ich bin nicht hier, um Letzter zu werden!“
Aber Sabine schaute mich mitleidig an und fragte mich, wie weit ich denn zu laufen gedenke. Als ich ihr sagte, dass ich mindestens 150 K schaffen müsste, antwortete sie: „Dafür sind wir viel zu schnell!“
Ich war irritiert und sie sagte mir, dass wir, wenn wir das 7er Tempo bis zum Ende halten könnten, bei 200 Kilometern landen würden.
Mit den Stunden rutschten wir dann im Ranking immer weiter nach vorne. Ich endete dann mit 177,520 Kilometern als insgesamt Zehnter und als Fünfter der Altersklasse M45.
Das war für mich kaum mehr steigerbar und so wuchs von Monat zu Monat die Sorge, das irgendwann nicht mehr toppen oder wenigstens einigermaßen erreichen zu können.

Ich war danach bei mindestens drei weiteren 24-h Läufen angemeldet, bei einem Fun-Lauf im Saarland, bei einem 24-h Lauf in Ratingen-Breitscheid, der von meinem Freund Bernd Krayer organisiert wird und bei der Deutschen Meisterschaft im 24-h Lauf im letzten Jahr in Rockenhausen. Im Saarland und in Rockenhausen habe ich mit mäßiger Motivation immer direkt nach der Überquerung der Marathon-Marke aufgehört. Immer war ich zu schnell angegangen, jedes Mal habe ich mich über mich selbst geärgert  – und beim 24-h Lauf in Breitscheid habe ich eine andere Taktik gewählt. Hinlaufen war die Devise, nicht primär dort laufen.

All das habe ich getan, um erst gar nicht in die Versuchung zu kommen, den Bestwert von damals testen zu müssen – und daran vielleicht zu scheitern. Ich habe jeden Grund akzeptiert, vorzeitig auszusteigen, gewertet wirst Du ja auch mit ein paar Metern mehr als ein Marathon!

Und jetzt hatte ich mir für Delmenhorst Ruhe verordnet und das Glück, jede noch so bescheidene Leistung mit dem Training für England begründen zu können. Ich wollte ja gar nicht auf einen persönlichen Bestwert laufen, nur entspannt für das „TRA 250 Miles Thames Ring Race“ trainieren. Und so entschied ich, die Strategie von Sabine zu wählen, langsam zu starten und zu versuchen, so lange wie möglich auf diesem Level zu verharren.
Trotz der besten Vorsätze begann ich zwar sehr langsam, aber immer noch etwas zu schnell. Statt eines 7er Tempos hatte ich meist eine 6:35 auf dem Schirm, aber noch weiter zu reduzieren traute ich mich nicht, immerhin lief ich mit meinem Freund Birger, der von mir gedacht haben muss, dass hier eine echte Ultra-Schnecke unterwegs ist.
Sabines Trainer hätte mich wohl total „zur Sau“ gemacht wegen der meist 20 bis 25 Sekunden pro Kilometer, die ich effektiv zu schnell war.

Besonders stolz auf mich war ich, weil ich 10 Runden lang der Versuchung widerstanden habe, bei jeder Runde auf den Monitor zu schauen, um nachzusehen, wo ich denn gerade platziert bin.


Es ist seit langem ein offenes Geheimnis: Du nordest Dich in den ersten zwei Stunden auf eine Laufgeschwindigkeit ein. Beginnst Du zu schnell, dann brichst Du irgendwann ein und verlierst ein Vielfaches von dem, was Du am Anfang gewonnen hast. 24 Stunden sind eben enorm lang und der Gewinn der ersten Stunden verblasst gegen den Verlust der letzten Stunden.
Folgerichtig sah ich auch, dass ich nach der Runde 11 „nur“ der 32. von allen war, der 5. der Altersklasse M50.
Mittlerweile hatte ich mich auf mein Renntempo eingenordet, die ersten zwei Stunden waren vorbei, der Mensch ist zur Maschine mutiert und die Gefahr, jetzt noch zu schnell zu werden, war relativ gering.
Und trotzdem verbesserte ich mich bis zur Geisterstunde von Runde zu Runde fast immer um einen Platz.


Als meine Gabi für sich entschieden hat, kurz nach Mitternacht, zwischenzeitlich waren 12 der 24 Stunden vergangen, etwas zu schlafen, war ich 9. von allen und 2. der Altersklasse und meine Gedanken spielten verrückt, der Ehrgeiz erwachte und alle guten Vorsätze, locker zu bleiben, gab ich irgendwo auf der Strecke ab.
In der nächsten Runde verbesserte ich mich auf den 7. Rang und eine weitere Runde später war ich schon 6. und 1. der Altersklasse.
Es war meine Vernunft, Gabi nicht zu wecken, um ihr das schöne Ereignis zu zeigen, aber es wurde mein Ziel, diese Platzierung bis ins Ziel zu retten.
Gleich darauf war ich sogar auf dem fünften Platz und dieses Ergebnis hielt ich bis zum Ende.
Erst in den letzten vielleicht drei, vier Stunden, reduzierte ich mein Tempo ein wenig, gönnte mir ein paar Gehpausen und ließ mir von Gabi und dem „Runningfreak“ Steffen Kohler ausrechnen, wie groß mein Vorsprung auf den Zweitplatzierten der Altersgruppe und auf den Sechstplatzierten des Rennens ist.
Beide Werte vermittelten Sicherheit und weil ich ja ein träger Junge bin sank meine Motivation, ständig am oberen Level für so eine Veranstaltung zu laufen, ein wenig ab und ich gönnte mir ein paar nette Gespräche mit lieben Läufern wie dem großartigen Bernd Nuss, seines Zeichens Veranstalter des 24-h Laufes „Rund um den Seilersee“ bei Iserlohn, mit Hans Würl, den ich immer wieder bei Großevents treffe und vielen Anderen.
Es war eine schöne Veranstaltung – und das nicht nur wegen des sportlichen Erfolgs.

Wenn man betrachtet, welche Mühe sich die Organisatoren machen, dann verharrt man in Demut und Dankbarkeit. Schon die Startgebühr ist bescheiden niedrig und die Versorgung lässt keine Wünsche offen.
Außer Wasser und Cola gab es alkoholfreies Weizenbier, Malzbier und eine Batterie von Säften, beginnend mit Orange und Apfel und endend mit Exoten wie Guavensaft und Mangosaft. Es gab frische Früchte, frische Ananas, Weinträubchen und erntefrische Erdbeeren.
Wer da nicht glücklich wurde, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Und den leckeren Milchreis mit Erdbeersauce, der ab 20 Uhr erhältlich war, kannte ich ja schon aus dem Jahr 2009.
Zu diesem Zeitpunkt gab es dann auch Nudeln im Überfluss, garniert mit fleischhaltiger Sauce oder, vielleicht speziell für mich, in einer vegetarischen Sauce. Richtige Läufernahrung also.

Musik vom Band am Anfang, eine Live-Band ab 20 Uhr, die allerdings etwas rockigere Musik hätte spielen können, ein Speaker mit einer wunderschön trainierten Stimme, der Lust gemacht hat, ihm immer wieder zuzuhören und als Abendabschluss in verschiedenen warmen Farben angestrahlte Bäume im Park, durch den wir liefen.

Perfekt war auch die technische Ausstattung. Jeder Läufer erhielt spezielle Transponder und innerhalb einer Megasekunde war Dein Ergebnis auf dem Monitor mit Deiner Platzierung Gesamt und AK, mit Deiner letzten Runde, der Gesamtzahl der absolvierten Runden und der Gesamtstrecke, die Du schon bewältigt hast.

Bleiben nur noch die Siegerpokale für die schnellsten Teamstaffeln, die schnellste Frau, den schnellsten Mann und die Auszeichnungen für die jeweils drei Altersgruppensieger.
Von 2009 war ich ja noch verwöhnt, als es einen Glasblock gab mit einem als Hologramm eingelaserten Läufer und meinem 5. Platz der Altersklassenwertung.
2011 aber stand in nichts nach. Die Glasaufsteller, die wir bekamen, sind zauberhaft schön, wertvoll und werden stets einen Ehrenplatz in meinem Schlafzimmer haben.


Besser, finde ich, kann man solch einen Lauf nicht machen. Und so verneige ich mich Richtung Delmenhorst und den dortigen Organisatoren.

Delmenhorst, ich komme wieder …

Staatsanwälte küsst man nicht

„Ich habe gedacht, alle Marathonläufer wären so Hungerhaken,“ sagte einer der Polizisten vor dem Darmstädter Knast. „Aber Du hast ja ein kleines Bäuchlein …!“
Ich habe dann kurz an mir heruntergeschaut, habe mich ein wenig geschämt und muss tatsächlich einräumen, zwei oder drei doofe Kilogramm zu viel mit mir herum zu tragen. Kein Wunder eigentlich, immerhin laufe ich eher zu wenig und zudem übe ich mich im Frustessen. Aber zwei Kilogramm sind schnell wieder weg, wenn ich im Mai und Juni wieder fleißig bin und jede Woche einen langen Lauf absolviere.
Einer der Gründe, warum ich so gerne lange laufe ist doch, dass ich so viel essen kann wie ich will – spätestens nach einem wirklich langen Lauf ist alles wieder im Lot.

Da ich also in der letzten Zeit gut genährt bin, habe ich mir gesagt, dass ich während des Darmstädter Knastmarathons nichts essen werde, zwei kleine Bananenstücke ab Kilometer 30 waren es dann aber doch. Aber ich habe viel getrunken. Immer nach zwei der rund 1,75 km langen Runden durch den Knast gab es einen halben Becher Frubiase. Wenn der Lauf schon von Frubiase gesponsort ist, dann gibt es eben mal was anderes als immer nur Wasser. Aber ab Kilometer 30 habe ich auch den einen oder anderen Becher Cola in meinen Flüssigkeitsplan eingebaut.

Ein Marathon im Knast? Seitdem ich das erste Mal davon gehört habe, wusste ich, dass ich diesen Lauf einmal machen muss. Aber ich dachte dabei vor allem an mich und an meine Interessen. Die Sicht für die Inhaftierten ist aber viel wichtiger und interessanter. Das freiwillige Knast-Marathonprogramm hat sehr viele pädagogische Aspekte.

Marathon laufen ist vor allem für die Menschen, die selten diese für Laien unglaubliche Strecke bewältigen, eine echte Herausforderung. Und so lernt der Inhaftierte durch das Marathon-Training und den abschließenden Marathonlauf Dinge wie Harnäckigkeit, Leidensfähigkeit, Konsequenz und Zielstrebigkeit. Als Nebeneffekt erhält der Häftling dann noch ein verbessertes Selbstwertgefühl und er schärft seine Begeisterungsfähigkeit.
Wenn wir Externe also dort mit den Gefängnis-Insassen laufen, dann beteiligen wir uns dankbar an diesem Programm, das in Darmstadt vor drei Jahren aufgelegt wurde und das sicherlich schon bald viele Nachahmer in Deutschland finden wird.

Meine erste Schwierigkeit beim Darmstädter Knastmarathon war schon das Auffinden des entsprechenden Gefängnisses. Ich bin ja ein bekennender Nichtleser von Ausschreibungen und lebe meist davon, dass liebe Lauffreunde mir vor dem Lauf sagen, worauf ich aufzupassen habe.
Im Fall des Darmstädter Knastmarathons war es dem Runningfreak Steffen vorbehalten, mich per SMS auf die Notwendigkeit, einen Personalausweis dabei zu haben, hinwies. Ich hätte sicherlich nicht an so ein Detail gedacht.
Wenn ich mir auch noch die Postadresse des Gefängnisses herausgeschrieben hätte, dann wäre vieles in Ordnung gewesen. Ich aber dachte, dass es reicht, nach Darmstadt herein zu fahren und an der nächsten Tankstelle nach der JVA Darmstadt zu fragen.

„Die ist in Weiterstadt,“ so die Antwort. Also ab nach Darmstadt-Weiterstadt und dort wieder zu einer Tankstelle, wieder die gleiche Frage und eine präzise Antwort. Nach scheinbar endlosen Spargelreihen fand ich auch das Gefängnis und ich fand das Eingangstor offen.
Jetzt kurz noch Steffen anrufen mit der Frage, wo genau wir uns treffen. Steffen aber war noch nicht da.
Ich gab ihm den Straßennamen der JVA, aber Melanie und er waren ganz wo anders in Darmstadt und das Navigationssystem versprach 15 Autominuten bis zu mir.
Ich bin aber schon in die Gefängnisfläche herein gefahren und sah viele leere Parkplätze, keine Läufer und nur einen einzigen Wärter, den ich gleich interviewte. Auf meinen Hinweis, dass ich heute hier einen Marathon laufen wolle schüttelte er nur den Kopf und meinte, dass das definitiv nicht in dieser JVA stattfinden würde.

Es war ein ganz anderer Stadtteil Darmstadts und so rief ich Steffen an, um ihm die Kunde zu übermitteln. Er war zwischenzeitlich schon auf dem halben Weg zu mir, um festzustellen, dass er doch genau dort hin sollte, von wo ich ihn Richtung Weiterstadt umbeordert hatte.
Steffen war wohl keine 200 Meter vom richtigen Ziel entfernt, bevor ich ihn in die ganz andere Richtung dirigiert hatte.
Was sollte er daraus lernen? Wer auf mich hört, der sollte die Informationen zwei Mal überprüfen.

Alsdann standen wir vor dem Knast, um irgendwann endlich reingelassen zu werden. Das war gar nicht so einfach, weil immer nur vier Läufer auf einmal durch die Türe durften. Dann hieß es, die Pässe abzugeben, hinzusitzen und das Beschnüffeln durch einen Drogenhund zu erdulden. Dann aber durften wir in den Gefängnishof.
Am Ende dann, als ich nach Hause gehen wollte, war das sehr einfach. Durch die Türe, um den Pass gebeten – tschüss!
Und ich dachte immer, dass es leichter wäre, in den Knast zu kommen als dort heraus…

Frubiase war ja der Hauptsponsor des Laufs und so ging ich mit Melanie und Steffen zuerst zum Frubiase-Zelt. Alle Ladies dort waren hilfsbereit und nett, dass aber Jana aus München da war hat mich besonders gefreut. Ich hatte sie ja in Hamburg beim „Zieleinlauf“ mit Susanne Alexi und Hauke „Petzi“ König beim Lauf Dresden – Hamburg auf dem Elberadweg kennen gelernt.
Danach hatten wir ein, zwei Mal telefoniert und zwei, drei Mal gemailt – und dann die Überraschung in Darmstadt.

Das Frubiase Team war für mich sehr hilfreich. Nicht nur wegen der Flüssigkeit, die ich in jeder zweiten Runde dort zu mir nahm, sondern auch wegen des Supports. Als in etwa nach der Halbmarathon-Distanz der Himmel stark zu weinen begann, bat ich um meine Regenjacke für die nächste Runde.
Als ich dann aber wieder am Frubiase-Stand war hatte sich der Himmel wieder eingekriegt und zeigte sich wieder sonnig lachend. Aber meine Laufbrille war nass und kaum mehr erträglich. Ich bekam sie abgenommen, geputzt und später wieder aufgesetzt.
Ein fantastischer Service – das wünsche ich mir auch für die 24 Stunden von Delmenhorst!

Dann ging es los mit einer Viertelstunde Verspätung und ich startete mit Steffen, die Runden zu ziehen.
Wir haben zügig begonnen, fast zu schnell, wie ich dachte, aber am Ende zeigte sich, dass dieser Marathon einer derjenigen war, bei denen ich überhaupt keinen Einbruch hatte. Ich lief und lief und lief, nicht Richtung persönlicher Bestzeit, dafür hätte ich schon viel früher schneller sein müssen, aber Richtung einem guten Normalwert, auf jeden Fall „unter 4“.
Viele Stadtmarathons habe ich ja zwischen 3:52 und 3;54 Stunden abgeschlossen, auch den Darmstädter Knastmarathon wollte ich in dieser Region finishen.

Vom Moderator erfuhren wir, dass zumindest ein Staatsanwalt mitgelaufen ist und eine Handvoll Häftlinge fragten mich, ob ich ein Staatsanwalt sei. Als ich die Jungs dann abklatschte, waren sie ganz begeistert und zeigten ihre Freude bei jeder meiner Runden, manchmal nannten sie mich dennoch „Staatsanwalt „.
Ansonsten war der Kontakt zu den Gefängnis-Insassen leider eher bescheiden. Zu unterschiedlich sind wohl die Welten, in denen wir alle leben und zu verschieden sind auch die Erfahrungshorizonte. Dennoch fand ich es schade, mit den Jungs nicht ins Gespräch kommen zu können, ich hätte mir gerne ein paar Geschichten einzelner Häftlinge angehört.

So hörte ich stets auf die Musik, die uns Läufer motiviert hat, auf den Moderator, der unermüdlich etwas über einzelne Läufer erzählt hat und der dauernd die aktuelle Platzierung der schnellen Hirsche mitgeteilt hat.

Natürlich waren es mal wieder die anderen Läufer, die diesen kleinen und persönlichen Lauf zu einem besonderen Event für mich gemacht haben. Andreas, Martin, Connie, den ich seit Brugg nicht mehr gesehen hatte, natürlich Melanie und Steffen oder auch Andrea, mit der ich erst vor kurzem nachts um 3 Uhr in München Richtung Innsbruck gestartet bin – um nur einige zu nennen.

Am Ende sah ich, dass ich unter 3:50 Stunden blieben konnte und gab mir Mühe, nicht zu langsam zu werden. Eine Nettozeit von 03:49:04 Stunden machte mich richtig glücklich und so setzte ich mich zu Jana an den Frubiase-Stand und trank ein Malzbier zum Abschluss.

Die Inhaftierten, die in mir einen Staatsanwalt sahen, sah ich nicht mehr, die Erinnerung an diese Menschen, deren Schicksal mich doch interessiert hätte, wird aber wohl noch lange anhalten.
Der Darmstädter Knastmarathon, ein schönes, ein persönliches, ein imposantes Erlebnis.
Wenn Du noch nicht da warst, dann laufe dort – im Jahr 2012.

20 Stunden sind nicht genug …

Kennst Du diese Situation: Du läufst bei einem Deiner „langen Kanten“ und schon nach kurzer Zeit gibt der Akku Deines Handys den Geist auf, wenn Du einen MP3 Player auf den Ohren hast, dann versagt auch dessen Akku zuverlässig gerade dann, wenn Dein Lieblingslied angespielt ist und zu allem Überfluss schaltet sich auch Deine GARMIN Pulsuhr, die schon länger auf „niedriger Akku“ stand, aus.
Ich hasse diese Tage und hatte an solchen Tagen meist Pech „im Dreierpack“. Kennst Du das?

Ich erinnere mich gut, als ich mich für die GARMIN Forerunner 305 entschieden hatte. Je nach den Einstellungen, die Du wählst und wenn Du sparsam mit der Beleuchtung umgehst, dann kannst Du bis zu 11 Stunden und 40 Minuten Spaß mit dem Akku haben. Eine unendlich lange Zeit! Mehr braucht nun wirklich keiner, dachte ich.
Gut, vielleicht ein paar Verrückte!

Schon zwei Jahre später wurde ich zu den paar Verrückten gerufen und ich bekam zum Geburtstag 2009 etwas ganz Tolles: die GARMIN Forerunner 310 XT (siehe meinen BLOG-Eintrag „Ich bin neu verliebt – das ist meine Neue…“)
Rund 20 Stunden Akkuleistung, vielleicht auch ein wenig mehr. Damit kannst Du fast einen 24-h Lauf bestreiten. Fast, aber eben nur fast.
Und bei den zeitlich längeren Läufen bist Du dennoch aufgeschmissen.

Also habe ich manchmal beide Uhren dabei gehabt und bin erst mit der 310 losgelaufen und habe dann auf die 305 umgestellt und in dieser Zeit hat meine Gabi die 310 neu geladen, zumindest hat sie das versucht. Bei der TorTOUR de Ruhr hat das aber nicht geklappt, weil sie nicht wusste, dass sie auch den Laptop hätte anschalten müssen.

Aber all das muss nicht sein! Wie der gute alte Afro-Amerikaner in der alten „Onkel Ben’s Reis“ Werbung sagt: „Klumpiger, klebriger Reis – das muss nicht sein“, so sage ich heute: „Akkuprobleme? Die müssen nicht sein!“
Weil ich etwas entdeckt habe!

Aber Ehre, wem Ehre gebührt. Der Runningfreak Steffen Kohler hat eigentlich diese Entdeckung gemacht und er hat sie mir in Bad Berleburg gezeigt. Er hatte das Teil auch erst wenige Tage und selbst noch nicht ausprobiert, aber die superschwachen Akkus der iPhones haben ihn dazu gebracht, dieses Teil zu suchen.

Er zeigte es mir mit dem Vorbehalt, selbst nicht zu wissen, wie es konkret funktioniert. Aber schon am darauf folgenden Montag habe ich es für relativ „kleines Geld“ bei AMAZON bestellt.

Aber schon am Dienstag kam die Enttäuschung: in einer Mail stand, dass es wohl noch einige Tage dauern würde, bis ich dieses schöne Stück geliefert bekommen würde. Am Mittwoch jedoch keimte wieder etwas Hoffnung auf, als mir gemailt wurde, dass die Lieferung wohl doch schneller als erwartet stattfinden könnte.
Sollte die Lieferung vielleicht doch noch vor dem „Kleinen KOBOLT“ am darauf folgenden Samstag erfolgen? Ich war freudig gespannt.

Am Donnerstag kam es jedoch nicht und auch bis Freitag Mittag war kein Päckchen für mich da. Ich hatte am Nachmittag einen Außentermin und bat die Kolleginnen im Innendienst, im Falle mir dieses Paket unbedingt gleich auf meinen Schreibtischstuhl zu legen, damit ich es auf keinen Fall übersehe.
Ich kam dann gegen 18.30 Uhr nach Hause und schaute sofort nach – und ich schaute auf einen leeren Schreibtischstuhl.

Wer mich kennt, der weiß, dass mich solch kleine Dinge durchaus sehr aus dem psychischen Gleichgewicht bringen können und vielleicht wäre ich beim „Kleinen KOBOLT“ sogar gescheitert, wenn es nicht kurz nach 19 Uhr bei uns privat geklingelt hätte.
Es war der Postbote, ein ganz besonders lieber und emsiger Mann, der mir sagte, dass er schon um 17.30 Uhr da gewesen sei, aber da niemand aufgemacht hätte, ist er einfach am Ende seiner Tour noch einmal bei uns vorbei gefahren.
So etwas erlebst Du eben nur auf dem Dorf!
Er war ein Held und ich hatte meinen Akku für den „Kleinen KOBOLT“.

Seither habe ich ihn ein paar Mal benutzt und will ihn auf keinen Fall mehr hergeben. 4400 mAh bringt er, voll aufgeladen. Und Du kannst alles anschließen und nachladen, was Du per USB laden kannst: Dein Handy, Deinen MP3 Player und das, was mir am wichtigsten ist: Deine GARMIN-Pulsuhr!

Nur einen Haken gibt es doch: während sich der 305 problemlos am Handgelenk aufladen lässt, wird der 310 mit einer Art „Zange am Kabel“ geladen. Wenn Du einen 310 besitzt, dann weißt Du, was ich meine. Das wiederum bedingt, dass Du die Uhr nicht am Handgelenk aufladen kannst.
Ich habe das Problem so gelöst, dass ich den Akku in die eine Jackentasche und die Uhr in die andere Jackentasche gepackt habe, verbunden mit dem langen Ladekabel.
Und die Ladung geht tatsächlich einigermaßen schnell, die Uhr bleibt an, auch wenn Du während der Ladezeit nichts erkennen kannst. Aber die 310 vibriert dennoch nach jedem Kilometer und zeigt die letzte Kilometerzeit an – auch während des Ladens. Und die Uhr zeichnet auch weiterhin alles auf, sodass Du in der Nachbetrachtung den ganzen Lauf per Google Earth ansehen kannst.

Mein Stoßgebet Richtung Himmel: Oh, wenn ich dieses Teil schon früher gehabt hätte … !

Aber jetzt bin ich für die langen Kanten des kommenden Jahres gerüstet, für den „TRA 250 Miles THAMES RING“, den „24-h Burginsellauf Delmenhorst“ und für den gigantischen „TOR DES GÉANTS“, für den ich mich ab dem 15. Januar anmelden kann …

Mein 2010 – ein persönlicher Jahresrückblick …

Steffen Kohler und viele andere sind schneller als ich, Yogi Schranz und viele andere haben gewaltigere Dinge hinter sich als ich, Gerhard Börner und viele andere haben mehr Bergerfahrung als ich, Norman Bücher und viele andere haben spektakulärere Events hinter sich als ich, Jack B. Liver und viele andere haben längere Strecken nonstop gelaufen als ich und Joe Kelbel und viele andere haben mehr „Marathons und länger“ gelaufen wie ich.

Ich weiß, dass ganz viele unserer gemeinsamen und meiner lieben Lauffreunde höher kamen, weiter und schneller liefen, erfolgreicher waren, spektakulärere Event bestritten haben und insgesamt in 2010 besser waren als ich – und doch finde ich, das das Jahr 2010 mein Laufjahr war.


In den Jahren 2008, 2009 und 2010 wuchs ich vom „Marathoni“ zu einem, der Strecken läuft, die ich mir selbst vor einigen Jahren noch nicht zugetraut hätte.
Begonnen hat alles mit der Vorbereitung des TransAlpineRuns 2008, wo ich zwangsweise längere Strecken testen musste. Und durch den TransAlpineRun 2008 erhielt ich 3 UTMB Punkte, von denen ich bis dahin nicht einmal wusste, dass es sie gab und was sie bedeuten.
Erst Bernie Conradt’s  Hinweis, dass ich nun auch den UTMB probieren sollte, führte 2009 zu den langen Strecken um die 100 Meilen, aber erst 2010 kamen Herausforderungen, die ich jetzt, am Ende dieses Jahres, kaum noch zusammen bekomme.

War Jens Vieler’s TorTOUR de Ruhr mit ihren 230 Kilometern wirklich erst dieses Jahr im Mai? Und die sieben Wüstentage des Marathon des Sables – waren die auch in diesem Jahr? Ich war in Nizza beim Canyon du Verdon, in Chamonix beim PTL und in Verbier beim Verbier St. Bernard, ich war auf dem Kilimanjaro-Gipfel und dem Kilimanjaro-Krater, in Rom und Davos, gleich drei Mal in Dresden und in Brugg/CH – ein wirklich unglaubliches Jahr.

Eine besondere Freude war dabei, dass ich Menschen kennen gelernt habe, die ich vorher nur im weltweiten Netz erleben konnte. In Brugg war das Guido Huwiler, in Troisdorf waren es mit MissMonster und Melanie und Steffen Kohler gleich drei „virtuelle“ Menschen, die zu „realen“ Menschen wurden. Den Abschluss machte dann Anne aus Offenburg, die beim Eisweinlauf ein reales Gesicht für mich bekam.

Ich lief mit Hauke König und Susanne Alexi auf dem Elberadweg, mit Martin Raulf auf dem Ruhrradweg, mit Jeffrey Norris und Joey Kelly in Löningen, ich lief mit Steffen Kohler in Bad Berleburg und mit Achim Knacksterdt auf dem Rheinsteig.

Aber nicht alles in 2010 war läuferisch zufrieden stellend. 2010 ist für mich leider auch das Jahr von vier DNF’s. Beim Sächsischen Mt. Everest Treppenmarathon, beim Canyon du Verdon, beim Verbier St. Bernard und beim PTL erreichte ich das Ziel, mein Ziel, nicht. Waren es beim Sächsischen Mt. Everest Treppenmarathon noch die entzündeten Fersen, beim Canyon du Verdon die Sorge um meine Frau Gabi, so war es beim Verbier St. Bernard oben am Großen St. Bernard der unglaubliche Regen, aber spätestens beim PTL aber musste ich begreifen, dass nicht jedes Ziel, dass ich erreichen will, für mich auch wirklich erreichbar ist. Die Fähigkeit jedes Körpers ist begrenzt, meine Grenzen habe ich dieses Jahr in Chamonix kennen gelernt.
Ob hier mehr Training für bessere Resultate sorgt?
Das wünsche ich mir für 2011.
Bessere Resultate wünsche ich mir aber auch für die Politik. Hier war 2010 wieder ein Jahr, in dem die politische Führung deutlich gemacht hat, dass sie einerseits mit den Realitäten überfordert ist, andererseits von den führenden wirtschaftlichen Eliten an der Nase herum und vor uns als Publikum vorgeführt wurde.
Kritik daran wird allerdings nicht erst seit Zensursula Stück für Stück erschwert. George Orwell hätte seine Freude daran, sein Bestseller „1984“ hatte offensichtlich nur den falschen Titel, „2024“ wäre wohl richtig gewesen. Verlassen können wir uns aber darauf, dass „Big Brother“ Stück für Stück Realität wird.

Und während sich die Welt streitet, ob die Thesen von Thilo „Wunderlich“ mit dem scharfen Sarrazinen-Schwert richtig sind, ob es ein Skandal ist, dass ein junger Unteroffizier 250.000 vertrauliche, geheime und streng geheime Dokumente irgendwo auf der Welt einfach auf einen USB Stick laden kann oder ob es der Skandal ist, dass jemand diese geheimen Informationen öffentlich macht, laufen wir alle weiter und hoffen, am Ende des Weges auf eine Welt zu treffen, die besser ist als die, in der wir losgelaufen sind.

Eine Welt, in der die Menschen gebildeter sind, nachhaltiger wirtschaften, gesünder leben und sich nicht so schrecklich abhängig machen von dem, was der „income shortener“ (Joseph Mc´Clendon III. bei Tony Robbins „UPW“ über den Fernsehapparat) ihnen täglich als Wahrheit vorlügt.

Aber weil das alles wohl noch sehr lange dauert, laufe ich wohl auch noch viele Jahre nach dem Jahr 2011. In diesem kommenden Jahr jedoch teste mich bei richtig „langen Kanten“ wie dem „TRA Thames Ring Race“, schwierigen und langen Bergläufen oder einfach bei eiskalten Spaßläufen wie dem „Tough Guy“ in Wolverhampton.

Und irgendwann wird dann die Welt besser sein.